St. Iugherter Anzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Vonnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöoͤchentlich mit Unterhaltungs⸗
zlatt und Sonntags mit Bseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 40 B einschließlich Traͤgerlohn; durch die Post bezogen 146 60 4, einschließlich
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 , bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
M I8.
Samstag, 27. Januar 1883.
18. Jahrg.
Fär die Monate Febrüar
und März nehmen die Posstan—
alten, die Austräger und die Expedition
Zestellungen auf dieses Blatt entgegen.
der Berathung des Gesetzentwurfs wegen Einsetzung
eines Reichsoberhandelsgerichts eine starke Minorität
»es Bundesraths die Wahl Leipzigs zum Sitze des
Bundesoberhandelsgerichts nur unter der Voraus—
etzung für gerechtfertigt hielt, daß beabsichtigt werde,
»ie Competenz des Gerichtshofes bei Erweiterung
zer Reichseinheit für alle bürgerlichen Rechtsstrei⸗
igkeiten auszudehnen.
In der Kommission des Reichsstages für
»en Antrag Phillips (Entschädigung unschuldig Ver⸗
irtheilter) erklärte sich am Montag der Vertreter
»er Reichsregierung namens derselben gegen jede
Entschädigung für unschuldig erlittene Unterfuch⸗
ingshaft. Ueber die Strafhaft ist eine endgiltige
Erklärung noch nicht erfolgt.
Die Arbeiten der Kraukenkassenkom—
nission des Reianzsstages nähern sich ihrem
bschlusse, und die Ueberzeugung ist auf allen
zeiten vorhanden, daß das Gesetz noch in dieser
Zession zu stande kommen wird. Die Haupt-
hwierigkeiten gelten als beseitigt, nachdem in einer
er letzten Sitzungen der Kommission über einen
zunkt eine Verständigung stattgefunden hat, welcher
törend zu werden drohte. Seitens der Reichs⸗
egierung war vorgeschlagen, auch nicht ständige
Urbeiter, also die nur tage- und stundenweise be⸗
chäftigten Personen unter dem Versicherungszwange
zufzunehmen und deren Arbeitgeber die Verpflicht⸗
ing zur Anmeldung bei einer Krankenkasse und zur
orschußweisen Beitragleistung zu verpflichten. Diese
zestimmung schien der Kommission mit großen
Inzuträglichkeiten für die Arbeitgeber verbunden und
nicht gut durchführbar. Es wurde deshalb ein
Antrag Buhl (Pfälzer) angenommen, welcher be⸗
timmt, daß die Beitragsleistung der Arbeitgeber
aur für diejenigen Arbeiter vorgeschrieben werde,
velche der Arbeitgeber nicht lediglich mit einer
»orübergehenden Dienstleistung beschäftigt. Des
'erneren wurde ein anderweitiger combinirter Antrag
yon Lasker und Buhl angenommen, welcher die
uicht ständigen Arbeiter, das heißt diejenigen Ar⸗
eiter, welche nicht voraussichtlich für längere Zeit
n Beschäftigung genommen werden, aus dem all⸗
jemeinen Versicherungzszwange des 8 1 ausnimmt
ind sie dem 8 2 überweißt, so daß also durch
Irtsstatut zu bestimmen ist, ob derartige Arbeiter
iberhaupt und nach welchen Bedingungen sie zu
ersichern sind. Der Antrag bestimmt weiter, daß
ür die voraussichtlich nicht ständigen Arbeiter die
Bersicherungspflicht erst am achten Tage beginnt,
o weit das Ortsstatut keine anderweitige Regelung
vorschreibt. Genaue redaktionelle Feststellung der
Unträge wurde noch vorbehalten.
