Full text: St. Ingberter Anzeiger

2Juebherter Anzeiger. 
Antliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert — 
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der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donuersétag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
satt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljahrlich 1 .A 40 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 75 4, einschließlich 
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auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 13 ⸗, bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
IRẽ 188. 
1. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 24. Sept. Die „Neuesten Nach⸗ 
ichten“ melden, die Regierung werde beim Land⸗ 
age die Gehalterhöhung aller Beamten⸗Kategorieen 
n Form von Miethzinsbeiträgen beantragen. 
München, 26. Sept. Staatsrath v. Schloer 
tgestern Abend 823 Uhr verschieden. 
München, 26. Sept. Fürst Bismarck hat 
im 124 Uhr Mittags Salzburg verlassen und wird 
m 3 Uhr hier erwartet. 
Berlin, 25. Sept. Wie man in militär⸗ 
ichen Kreisen wissen will, wäre Graf Blumen⸗ 
gal, der jetzt vom Kaiser so hervorragend aus⸗ 
zezeichnele kommandirende General des 4. Armee⸗ 
orps, dazu bestimmt, der Nachfolger des verstorbe⸗ 
ien Großherzogs von Mecklenburg- Schwerin als 
heneral Inspekteur der Truppen im Bereich der 
. Armeeinspektion zu werden. Die Ernennung 
ütfte nach Beendigung der Manöver erfolgen. 
Berlin, 26. Sept. Nach Bekannmachung 
m heutigen Reichsanzeiger sind die Herren Polizei⸗ 
räsident Hergenbahn und Großindustrieller Dr. 
ldolf Brünig in Frankfurt am Main von Sr. 
Majestüt dem Kaiser in den erblichen Adelsstand 
thoben worden. (F. J.) 
Es heißt, daß in der nächsten Reichstags⸗ 
ession endlich auch die Frage des Arbeiter⸗ 
qützes durch die gesetzliche Regelung der Vor— 
chriften zu Gunsten des Lebens und der Gesund⸗ 
reit der Fabrikarbeiter der Lösung näher gebracht 
verden wird. Der Bundesrath hat sich damit 
chon einmal beschäftigt, doch kam es nicht zur Vor⸗ 
egung des Gesetzentwurfs an den Reichstag. Jetzt 
vird die Reise des Siaatsministers v. Bötticher 
nch Oberschlesien mit dieser Angelegenheit in Zu⸗ 
ammenhang gebracht. 
Wie es heißt, soll die Reichspostverwal⸗ 
ung die Absicht haben, nach belgischem Vorgange 
dgenannte Briefkarten einzuführen, welche nach 
itt der Postkarten mit Antwort eingerichtet, jedoch 
nit einer Vorrichtung zum Verschueßen versehen 
yürden, so daß sie da, wo es in der Eile an 
nem Briefumschlag fehlt, die Stelle verschlossener 
iriefe nerftreten fännten 
— 1 
5„cheller, 26 J. a., 4. Jakob Hick, 27 J. a., 
ämmtlich Sackträger, 5. Friedrich Wolf, 24 J. 
a., Tagner, alle von Mundenheim, wegen Verbrechens 
vider die Sittlichkeit. Vertreter der k. Staatsbe⸗ 
jörde: Herr Staatsanwalt Schneider. Vertheidiger 
id 1. Herr Rechtspraktikant Nössel, ad 2. Herr 
stechtsprakttkant Acker, ad 8. Herr Rechtspraktikant 
kEscales, ad 4. Herr Rechtsanwalt Loew, ad 5. Herr 
dechtspraktilant Dr. Stern. 
Den Angeklagten wird zur Last gelegt, am 6. 
lugust abhin, des Abends gegen 9 Uhr, auf der 
-ztraße von Ludwigshafen nach Mundenheim an 
der Ehefrau Rauen von Neuenheim gemeinschaftlich 
in Verbrechen der Nothzucht im Sinne des 8 177 
des R.St.⸗“G.⸗B. begangen zu haben. 
Außerdem wird dem Angeklagten Jakob Hick 
ioch zur Last gelegt, kurz vor dem erwähnten Vor⸗ 
alle ebenfalls auf der Straße von Ludwigshafen 
zach Mundenheim an der Wittwe Koller von Lud— 
vigshafen ein Verbrechen wider die Sittlichkeit ge— 
näß 8 176 3. 1 R.St.«G.«B. versucht zu haben. 
die Verhandlung fand mit Ausschluß der Oeffent⸗ 
ichkeit statt. 
