Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒt. J ugherter Amzeige J. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalz: Am Montag, Dienstag, Dounerstag, Samstag und Sonnutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
ziati und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 40 Z einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 9, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 , bei Neclamen 30 A. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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Maontag, 17. September 1883. 
18. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 1 
Deutsches Reich. 
Straßburg, 15. Sept. Die Elsaß-Loth— 
mngische Zeitung veröffentlicht zwei Verordnungen 
es Statthalters, welche die bisherigen Ausnahmen 
ezüglich der amtlichen deutschen Geschäftssprache für 
ie Gemeinden Diedenhofen und Metz, sowie für 
ad Amtsgericht und das Gerichtsvollzieheramt Metz 
nit dem Jahre 1884 außer Wirksamkeit setzen. 
Berlin, 15. Sept. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ 
chreibt, die Times werde nicht müde, die Franzosen 
zegen Deutschland zu hetzen, indem sie in konse— 
suenter Verdrehung aller Thatsachen Deutschland 
ꝛer Bedrohung Frankreichs bezichtige. Ein solch 
ystematisch fortgesetztes Bemühen, in hinterlistiger 
VDeise Zwietracht zwischen die Nachbarn zu säen, 
nüsse eine um so tiefere Verstimmung aller Faktoren, 
enen es in beiden Ländern ernstlich um die Er—⸗ 
altung des Friedens zu thun sei, zur Folge haben, 
durchsichtiger und selbstsüchtiger die Motive der 
times bei ihrem verwerflichen Treiben seien. Die 
ämes kann bei allem Uebelwollen kaum ernstlich 
offen, die französische Regierung für ihre Ansichten 
u gewinnen. Diese wisse, daß sie auf dem Boden 
er bestehenden Verträge an den Deutschen die 
esten Nachbarn habe, die ihr allen Erfolg in der 
belt wünschten. Solchen Erfolg könne Frankreich 
eicht überall haben, je besser seine Beziehungen zu 
Heutschland seien. Die Politiker der Times und 
jre Hintermänner hätten augenscheinlich nicht an 
ie Möglichkeit gedacht, daß ohne jeden Grund be—⸗ 
riebene Hetzereien Dritter in der öffentlichen 
Neinung Deutschlands leicht den Wunsch hervorrufen 
onnten, eine Verständigung zu suchen, welche vielleicht 
ar nicht so schwer erreichbar sein und an welcher die 
times gewiß noch viel geringere Freude erleben 
vürde, als ihr momentan der Beifall der Boule⸗ 
ardpresse bereitet. 
Ddie großen Gefahren und Verluste, welche ein 
hinesisch-französischer Krieg für die mit 
hina Handel treibenden Völker resp. deren in China 
vohnende Angehörigen mit sich bringen würde, sind 
uch hier in Berlin Gegenstand der Erörlerung 
wischen dem chinesischen Botschafter und unserer 
Nplomatie gewesen. Nach Lage der Verhältnisse ist 
deutschland augenblicklich nicht im Stande, etwas 
Beiteres zur Verhütung des Äusbruchs eines Krieges 
u thun. Wie verlautet, sind die diesbezüglichen 
eutschen Bemerkungen chinesischer Seits in freund⸗ 
ichet Weise aufgenommen worden. 
Ausland. 
die allgemeine Abrüstung wird von 
em Pariser Correspondenten des Standard wieder 
inmal aufs Tapet gebracht. Derselbe will angeblich 
on einem Vertrauten des Fürsten Bismarck erfahren 
aben, Deutschland, Oesterreich und die anderen jetzt 
vit denselben verbündeten Mächte würden einen aü⸗ 
meinen Congreß zur allgemeinen Entwaffnung vor⸗ 
hlagen, und Jtalien, Spanien, Serbien und' Ru— 
änien hätten bereits zugestimmt. Man sieht, daß 
uch die Zeit der sauren Gutke ihren Johannistrieb 
au. denn ernst genommen wird jene Nachricht wohl 
vum von demjenigen, der sie in die Welt gesetzt hat. 
