Full text: St. Ingberter Anzeiger

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ugherfer Atzrig kr. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
c St. Ingberter Anzeiger! erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltungs 
ait und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blait kostet vierteljährlich 1./)M 60 S einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 95 H, einschließlich 
4 Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei Reclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
I194. — ESamstag, 6. Oktober 1883. —18. Jahrg. 
— 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 8. Okt. Zur Motivirung des 
etzentwurfes betr. Einführung einer staatlich 
leiieten Hagelversicherung für Bayern äußert sich 
e Kegierungsvorlage also: Di⸗ Versicherung gegen 
agelschaden wird in landwirthschaftlichen Kreisen 
jeifach als Bedürfniß empfunden. Die Gefahr 
nes Hagelschadens selbst zu tragen, ist eigentlich 
ur detjenige im Stande, dessen Gesammtvermögen 
n beträchtliches Vielfache von dem beträgt, was 
urch einen Hagelschlag beschädigt werden kann. 
ie Zahl solcher Personen ist naturgemäß eine ge— 
uge. Für Zahlreiche Grundbesitzer erscheint daher 
e Versicherung gegen Hagelschaden in hohem Grade 
ünschenswerth. Wenn auch in Bayern Hagel⸗ 
etsicherungsvereine und Gesellschaften bestehen, be— 
hungsweise zum Betriebe zugelassen sind, so ist 
chts desto weniger das Verlangen nach Errichtung 
ner staatlich geleiteten, öffentlichen Hagelversicher⸗ 
ugsanstalt seit einer Reihe von Jahren vielfach 
ut geworden. Irsbesondere sind in der Kammer 
x Abgeordneten wiederholt Interpellationen in 
eser Richtung gestellt worden. Auch das General⸗ 
‚omité des landwirthschaftlicher Vereins hat sich 
den letzten Jahren eingehenb alit der Hagelver⸗ 
yerungsfrage defaßt und die Errichtung einer 
sentlichen, auf Gegenseitigkeit beruhenden Hagel⸗ 
ersicherungsanstalt befürwortet. Die kgl. Staats⸗ 
gierung hat diese Anregung und Anträge sorgfältig 
würdigt und sich in Folge gepflogener Erhebungen 
ind Erwägungen die Anerkennung eines Beduͤrf⸗ 
isses nach einer solchen Anstalt nicht verschließen 
onnen. Demgemäß wurde der vorliegende Ent⸗ 
purf ausgearbeitet, welcher von folgenden wesentlichen 
sichtspunkien ausgeht: Freiwilligkeit der Bethei⸗ 
jung ohne Ausschluß der Privatgesellschaften, 
etgütung der Schäden anf Grundlage der Gegen⸗ 
iligleit, feste Betrage ohne Nachschüsse, Verwaltung 
t Anstalt durch die k. Brandbersicherungskammer, 
oͤgliche Verriugerung der Verwaltungskosten mit 
unlichster Vereinfachung des Schätzungsverfahrens. 
iejenigen Bestimmungen des Gesetzes vom 3. April 
875, die Brandversicherungsanftalt für Gebäude 
nden Landestheilen rechts des Rheines betreffend, 
xelche fich zur Uebertragung auf das Hagelverficher 
agswesen eignen, wurden mit den entsprechenden 
enderungen in den Entwurf aufgenommen. 
Französische Agitation in den Reichs⸗ 
anden. In einem Berichte aus Mectz 
eißt es: „Seit einem Jahrzehnt ist in Frank- 
ich eine förmliche Revancheliterafur entstanden, 
viche gesammelt eine stattliche Bibliothek füllen 
nürde. Zahlreicher noch als diese Schriften sind 
der die auf die Revanche⸗Idee bezughabenden bild· 
hen Darstessungen, von religids angehauchien 
mloffen an bis zů den mindest ästhetischen Schil- 
eteien und den abgeschmacktesten Carticaturen. Auch 
n Elsaß⸗Lothringen sauchen diese in Frankreich in 
adt und Land verbreiteten Bilder ab und zu auf, 
7 daß sich die Polizei virl darum kümmert. 
