Full text: St. Ingberter Anzeiger

aussichtlich veranlassen, seinen Betrieb ganz auf elek⸗ 
—AI verlegen, um umbekümmert und 
mabhängig von der Jahriszeit Blumen und Früchte 
ʒer verschiedensten Arten zu ziehen. 
Ein Omen.) Am Tage wo die Ein— 
weihungewoche des Niederwald-Denkmales zu Ende 
ging, passirte der Statue des Rheines in Paris, 
die am Triumphbogen der Porte Saint⸗Denis vor 
weihun dert Jahren zur Feier der Eroberung des 
Flsasses durch Ludwig XIV. angebracht wurde, ein 
HRalbeur, welches fehr leicht zu symbolischen Deu⸗ 
ungen Anlaß geben könnte. Ein Arm dieses Pariser 
Rhenanus brach entzwei und man wird nun die 
Slatue entweder renoviren oder abschaffen müssen. 
4Ein ernstes Rencontre mit einem Löwen fand 
am letzten Freitag in einer Menagerie in Liver—⸗ 
„ool' statt. Ein Schweizer, Namens Bolomey, 
Frat den Käfig eines jungen, asiatischen Löwen 
n der Absicht. denselben zu zähmen. Das Thier 
sprang auf ihn zu und packte ihn am Kopfe. Nur 
nit großer Schwierigkeit konnte er von zwei anderen 
Färtern aus seiner gefährliche Lage befreit werden. 
Mit fürchterlichen Wunden am Kopfe, an den Armen 
und der Hüfte bedeckt, wurde der Aermste in das 
nächstgelegene Krankenhaus getragen 
FUeber die Brutalität eines russischen Admirals 
wird der „Pet. Wied.“ aus Sewastopol Fol— 
gendes geschtieben: Vor den Augen einer Masse 
zon Zuschauern trug sich hier ein führchterliches 
Ungluͤck zu. Ein mit 14 Personen besetztes großes 
Boot fuhr von der Nord⸗ zur Südseite hinüber 
Um dieselbe Zeit lief in die Bucht der Dampfer 
Elborus“ ein. An Bord desselben befand sich 
dmiral Nowosselsti. Der Dampfer fuhr mit solcher 
Geschwindigkeit, daß er nicht ausweichen konnte 
oder nicht wollte, direkt auf das Boot zu und 
egrub dasselbe unter sich. Schreckens⸗ und Ver⸗ 
weiflungsrufe ertönten sowohl von Seiten der Er⸗ 
trinkenden als auch aus dem in dichten Haufen 
im Ufer stehenden Publikum. Nur der Dampfer, 
welcher das Uaglück herbeigeführt hatte, verhielt sich 
völlig gleichgültig dem von ihm angerichteten Elend 
gegenüber. Erschütternd war es zu sehen, wie eine 
Rutter ins Wasser fiel, die zwei Kinder zu retten 
und wie schließlich alle drei unter dem Wasser ver— 
chwanden. Ein 18jähriges Mädchen, das einige 
Hale wieder auf der Oberfläche erschien, versank 
chließlich auch in den Wellen. Ihr Vater, ein 
Fährmann, stand am Ufer und sah den Tod seiner 
Tochter. Wie ein Wahnsinniger und verzweiflungs⸗ 
voll schreiend rannte er umher; der Unglückliche 
oll wirklich den Verstand verloren haben. Acht 
Menschen kamen ums Leben, sechs konnten gerettet 
werden. Man erwartete offenbar den Admiral, 
denn die Anfahrt war mit Laub geschmückt, die 
Flottenoffiziere und Mannschaften waren in Uniform 
trotzdem verließ der Admiral den Dampfer nicht; 
dieser kehrte vielmehr auf der Stelle um und nahm 
den Kurs nach Odessa. Fast als ob der „Elborus“ 
nur in die Sewastopoler Bucht eingelaufen war 
um acht Menschen zu ertränken. 
