Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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Dienstag, 11. September 1883.
18. Jahrg.
iti worden, und man will sich in jenen Kreisen den
Volitische Urberiicht. Brafen von Paris als nuidehe Heinrichs V. ge⸗
Deutsches Neich. allen lassen. Was man sich aber nicht gefallen
Metz, 9. Sept. Die Besetzung des Postens issen will, ‚das sind die Grundsätze, welche das
ines Verwaltungschefs in Metz, von dem iiende Blait der Orleans, der Soleil, als Richt-
canntlich Herr v. Floitwel! zurückgetreten ist, hnuur für die Zukunft hingestellt hat. Hervé, der
immt das Interesse weiter Kreise in Anspruch. hefredacteur des Soleil, sagt: „Der Graf von
thringen beansprucht viel mehr die Aufmerksam- Jaris ist durch seine Gebutrt das Oberhaupt des
it der Reichsbehörden als der Elsaß. Dort über- dauses Frankreich. Niemand kann ihm diesen Titel
biegt die Bevölkerung französischer Sprache zur ehmen oder bestreiten. Was den Königstitel be⸗
eit noch stark die der deutschen und zeigt sich cifft, so liege die Sache anders: er kann ihn nur
halb schon weniger assimilationsfähig. In Loth- on Gott, seiner Energie und Frankreich empfangen.“
mgen wird man weniger das Gemülh als den damit'stellt also Hervõ den Volkswillen neben das
zerstand der Einwohner für das geeignete Bereis öttliche Recht, und das ist nicht nach dem Sinne
ungsobjekt der deutschen Behörde halien müssen; er legitimistischen Gazette de France. Diese wendet
nan wird ihnen zeigen müssen, daß die deutsche ech deshalb gegen die Auslassungen des Soleil und
ztautsautorität eine so befestigte ist, daß Jeder hreibt:
ich im Verhältniß zu Frankreich besser situirt fühlen Herr Hervés macht kurzen Prozeß, wenn es gilt,
ann. Es war deßhalb auch bisher stets das Be- ine Krone zu unterdrücken: ein Nasenstüber und
treben der leitenden Stelle, nach Lothringen als 8 ist geschehen. In seinen Augen ist also der Graf
gezitkspräsidenten Beamte zu senden, welche ener⸗ von Paris nicht der König und diejenigen, welche
isch und kraftvoll die Staatsautorität aufrecht zu iefen: „Der König ist todt! Es lebe der König!“
jalten geeignet waren. So kamen nach einander hatten Unrecht, die alte Formel der Monarchie zu
nach Metz Graf Botho Eulenburg, Graf Arnim- viederholen. Woran dachte denn der Graf von
zoitzenburg und Herr v. Puttkamer, der jetzige Jaris am 5. Oktober 1873, als er zu dem Grafen
Ninister des Inneren. Man darf gespannt das Thambord sprach: „Ich komme in meinem und im
auf sein, wessen Name sich einer solchen Reihe Lamen aller Mitglieder meiner Familie, um Ihnen
nichließen wird. insere Huldigungen darzubringen, nicht nur als
Straßburg, 10. Sept. Die „Els. Lothr. bem Oberhaupte unseres Hauses, sondern als den
„u.“ meldet amulich, daß der Bezirls-Präsident v. inzigen Vertreter des monarchischen Prinzips in
zlottwell in Metz auf sein Ansuchen mit der gesetzlichen Frankreich.“ Der Vertreter des monarchischen Prin⸗
zension vom J. Oktober er. ab in den Ruhestand hips war von jeher der König. Er hat keinen an⸗
ꝛersetzt und der Kreisdirekttor v. Hammerstein in deren Titel und kann keinen anderen haben. Alle
Hülhausen zum Bezirks-Präsidenten von Lothringen Unstrengungen, welche ängstliche Freunde machen
rnannt worden ist. nögen, indem sie zum systematischen „Sich im
Ausland. -Zchatten halten“ rathen, werden erfolglos bleiben.