üürzlich hat nun auch in Metz ein Buchhändler 
wei solcher Revanchebilder in scinem Schaufenster 
ennich auszustellen sich gestattet. Das eine stellt 
ambetta auf dem Paradebette dar, mit der Trico⸗ 
ne bedeckt, wie er von trauernden Elsässerinen be⸗ 
w wird. Ueber diese Gruppe erblickt man als 
mion Gambetta's in seinen letzten Augenblicken 
Wiedereroberung von Met und Straßburg. 
uf dem anderen Bilde ist der Ausmarsch der frat 
zösischen Truppen aus Belfort im Jahre 1871 dar⸗ 
gestellt. Eine entfprechende Inschrift weist darauf 
sin, daß die Zeit der Revanche kommen werde ꝛc. 
da die Bilder Tag für Tag zu einem förmlichen 
UNuflauf führten, so wurden sie beschlagnahmt; der 
etreffende Händler selbst wurde unter Anklage ge⸗ 
tellt. Die Strafkammer verurtheilte nun denselben 
zu 800 Mark Geldstrafe bezw. zwei Monat Ge⸗ 
ängniß. 
Eine Revision des Unterstützungswohn⸗ 
itzgesetzes soll abermals vorbereilet werden. Ob 
ieselbe, nachdem schon seit Jahren der Wunsch 
ind die Bestrebungen nach einer Revision dieses 
gesetzes überall rege sind, bei der großen Schwierig⸗ 
eit der Materie in dieser Session des Reichstags 
zur Erledigung gelangen wird, erscheint bis jetzt 
noch zweifelhaft. 
Die Wünsche kaufmännischer Kreise betreffs 
iner Herabsetzung der Telegraphengebuhren 
m deutsch⸗österreichischen Verkehr scheinen an maß⸗ 
jebender Stelle nicht diejenige Berücksichtigung zu 
inden, auf welche man in jenen Kreisen gerechnet hatte. 
Eine Petersburger Correspondenz der amtlichen 
Biener Zeitung hält an der Ansicht fest, daß eine 
zusammenkunft des deutschen Kaisers 
mit dem Zaren als wahrscheinlich gelte. 
Ausland. 
Paris, 3. Oktober. Wie es heißt, hat der 
Ministerpräsident Ferry dem Präsident Gréͤvy aus⸗ 
ührlichen Vortrag über die Ministerkrisis gehalten 
ind ist eine Lösung derselben noch im Laufe dieser 
Voche zu erwarten. Seit einigen Tagen werden 
chwer beladene Lastwagen zur Ostbahn geschafft, 
velche Kanonen geladen haben, die für die Grenz⸗ 
tädte im Osten bestimmt sind. 
Der Londoner „Observer“ äußert bei Besprech⸗ 
ing des von den Parisern gegen den Koönig 
von Spanien aufgeführten Skandals, daß es gerade 
o vernünftig wäre, wenn der Prinz von Wales in Paris 
nerhöhnt würde, weil er Chef des Blücher'schen Regts. 
st, und bemerkt weiter: „Das Schlimmste an der 
Zache ist nicht, daß der Pariser Mob sich wieder 
inmal schlecht aufgeführt hat; Dies geschah schon 
o häufig, daß es nicht weiter auffällt. Das 
zchlimmste ist vielmehr die Sympathie, welche von 
er öffentlichen Meinung Frankreichs dieser kindi—⸗ 
hen Kundgebung des ohnmächtigen Uebelwollens 
ewiesen wird. Wir können diese Thalsache nicht 
nit der Theorie in Einklang bringen, daß das re—⸗ 
ublikanische Frankreich die Zurückhaltung und 
Räßigung gelernt hat und ausübt. Frankreich ist 
ben immer Frankreich, ob es republikanisch oder 
nonarchistisch regiert wird, und wir sind darum 
richt erstaunt über die grenzenlose Unwissenheit und 
Frechheit, welche in diesem Falle der Beleidigung 
es Herrschers eines Landes zu Tage traten, dessen 
zreundschaft zu pflegen Fraukreich alle Ursache hat.“ 
London, 83. Oktober. (F. 3.) Die „Times“ 
eröffentlicht einen besonderen Artikel über die 
eutsche Armee und sagt, es sei eine enorme mili⸗ 
ärische Kraft in derselben verborgen und Europa 
verde wahrscheinlich bei dem nächsten Feldzuge er—⸗ 
taunt sein über eine Entwickelung, die nur Wenigen 
bekannt ist. 