Das achte Verzeichniß der bei'm Reichstag
ingegangenen Petitionen enthält deren über 100.
die meisten derselben beziehen sich auf die Besei—
gung des Impfzwanges, der Getreide- und Mehl⸗
ölle, auf das Verbot der Einfuhr von Schweine⸗
eisch und Speck aus Amerika, die Erhöhung der
holzzölle, gegen die Einführung obligatorischer Ar—
eitsbücher, gegen und für das Hausirgewerbe, gegen
en Wedell'schen Börsensteuerantrag und für die
devision, bezw. authentische Ecklärung des Reichs-
tempelabgabengesetzes von 1881. — Unter den
Zetitionen sind folgende aus der Pfalz: 1) Ju—
ius Auffahrt und Genossen von Bergzabern:
segen Einführung von Arbeitsbüchern für erwachsene
Urbeiter; 2) Michael Brück und Genossen, Bür⸗
tenmacher in Ramberg, und der Gemeinderath und
zie Bürstenhändler zu Dernbach: gegen Einschränk—
ing des Hausirgewerbes; 3) H. Müller und
Genossen zu Annweiler: betr. die Besteuerung der
Hausirer und Geschäftsreisenden.
Ausland.
Paris, 24. Jan. Im heutigen soeben statt⸗
sefundenen Ministerrath ist der Zwiespalt unter den
Fabinets-Mitgliedern selbst beseitigt worden. In
»er parlamentarischen Commission gab der Kriegs—
ninister Billot die Erklärung, daß die Haltung der
Prinzen von Orleans in der Armee eine vollständig
rorrecte sei. Die weiteren Ereignisse hängen nun—
nehr von der Kammer morgen ab. Einige Abend⸗
lätter verlangen die Auflösung der Kammer.
Paris, 25. Jan. Nach Meldung des Figaro
sabe der Untersuchungsrichter dem Justizminister
erklärt, er müsse den Prinzen Jerome Napo—
eon in Freiheit setzen, da ein Delikt nicht vor—
janden sei.
Der Papst hat an den Erzbischoff von Dublin,
Fardinal Mac Cabe, ein Schreiben gerichtet, worin
r das irische Volk vor den Zwecken und Thaten
ruchloser Gesellschasten“ warnt und in den schärfstn
lusdrücken die Berüber jener Verbrechen verdammt,
velche den irischen Namen geschändet haben. Der
Fardinal hat Abschriften dieses Priefes an sämmt⸗
iche Bischöfe seiner Diöcese gesandt.
Die Absicht der russischen Regierung, die
Hesandtschaften an den deutschen Höfen zu be—
chränken, ist nun so weit durchgeführt, daß außer
»er Botschaft in Berlin nur noch eine diplomatische
Bertretung für die dem Kaiserhause verwandten
höfe in Betracht kommen, und zwar durch Unter⸗
saltung einer Gesandtschaft in Stuttgart und von
Ninisterresidenzschaften in Weimar und in Dresden.
Zelbstverständlich werden auch die deutschen Höfe,
in denen bisher nur russische Gesandte beglaubigt
varen, ihre Vertretung in Vetersburg einziehen.
— ⏑—
Volitische Uebersicht.
——
Deutsches Reich.
Berlin, 24. Jan. Die Gewerbeordnungs-
»ommission des Reichstages verhandelte gestern
lbend in zweiter Lesung über die obligatorischen
Arbeitsbücher und bestätigte ihren auf deren Ein—
ihrung gerichteten Beschluß erster Lesung. Dieses
ergebniß wurde herbeigeführt durch das Fehlen
inzelner Mitglieder von der lieberalen Seite und
adurch, daß zwei nationalliberale Mitglieder der
sommission vor der Schlußabstimmung über den
etreffenden Artikel den Sitzungssaal verließen. Die
NRitglieder des Centrums stimmten nämlich nicht
nehr geschlossen für die obligatorischen Arbeitsbücher,
o daß die Anhänger derselben die Mehrheit in der
Fommission nicht mehr bildeten. Von Seiten der
Untragsteller Ackermann und v. Kleist-Retzow wurde
m Laufe der Verhandlung die Erklärung abge—
eben, daß, wenn die verbündeten Regierungen die
bligatorischen Arbeitsbücher für unannehmbar er—
lären sollten, sie auf ihrem Antrag nicht bestehen
vürden. Dem gegenüber erklärte der Bundesraths—
ommissär Geh. Rath Bödecker, er könne nur bei
er von ihm in erster Lesung angenommenen ablehn⸗
nden Haltung beharren, nachdem der Bundesrath
ci Berathung der Rorlage eben so wie früher
chon die Einführung der obligatorischen Arbeits-
ücher verworfen habe.
