Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒt. Ingherter Auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
* St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
Aatt und Sonutags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 14 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1MA 75 H, einschließlich 
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176. 
Montag, 10. September 1883. 
18. Jahrg. 
Politische Uebersicht. Soale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 10. Sept. Die Samm⸗ 
ungen für Ischia in hiesiger Stadt haben 379 
Mark und 80 Pfg. ergeben. 
— Edenkoben, 7. Sept. Ein Kurgast des 
tgades Gleisweiler, gebürtig aus Pirmasens, längere 
Zeit aber in Amerika sich aufhaltend, stand am 5. 
Sept. vor dem Schöffengerichte zu Edenkoben und 
var angeklagt, am 15. Juli d. J. zu Bad Gleis— 
veiler durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung des 
Jahre alten Otto Herberts, Sohn des kais. Re— 
ierungssekretärs Herberts aus Metz, dadurch ver⸗ 
usacht zu haben, daß er einen mit 5 scharfen Pa⸗ 
ronen geladenen Revolver, ohne denselben in Sicher⸗ 
eitsstellung zu bringen, auf dem Tische seines 
zimmers im Kurhause zu Gleisweiler neben einem 
ort stehenden Cigarrenkisichen liegen ließ ung einige 
zeit später den 9 Jahre alten Bruder des Verletz⸗ 
en — Max Herberts — bat, ihm aus jenem 
distchen Cigarren zu holen, worauf auch dieser 
knabe mit seinem Bruder Otto sich in jenes Zim⸗ 
ner begab, den neben dem Cigarrenkistchen liegen⸗ 
en Revolver ergriff, denselben nach Spannung des 
hahnes mit den scherzweise gesprochenen Worten: 
Ich schließe Dich todt!“ auf seinen Bruder Otto 
inschlug und die nach seinem Dafürhalten nicht ge— 
adene Waffe losdrückte, worauf sich dieselbe entlud, 
zer Schuß den Otto Herberts traf, die Kugel hart 
ieben dem rechten Nasenflügel in dessen Kopf ein— 
rrang und sich daselbst — ohne die Gesundheit 
es Kindes weiter erheblich zu schadigen — festsetzte. 
zn Anbetracht aller gegebenen Momente konnte sich 
as Gericht von einer Schuld des Angeklagten in straf⸗ 
echtlicher Beziehung nicht überzeugen und erkannte 
emgemäß auf Freisprechung. 
— Ludwigshafen, 6. Sept. Anläßlich 
»er Enthüllungsfeierlichkeiten des Nationaldenkmals 
uf dem Niederwald hat auch Herr Smiffsbesitzer 
x5. Arnheiter von hier zur Festfahrt und Parade 
‚or dem Kaiser ein Dampfboot, und zwar das 
übsche „Stadt Ludwigshafen“ angemeldet, welches 
eitens des Mainzer Festausschusses für die von 
Nainz abgehenden Festschiffe einrangirt wurde. Der 
Zreis für die Hin⸗ und Rückfahrt beträgt nur 10 
Nark und dürfte dieser sehr mäßige Ansatz zahl⸗ 
eiche Betheiligung versprechen. Vereine und Gesell— 
chaften erhalten noch besondere Vergünstigungen. 
Ddas Dampfboot „Stadt Ludwigshafen“, welches 
gesetzlich 280 Personen fahren darf, wird zur Be⸗ 
suemlichkeit der Passagiere nur eine beschränkte An⸗ 
ahl von Personen (etwa 100 - 120) aufnehmen, 
och wird bei größerer Betheiligung von Herrn 
Arnheiter noch ein zweiter hübscher Dampfer bereit 
gestellt. 
— Die bayer. Postanstalten sind nun auch 
rmächtigt, Gaben für Isschia anzunehmen. Die 
Abgabe geschieht am Postschalter, auf dem Land an 
zie Postboten. 
haben die Bestimmungen des Umlagegesetzes vom 
22. Juli 1819 Anwendung zu finden. Hiernach 
hat der Steuerfuß in der Regel den Maßstab für 
die Umlageerhebung zu bilden und kann dieser 
Maßstab nur durch einen anderen zweckmäßigen 
Maßstab ersetzt werden. Demzufolge ist es unzu— 
ässig, an Stelle des gesetzlichen Maßstabes die Er— 
hebung von Abgaben zu beschließen, durch welche 
einzelne Gemeindemitglieder aus mehr oder weniger 
zufälligen, zu dem Kultusverbande in keiner Bezieh⸗ 
uing stehenden Anlässen unverhältnißmäßig belastet 
verden; insbesondere ist der Beschluß einer israeli— 
ischen Kultusgemeinde, daß bei Verheirathung von 
Hemeindeangehörigen ein bestimmter Theil der Aus- 
teuer zur Kultuskasse entrichtet werden sollte, un⸗ 
tatthaft. 
