Full text: St. Ingberter Anzeiger

erlauben · Das Resultat ist in der That ein übder⸗ 
raschendes. Das Bier hat dieselbe Gitte und den⸗ 
elben Wohlgeschmack, als wenn es erst angestochen 
vorden, und man kann fich jetzt auch wohl, nach⸗ 
dem das Bier schon zehn Tage im Anstich liegt, 
n Urtheil erlauben. Das Resultat ist in der 
That ein uͤberraschendes. Das Bier hat dieselbe 
guͤte und denseiben Wohlgeschmack, als wenn es 
erst angestochen worden, janbei einigen Bieren 
wollen Kennet sogar behaupten, sie seien besser ge⸗ 
orden. Beides ist aber auch — das letztere aller⸗ 
dings nur in besonderen Fällen — natürlich. 
Wahrend nämlich bei der Luftpumpe die auf dem 
Dier stehende Luft die in letzterem enthaltene Kohlen⸗ 
saure, —XIV allein der 
Hohlgeschmack des Bieres mehr und mehr schwindet 
Amählich aufsaugt, sodaß Bier, welches lauger als 
wei Tage im Änstich liegt, schon ganz schlecht 
qmeckt und „das Letzte vom Faß“ kaum noch 
intbar ist, geht beim Abziehen durch Kohlensäure 
die in dem Bier enthaltene, nicht nur nicht ver⸗ 
soren, sondern ein Kohlensäure armes Bier saugt 
solche noch auf und wird daher besser. Der Haupt⸗ 
punkt, welcher bei diesem Verfahren erreicht werden 
oll und auch glänzend erreicht wird, ist also, daß 
das Bier, gleichviel wie lauge es im Anstich liegt, 
bis auf den letzten Tropfen im Fasse gut und 
vohlschmeckend bleibt. Es kommt nun darauf an, 
ob die Anschaffungs und Betriebskosten sder Ein⸗ 
führung der Bierhebung mittels Kohlensäure hin⸗ 
dernd in den Weg treten können. Aber auch dies 
ist nicht der Fall. Die Anschaffung des Apparates 
tostet 200 Mark und pro Hektoliter Bier abzuziehen 
kostet etwa 60 Pfennige. Allerdings kostet die Luft 
nichts, bedenkt man aber, daß das lästige Luft⸗ 
pumpen ganz wegfällt und der Apparat fast gar 
seine Bedienung erfordert, daß nie die letzten drei 
his vier Glas weggeschüttet zu werden drauchen 
und daß das Bier bis zum letzten Tropfen die 
gleiche Güte behält, dann leuchten die Vortheile 
sofort ein.“ 
Rappoltsweiler, 2. Oktober. Es 
lebten hier zwei ältere Männer als unzertrennliche 
Freunde, beide unverheirathet, gesund und fromm; 
der eine starb in letzter Woche an einer Herzkrank⸗ 
deit, der andere betete zwei Tage lang an dem 
Todtenbette seines Freundes und begleitete die Leiche 
desselben gestern zur letzten Ruhestätte. Sein Schmerz 
uͤber den Verlust war still aber übergroß — er 
wünschte sich neben seinen Freund gebettet. Das 
Schicksal hat ihm diesen Wunsch erfüllt, denn heute 
morgen fand man ihn leblos in seinem Bett. Ge⸗ 
stern noch rüstig und wohl. heute tot. Ein Schlag⸗ 
fluß hatte sein Leben geendet. Ein sonderbarer 
Zufall. 
p In Hörde wurden bei einem Bettler, wel⸗ 
hher sich aui dem Rathhaus das sog. Stadtgeschenk 
holen wollte, 9551 M. 43 Pf. Bargeld, eine hübsche 
Uhr mit Keite, ein goldener Siegelxring u. a. m 
gefunden. Der Bettlex entpuppte sich mit einem⸗ 
male als Kapitalist. 