In Philadelphia wurde am 8. Oktober 
das 20 jährige Ju biläum der Ankunft der 
ersten deütschen Einwanderer in Amerika von der 
xutschen Kolonie mit großen Festlichkeiten begangen. 
kin großer historischer Festzug, bestehend aus den 
Lbertretern der deutschen Gewerbe⸗Vereine, bewegte 
ich durch die Straßen der Stadt. — Die Geschichte 
er deutschen Pioniere, welche Deutschland 
m Jahre 1683 verließen, ist äußerst interessant, 
ind die Nachkommen derselben können mit patrio⸗ 
ischem Stolze auf die Erhaltung der deutschen 
Sprache und des deutschen Wesens in ihrer Mitte 
zinweisen. William Penn veranlaßte vor 200 
Jahren, ehe er sich nach Amerika einschiffte, 13 
)eutsche Familien mit ihm auszuwandern. Diese 
horläufer des immer zunehmenden Auswanderer⸗ 
wromes verließen London im Jahre 1683. Ein 
deutscher Namens F. D. Pistorius, der bereits 
tüher nach Amerika ausgewandert war, empfing 
die deutschen Landsleute bei ihrer Landung in 
Fhiladelphia und wurde von ihnen fortan, neben 
83 Penn, als Haupt der Ansiedelung betrachtet. 
8hiladelphig bestand damals, seinem uns er⸗ 
altenen Berichte gemäß, „aus drei bis vier kleinen 
Aütten, alles Uebrige war Wald und Unterwuchs. 
kiesenbäume und Buschwerk, in deren Schatten ich 
mich oft verirrte, wenn ich vom Flusse aus (Pistorius 
hrte, gleich allen übrigen Ansiedlern, mit Aus— 
hme der Hüttenbesitzer, in einem Kanoe) nach 
n unfernen Hause eines holländischen Bäckers 
amens Kornelius Born, ging.“ Unter der 
Führung von Pistorius wurde der erste Versuch 
gemacht, die Sklaven zu befreien. Diese freisinnigen 
Bestrebungen befanden sich aber nicht in Ueberein— 
stimmung mit der Politik Penns, und bald darauf 
hören wir von der großen Zahl der Deutschen aus 
der Pfalz, welche Unruhen im Lande schaffen“; 
ebenso wird Klage geführt, daß die „ungehorsamen 
Deutschen die Sicherheit der Kolonie gefährden.“ 
Nachdem sie aber einmal Wurzel gefaßt hatten 
war an ihre „Ausrottung“ nicht zu denken; Ger— 
mantown — so heißt der deutsche Theil von Phila⸗ 
delphia — wuchs und gedieh, und heute bilden 
die Nachkommen der deutschen Ansiedler das wich— 
tigste und einflußceichste Element unter den Fremden 
die in Amerika eine neue Heimath gefunden haben 
F Ein seltsames Duell.) Eine New— 
Orleans Zeitung theilt sehr ernsthaft die Geschichte 
ines Mannes mit, der gegenwärtig in vorgerückterem 
Alter steht und vor vierzig Jahren in einem Zwei— 
tampfe ganz eigener, tragischer Art als eine der 
dauptpersonen figurirte. Die Ursache dieses Zwei— 
sampfes war die Hand einer reizenden Dame, um 
die zwei junge Männer sich aufs Eifrigste bewarben 
und deßhalb in so bittere Feindschaft gegen ein— 
inder entbrannten, daß es ihnen schien, die Welt 
ei nicht groß genug für Beide. Allein der Tod 
in bevorstehenden Zweikampfe sollte nicht die Folge 
von Pistolen, Revolvern oder Degen sein. Ein 
alter Militärarzt, der ein Freund der beiden 
Antagonisten war, unternahm es, ihrem Vorhaben 
zu Hilfe zu kommen, als er einsah, daß keine Ver— 
jöhnung zwischen ihnen mehr möglich wäre. Als 
die Duellanten auf dem Kampfplatze angekommen 
warer, waren sie oußerordentlich überrascht, als sie 
die Natur der Kampfbedingungen erfuhren. Da 
sah man keine Feuerwaffe und kein Schwert, son— 
dern einzig ein Futteral aus schwarzem Saffian— 
leder, aus welchem der Doktor eine Pillenschachtel 
herausholte. Sie enthielt vier Küchelchen, von 
denen eines bestimmt war, einen plötzlichen Tod 
zu verursachen, während die übrigen drei harmloser 
Ratur waren. Die zwei jungen Männer nahmen 
diese Art des Zweikampfes, die der Doktor ihnen 
vorschlag, an. Ein Goldstück wurde in die Luft 
geworfen, um zu entscheiden, wer die erste Wahl 
haben sollte. Zwei Küchelchen wurden verschluckt, 
vorauf das Goldstück abermals in die Höhe ge— 
worfen wurde für die anderen zwei, die nach der 
ausdrücklichen Bedingung des Doktors von beiden 
Duellanten zu gleicher Zeit verschluckt werden 
nußten. Beide tranken einen Mund voll Bordeaur., 
um die Pillchen hinunter zu waschen. Allein im 
elben Augenblicke stürzte einer der beiden jungen 
Männer, wie vom Schlage getroffen, zur Erde. 
