Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
xr St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Moutag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
jatt und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1A G0 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 124 75 4, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei NReclamen 30 44. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
W 199. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
lus München werden die Ansätze des Etat* 
s königl. Hauses und Hofes für ein Jahr der 
Vll. Finanzperiode mitgetheilt wie folgt: 1. Per⸗ 
anente Zivilliste Sr. Maj. des Königs von Bayern 
. 4,231,044; 2. an Apanagen beziehen: Se. 
Hohheit Prinz Otto von Bayern M. 137,148, 
e. kgl. Hoheit Prinz Luitpold von Bayern M. 
/1,429, J. kgl. Hoheiten Prinzen Ludwig Ferdi— 
ind und Alphons von Bayern M. 171,429, Se. 
. Hoheit Herzog Maximilian von Bayern M. 
85,716; 3. Wittwengehalt Ihrer Majestät der 
znigin Mutter a) an Geld M. 205,7 16, b) Geld⸗ 
nschlag für den freien Bezug von Fourage und 
zrennholz M. 834,209, zusammen Mark 239,925; 
Pensionen für Rechnung heimgefallener Apanagen: 
zon Seite Ihrer Maj. der Königin Karoline von 
zahern Mark 5,338. Gesammtbetraq der Ausgaben 
dark 5,342,029. 
Privatnachrichetn aus Baden-Baden über 
as Befinden des Kaisers lauten durchaus erfreulich. 
Die Ausschüsse des Bundesraths sind mit der 
lufstellung von Normalstatuten für das Kranken⸗— 
msengesetz beschäftigt. Ein bayerischer Bevollmäch— 
igter ist mit dem Referat betraut. — In Reichs⸗ 
agskreisen bezweifelt man, daß, der Zugsage über 
ie Vorlegung eines Auswanderungsgesetzes in der 
ächsten Session entgegen, von diesem Projekt Ab⸗ 
jand genommen sei. Eventuell soll der Reichskanzler 
arüber interpellirt werden. — Der Anwesenheit 
lukhtar Pascha's in Berlin wird eine wichtige 
olitische Vedeutung beigelegt; es heißt, Fürst 
zismarck habe eingehend längere Zein mit ihm 
onferirt. 
Dder deutsche Botschafter am italienischen Hofe, 
serr v. Keudell hai sich zu einer Konferenz mit 
m Fürsten Bismarcknach Friedrichsruh 
ꝛegehen, von wo er direkt auf seinen Vosten nach 
dom zurückkehren wird. 
Petition betr. die Weinfabrikation. 
inter der Winzerbevölkerung an der Mosel wird, 
on verschiedenen landwirthschaftlichen Kasinos aus⸗ 
ehend, eine Petition an den Reichstag um gesetz 
iche Beschränkung der Weinfabrikation vorbereitet. 
danach joll „die Herstellung von Weinen, bei 
velcher andere Bestandiheile als Naturwein und 
dandiszucker zur Verwendung kommen, gänzlich 
erboten und angeordnet werden, daß überhaupt 
beinverbesserungen mittelst Zuckerzusatzes nur dom 
age der Weinlese ab bis zum Jahresschlusse im 
hege der gewöhnlichen Gährung des Mostes vor— 
enommen werden dürfen. 
rür die Wahl eines Abgeordneten zum preuß⸗ 
ichen Abgeordnetenhause an Stelle von 
ennigsen's, welche am 18. d. M. stattfindet, ist 
on der nationalliberalen Partei Pastor Pfaff zu 
sterbruch, ein Freund Bennigsen's und Mitbe— 
tünder des nationalliberalen Vereins als Kandidat 
ufgestellt worden. 
Ausland. 
Paris, 10. Ottober. Die „République fran⸗ 
und der „XIX. Sieècile“ erklären heute, 
nankreich betrachte den Zwischenfall am Nordbahn⸗ 
Ne durch den Schritt, den das Oberhaupt der 
wpublik bei der spanischen Botschaft gethan habe, 
Erlerigt. Wenn der Madrider Hof Wei— 
als Genugthuung verlange, so würde er seine 
uhle überschreiten. Das Pariser Kabinet könne 
b daranf ict inlasn 
Samstag, 13. Oktober 1883. 