4 Gerliner Kinder) Zwei Quartaner 
sitzen auf einer äußerst kurzen Bank des Thiergar⸗ 
ens, die für keinen Dritten mehr Platz bietet. Da 
tommt Nachbars Elsbeth vorüber; sofert spring 
Paul höflich auf und ruft: „Bitte, Elsbeth, nimm' 
meinen Platz!“ — „Gern!“ lispelt die kleine Ko— 
quette und fetzt sich. — Hierauf lächelt Paul ver⸗ 
bindlichst und sagt dann zu seinem Kommilitionen 
mit Entschiedenheit: „Ranu, Ernst, steh' Du auf 
damit ich mich neben Elsbeth setzen kann, sons 
jäue ich Dir eine!“ 
GEin origineller Erblasser.) Vor 
Karzem wurde Herr Emrich v. D...1i, Ritt- 
meister in Pension,“ in der Rähe von Pest auf 
dem Lande lebend, durch einen gerichtlichen Erlaß 
bon einer Erbschaft von 20, 000 fl. verständigt, die 
er durch den verstorbenen Pfarrer G. gemacht habe. 
Der hochwürdige Herr pflegte bei seinen Lebzeiten 
seinen Gästen alles Gute vorzusetzen, was Küche 
und Keller zu liefern vermochten, nur hatte er die 
Marotte, jedem, der zum ersten Mal an seiner 
Tafel speiste, unter freundlichem Zureden, wie in 
der Jerstreung, Bier und Wein in ein und das— 
selbe Glas zu schütten. Die Gäste, die schon im— 
mer im voraus von dieser Orginalität in Kenntnis 
gesetzt wurden, belächelten diesen Scherz und ließen 
besagtes Gebräu stehen. Oberleutenant D. jedoch, 
der durch seine besondere Artigkeit und duirch seine 
guten Manieren bekannt war, konnte sich nicht ent⸗ 
schließen, das freundliche Zureden des alten Man 
„es mit einer Ablehnung zu erwidern und zwang 
h verneigend, mit freundlicher Miene den wider— 
ichen Trunk hinunter. Der Pfarrer maß ihn mit 
rinem langen Blickee, wurde sehr einsilbig und erbal 
sich beim Scheiden von D. zur Erinnerung dessen 
starte. Der Herr Pfarrer, selbst ein außerordent⸗ 
lich artiger, zuvorkommender Mann, hatte sich vor— 
denommen, wenn er einen Mensch fande, der actig 
genug ware, auf seine Einladung hin die Feuer⸗ 
hzrobe der Bier⸗ und Wein⸗Melange anstandslos zu 
ich zu nehmen, denselben zum Erben einzusetzen 
Daruͤber waren viele Jahre vergangen, und Herr 
». D. kam zu der neuerwarteten Erbschaft. Alle 
iese Einzelheiten erhält das bereits geöffnete Te— 
tament. 
Einen erwähnenswerthen Gegensatz zu der 
chmachvollen Behandlung, welche der König vor 
Spanien ganz unschuldigerweise in Paris er⸗ 
uiden mußte, bietet folgende Crinnerung dar: Als 
Napoleon üll. kriegsgefangen auf der Reise nach 
Wilhelmshöhe durch Köln kam, hatte der Zug einen 
Aufenthali auf der Brückenrampe, welchen Napoleon 
enutzte, um zum Fenster hinausgelehnt den Dom 
zu betrachten. Das nach tausenden zahlende, Eisen⸗ 
hahn und Brücke besetzt haltende Publikum ver⸗ 
zarrte in rahiger, anstaͤndiger Haltung dem Manne 
jegenüber, der so unsägliches Elend über so manche 
Familie gebracht. Als einmal ein halberwachsener 
dotterbube einen Pfiff auf den Fingern blies, 
wurde er sofort von mehreren Personen geohrfeigt 
und blieb dann ruhig, fand auch keinen einziger 
Rachahmer. 
pLondon, 2. Oktober. Die Zahl der Bank⸗ 
direkltoren und Kasstrer, welche das Weite suchen, 
nehren sich in erschreckender Weise. Am Sonn— 
ibend sind aus London, Birmingham, Manchester 
Zull, Liverpool und Bristol acht Kassenbeamte von 
Janken und Privatfirmen nach verübten Unterschlag⸗ 
ingen von Lstr. 3000 bis Lstr 15,000 flüchtig 
gjeworden. Der vor einiger Zeit durchgebrannte 
direttor der Union⸗Bank in Birmingham Mr. Bur⸗ 
jan, dessen Unterschlagungen über Lstr. 100,000 
etragen, wurde am Montag in Havre in dem 
Augenblick verhaftet, als er sich nach Brasilien ein⸗ 
chisfen wollte. Ein gleiches Geschick ereilte den 
Vuchhalter eines Advokaten in Manchester, der mit 
ntwendeten Lstr. 8000 ein neues Leben in der 
neuen Welt beginnen wollte. 