Der überlebende Gegner ist gegenwärtig noch am 
deben, allein düstere Schwermuth hat sich, wie das 
obengenannte Blatt versichert, auf seine Seele ge— 
jagert und den Frieden seines Daseins zerstört, so 
daß er bis auf den heutigen Tag nicht im Stande 
st, eine Pillenschachtel ohne Schaudern anzusehen 
ind den Bordeauxwein wie ein tödtliches Gift meidet 
(Gott Rayburn und sein Prophet. 
Im Kreise Schuyler, Illinois, hat sich eine neue 
Religionssecte gebildet, welche sich die , Pilgerbande“ 
iennt und mit dem Mormonenthum und den An— 
zängern der „freien Liebe“ verwandt zu sein scheint 
Der Hauptsitz der neuen Secte ist in Erwin und 
hr Gründer ist Caleb Anderson, früher ein Metho— 
distenprediger, dem große Beredsamkeit und magne— 
tische Kräste nachgerühmt werden. Anderson, ein 
großer, hübscher Mann, von einnehmendem Wesen 
und etwa 45 Jahre alt, war von der Methodisten⸗ 
ronferenz getadelt worden, weil er mehrere Neuer— 
ungen in der Doctrin, welche er predigte, einge⸗ 
führt hatte. Aus Verdruß darüber verließ er die 
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Methodistenprediger, Namens Rayburn von Gott 
zjesandt worden, um Licht auf der Erde zu bringen. 
sayburn wird von der „Pilgerbande“ als Gottheit 
verehrt und in den Gebeten und Psalmen der neuen 
Bemeinde ist sein Name an Stelle des Namens 
Gottes gesetzt worden. Caleb Anderson verstieß 
ein rechtmäßiges Weib und erkor sich ein hübsches 
Dienstmädchen als „Seelenbraut“. Er verstieß auch 
seine Kinder aus dem Grunde, daß sie „Kinder der 
Sünde“ und aus einer „Ehe der Finsterniß“ ent— 
prossen seien. Eines Tages kündigte er seiner Ge⸗— 
meinde an, daß ein neuer Prophet dieses Jahr in 
Erwin geboren werden würde, dessen Vater er sein 
werde, und wenige Tage später erklärte eine Schwester 
der neuen Religion (eine verheirathete Frau) daß 
ije eine göttliche Botschaft empfangen hätte, wonach 
sie die Mutter des neuen Propheten sein würde. 
Diese Ankündigung soll ihrem Gatten große Befrie⸗ 
digung gewährt haben. Unter ihren Mitgliedern 
zählt die „Pilgerbande“ mehrere dir wohlhadendsten 
und einflußreichsten Familien im Kreise Schuyler. 
F GEin Riesenzirkus.) Der „Mammuth— 
Zirkus Barnum's“ zählt gegenwärtig 700 Bedien—⸗ 
ttete (Akrobaten, Kunstreiter, Riesen, ‚wilde Männer“ 
und Monstrositäten aller Art, Thierbändiger, Wär— 
ter ꝛc.). Die Zahl der Pferde beträgt 400, jene 
der Elephanten 30. Die Menagerie zählt einige 
Hundert Thiere, darunter 18 Löwen, 20 Kameele, 
12 Dromedare, dann Tiger, Bären, Panther, Gir— 
affen, Zebras, Gnus ꝛc. Im Winter hält sich 
Barnum in New-VYork auf: im Sommer und Herbst 
bereist er die ganzen Vereinigten Staaten und gibt 
in etwa 150 Städten Vorstellungen. Der Zulauf 
ist ein enormer. In Boston nahm er in diesem 
Jahre an einem Tage 3148 Pfd. St. ein. In 
zjehn Tagen betrugen dort die Einnahmen 21,600 
Pfd. St. Während der Reisezeit betragen die täg— 
lichen Ausgaben 4800 Dollars; die Einnahmen er⸗ 
zaben dagegen einen täglichen Durschnitt von 9160 
Dollars. Kein schlechtes Geschäft — wenn man 
Barnum glauben darf. 