Urtheil: Sämmtliche Angeklagten wurden zu 
zuchthausstrafen verurtheilt, und zwar: 1. Bodani 
u 7 Jahren, 2. Platz zu 4 Jahren 6 Monaten, 
. Scheller zu 3 Jahren 6 Monaten, 4. Hick zu 
Jahren 6 Monaten und 5. Wolf zu 2 Jahren, 
owie gegen sämmtliche Angeklagten Aberkennung 
der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 
Fahren erkannt. (3. 3.)* 
— Eine Frau von Moorlhautern wurde 
vegen Verkaufs gefälschter Milch durch Strafbefehl 
des kgl. Amtsgerichts Kaiserslautern zu 75 Mi. 
Zeldstrafe, welche in die Stadikasse fließen, verur⸗ 
heilt. Kaun die Frau nicht zahlen, so hat sie 
25 Tage Haft zu verbüßen. Auch wurde die Ver—⸗ 
iffentlichung des Urtheils ausgesptochen. 
— Neustadt, 22. Sept. Die bekannten 
Deicheln“, d. h. die Privatquellen ohne Gewerb⸗ 
teuer, wo man nur seldstgezogenen Wein, in diesen 
Tagen zu 24 Pf. einen vorzüglichen Schoppen 
deustadter 82er, verzapfte, versiechen bald und 
jeue Quellen mit dem „Federweißen“ thun sich 
chon auf, namentlich auf der Haardt, wo man 
im letzten Kirchweihsonntage schon sehr viel 
Bitz ler“ getrunken hat. 
— Am Samstag wurden von Schwanheim 
3200 Zentner Aepfel an den Bahnhof nach Ann⸗ 
veiler gefahren, von wo sie per Eisenbahn ins 
adische Oberland transportirt wurden. Wie der 
2. A. hört, sollen dieselben per Zentner zu 2Mt, 
30 Pf. von einem dortigen Händler diesseits auf— 
zekauft worden sein. 
— Der frühere Stadtpfarrer in Landau, 
derr Dr. Palm, der vor Kurzem die Leitung des 
ischöflichen Knabenseminars in Zillisheim (Ober⸗ 
xlsaß) übernahm, ist, der „Köin. Ztg.“ zufolge, 
um Studiendirektor an der kgl. Ritterakademie 
tedhurg (Rheinpreußen) berufen. 
— Am verflossenen Freitag Nachmittag zog, 
vie die „Pf. Ztg.“ schreibt, über die Gemarkung 
ron Offenbach und Ottersheim bei Landaü 
ein furchtbares Gewitter mit Hagel, welcher 
iamentlich am Tabak großen Schaden anrichtete. 
— Die Tabaksernte fällt dies Jahr größtentheils 
jering aus. Das Ergebniß ist kaum eine halbe 
Ernte. Für „grünen“ Tabak bezahlen die Händler 
2 Mk. 20 Pf. per Zentner. 
— Dem „L. Tgbl.“ zufolge ist die Regiments- 
nusik des kgl. 17. Inf.“Reamts. zu Germers— 
heim während des Nationalfestes auf dem Nieder— 
valde zum Spielen engagirt. 
— Vom Rhein, 28. Sept. Ein Mißge— 
chick eigener Art traf am verflossenen Sonntag zům 
weiten Male den Ackerer Phil. Wünschel in Neu— 
ofotz. Derselbe besitzt nämlich eine Kuh, die, wie 
man im gewöhnlichen Leben sagt, „Massik“ ist. 
Vor zirka 5 Jahren kam dieselbe nachts von der 
Kette und bearbeitete ein im selben Stalle ver— 
vahrtes, älteres Pferd so mit den Hörnern, daß 
s verendete. Um ähnlichen Fall unmöglich zu 
nachen, ließ Wünschel eine Scheidewand mit Thüre 
m Stalle einsetzen, hat aber wahrscheinlich in jüng⸗ 
ter Zeit vergessen, die Thüre zu schließen. Am 
SZonntag nun befreite sich die Kuh abermals 
jon der Keite, stattete dem jungen Pferde nebenan 
inen Besuch ab und stieß ihm das Horn in den 
Leib, so daß dasselbe ebenfalls verenden mußle. 
Freckenfeld, 28. Sept: Der Dienstknecht 
des Ackerers Georg Rapp dahier, namens Friedrich 
Hoffmann von Kandel, welcher jüngst das Pferd 
eines Herrn beim Pflügen mit einem Prügel der⸗ 
art bearbeitete, daß man längere Zeit jeden Schlag 
auf dessen Körper sehen konnte, bekam wegen Thier⸗ 
quälerei eine Haftstrafe von 2 Tagen und weil 
derselbe bei dieser Gelegenheit aus dem Dienste 
fort lief, noch eine Zugabe von 4 Tagen Haft. 
