Full text: St. Ingberter Anzeiger

von Chasseurs d'Afrique, schlesischen Jagern und 
lsteinern Füsilieren. — — 
In der Tiefe sieht man die belagerte Stadt, 
nus welcher schwere Rauchwolken emportreiben, hier 
ind da züngeln aus dem Häusergewirr helle Flammen 
mpor, — ein grauenvolles Zeichen von der Arbeit 
jer deutschen Geschütze; ebenso das hinten am Hori⸗ 
onte völlig in Dampf und Qualm gehüllte Dorf 
gazeilles. Während links also in fast greifbarer 
dähe Alles in vollster Bewegung ist, breitet sich 
echts in mojestätischer Ruhe meilenweit ein sanft 
insteigendes Gelände aus, auf dessen grünendem 
reppich wie schwarze Rauben auf einem Weinblatt 
in dunklen Streifen die zur Verstärlung heran- 
rückenden deutschen Truppenmassen sich entwickeln. 
Vielleicht ist der Reiterlampf rechis dem Be— 
chauer ein wenig zu nah auf den Leib gerüdt. 
Trotz der prachtvollen Malerei undder kunsivollen 
Technik wäre etwas mehr Zwischenraum für das 
luge wohl günstiger und würde die Täuschung 
cherlich erhöͤhen. Man sieht den Kampf zu nah 
ind vermißt wegen der augentäuschenden Ausführ⸗ 
ing unwillkürlich den Schlachtenlärm, das wilde 
geräusch des Handkampfes. Um so gewaltiger ist 
agegen die Wirkung jenes Theils des Panoramas, 
vo die Massen der Kampfenden mehr in die Weile⸗ 
zerüdt sind, wo die gespenstische Lautlosigkeit des 
dingens durch die Entfernung glaubwürdig erscheint. 
eberboten.) Amerikaner im Koupé zu 
mem Berliner): „Die deutschen Bahnen kriechen 
zahin, wie die Schnecken! — Da müssen Sie mal 
en Eilzug zwischen St. Louis und New⸗ Yorl 
ehen! Neulich fuhr ich noch mit ihm und hielt 
nein Spazierstöckchen zum Waggonfenster hinaus 
ind ließ es während der Fahrt längs eines Sta— 
etenzaunes hingleiten, weil mir das Klappern 
zpaß machte. — Als aber nach ein paar Stunden 
er Zaun noch kein Ende nahm, wurde mir das 
och zu viel! Wir fuhren in den Bahnhof ein und 
a merkte ich zu meinem großen Erstaunen. daß 
er vermeintliche lange Zaun die — Telegraphen⸗ 
angen gewesen waren, an denen der Traͤin vor— 
ibergeblitzt war!“ — Berliner: „Det is allerdings 
ille; aber fahren Se mal mil'm Blitzzug von 
köln nach Berlin, denn kommt Ihnen da so vor, 
ils waͤren Se uff'n Kirchhofe! Lauter Irabsteine, 
nichts als Irabsieine! — Sie brauchen sich aber 
ucht zu jrauen, et sind man blos 
ie Meilensteine!“ 
fUeber das amerikanische Duell geht 
»em „Echo“ von einem alten deutschen Korps— 
udenten folgende äußerst beherzigenswerthe Notiz 
d. „Wodurch der Titel „amerikanisches Duell“ 
ch eingebürgert hat, kann ich nicht nachweisen, das 
ber weiß ich — 21 Jastre habe ich in den Ver— 
migten Staaten gelebt —, daß dort von einem 
olchen Duell meines Wissens nie die Rede gewesen 
t. Dazu fehlt es dem Amerikaner vor allen 
singen an dem Verständniß dessen, was man in 
deutschland als „krankhaftes Ehrgefühl“ bezeichnen 
ann. Es ist kaum zu verstehen, warum ein fein⸗ 
ebildeter Mann, der Frau und Kind hat, seine 
ogenannte „Ehre“ höher schätzt, als das Wohl 
einer Familie. Selbst angenommen, er ruinirte 
ich dadurch, daß er sich als ein „Feigling“ erwiese, 
würde er doch immer seine Frau und sein Kind 
etten, und das ist schon der Selbstverleugnung 
oderth. Bedauern kann man einen „amerikanischen 
duellisten“ gar 'nicht, ihm ist recht geschehen, ge— 
ade so gut, wie dem Schwimmkünstler Webb, der 
in Opfer seiner Narrheit ward. Die Meinungen 
et Menschen sind verschieden; obwohl schon ein 
uuter Mann, würde ich mich vielleicht — unter 
Umständen — duelliren, aber „amerikanisches Duell“ 
nur Ohrfeigen, oder Ignorieren! Traurig ist 
v*, daß Männer, die auf der Höhe der Zeit stehen 
olllen, sich so kompromiitieren 
FWien, 3. Sept. Gestern Nachmittag 3 Uhr 
nach in den großen Holzdepots an dem Rofsauer 
anduugsplatze ein Froͤßes Schadenfener 
as. Die unerträgliche Hitze sowie der Sturmwind 
schwerten die Löscharbeiten. Mehrere Häuser 
durden von den Flammen ergriffen. Alle frei— 
ailige Feuerwehren der Vororte wurden zur Mit— 
Aitkung herbeigerufen; 200 Geniesoldaten demo— 
iten gefährdete Objekte. Um 10 Uhr Abends 
ar der Brand wohl lokalisirt, doch ist der Feuer⸗ 
hhein weithin überall sichtbar. Der Schaden wird 
uf mehrere Millionen veranschlagt. 