Wie der Voss. Ztg. aus Paris telegraphirt 
vird, beabsichtigen die Radicalen, da die Militär⸗ 
ceglements activen Militärs verbieten, ein Abgeord⸗ 
ieten⸗Mandat anzunehmen, Thibaudin als Candi— 
)aten für den Senat aufzustellen. In Aussicht ge— 
nommen ist hierfür Nancy, das einen Senator zu 
vählen hat. 
Die seit dem Aufstande von Badajoz erwartete, 
iber durch die Reise des Königs Alfons ins Aus⸗ 
and verzögerte Ministerkrisis in Spanien ist 
unmehr ausgebrochen. Der Mirnisterpräsident 
Z„agasta überreichte gestern Abend dem Könige das 
e5ntlassungsgesuch des gesammten Kabinets. Der 
könig erklärte sich mit dem Rücktritt des Mini— 
teriums einverstanden, wird aber wahrscheinlich 
zagasta auf's Neue mit der Kabinetsbildung be— 
rauen, so daß die Hoffnungen der Konservativen 
inter Canovas del Castillo, wieder an's Ruder zu 
ommen, unerfüllt bleiben und nur einzelne Mitglieder 
»es Kabinets, wie der Kriegsminister Martinez 
Lampos, durch neue Kräfte ersetzt werden dürften. 
Die jüngste Nihilisten-Proklamation, 
iuf gutem Papier, deutlichst gedruckt, lautet: „Das 
evolutionäre Executivcomite Rußlands beschloß ein⸗ 
timmig, das Todesurtheil über Alexander III. aus- 
usprechen. Der von uns festgesetzte Termin, 
velchen Alexander UIl. sowohl aus unserem Organ 
Narodnaja Wolja“ als aus Proklamationen genau 
annte, ist abgelaufen, ohne daß auch nur ein 
inziger Schritt seitens der Regierung gethan worden, 
im der Noth und dem Elend des Volkes abzuhelfen. 
Wir versichern, daß wir trotz den Gegenmitteln 
uinserer Feinde unser Ziel erreichen werden.“ 
Ruffische Liebeswerbungen bei der 
Türkei. Es ist recht amüsant, zu sehen, wie 
anbehaglich sich die Russen fühlen, seit die Türkei 
iich Deutschland und Oesterreich genähert hat. Daß 
Mukhtar Pascha schon seit 14 Tagen in Deutsch— 
and weilt, gibt ihnen wieder einmal Gelegenheit 
die Türken vor dem intimeren Anschluß an die 
niiteleuropäischen Mächte zu warnen und sich selbst 
n die nöthige vortheilhafte Beleuchtung zu setzen. 
Ddie Nowoje Wremja bringt einen Artikel, der na⸗ 
nentlich auch deshalb nicht ganz unbeachtet bleiben 
arf, weil er mit voller Offenheit die nächsten 
Bünsche Rußlands offenbart. Nachdem das Blatt 
er Türkei zu Gemüthe geführt, daß Deutschland die 
rroberungspolitik () Oesterreich⸗ Ungarns im Orient 
interstützt, und daß, wenn es zu einem Kriege 
ommen werde, die Türkei in erster Linie die Un—⸗ 
osten zu tragen habe, daß im Uebrigen die Türkei 
ereits durch jene Mächte, deren Bündniß es suche, 
Zosnien, und die Herzegowina, Cypern, Tunis und 
xgypten verloren und in Kurzem Albanien und 
Nacedonien mit dem Hafen von Salonich an 
Desterreich, Syrien und Mesopotamien an England 
yerlieren werde, fährt Now. Wrj. fort: „Nach die— 
en vielen Enttäuschungen, welche die Türkei in 
zezug auf die wesßtlichen Freunde erfahren, könnte 
ie wohl zur Besinnung gelangen. Sie müßte zu 
der Eckenntniß gelangen, daß es für sie vortheil⸗ 
jafter ist, sich den Balkanfürstthümern und Ruß— 
and zu nähern, das wohl zuweilen rauh aufge— 
reten ist, aber steis ehrlich und offen gehandelt hat. 
19) Gegenwärtig nun, wo die Bedingungen des 
iplomatischen Kampfes sich derart gestaltet haben, 
aß jeder Staat erforderlichenfalls mit mehreren 
Hegnern zu rechnen hat, gewinnt eine Annäherung 
in die Türkei für uns eine praktische Bedeutung. 