New-York, 14. Sept. Eine Depesche des 
dew. Yort Heralds über das jüngste Gefecht der 
jtanzosen in Tongking sagt: Nach amtlichen fran⸗ 
ischen Quellen seien die Franzosen am J. Sep⸗ 
nber bis Palan, etwa zwoͤlf Meilen von Sontah, 
nrudt und hätten nach dreitägigem Kampfe die 
ositionen der schwarzen Flaggen mit dem Bajonnet 
zenommen. Der Verlust der Franzosen betrug 2 
Iffiziere, 14 Mann todt, 3 Offiziere und 40 
Nann verwundet; die schwarzen Flaggen verloren 
500 Todte und 2 Geschütze. General Bonet zog 
ich nach Hanoi zurück, um Verstärkungen abzu⸗ 
varten, ließ jedoch 300 Mann zur Besetzung der 
den schwarzen Flaggen weggenommenen Position 
Arück 
Pfalz schon seit längerer Zeit mit gutem Erfolge 
hesteht, eingeführt. 
F Darmstadt, 14. Sept. Der Güter—⸗ 
verkehr der hessischen Ludwigsbahn wird während 
der Feiertage der Enthüllung des Niederwalddenk- 
mals eingestellt werden, da der Personenverkehr 
die verfügbaren Kräfte in vollem Maße in An— 
spruch nehmen dürfte. 
F In Düsseldorf hatte kürzlich ein Dienst— 
mädchen das Unglück, einen Hundertmarkschein zu 
berbreunen. Kurz besonnen, sammelte es die Ueber⸗ 
reste des Scheines und sandte sie nach Berlin. Am 
Dienstag Morgen hat die Reichebank die ganze 
Zumme (nach Abzug des entstandenen Portos von 
20 Pf.) dem Mädchen durch die Post wieder ein⸗ 
gehändigt. 
F In Düren entnahm das S„Sjährige Söhn⸗ 
hen eines Handelsmannes ohne Wissen seiner 
Eltern einem Korbe eine Partie Pflaumen und 
derspeiste dieselben. Kurz darauf traten Krämpfe 
ein, welche sich derart steigerten, daß das blühende 
ind verstarb. Die Todesursache ist nach ärztlicher 
Aussage nur auf übermäßigen Genuß von Obst 
zurückzuführen. 
fGn Zeugstiefeln läufts sichs 
hesser.) Als neulich der deutsche Kronprinz in 
stassel weilte, brachten ihm die vereinigten Gesang- 
hereine ein großartiges Ständchen. Am Schlusse 
ieß er die Vorstandsmitglieder ins Palais kommen, 
um seinen Dank abzustaiten; darunter befand fich 
nuch der Schuhmachermeister Pfaff. Nach der Vor⸗ 
tellung sagte der Kronprinz scherzend zu diesem 
jewandt: Nun, Sie werden nächstens eine arge 
Foncurrenz bekommen! — Wieso, Kaiserliche Ho— 
hjeit? — Da hat sich ja Jemand gemeldet, der will 
Zeugstiefel für die ganze Armee liefern! — Zeug— 
ttiefel, Kaiserliche Hoheit, eignen sich nur für die 
Franzosen! — Wieso? — Ja, in Zeugstiefeln 
äuft sich's besser! 
fFLüneburg, im September. (Furcht⸗ 
bares Verbrechen.) Das dreijährige Söhn⸗ 
hen des Schiffers Zange wurde in einem Korn⸗ 
magazin des Mühlenbesitzers Behr hierselbst mit 
durchschnittenem Halse und auf nicht näher zu be— 
schreibende Art verstümmelt, todt aufgefunden. Der 
muthmaßliche Mörder, ein Schiffsmann Borsch, 
oerheirathet und Vater mehrerer Kinder, ist verhaftet 
und dem Gefängnisse des hiesigen Landgerichts zu⸗ 
geführt. Daß derselbe die That begangen, unter⸗ 
siegt wohl kaum einem Zweifel, da man ihn mit 
dem ermordeten Kinde spielend gesehen hat, seine 
Anwesenheit in dem Magazinraume, wo man die 
Leiche gefunden, nachgewiesen ist, und seine Kleidung 
owie seine Hände bei der Verhaftung voll Blui 
varen. Vor etwa 3 Jahren ist hier ein ähnlicher 
Mord verübt an einem kleinen Mädchen vorge⸗ 
lommen, und der Mörder nicht entdeckt worden. 
Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der ⁊c. Borsch 
zuch diesen Mord begangen hat, und die eingelei— 
ete Untersuchung wird wobl bald Licht darüber 
verbreiten. 
