Full text: St. Ingberter Anzeiger

lastel, Aßweiler, Bebelsheim, Herbitzheim, Walsheim 
ind Niederwürzbach zu Blieskaftel auf dem Markt⸗ 
platze statt. — 
— Bei der gestern (Donnerstag) in Kaisers⸗ 
lautern stattgehabten Wahl wurde von 25 an⸗ 
wesenden Stadtrathsmitglieder Herr Anwalt Joseph 
Neumayer mit 18 Stimmen zum Bürgermeister 
und zum 1. Adjunkten Herr Dr. Theodor Orth 
mit 15 Stimmen gewählt. 
— Neustadt, 17. Okltober. Daß der dies⸗ 
jährige Herbst denn doch wehl eiwas über einen 
halben“ steht, dürfte aus der erfreulichen That⸗ 
sache erhellen, daß in unserer Stadt die Fässer und 
deller zu knapp werden, um all' den flüssigen Gottes⸗ 
segen zu bergen. Die Logel, welche sonst 15 bis 
20 Mi. kostele, wird jetzt vielfach für 8 Mt. ver⸗ 
kauft. Zu hiesigen Weinhändlern fahren z. B. 
zahlreiche Bauern ihren Weinvorrath, ohne überhaupt 
hierzu aufgefordert zu seen, und bitten man möchte 
ihnen den Vorrath doch nur abnehmen. 
— Der Ausschuß des evangelischen Kirchenge⸗ 
sangvereins für die Pfalz ladet die Vorstände und 
Dirigenten der Kirchengesangvereine, sowie alle 
Freunde des Kirchengesangs auf Donnerstag, den 
J. Nov. ds. Is., Vormittags 10 Uhr zu einer 
Beneralversammlung im Saalbau zu Neustadt 
a.H. ein. Zur Besprechung kommt u. A. die 
Frage bez. der Herausgabe von Chorgesängen und 
die Abhaltung eines Kirchen-Gesangfestes im Sommer 
1884. 
Die Direktion der Pfälz. Bahnen hat 
sich bereit erllärt, aus Anlaß der festlichen Begehung 
des 400jährigen Geburtstages Luthers am 30. und 
31. Oktober die Guͤltigkeit der am 30. ds. nach 
Worms gelösten Retourbillete auf die Dauer von 
3 Tagen zu verlängern. 
— Die pfälzischen Bahnen haben im 
Monat September 1883 um 72,162 Mt. 36 Pfg. 
mehr vereinnahmt, als im gleichen Monat des Vor⸗ 
ahres, und in den verflossenen 9 Monaten von 
1883 um 675,628 Mk. 17 Pfg. mehr, als in dem 
zleichen Zeitraum von 1882. 
Vermischtes. 
Das Oberlandesgericht München hat als 
Rebisionsinstanz ausgesprochen, daß die Abhaltung 
einer öffentlichen Tauzmusik am Sylvesterabend an 
atholischen Orten, wo eine solche nicht herkommen⸗ 
gemäß ist, eine strafbare Ueberschreitung bildet, 
dagegen an Orten mit protestantischer Bevölkerung, 
wo solche bisher üblich waren, abgehalten werden 
dürfen. Der Grund liegt darin, daß für die prote⸗ 
tantische Orte die sogenannte geschlofsene Zeit vom 
1. Adventsonntage nur bis zum Weihnachtstage 
einschließlich dauert, während sich dieselbe an katho— 
lichen Orten vom gleichen Anfangstage bis zum 
Feste der hl. drei Könige einschließlich erstreckt. 
F In Augsburg hat eine Herausforderung 
zum Duell, wie dortige Blätter berichten, dem 
Polizeiinspektor Weber seine Stellung gekostet. Die 
Forderung war die Folge eines heftigen Wort⸗ 
wechsels, den Weber mit einem vorgesetzten Rechts⸗ 
rath gehabt. Da der Magistrat gegen Weber, der 
Offizier a. D. ist, disziplinär vorging, hat der 
Letztere seine Entlassung genommen. 