) Wir fordern von der Türkei keine Hilfstruppen. 
ondern können im Gegentheil ihr bei Vertheidig— 
18. Jahrg 
ing ihrer Besitzthümer Beistand () erweisen. — 
Also ein Bündniß zwischen der Türkei und dem 
ammfrommen Rußland, das dafür nichts weiter 
jerlangt, als „eine freie Straße aus dem schwarzen 
n's mittelländische Meer.“ Ob wohl die Türken 
um den Preis, der ihnen auf alle Fälle die russi— 
che Flotte vor Konstantinopel bringt, auf diesen 
Lorschlag zur Güte anbeißen werden? — Aus alle— 
»em geht zum mindesten hervor, ein wie begehrens— 
verthes Objekt die Türkei in den Augen derselben 
zJournale geworden ist, die vor zwei Jahren über 
den „Bund zwischen Deutschland und dem türkischen 
deichnam“ spotteten. Das Werk Kählers und 
Wettendorfs beginnt, wie man sieht, Früchte zu 
ragen, die indeß schwerlich für den Fuchs an der 
Hewa reifen merden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 12. Okt. Die zwischen 
hier und Saarbrücken gelegene preußische Station 
Stahlhammer, ehedem Schafbrücke, wird 
mit dem Beginn des Winterdienstes den Namen 
Bischmisheim führen, nach dem unweit davon 
iegenden Orte gleichen Namens, damit erhält die 
Station seit der kurzen Zeit ihres Bestehens die 
dritie Benennung. 
— Ensheim, 12. Oktober. Dem bisherigen 
tändigen Vikare Herrn Schmitt dahier wurde die 
Berwesung der Pfarrei Breitenbach übertragen. 
Derselbe wird schon bald in seinen neuen Wirkungs⸗ 
reis eintreiten. An seiner Stelle wurde der der— 
zeitige Privatvikar Herr O. Klag in Odernheim 
zum ständigen Vikar dahier ernannt. 
— Kaiserslautern, 11. Oktober. Gestern 
früh verunglückte das Kind der Eheleute Moll auf 
dem Kotten in schrecklicher Weise. Die beiden Eltern 
zingen des Morgens in Tagelohn zur Arbeit und 
ießen das dreijährige Bübchen allein in der ver— 
chlossenen Stube zurück. Hier wußte der Kleine 
nit Zuhilfenahme eines Stuhles die Zündholzschachtel 
»on dem Küchenschafte herunterzuholen und nun 
ündete er ein Hölzchen nach dem anderen, ca. 60 
in der Zahl, an, bis plötzlich seine Kleider Feuer 
ingen. Im Nu war das Kind in Flammen einge— 
züllt und als auf sein Geschrei Nachbarsleute die 
Thüre aufsprengten, um zu Hilfe zu eilen, fanden 
ie das arme Würmchen mit schrecklichen Brandwun⸗ 
»en bedeckt und ist besonders die Brust stark ver⸗ 
hrannt. Nach der hiesigen „Volkszig.“ dürfte kaum 
zu hoffen sein, das Kind am Leben zu erhalten. 
— Wolfstein, 8. Oktober. Heute Nach— 
nitag fuhren zwei Insassen einer Chaise, Vater 
ind Sohn, im Galopp durch unser Siädtchen. 
Sie solten jedoch nicht weit kommen, denn vor 
Wolfstein draus stürzte das Pferd plötzlich zusammen 
ind war todt. Dasselbe, erst vor einigen Tagen 
n Landstuhl erhandelt, wurde sogleich bestattet. 
Als beide den Verlust vor Augen sahen, machte 
einer dem Andern Vorwürfe über das rasche Fahren, 
ind schließlich zogen sie gemeinsam die Chaise nach 
Wolfstein retour; auch verursachte die Beseitigung 
des verendeten Pferdes nicht unbedeutende Kosten. 
— In Forsst soll der größte Theil des Herbstes 
aufgekauft sein, und zwar zu dem Preise per Logel 
240 Liter zu 22-26 Mt. 
— In Dannstadt hat sich der verheirathete 
Schreiner G. Webel durch einen Revolverschuß 
in den Magen getödtet. 
— In Laumersheim findet man, wie der 
Kais. Ztg. geschrieben wird, Vieles paarweise: so 
zum Beispiel 2 Orgeln. 2 Kanzeln. 2 Geistliche