F Hamburg, 13. Sept. Der Schriftsteller 
Roderich Fels hat sich heute hier in einem Hotel 
elbst entleibt. Die Motive der That sind unbe— 
annt. Fels ist erst gestern von Berlin hier ange⸗ 
angt. 
FLeipzig, 13. Septbr. Ein Kaufmann 
Namens Walther warf seinen ihm unehelich gebore⸗ 
nen djährigen Knaben, dessen er sich entledigen 
wollte, gestern Abend 11 Uhr in den Rosenthal⸗ 
eich. Ein aus Gohlis heimkehrender Kohlenhändler 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Der geprüfte Rechtspraktikant Richard Lö w 
»on Zweibrücken ist vom kgl. Staatsministerium 
zer Justiz zur Rechtsanwaltschaft bei dem Land⸗ 
jerichte Zweibrücken und zugleich bei dem Ober— 
'andesgerichte Zweibrücken zugelassen worden. 
— Aus der Pfalz, 11. Sept. Montag 
den 24. September nächsthin werden die im Jahre 
1858 aus dem kath. Schullehrerseminare zu Speyer 
ntlassenen Zöglinge und nunmehrigen Lehrer ihr 
2Wjähriges Jubiläum zu Neustadt und zwar bei 
Wirth Bauer auf der Haardt festlich begehen. 
Vermijschtes. 
F München, 14. Sept. Die „Süddeuische 
Presse“ meldet aus Kempten: Prof. Dr. jux. v. 
Stintzing aus Bonn ist mit seinem Sohne gestern 
zei einer Bergpartie in der Nähe von Oberstdorf 
erunglückt. Der Vater ist todt, der Sohn ver— 
vundet. 
Saargemünd. Einem sogenannten Sonn⸗ 
agsjäger ist auf der Bliesbrückener Jagd eine hübsche 
Beschichte vorgekommen, die auch in weiteren Kreisen 
hekanni zu werden verdient. Von den Jagdpächtern 
harauf vorbereitet, daß Wild nicht allzu häufig vor⸗ 
omme, Rehböcke aber trotzdem sich in ihren Wald 
wb und zu verirrten und deswegen keiner Schonung 
zedürften, waren seine Hoffnungen nicht allzu hoch 
zjespannt. Selbstverständlich wurde dem Gast der 
ʒeste Stand gegeben und er sollte auch dort be— 
onderes Glück haben. Auf einmal glaubte er nämlich 
in einem Baume eine verdächtige Bewegung zu be⸗ 
nerken, er schaut noch einmal hastig zu, richtig, ein 
eister Bock, und paff —paff liegt der Bock in seinem 
Blute. Wie mag dem Jägerlein sein Herz vor 
Freude gehüpft haben, bis er endlich näher treten konnte 
ind in dem verendeten Thiere einen wahrhaftigen 
— Ziegenbock erkannte. Nun so was und noch ganz 
indere Sachen sind auf der Jagd schon vorgekommen, 
das Unglück war da, ein Arrangement mit dem 
Ziegenbesitzer alsbald getroffen und sich gegenseitig 
Jas Wort gegeben, die Geschichte todtzuschweigen. 
doch das ist leichter gesagt als gethan. Einem hat 
es schier das Herz abgedrückt und der hat es halt 
veiter erzählt. Die boͤse Welt behauptet zwar noch, 
der Ziegenbock sei mit einer Schnur an dem Baum 
ingebunden gewesen, doch das soll wirklich nicht 
vahr sein. 
7 In Hayingen geriethen zwei jugendliche 
ürbeiter dadurch in Streit, weil der eine dem 
andern aus Unvorüichtigkeit den Speck vom Brote 
tieß. Dieser raffte den in den Schmuzt gefallenen 
S„—peck auf und warf ihn seinem Kameraden in's 
hesicht, welcher dann sofort diese Beleidigung mit 
iner Ohrfeige rächen wollte. Hierzu kam es aber 
nicht, da ihm sein Kamerad zuvorkam und mittelsl 
des in der Hand gehaltenen Messers eine drei 
Fentimeter tiefe Wunde in die linke Seite bei— 
rachte, infolge deren er lebensgefährlich verwundet 
usammenstürzte. 
In Elsaß⸗-Lothringen wird mit dem 
Otktober der Expreßgutverkehr wie solcher in der