F Ueber den am 2. September entdeckten Ko— 
meten wird berichtet, daß derselbe ein recht ansehn⸗ 
licher werden wird. Die größte Schweifentwicklung 
wird auf Ende Januar des kommenden Jahres 
fallen, da der Komet um diese Zeit der Sonne am 
nächsten steht; doch dürfte das Gestirn zu Anfang 
Dezember am besten zu sehen sein, da es später 
chon zu tief nach dem Süden eilt. Nach den aus— 
ührlichen Berechnungen, welche die Herren Schul— 
hof und Boffert in Paris über das Gestirn aunge— 
ttellt haben. ist die vermuthete Identität mit dem 
1812 von Pons entdeckten Kometen nunmehr un— 
zweifelhaft nachgewiesen. Der Komet zieht also in 
einer Ellipse mit 70jähriger Umlaufszeit am Him— 
mel einher. 
Gemeinnütziges. 
Um Holz auf die Dauer zu präserviereu, teilt 
man der Baugew. Ztig. folgendes Mittel mit. Die 
Bretter werden in einen Behälter aufeinauder ge— 
legt, und über alle wird eine Lage ungelöschten 
Kalkes gebreitet, der dann allmählich mit Wasser 
gelöscht wird. Hölzer für Bergwerke werden etwa 
eine Woche lang liegen gelassen, bis sie vollständig 
imprägniert sind, anderes Holz braucht weniger Zeit. 
Das Material erlangt durch diese Behandlung eine 
merkwürdige Festigkeit und Härte; Buchenholz z. 
B. so präserbiert und zu Hämmern und anderem 
Werkzeug als Stiele, Grifse und dergl. verwandt, 
bekommt die Härte des Eichenholzes, ohne etwas 
von seiner Elastizität und Weichheit zu verlieren. 
(Obst jährelang frisch zu erhalten) Man 
vässere klaren, weißen Sand so lange, bis das 
Wasser auf ihm ganz hell bleibt, dann gieße man 
dieses ab, trockene den Sand an der Sonne und 
gieße Cognac oder Franzbranntwein darauf. Hier—⸗ 
auf nehme man nach Belieben irdene oder hölzerne 
Behälter, um die Früchte, die nicht zu reif und 
nicht zu unzeitig abgenommen werden dürfen, hin⸗ 
einzupacken. Man streue in das Gefäß jenen prä— 
parierten Sand, doch so, daß die Früchte einander 
nicht zu aahe kommen. Dabei ist noch zu bemer⸗ 
sen, daß das irdene Gefäß nicht zu feucht und das 
hölzerne nicht zu warm steben darf. 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Speyer Frau Anna Maria Lau— 
terer, geb. Beutelspacher, 52 J. a.; in Bosenbach 
August Kehrein, Schulverweser zu Ulmet; in 
Neustadt a.H. Frau Ricka Sinn, 65 J. a.; in 
dirchheim“ ndon Milbelm Kanoffsky, 26 J. a. 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 11. Oktober. (Fruchtmittelpreis und Vik⸗ 
tualienmarkt.) Weizen — M. — Pf., Korn 8 M. 12 Pf., 
Spelz 6 M. 62 Pf., Spelzkern — M. — Pf., Dinkel 
— M. — Pf., Mischfrucht 8 M. 37 Pf., Hafer 6 M. 
17 Pf. Erbsen 0O M. — Pf., Wicken 0 M. — Pf. 
Berste zweireihige7 M. 30 Pf., vierreihige — M. — Pf., 
Kartoffeln 1 M. 50 Pf., Heu 3 M. 20 Pf., Stroh2 M. 
50 Pf., Weißbrod 122 Kilogr. 56 Pf., Kornbrod 3 Kilo 
63 Pf., Gemischtbrod 3 Kilogr. 78 Pf., paar Weck 90 Gr. 
6 Pf., Rindfleisch J Qual. 66 Pf., Il. Qual. n0 Pf. Kalb— 
fleisch 55 Pf. Hammelfleisch 60 Pf. Schweinefleisch 80 Pf. 
Butter *3 Kilogr. 1M. 05 Pf., Wein J vLiter 80 Pf., 
Bier J Liter 24 Pf. 
Homburg, 10. Oktober. (Fruchtmittelpreis und Viktu⸗ 
alienmnarkt, Weizen O M. 91 Pf., Korn 8 M. 2 Pf., 
Spelzkern — M. — Pf. Spelz — M. — Pf., Gerste 
2reihige 0O M. — Pf., Gerste 4reihige — M. — Pf.