Wien, 3. Sept. Das Feuer in Rossau 
zuurch einen ansgebrochenen Orkan neu angefacht 
Nden. Es sind vier ausgedehnte Holzplätze nebst 
Hebäuden niedergebrannt. Sämmiliche Feuerwehren 
Wiens und Umgebung und eine starke Truppenmaffe 
virkten mit, um den Brand endlich zu lokalifiren 
kinige Personen sind verletzt worden. 
F (EEine Windhosen) Ueber eine Natur⸗ 
krscheinung, wie sie bei uns selten zu sehen, wird 
der „D. Z.“ aus Oder⸗Laa unterm 24. ds. ge⸗ 
chrieben: „Die Bewohner von Ober⸗Laa und 
dothneusiedel bei Wien wurden gefstern in nicht 
eringe Aufregung versetzt. Gegen halb 6 Uhr 
Ibends hieß es auf einmal: „Feuer!“ und zwar 
chien die Dachler'sche Mühle in Rothneufiedel zu 
rennen. Man sah über dem Gebäude eine große, 
elbe Wolke und hörte gleichzeitig ein furchtbares 
drachen. In Ober⸗Laa wurde „Feuer“ geläutet 
ind die Leute auf dem Felde liefen nach Hause. 
Zlötzlich fing jedoch die scheinbare Rauchwolke über 
ie Wiese, Feld, Straße und einen Teich, dessen 
Wasser sich hoch aufpeitschte, zu wandern an und 
ibersetzte einen Bahndamm. Viele Leute waren jetzt 
noch der Meinung, es seien die Halme auf den 
Feldern in Brand gerathen; doch als selbst der 
gahndamm kein Halt gebot, wurde den Meisten 
lar, daß es eine wirbelnde Staubwolke war. Die⸗ 
es seltsame Phänomen erregte aber die furchtsamen 
ßemüther noch mehr. Manche sahen dies als An⸗ 
'ang eines Erdbebens an und jammerten laut. Zur 
ichtlichen Freude dieser Nervösen nahm die Erschein⸗ 
ung bald ein Ende. Die Windhose entstand auf 
freiem Felde — ungefähr 10 Minuten von der 
»benerwähnten Mühle entfernt — nahm einen stark 
sjalbstündigen Weg von Westen nach Osten und 
zauerte eine Viertelstunde an. Gleich darauf sah 
man eine neue Windhose entftehen, welche über den 
Laerberg (Weingebirge) den Weg nach Simmering 
nahm. Mit welcher Wucht die erste Windhose ein⸗ 
herschritt, beweist der angerichtete Schaden. Von 
einem Schuppen, der an die Mühle angebaut ist, 
wurde der ganze Dachstuhl weggetragen und das 
Mauerwerk umgerissen: eine daneben befindliche 
-„cheune ward der Hälfte des Schindeldaches beraubt. 