Der Bahnwärterstochter von Seesteiten, welche 
hor einigen Monaten den um 9 Uhr 40 Minuten 
Nachts von Passau abgegangenen Courierzug durch 
hre Geistesgegenwart und ihr muthiges Handeln 
vor dem Unglück bewahrte, auf einen an der Ueber⸗ 
'ahrt im Geleise steckenden, mit zwei Pferden be⸗ 
pannten Lastwagen aufzufahren, wurde von der 
Beneraldirektion der bayerischen Verkehrsanstalten die 
jöchste Anerkennung ausgesprochen und ihr der Be⸗ 
rag von — 20 M. (() übermittelt. Der Lokomo⸗ 
ivführer des betr. Zuges erhielt die Anerkennung 
des Staatsministeriums. 
F Buchenschachen im Köllerthal, 6. Sept. 
dier ist — wie wir der „St. Joh. Zig.“ ent⸗ 
nehmen — der Typhus in starker Weise ausge⸗ 
brochen. Nicht weniger als 183 Personen wurden 
in den letzten Tagen von dem ansteckenden Fieber 
ergriffen. Als Krantkheitsherd erklärten die Aerzte 
bereinstimmend einen Brunnen im oberen Dorfe. 
Bis jetzt erkrankten auch nur solche Personen, die 
hren Wasserbedarf besagtem Brunnen entnahmen. 
derr Bürgermeister Speicher von Riegelsberg ordnete 
denn auch sofort die polizeiliche Sperrung dieses 
Brunnens an. 
fFKleinrosseln, 4. Sept. In der Nacht 
yom 2. zum 3. d. M. wurde, wie die Forbacher 
Zeitung meldet, in unserem Nachbarorte Großrosseln 
'in Bubenstück der gemeinsten Art verübt. Gegen 
11*20 Uhr bemerkte die Frau des Bergmanns Sch. 
pon ihrem Bette aus ein Flämmchen vor dem Fen⸗ 
tter ihres Schlafzimmers. Sie stand auf, um nach— 
usehen, während im selben Moment ein fürchter⸗ 
licher Krach erfolgte. Eine Dynamitpatrone war 
uuf die Fensterbank gelegt und mittels Streichholz 
angezündet worden. Das Fenster und die Möbel 
des Schlafzimmers waren vollständig zertrümmert, 
die Frau war am ganzen Körper schrecklich ver⸗ 
drannt. Infolge des Schreckens ist sie noch heute 
prachlos. 
F Düsseldorf, 6. Sept. Heute Nacht um 
2, 213 und 4 Uhr fanden hier Erdbeben, verbun⸗ 
den mit dumpfem unterirdischen Rollen, statt. Die 
beiden ersten Stöße waren ziemlich heftig, der letzte 
schwächer. Fin Verlust an Leben und Gut ist, 
wie es scheint, glücklicherweise nicht zu beklagen. 
F Der neue, der Red Star Line gehörige 
Daupfer Westernland lief am 5. August vom 
Stapel. Es ist das größte Fahrzeug, welches je 
am Mersey gebaut wurde ist zu 6000 Tonnen re⸗ 
gistrirt. Die Länge beträgt 450 Fuß, die Breite 
17 Fuß. Der Dampfer ist für 1350 Passagiere 
eingerichtet. 
F In einem Artikel der „Kölnischen Zeitung“ 
über das Steglitzer Eisenbahnunglück will ein' Tech⸗ 
niker, daß folgende Hauptgesichtspunkte für Bahn⸗ 
Deutsches Reich. 
München, 9. Sept. Der König von Spanien 
um 9 Uhr 40 Min. nach Wien abgereist. 