Die Explosion in Woolwich soll durch 
Tigarrenzünder entstanden sein, welche fich zwischen 
den aus Egypten zurückgelangten Raketen vorfan⸗ 
den. Die Matrosen scheinen bei der Verpackung 
der nicht verbrauchten Vorräthe fleißig geraucht und 
dabei ab und zu einige Cigarrenzünder zwischen 
die Sprenggeschosse fallen gelassen zu haben — 
wenn man es sonst nicht mit einer absfichtlich bös— 
willigen Handlung zu thun hat. In dem erplo— 
dirten Schuppen waren die beiden Arbeiter mit 
der Auspaͤckung dieser retournirten Raketenvorräthe 
beschäftigt, und man glaubt darum, das Unglüd 
auf die Entzuündung eines Cigarrenzunders zurück⸗ 
führen zu können. 
Madrid, 2. Oktober. Nach neueren Be— 
richten über die Pulver-Explosion in Villena wurden 
zei der Katastrophe 16 Personen getödtet und 8 
chwer verwundet. Vier Häuser wurden vollständig 
zerstört und zwölf dermaßen beschädigt, daß sie 
aiedergerissen werden müssen. 
eRom, 2. Oktober. Die Details einer furcht⸗ 
haren Katastrophe auf einer Straßen⸗Bahn sind 
elegraphisch hierhet gemeldet worden. Am Sonntag 
rand in dem Dorfe Secondigliano in der Nähe 
don Neapel eine Festfeier statt, zu welcher zahlreiche 
Bewohner von der Stadt auf mit Lokomotiven bde— 
dorderien Tramwayzügen sich begaben. Des Abend⸗ 
im halb acht Uhr setzten sich verschiedene Wagen, 
chwer mit Passagieren beladen, in der Richtung 
nach Neapel zu in Bewegung. Alles ging gut 
bis der Zug an der Arenaceia-Brücke anlangte, wo 
die Bahn ziemlich abschüssig ist und die größte 
Aufmerksamkeit des Lokomotioführers in Anspruch 
ummt. Unglüdlicherweise stand am Fuße des 
Abhanges eine andere Lokomotive, in welche di 
Tramwaywagen mit furchtbarer Gewalt hineinfuhren 
Drei Personen wurden dadurch sofort getödtet und 
20 Männer und vier Frauen, meistens dem Arbeiter— 
tande angehörend, schwer verletzt. Außerdem wurden 
nicht weniger als 30 Passagiere mehr oder weniger 
schwer verwundet. Ungefähr 40 der Verletzten 
vwurden durch Tramwaywagen in die Spitäler nach 
sdeapel gebracht, wo bereits 3 Personen idren Ver— 
etzungen erlegen sind 
fFNew⸗York, 3. Oktober. (K. 3.) Die 
Ausstellungsgebäude in Pittsburg (Pennsylvanien) 
sind durch eine Feuersbrunst zerstoört worden. Der 
eden wird auf 2u Millionen Dollars ge⸗ 
ichatzt. 
FNew⸗York, 4. Oltober. Bei dem Auf⸗ 
stand in Port⸗au⸗Prince und Haiti sing gegen 800 
Häuser durch Feuer zerstört worden. — Der durch 
das Niederbrennen der Ausstellungsgebäude in Pitts⸗ 
hurg angerichtete Schaden beträgt nach neueren 
Depeschen nur eine Million. 
F(Ger Weg zur Geliebten.) Ein junger 
Mann von' Middletown, der sich sterblich in die 
Tochter eines auf abgelegener Farm lebenden und 
als eine Art Menschenfeind verschrieenen Mannes 
derliebt hat, fragt bei dem in Middletown erscheinen⸗ 
den „Transcript“ an, was er thun solle, um zu 
der Geliebten, deren Wohnplatz er noch nie betreten 
habe, zu dringen und ob es bei der Unzulänglich- 
seit desselben nicht das Gerathenste wäre, sich erst 
das Wohlwollen und die Zuneigung des gestrengen 
derrn Vaters zu erwerben. Hierauf nun ertheilt 
der Brieftasten des „Transcript“, der offenbar ein 
Interesse an der Lage des Fragestellers gewonnen, 
vemselben folgenden wohlerwogenen Rath: „Wir 
an Ihrer Stelle würden zunächst suchen, uns das 
Wohlwollen und die Zuneigung der Herren Hunde 
des Vaters Ihrer Angebeteten zu erwerben. Ist 
dies einmal geschehen, dann wird ihrem Betreten 
der Farm wohl kaum mehr etwas im Wege stehen.“ 
Gemeinnuͤtziges. 