Pon dem Hause Nr. 222 in Ober-Laa wurde das 
Zziegeldach zum Theil zertrümmert. In demselben 
)ause hob die Windhose die Pferde, welche 
in den Wagen gespannt im Hofe standen, in die 
Zöhe. Ebenso wurde ein Knecht auf dem Felde 
ammt den Pferden in die Luft gehoben. Eine solche 
Tatur⸗Erscheinung war selbst den ältesten Leuten 
sjier unbekannt, und bildet dieselbe, wie leicht er—⸗ 
lärlich, allgemein das Tagesgespräch. Ein einziger 
gauer erkannte dieselbe gleich anfangs; er sagte näm— 
ich: „Dös is a Windstraucka!“ (Windschnupfen).“ 
F Gelegentlich des Todes des Grafen Cham—⸗ 
dord verfehlen die Blätter nicht auf das sonder⸗ 
are Zusammentreffen hinzuweisen, welches den Chef 
der französischen Linie Bourbon gerade am Geburts⸗ 
tage seines Nachfolgers in der Prätendentschaff 
terben ließ. Merkwürdig ist auch die Thatsache, 
daß die sämmtlichen bisher in Frankreich anerkann⸗ 
ten legitimen Königshäuser den Thron verloren, 
cesp. ausstarben, wenn drei Brüder nach einander 
»en Thron bestiegen. Das Haus der Capetinger 
erlosch mit den drei Söhnen Philipp's des Schönen, 
wvelche nacheinander als Ludwig X., Philipp V. 
ind Karl 1V. regierten. Die Valois starben aus 
mit den drei Söhnen Heinrich's II., die nachein— 
ander als François II., Karl IX. und Heinrich III. 
auf dem Throne saßen. Von den Bourbons end— 
ich waren die letzten drei wirklichen Herrscher eben⸗ 
'alls Brüder: Ludwig XVI., Ludwig XVII. und 
darl X. 
Ein Photograph im Löwenkäfig! 
Man schreibt aus Paris: Bei den photographischen 
AUufnahmen, die bisher von Löwen, Tigern und 
inderen Raubthieren gemacht worden sind, waren 
»ie Photographen stets so vorsichtig, ihren Apparat 
zußerhalb des Käfigs zu plaziren, um mit ihren 
dlienten nicht in allzu nahe Berührung zu kommen. 
Die Gitterstäre haben jedoch die photographische 
Widergabe solcher Bestien stets sehr beeinträchtigt, 
ind so hat denn ein beherzter Pariser Photograph, 
derr Auguste Petit, den kühnen Enschluß gefaßt 
uind ausgeführt, Löwen und Tiger in ihren Käfi⸗— 
jen zu photographiren, das waghalsige Experiment 
and in der Menagerie Pinnet auf dem Boulevard 
Barboͤs statt. Der Bändiger trat mit dem Photo— 
zraphen zuerst in den Käfig eines Leoparden, wel⸗ 
her keinerlei Widerstand entgegensetzte. Hierauf ging 
er in das umgitterte Boudoir einer Tigerin. Kaum 
aber hatte Monsicur Petit seine Apparate aufge— 
tellt, und ehe noch das sakramentale „Madame. 
licken Sie ruhig nach links, bitte ein recht freund 
iches Gesicht,“ zu sagen vermochte, stürzte sich die 
Tigerinl, die leine Reigung für die Photographie 
zu verspüren scheint, wuͤthend auf ihn und verletßte 
hn mit einem Hiebe der Tatze leicht am Unter⸗ 
chenkel. Der Bändiger Pinnet inierdenirte nun 
mergisch und schließlich ließ sich denn auch die Frau 
Tigerin von dem Ohjektiv auf das Korn nehmen. 
dierauf photographirte Herr Petit noch einen Loͤwen. 
zine Gruppe von drei Löwen, einen Tiger und zwei 
Leoparden. Sämmtliche Photographien sind aͤus— 
gezeichnet gelungen. Es ist das erste Mal, daß ein 
unerschrockener Photograph mit seinem Kaften der⸗ 
artigen Bestien so nahe auf den Leib gerück ist! 
f Levin Schücking ist, wie aus Pyrmont 
zemeldet wird, Freitag Morgen dortselbst gestorben. 
Thriftoph Bernhard Levin Schücking, am 6. Sept. 
1814 zu Clemenswerth im Münster'schen geboren, 
var eine der eigenartigsten und sympathischsien Er⸗ 
cheinungen der literarischen Bewegung unserer Zeit. 
Schücking war seit dem Jahre 1843 mit Luise 
d. Gall vermählt, die sich als Erzählerin einen 
langvollen Namen gemacht hat und mit ihrem 
Batten gemeinschaftlich, Familienbilder“ und „Fa⸗ 
niliengeschichtchen“ herausgab. 