Wien, 10. Sept. Der König von Spanien Vom Grafen von Paris ist inzwischen eine
st gestern Abend “2 9 hier eingetroffen und vom leußerung bekannt geworden, in welcher er sich selbst
daiser, dem Kronprinzen und den Etzherzögen auf als König von Frankreich bezeichnet. Der Nouvel-
em Bahnhofe mit koͤniglichen Ehren auf's Herze iste de Lyon veröffentlicht nämlich eine Ansprache,
ichste empfangen und nach der Hofburg geleitet velche der Prinz in Wien an einen Herrn de
vorden. rachaisnays richtete und welche folgendermaßen lautet:
Budapest, 10 Sept. Die Unruhen in Kro— „Ich war entschlossen, mich nach Görz zu be—
tien haben während der Feiertage große Dimen- jeben und mich an die Spitze der dort versammel-
onen angenommen. In Gora (H hat ein blutiger en Franzosen zu stellen; aber mit Rüchsicht auf den
zusammenstoß zwischen Bauern und Militär statt- »on der Frau Gräfin Chambord geäußerten Wunsch,
efunden, wobei drei Bauern erschossen wurden. den Vortritt den Mitgliedern ihrer Familie einzu⸗
cbenso in Kannicza, wo neun Bauern gefallen äumen, bin ich genöthigt, fern zu bleiben. Sagen
ind 5 Soldaten schwer verwundet wurden. Tiszza Sie Allen, daß ich mit den Royalisten bin, und
at Pejacseoich, Zivkovics und Josipavich zu einer aß ich bereit bin, mit ihnen zu marschiren. Ich
onferenz nach Pudapest eingeladen. um zu einem dätte gern an dem Grabe Karls X. gekniet, aber
zergleich zu gelaugen. »er König von Frankreich kann nicht eine zweite
Agram, 10 Sept. (Excesse) Am Samstag Stelle einnehmen.“
kochmitiag warf der Pöbel die Fensterscheiben eines Die Aeußerung hat namentlich deshalb Aufsehen
affehauses und mehrerer Wohnhäuser israelitischer rregt, weil sie mit der sonstigen, fast ängstlichen
xesitzer ein und bewarf die einschreitenden Truppen Zurückhaltung des Grafen von Paris schwer in Ein⸗
nit Steinen, worauf das Militär feuerte, ohne llang zu bringen ist; doch ist sie bisher noch nicht
doch Jemand zu verletzen. Viele Verhaftungen widerrufen worden.
aben stattgefunden. Um 2. Uhr war die Ruhe Wer ist der Ruhestörer? Auf diese Frage, welche
ieder hergestellt. — Die auf heute anberaumten von französischen Blättern in den letzten Tagen auf—
demeinderathswahlen sind auf unbestimmte Zeit zeworfen wurde, gibt der Pungolo (di Napoli) eine
riagt worden. Vom Lande werden Zusammen- sehr deutliche Antwort, indem er schreibt:
dhe zwischen Bauern und Gendarmen gemeldet; „Viel früher, als die „Norddeutsche Allgemeine
nioe Bauern wurden getödtet und verwundet. Zeitung“, haben wir es ausgesprochen, daß Frank—
Orleanisten und Legitimisten liegen eich das einzige Land ist, welches den allgemeinen
noch immer in den Haaren. Zwar ist das Frieden bedroht. Diese Wahrheit wiederholen wir
dehnende Verhalten der Gräfin Chambord und seute. Wer hat von 1880 an bis heute die Welt
er Jimgebung gegen den Grafen von Paris von deunruhigt, aufgeregt, mit Kriegslärm erfüllt? Wer
7 Führern der französischen Legitimisten, vor dat mit aller Art von kriegerischen Expeditionen,
en von dem weißköpfigen, aber heißblütigen Gee ine närrischer als die andere, die öffentliche Ruhe
eral der päpstlichen Zuaven, Charette, verurtheilt lestört und die ruhige Arbeit gehindert? Wer hat
Deutschland und Italien gezwungen, sich miteinander