(Sollte man's glauben)) Ein Mann 
in der Nähe von Gunzenhausen brannte Abends 
große Strohbündel in seinem Stalle an, um die 
an der Decke sitzenden Fliegen und Stechmücken, 
die sein Vieh arg plagten, zu tödten. Die Fliegen 
perbrannten, aber auch der Stall sammt Neben⸗ 
gebäuden, die sehr schlecht versichert waren und 
Obendrein ist es sehr fraglich, ob die Versicherung 
den Schaden vergütet und nicht auf Brandstift⸗ 
ing klagt. 
2 Saarbrücken, 18. Oktober. Der, wie 
früher gemeldet, mit seinem Pferde dessertirte Dra— 
goner ist nach einem hier eingetroffenen Telegramm 
in Metz und sein Pferd in Thedingen aufgegriffen 
worden. — Die hiesigen öffentlichen Gebäude haben 
uus Anlaß des Geburtstages Sr. Königlichen 
Hoheit des Kronprinzen des deutschen 
Reichs heute Alle geflaggt. — Allgemeines Be⸗ 
dauern erregt hier die Verunglückung des Bäcker— 
neisters Herrn Barth, der sich am Bein verletzt 
hatte. Es trat Eiterung ein, die zu einer Blünt⸗ 
ergiftung führte und diese hatte den Tod des 
Mannes zur Folge. 
4 Wir lesen im „Düsseld. Anz“: In Trier 
jat jüngst ein städtischer Unterbeamter sein 530jäh— 
iges Dienstjubilaum gefeiert und haben die sorgen— 
en Väter der Stadt ihm für seine treuen Dienste 
200 Mt. außerordentlich bonifiziert. Der Jubilar, 
höchft erfreut darüber, ließ sich's nicht nehmen, ein 
leines Soupechen zu geben, und das Stadiober⸗ 
haupt und die Büreaubeamten durften natürlich 
zabei nicht fehlen. Selbstderständlich trank man 
auch dazu, kurzum es war sehr schön. Am andern 
Tage besah der Jubilar sich die Zeche und siehe 
da — sie betrug nahe an 600 Mk.! 
F Aus dem Münsterland wird berichtet: 
Die königliche Regierung fragte bei dem Amtmann 
eines Ortes an, wie es mit der Polizeistunde in 
einem Bezirke aussehe; ob die Verordnung der 
dniglichen Regierung auch genau inne gehalten 
verde. Der Amtmann soll nun wahrheitsgetreu 
urückberichtet haben, er halte es für überflüssig 
»ie Verordnung betr. die Polizeistunde in seinem 
Bezirk zu veröffentlichen resp. in Ausführung zu 
ringen, da nach 11Uhr niemand mehr im Wirths⸗ 
ause zu finden sei, als der Amtsrichter und — 
r (der Amtmann). 
* GEGie vergessene Fahne) „Mein 
Sohn, mein Sohn, geh' nicht an den Rhein, mein 
Sohn, ich rathe Dir gut,“ warnt Rückert und er 
zat gewußt, warum. Wer einmal am Rhein ge— 
vesen, dessen Sinnen und Trachten ist an den 
jerrlichen Strom mit seinen Bergen, Burgen und 
zurschen, seinen Mädchen und seinem Wein fün 
mmer gefefselt, wer dort an den Ufern des Rheins 
itzt, der liebt, der triinkt und — vergißt Alles um 
ich her. Einen neuen Beweis für diese unumstöß⸗ 
iche Wahrheit lieferte jene jugendfröhliche Depu⸗ 
ation aus Frankfurt, welche gelegentlich der Ein⸗ 
wveihung des Niedderwald-Denkmals stolz mit ihrer 
Bereinsfahne an den Rhein zog und Abends, als 
sie in Frankfurt wieder eintraf, nicht nur Herz und 
klaren Verstand, sondern auch ihre — Fahne in 
Rüdesheim gelassen hatte. Beim Wein und bei der 
Liebe war sie vergessen worden! Andern Tags 
zing eine Depesche nach Rüdesheim ab. Die letztere 
desagte, daß die Fahne ruhig noch in der Ecke einer 
Wirthschaft stehe, in der die jungen Leute die Herr⸗ 
ichkeiten des Rheins gekostet hatten. Vorigen 
—AD 
zekannt als zuverlässig und über Jugendthorheiten 
rhaben, nach Rüdesheim gesandt, um die Fahne 
»u holen. Doch, o Wunder, — o Rückert! Auch 
ie kehrten, voller Seligkeit und Sehnsucht im Herzeu, 
iber — ohne die Fahne zurück! — Nach solchen 
ẽrfahrungen war der Beschluß, Rückert's Warnung 
uchstäblich zu befolgen, sehr erklärlich, und so 
vandte man sich denn an den Rüdesheimer Wirth, 
»er die Fahne gut verpackt der Post anvertraute, 
ie sie denn auch unverletzt mit bekannter Gewissen⸗ 
jaftigkeit hier an den Verein ablieferte. (F. J.) 