Madrid, 3. Oktober. (F. 3.) Der König 
ind die Königin hielten einen öffentlichen Empfang, 
„ei welchem 30,000 Personen, Reiche und Arme, 
»urch die Säle sich bewegten. Die Stadt war am 
Abend glänzend beleuchtet. Die „Times“ sagt, 
nan könne nicht daran zweifeln, daß die jüngsten 
Freignisse eine bedeutende Veränderung in der Zu⸗ 
sammenkunft des französischen Ministeriums hervor⸗ 
rufen werden. 
Madrid, 4. Oktober. Die Sympathie-Kund⸗ 
zebungen für den König dauern fort. Gestern fand 
eine enthusiastische Ovation bei einem Spaziergange 
des Königs in Buen⸗Retiro statt. Eine Frankreich 
feindliche Demonstration von Studenten vor der 
französischen Botschaft wurde durch Gendarmerie 
derhindert. Die Journale aller Parteien sprechen 
sich sehr scharff über die Variser Vorgänge aus. 
Die hier wohnenden Franzosen wollen einen zahl⸗ 
reich unterschriebenen Protest gegen die Vorgänge 
exlassen. Der König empfängt zahlreiche Tele—⸗ 
zramme, in welchen Sympathie und Theilnahme 
zusgedrückt wird. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Aus dem Bliesgau, Ende Septbr. 
Erntebericht. Nachdem nun die meisten Früchte 
ingethan sind, läßt sich die diesjährige Ernte, resp. 
eren Ergebniß überblicken, und dürfen wir wohl 
agen, daß dieselbe, mit Ausnahme des Obstes, 
ie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt hat. Korn 
ann als gänzlich fehlgeschlagen bezeichnet werden, 
vas die Quantität anbelangt, ist jedoch in Qualität 
usgezeichnet, da es hier später reifte, als in der 
vorderen Pfalz, und deßwegen gut eingebracht 
vurde. Die meisten Oekonomen kauften sich in 
»en größeren Mühlen ihren Bedarf an Saatkorn. 
Weizen und Gerste sind ausgezeichnet in 
Zualität und geben beim Ausdrusch sehr gut aus; 
aur hätte es noch so viel Garben geben können. 
Zafer ist ebenfalls gut im Ausdrusch; derselbe 
land jedoch durchweg zu dünn und ist infolge der 
etzten nassen Witterung nicht ganz trocken einge⸗ 
ahren worden. Kartoffeln gibt es immerhin 
ioch genügend, trotzdem viele in Folge der nassen 
Bitterung fanlten und ist man mit dem Ergebniß 
illerwärts zufrieden. Birnen gibts eine Mittel⸗ 
rnte. Aepfel eine ganze vollkommene Ernte; 
ieselben zeichnen sich durch Schönheit und Dicke 
us, und wird es in diesem Jahr den hier wenig 
»ekannten Apfelwein geben. Zwetschen, deren 
Zeit jetzt zu Ende ist, hat es nicht in dem Maße 
zegeben, als erwartet wurde, und war trotzdem 
der Preis ein viel niedrigerer, als sonst; auch 
zlieben dieses Jahr die französischen Händler aus 
Paris gänzlich fern, welche immer sicher 100,000 
Mark hier ließen und 8, 9, 10 Mk. für den 
Zentuer zahlten, was zur Folge hatte, daß eine 
Unmasse junger Bäume gesetzt wurden und Aecker 
nit sonst sehr mittelmäßigem Boden, aber mit einer 
Reihe Zwetschenbäume bepflanzt, bei Versteigerungen 
abelhafte Preise erzielten. Nüsse sind außer⸗ 
ordentlich gerathen; nur hat es seine Schwierig⸗ 
deiten, bei dieser feuchten Witterung dieselben zu 
rocknen. Runkelrüben gibt's eine mittlere 
Ernte, dagegen Weißrüben eine volle. — Die 
Zerbstsaat steht bis jetzt noch sehr schön, 
namentlich das früh gesäete Korn; an dem in 
letzter Zeit gesäceten fangen die Ackerschnecken ihr 
Werk schon lebhaft an, und kann nur bessere Wit⸗ 
terung die junge Saat retten. Das Grummet 
ist hier sehr gut nach Hause gekommen, indem 
man die gute Witterung Ausgangs August noch 
benützte. Der junge Klee steht allenthalben 
schön; nur bei dem ewigen Klee macht man 
dieses Jahr wieder die Erfahrung, daß zrotz Klee⸗ 
seidereinigungsmaschinen die Seide nicht ausgerottet 
wird, obwohl alle Händler für seidefreien Samen 
zarantiren, wobei sie aber verschweigen, worin die