Berlin, 9. Sept. Die Nordd. Allg. Ztg. 
wiemisirt gegen die falschen Schlußfolgerungen, 
nelche die Times an den Artikel der Nordd. Allg. 
zig. gegen die Hetzereien französischer Journale ge— 
unpft hat und gegen den Rath, die Franzosen 
nchten alle Colonialbestrebungen aufgeben und sich 
m Innern sammeln, d. h. die Kräfte gegen 
»utschland sammeln, um sich an diesem zu 
iben. Die Nordd. Allg. Ztg. sagt, die Times 
iite politisch weiser gehandelt, wenn sie ihren kindischen 
usfall gegen die Nordd. Allg. Ztg. ganz unterlassen 
itie. Stände die Times noch auf der früheren 
öͤhe ihrer Urtheilsfähigkeit, so könnte ihr nicht ent⸗ 
angen sein, wie sehr gerade jene die Erhaltung des 
tiedens bezweckenden Artikel der Norddeutschen All⸗ 
emeinen Zeitung an der erfreulichen Thatsache ver⸗ 
aͤnderter Spannung zwischen Großbritannien und 
crankreich beitragen halfen, welche in der plötzlichen 
zntlassung des Missionärs Shaw einen sehr be— 
tedten Ausdruck erhalten hätte. 
Die römische Riforma meldet, daß die deutsche 
tegterung der Interpretation des neuen deutsch⸗ 
talienischen Handelsvertrages bezüglich der 
beintrauben im Sinne der italienischen Regierung 
eistimmte, so daß in Fässer verpackte Trauben nicht 
nehr wie Most, sondern wie Tischtrauben mit 
srancs 15,50 per Centner verzollt werden. 
Ausland. 
die französischen Staatseinnahmen blieben 
a Juli um 13,300,000 Frs., während der ersten 
eben Monate um 412/23 Millionen Frs. hinter 
em Voranschlag und um 8,703,000 FIrs. hinter 
en thatsächlichen vorjährigen Einnahmen zurück. 
Petersburg, 9. Sept. Dem Russischen 
3noaliden zufolge soll Anfang September in der 
Imgegend von Siedlec (Russisch Polen) ein größeres 
reitägiges Manöver stattfinden, woran 70 Batail⸗ 
one Infanterie, 51 Eskadronen Kavallerie und 122 
heschütze theilnehmen sollen. 
lleber den Aufstand in der Republik Hauti 
egen einige neuere Nachrichten vor. Am 3. August 
ind zwischen den Regierungstruppen und den Auf⸗ 
indischen vor der Stadt Jacmel ein Gefecht statt, 
welchem auf beiden Seiten Hunderte getodtet 
utden. Die Aufständischen behaupten, den Sieg 
wongetragen zu haben, allein den neuesten Mel— 
uingen zufolge wird Jacmel von den Truppen der 
epublick belagert. Die Rebellen haben die hervor⸗ 
gendsten Regierungsbeamten in Jacmel ermordet. 
ie Zahl der Ermordeten wird auf 14 angegeben, 
irunter mehrere Generale. Die Unglücklichen wurden 
n den Insurgenten bewogen, sich dem Aufstande 
zuschließen, dann als Gefangene behandelt und 
ur der Ankunft der Regierungstruppen gefödtet. 
eneral Salomon, der Präsident ist sehr erbittert 
er das Verbrechen und soll entschlossen sein, die 
issändigen streug zu bestrafen. Es scheint, daß 
größte Theil der Insurgenten sich außerhalb 
Stiadt befand, aber bei der Annäherung der 
egierungstruppen zogen sie sich nach Jacmel zurück, 
orauf die Truppen des Präsidenten Salomon die 
tlagerung des Platzes begannen. Miragoanag und 
temie werden ebenfalls von den Regierungstruppen 
sagert und man glaubt nicht, daß die Rebellen 
ange Stand halten werden. 
Vermischtes. 
München, 6. Sept. Verwaltungs⸗ 
gzerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof hat 
jachfolgenden Entscheid publizirt: Die israelitischen 
dultusgemeinden sind verpflichtet, für eine dem 
Zwecke und der Würde ihrer Bestimmung entsprech— 
nde Synagoge mit innerer Einrichtuug einer Re⸗ 
igionsschule, für ein vorschriftsmäßiges Ritualbad, 
ür Beschaffung rituellmäßigen Fleisches und für ein 
ituellmäßiges Begräbniß Sorge zu tragen. Auf 
ie Beitragspflicht der Mitglieder der israelitischen 
dultusgemeinden zur Deckung dieser Bedürfnisse