F Vom Niederwaldfeste wird folgender 
S„paß erzählt. Das Geländer um das Denkmal 
var frisch angestrichen. Verschiedene höheren Per— 
oͤnlichkeiten beschmutzten sich daran die Handschuhe. 
Nuch Feldmarschall von Moltke kam heran. Vor— 
ichtig aber griff er mit den Fingerspitzen an's Ge— 
änder, prüfend, ob die Farbe trocken sei. Die An— 
vesenden, die es sahen, drachen in eine stürmische 
Freude aus taut rufend: „Seht den alten Moltke, 
vie vorsichtig, er läßt sich nicht anschmieren!“ v. 
Moltke Dies hörend, lachte auch mit. — Si nonè 
rero, èô ben trovato. 
F (EEine angenehme Ueberraschung.) 
Fin junger Frankfurter lernte vor einigen Monaten 
iul janges, hübsches Mädchen kennen, das mit 
einer Mutter nach Frankfurt gekommen war, um 
eine Erbschaft zu erheben, die den Bestimmungen 
es väterlichen Testaments gemäß der jungen Dame, 
iachdem sie 21 Jahre alt geworden, zufallen sollte. 
Her junge Mann, der nach den ihm gewordenen 
Rittheilungen die fragliche Erbschaft kaum auf 
.0,000 Mt. schätzte, verliebte sich in das Mädchen 
ind erhitlt von ihm unter Zustimmung der Mutter 
as Jawort. Erst bei der Testamentseröffnung er— 
uhr der glückliche Bräutigam zu seiner nicht ge— 
ingen Ueberraschung, daß die Geliebte die illegitime 
Tochter leines vor 14 Jahren gestorbenen reichen 
Hrafen sei und daß derselbe seinem Kinde ein 
Vermögen hinterlassen, das nach jetzigem Gelde 
nkl. Zinsen ca. 200,000 Mt. beträgt. Jetzt be⸗ 
inden sich die jungen, bereits verehelichten Leute 
nuf einer größeren Reise und vergnügen sich zur 
Jeit in Chicago. 
(GBriefmarkenhandel.) Es ist kaum 
zu glauben, wie sehr noch das Markensammeln 
loriert. So wurde am Freitag in einem Brief— 
narkengeschäft der Vilbeler Gasse in Frankfurt am 
Main eine großartige Sammlung für 3220 Mark 
verlauft. Die Sammlung, welche in mehtrerer 
großen Albums eingeklebt war, kommt nach Belgien 
Gewmichtige Wirthe.) In Barme 
repräsentierten bei Gelegenheit der rhein.· wesi 
Wirtheverbandssttzung vier Bochumer Wirihe u. 
sammen das respeltable Gewicht von 1460 Pfunp 
Wie versichert wird, wog „der dickste der Diden 
allein über 400 Pfund. 
F Zwei Gießener Gymnasiasten, der eine 
in Begleitung seiner Mutter, hatten sich nach den 
loster Aruburg begeben. Sie vergnügien fich mil 
Spielen und kam dabei der Eine auf den unseligen 
Gedanken, mit einer geladenen Pisiole auf den anderer 
anzuschlagen. Die Waffe, ging los und toͤdtlich 
getroffen stürzte der Unglückliche zu Boden. — 
Peppenheim hat bei einem Brande am 
Rtachts ein Mädchen von 12 Jahren in den Fiamm 
den Tod gefunden. 
*(Gewonnene Wette.) In Hofgeismai 
wettete jüngst ein Knecht, innerhalb einer Stunde 
12 Stück Handkäse zu vertilgen. Er verzehrle da 
ganze Quantum, trank dazu ? Liter Schnaps 
und gewann somit seine Wette (2 Mk. und di⸗ 
Kasekosten). Von irgend welchem Unbehagen wih 
man an ihm nichts bdemerkt haben. 