Geues Verfahren um Eisen zu 
chmelzen.) Dr. Duryee in New⸗VYork hat ein 
Berfahren entdeckt, Eisenerz mittels rohen Petroleums 
nuszuschmelzen. Das Oel wird, nachdem der Ofen 
in der gewöhnlichen Weise angefeuert worden ist, 
in dünnen Strahlen durch Luftdruck in den Ofen 
vefördert und die intensive Hitze, die es entwickelt, 
jeschleunigt den Schmelzprozeß und verbessert die 
Zualität des Eisens, außerdem stellen sich die 
dosten niedriger, als bei der Verwendung von 
dohlen. Die „Canadian Iron u. Steel Co.“ in 
Montreal läßt gegenwärtig Versuche mit diesem 
Verfahren im Großen anstellen. 
— Ein unterirdischer See ist in dem Alleghany 
Thale, nahe der Stadt Freeport im County Arm⸗ 
trong in Pennsylvanien, entdeckt worden. 
Er liegt unter einem großen Hügel, der durch 
stohlenminen unterhöhlt ist. Der Hügel ist unge⸗ 
fähr 600 Fuß vom Alleghany⸗-Fluß entfernt. Kürz⸗ 
ich wurde eine Kohlenmine an der Seite des Hügels 
zeöffnet und seit mehren Wochen brachten die Ar⸗ 
beiter bereits Kohlen heraus. Als jedoch vor einigen 
Tagen ein neuer Schacht, 800 Fuß westlich vom 
daupteingange, angefangen wurde, stießen die Ar—⸗ 
»eiter auf eine schmale Wand in einer alten Koh— 
enlage. Ein feiner Wasserstrahl floß durch die 
Wand, und als man oben, wo kein Wasser floß, 
eine Oeffnung machte, bot sich den Arbeitern der 
überraschende Anblick eines See's dar. Wenn die 
Arbeiter die Wand durchschlagen oder gesprengt 
hätten, so würden sie jedenfalls alle ertrunken sein, 
uind das Wasser wäre mit großer Heftigkeit hervor⸗ 
zeströmt und hätte die Eisenbahndämme und die 
hölzernen Gebäude an der Oeffnung der neuen 
Mine weggespült. Der Hügel ist ungefähr zwei 
englische Meilen lang und eine halbe Meile breit, 
und man glaubt, daß das Wasser die ganze untere 
Innenseite des Hügels einnimmt. Das Wasser 
trömt jetzt fünf Fuß breit hervor und verursacht 
ꝛein Geräusch, ähnlich einem verkleinerten Niagara⸗ 
'alle. Die Eigenthümer der Mine hoffen, das 
Wasser iunerhalb einiger Monate ableiten zu kön—⸗ 
nen. Jedoch die allgemeine Ansicht geht dahin, daß 
der See durch unterirdische Quellen Zufluß erhält 
und folglich unerschöpflich ist. 
f Ernst Robert Sander, der seiner Zeit 
Vielgesuchte, auf dem bedauerlicherweise Anfangs 
der irrige Verdacht des Mordes an dem Briefträger 
Fossäth ruhte, scheint in Ameriska, wohin er im 
Februar d. J. auswanderte, den Pfad der Recht⸗ 
chaffenheit wiedergefunden zu haben, von dem er 
hier in Deutschland mehrfach abgewichen war. Nach 
Mittheilungen, die neuerdings von ihm hierher ge— 
angt sind, hat sich sein Schicksal draußen in Amerika 
günstig gestaltet, günstiger und schneller jedenfalls, 
als er selbst erwartet hatte. Nachdem Sander mit 
der Familie Hoge von Berlin nach Chicago ge— 
kommen, suchte er zunächst sich einen Unierhalt 
durch Musikmachen und Ertheilung von Musikunter⸗ 
richt zu erwerben, da er ein gelernter Musiker ist, 
und verschiedene Instrumente spielt. Hierbei lernte 
er einen wohlhabenden Amerikaner kennen, den er 
o für sich einzunehmen wußte, daß dieser ihn nach 
einem entfernteren Aufenthaltsorte mitnahm, ihm 
die erforderlichen Musikinstrumente kaufte und ein 
zollständiges „Musikgeschaft“ einrichtete. Dieses Ge⸗ 
chäft geht nun so brillant, daß Sander in der 
urzen Zeit seines dortigen Aufenthaltes bereits nicht