— Speyer, 25. Sept. Wie wir vernehmen, 
hat die Zahl der infolge des Konkurrenzausschrei- 
bens vom 8. ds. Mis. in Betreff der Erbauung 
der hiesigen Gedächtnißkirche zur Erinnerung an die 
Protestation von 1529 angemeldeten Architekten 
und höhern Baubeamten, welche um Uebersendung 
des Situationsplanes und des Bauprogrammes ge⸗ 
beten haben, die jüngst publizierte von 60 dei 
weitem überschritten und beträgt heute 129. 
— Edigheim, 283. Sept. Eine der hie— 
igen Baracken sollte gestern abgerissen werden, an—⸗ 
tatt aber wie dies sonst üblich ist, zuerst die Dach⸗ 
iegeln abzudecken, fingen die guten Leute an, am 
Boden abzureisen und die Folge war, daß das Ob⸗ 
ekt zusammenstürzte, wobei der Eigenthümer des— 
elben sowie ein Arbeiter derart verwundet wurden, 
daß man sie nachhause fahren mußte.— 
— Ludwigshafen, a. Rh., 21. Sept. 
Deute abend um 9 Uhr blieb eine Kuh, welche vom 
jiesigen Bahnhofe aus durch die Stadt nach Mann⸗ 
Jeim gehen sollte, in der Hauptstraße dahier liegen, 
dermuthlich deshalb, weil dieselbe auf den Mann— 
Jeimer Markt geführt werden sollte, aus welchem 
Grunde das arme Thier vielleicht seit vielen Stun— 
den nicht mehr abgemolken wurde, damit die Kuh 
ein möglichst großes Euter bekommen sollte. Der 
Fall (der keine Seltenheit ist und den man aller— 
orts sieht) wurde sofort amtlich festgestellt und wird 
jedenfalls das unmenschliche Verfahren eine strenge 
Ahnung vor dem Gesetze finden. 
— Ludwigshafen, a. Rh., 23. Sept. 
In heutiger Schöffengerichtssitzung kam die Privat⸗ 
lage von 16 Tuchfabrikanten von Lambrecht gegen 
arl Wörle, 50 Jahre alt, Geschäftsführer und 
eitweiliger stellvertretender Redakteur des „Pfälzer 
Journals“ dahier, wegen verleumderischer Beleidig⸗ 
ung durch die Presse, mittelst eines in No. 166 
»om 20. Inni abhin erschienenen Artikel, worin 
den Klägern unter anderm in sehr graver Weise 
Wahlterrorismus gelegentlich einer im Jahre 1881 
tattgehabten Reichstagswahl ihren Arbeitern gegen— 
iber vorgeworfen wurde, zur Verhandlung. Wörle 
vurde des beschuldigten Reats für überführt er— 
lärt und deshalb zu 100 M. Geldbuße ehenft. 20 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
—Zweibrücken,?20. Sept. Vormittag 8 Uhr. 
berhandlung gegen Eduard Hahn, 23 Jahre alt, 
nüller von der Mittelbrunner⸗Mühle, wegen Brand— 
tung und Privat⸗ Urkundenfälschung. 
Der Angeklagte stellt das ihm zur Last gelegte 
etbrechen der Brandstiftung entschieden in Abrede, 
ihtend er die Wechselfälschung zugibt. 
Urtheil: wegen Brandstiftung freigesprochen, 
rgen Urkundenfälschung 4 Jahre Zuchthaus und 
tennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf 5 
Ahre 
Zweibrücken, 22. Sepi. Verhandlung 
gen Jakob Gehrum, 835 J. a., Holzschuhmacher 
n Speyerdorf, wegen Nothzuchtsversuchs. Ver— 
ser der k. Staatsbehörde: Herr St.« A. Wagner. 
rtheidiger: Herr Rechtsauwalt Schuler. 
Die Geschworenen bejahten die Schuldfrage und 
»enso die Frage nach den mildernden Umständen, 
uczauf der Angeklagte zu einer Gefängnißstrafe von 
dahre veruriheilt' wurde— 
„Zweibrücken, 24. Sept., Vormittags 8 
Ar. Verhandlung gegen 1. Adam Bodanz 26 
»a 2. Peter Phlatz. 22 J. a., 3. Albert