Berlin, 25. Jan. Die Nordd. Allg. Zig.
onstatirt wiederholt gegenüber einem von der Köln.
ztg. reproducirten Artikel des Grenzboten, daß bei
en Verhandlungen v. Bennigsen's wegen dessen
Fintritts in das Ministerium mit dem Fürsten
zismarck nur von der Bedingung des Eintritts
och einiger angesehener Nationalliberalen die Rede
ewesen sei, dagegen nicht von den weiteren Be—
ingungen Bennigsen's, daß bei der geplanten Er—⸗
hung der Reichsseinnahmen nicht vom Tabaksmo—
opol die Rede sein dürfe und daß bei Vermehrung
er Reichseinnahmen constitutionelle Garantien ge—
eben werden müßten. Die Nordd. Allg. Ztg. sagt,
aß die Bedingung des Tabaksmonopols eine reine
rfindung sei; dies ergibt sich schon daraus, daß von
em Monopol zuerst im Februar 1878, also nach
lbbruch der Verhandlungen mit v. Bennigsen, die
dede gewesen ist.
Wie die „Magd. Ztg.“ hört, ist wenig Aus—
cht vorhanden, daß die Agitation, Berlin zum
zißz des Reichsgerichts zu machen resp.
ie Verlegung des Reichsgerichts von Leipzig nach
herlin dürchzusetzen, einen Erfolg haben wird. Wie
aͤmlich verlautet, wird in bundesräthlichen Kreisen
ibher auch nicht entfernt daran gedacht, eine Ver⸗
egung des Reichsgerichts in Anregung zu bringen,
nd es wird dies voraussichtlich nimals geschehen.
Im allen die deutsche Rechtseinheit betreffenden Fra—
en wurden bisher die Stimmen im Bundesrathe
nmer mehr gewogen als gezählt, wurde den An—
hauungen auch der weniger bedeutenden Glieder
xs Reiches nach Möglichkeit Rechnung getragen,
ing man darauf aus, übereinzustimmen und nicht
düberstinmmen, und bei der Frage, wo der höchste
eichsgerichtshof einzurichten, glaubte man zudem
ugncot darauf nehmen zu sollen, daß schon bei
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*--Unsere Leser wollen wir hiermit auf eine
ieue und sehr vortheilhaft sich auszeichnende Er—
cheinung auf dem Gebiete der Kartographie auf⸗
nerksam machen: die im Verlage von Aug. Gott⸗
jold in Kaiserslautern erschienene Spe⸗
ialkarte der bayer. Rheinpfalz, ent⸗
vorfen und gezeichnet von C. A. Meuth. Die
karte ist sehr sauber uand elegant ausgeführt und
äßt weder in Bezug auf Genauigkeit, noch auf
deutlichkeit und plastische Darstellung etwas zu
oünschen übrig. Dadurch, daß auch der kleinste
zeldweg auf ihr angegeben ist, eignet sie sich in
johem Grade zu einem werthvollen Führer für
Touristen, Ueberhaupt leistet sie allen Denen, die
ich des Näheren über unser Heimathländchen unter⸗
ichten wollen, die besten Dienste. Auch wegen
hrer hübschen Ausstattung, abgesehen von den
indern Vorzügen, bedient man sich ihrer gern.
der Karte beigegebene statistische Notizen geben
lufschluß über die Eintheilung des Kreises in Be—
ug auf das Gerichts⸗, Verwaltungs-, Militärwesen
i. s. w. Bei alledem ist der Preis von 2M. 50 Pf.
jsewiß ein sehr billiger zu nennen.
—t. Blieskastel, 25. Jan. GBesitzwechsel.)
heute Nachmittag wurde die Buchhandlung des
zerstorbenen Lehrers Heinrich Die trich öffentlich
ersteigert und dieselbe der Tochter des früheren
Besitzers, Frl.junnu Dietrich, um den Preis
on 2250 Mark zugeschlagen.
— Am L. Februar l. Is. hält der „Verein
der Branntweinbrennereibesitzer der
Pfalz“ seine erste Jahresversammlung in Zwei—
drücken. Auf der Tagesordnung stehen: Bericht