gjegen eiwaige Eventualitäten zu verbünden? Wer
jat Italien genöthigt, seine Militärmacht zu ver—
zrößern? Wer hat uns von der Vollendung und
dem Aufbau unserer inneren Angelegenheiten abge—
zalten? Niemand anders, als Frankreich. Wer be—
indet sich in Tunis, wer ging nach Madagaskar,
aach Tonkin, wer bedroht den europäischen Handel
in China? Niemand anders, als Frankreich. Was
Deutschland betrifft, so gehört eine starke Portion
Frechheit dazu, die Behauptung auszusprechen und
iufrecht zu halten, daß die französische Presse nicht
agtäglich auf alle mögliche Weise aufreizt und
provozirt. Jetzt sagen die Zeitungen und die Poli—
iiker Frankreichs, daß im Laufe von drei Jahren
illes für einen Rachekrieg bereit ist, die Anspiel⸗
ingen werden immer haäufiger, und die Großsprecherei
rimmt zu. Die deutsche Regierung hat also durch—
ius recht, den Franzosen zu sagen: Hütet ench vor
neinem Erwachen, wir sind endlich der Hetzereien
Frankreichs überdrüssig. Fran kreich ist auf dem
Wege, sich mit derjenigen Münze zahlen zu lassen,
nit der es uns zur Zeit der Expedition nach Tunis
zahlte. — Heute mir, morgen dir! Das ist nun
einmal der Welt Lauf.“
New-Yortk, 9. Sept. Die Northern Paci-—
tic Eisenbahn ist unter Theilnahme der deutschen
Bäste heute feierlich eröffnet worden. — Der Gou⸗
»erneut von Neufundland und ehemaliger Gouver⸗
neur von Helgoland. Marse, ist in St. John ge⸗
torhen
Lokale und piälzische Nachrichten.
St. Ingbert, 10. Sept. Gestern be—
eitete der Verein „Gemüthlichkeit“ seinen
Mitgliedern einen genußreichen Abend durch die
healralische Aufführung des historischen Lustspieles
„Schach dem Koͤnig“ von Schaufert. Die Auf—
'ührung dieses Stückes war eine äußerst gelungene
ind es zeigie sich so recht, daß die spielenden Mit—
zlieder die größten Schwierigkeiten durch ihren Eifer
ind Ausdauer zu überwinden verstanden haben. —
Zicherem Vernehmen nach soll am nächsten Sonn⸗
ag eine zweitmalige Aufführung dieses Stückes
tattfinden, wozu auch Nicht mitglieder gegen
Entré Zutritt haben.
— Zweibrücken, 6. Sept. Die Straf—⸗
ammer des königlichen Landgerichts verurtheilte
heute einen 16jährigen Falschmünzer zu 1 Monate
Befängniß. Derselbe hatte ein ächtes Zehnpfennig—
ttück auf ein Bleiplättchen gelegt und durch einen
ttarken Schlag das Gepräge der Münze auf das
Plättchen übertragen. Obwohl das Gepräge negativ
auf der Platte stand, war es ihm doch gelungen,
nehrre dieser Falsifikate anzubringen. Ferner wurde
ein 17jähriger Straßenräuber zu 3 Monaten Gefäng-
niß verurtheilt. Derselbe hatte einen 11jährigen
dnaben auf offener Straße angefallen und eines
Paares Stiefel beraubt.
— Homburg, 8. Sept. Heute wurde das
andwirthschaftliche Bezirksfest und die Kreisver—
ammlung des landwirthschaftlichen Vereins der Pfalz
n unserer festlich geschmückten Stadt abgehalten.
Fine reiche Kollektion Obst ist im Weber'schen
Saale ausgestellt, die Viehausstellung aunf dem Reit⸗
icker ist sehr bedeutend und mit recht schönen Exem—
blaren beschickt. Se. Erz. Herr Regierungspräsi—
dent v. Braun, in Begleitung des Herrn Regier—
ingsrathes Frhr. v. Feilitzsch, wurde heute
Vormittag im Bahnhofe festlich empfangen und
zur Ausstellung geleifet. Se. Exzellenz besichtigte