ochen des Fleisches.) Ein Fehler, welcher 
bei dem Fleischkochen gemacht wird, ist das lange 
Einweichen des Fleisches in Wasser, damit das Blut 
ausziehen soll; das geschieht ja auch dadurch wohl, 
zugleich geht von der Oberfläche aber auch der kräf⸗ 
ligste Bestandtheil des Fleisches in's Abwaschwasser 
über und also für die Nahrung verloren. Man 
hat weiter nichts zu thun, als etwa an der Ober⸗ 
fläche des Fleisches klebende Unreinigkeiten zu ent⸗ 
jsernen, und dazu genügt ein einfaches Abwaschen 
oder noch besser Abbürsten. Aber das Fleich auf 
dem Lande ist nicht immer ganz frisch, hat zu 
Zeiten schon etwas Wildpretgeruch und dann zieht 
doch das Wasser wieder etwas aus — werden 
manche Hausfrauen einwenden. Nun da läßt sich 
anderweitig Rath schaffen. Die Hausfrauen dürfen 
nur einmal den Versuch gemacht haben. stark riechen⸗ 
des Fleisch mit Wasser und einigen frisch ausge⸗ 
zlühten Holzkohlenstückchen zu kochen, um zu ersehen. 
daß dadurch beide, Suppe und Fleisch, den reinen 
Beruch und Geschmack wieder erlangen, wobei die 
stohle die riechenden Bestandttheile völlig in sich 
aufnimmt. Auch beim Kochen der Fische, welche 
einen modrigen Geschmack haben, thut die Holzkohle, 
auf diese Weise zur Anwendung gebracht, dieselben 
Dienste, d. h. der modrige Geschmack verliert sich 
danach. 
Sterbefaälle. 
Gestorben: in Berghausen Michael Heim— 
gärtner, 34 J. a.; in Duchroth-Oberhausen 
Peter Nessel, 89 J. 10 M. a.; in Kaiserssau— 
tern Joseph Rieder, Kutscher, 48. J. a. 
Marktberichte. 
St. Ingbert, 8. Oktober. (Viktualienmarkt.) 
Kartoffeln 59 Kilo 1,10 -2 M. Butter per /8 Kilo 1 M. 
bis 1M. 10 Pf., Eier per Dutzend 80 Pf. Kappes 
per Kopf 3 bis 20 Pf., Zwetschen per Ztr. 6—-7 M. 
Aepfel per Ztr. 3—26 M. Birnen 326 M. 
6q. Ensheim, 4. Oltober. (Viktualienmarkt.) Kar⸗ 
toffein — M. — bis — M. — Pf. per 50 Kilo, Butter 
1 M. 10 bis 0 M. — Vi. ver ! Kilo, Eier 90 Pf. per 
Dutzend. 
Während des Monats September wurden in Ensheim 
geschlachtet: O Rinder, 6 Kälber, 11 Schweine. 
Zweibrucken, 4. Okltober. (Fruchtmittelpreis und Vik⸗ 
tualienmartt.) Weizen J0 M. 11 Pf., Korn 8 M. 13 Pf., 
Spelz 6 M. 87 Pf.,“ Spelzlern — M. — PVf. Dinkel 
. — Pf.“ Mijchfrucht M. — Pf. Hafer 6M. 
57 Pf. Erbsen O M. — Pf. Wicen 0 M. — Bf., 
Gerste zweireihige 6 M. 82 Pf. vierreihige ß M. 20 Pf., 
Karloffeln 1 M. 60 Pf., Heu 8 M. 20 Ppf., Stroh 2 M. 
30 Pij. Weißbrod 13 Kilogr. 56 Pf., Kornbrod 3 Kilo 
63 Ppf, Gemischtbrod 3 Kilogt. 78 Pf. paar Wed 90 Gr. 
6 Pf, Rindfleisch 1. Qual. 66 Pf., II. Qual. 60 Pf. Kalb- 
fleisch 56 Pf. Hammelfleisch 60 Pf. Schweinefleisch 30 Pf., 
Butter /3 Kilogr. I M. O6 Pf., Wein 1 Liter 80 VPi. 
Rier J1 Liter 24 Vf. 
Für die Redaktion verantwortlich F. X. Deme 
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