F Aus Sachsen schreibt man der „Verl. 
Bolksztg.“. Das Ministerium des Innern hat die 
Entscheidung getroffen, „daß die gewerbsmußige 
Abgabe geistiger Getränke auf Borg als Grund fuͤr 
die Entziehung der Konzession für das Schankqge— 
werbe angesehen werden kann.“ Das ist eine aller— 
dings recht strenge, aber uns däucht, doch gerechte 
und auch wohl wirksame Entscheidung. 
FGört, hört!) Ein in Rothenburg (Ober- 
Laufitz) in's Leben gerufener Verein junger 
Mädchen gibt seit einiger Zeit Anlaß zu ieb— 
haften Debatten seitens der dortigen Herrenwelt. 
Jedes Mitglied des „Jungfrauen-Vereins“ hat sich 
derpflichtet, nicht zu heirathen, und es soll dies der 
dauptzweck des Vereins sein. Die dortigen Damen 
scheinen, wie das „L. T.“ meint, furchtbare Lange⸗ 
veile zu haben. 
f Gestern (18. Oktober) war der Kronprinz 
des deutschen Reiches, der glorreiche Sieger 
von Wörth, 52 Jahre alt. 
fUeberdasentsetzliche Elend, welches 
»as Auftreten der Trichinose in Emersleben und 
anderen Orten in der Nachbarschaft von Halber⸗ 
tadt hervorgerufen hat, wird der Nordh. Ztg. unter 
»em 12. d. M. aus Emersleben geschrieben: „In 
FEmersleben liegen gegenwärtig 183 Personen, in 
Deesdorf ꝛc. 70 —80, in Nienhagen 57, in Crot⸗ 
orf ca. Z0— 40; ferner liegen an Trichinose er— 
rankt Personen in Gröningen, Klein-Gröningen 
Quenstedt, Schwanstedt und Wegeleben.“ 
(Sonderbares Vergnügen.) Als 
duriosum sei erwähnt, daß in Blumenfelde eint 
drütlustige Truthenne gegen drei Wochen auf zu 
ammengescharrten Aepfeln gesessen hat. Die „Frkf. 
Ider⸗Ztg.“ fügt sinnreich und belehrend hinzu 
„selbstverständlich ohne das gewünschte Ergebnis zu 
erzielen.“ 
F GBirnen im Falschmünzerdienste. 
Von der russischen Grenze berichtet die „Ojtd 
Volksztg.“. Schon seit einiger Zeit wurden aus 
einem kleinen preußischen Grenzstädtchen wöchentlich 
eine bis zweimal Kistchen mit der Aufschrift 
„Birnen cito!“ an einen Delikatessenwaarenhändler 
in Wilna gesandt. Vor einigen Tagen wollte es 
der Zufall, daß an der Grenze eins dieser Kistcher 
auseinanderbrach und sein saftiger Inhalt auf dit 
Erde fiel. Ein Zollbeamter bemächtigte sich des 
selben und fand in jeder Birne einen falscher 
Hundert-Rubelschein. Der „Delikassen-Waaren“ 
Händler ist verhaftet. 
— Als Kuriosum wird mitgetheilt, daß ein Oeko 
nom in Pommern auf seine Wiesen zwei Zentner 
klaren Zucker gestreut hat, welchen er irrtümlicher— 
veise anstatt einer Knochenmehl-Sendung von der 
Bahn erhalten. Es dürfte interessant sein, nur 
die Wirkung dieses neuen Düngermittels zu beobachten 
— Der Verbrauch italienischer Weine in Dent sch 
sand hat seit Eröffnung des Betriebes auf der 
Hotthardtbahn einen erheblichen Aufschwung genom⸗ 
nen, und Alles deutet darauf hin, daß ein Still⸗ 
tand in dieser Bewegung so bald noch nicht ein⸗ 
reten werde. Wie änregend die Erschließung des 
neuen Verkehrsweges auf die Ausfuhr italienischer 
Weine gewirkt hat, erhellt aus einer ziffermäßigen 
Vergleichung. Es wurde nämlich an iütalienischem 
Wein ausgeführt in der ersten Hälfte des laufen— 
den Jahres 1.361,422 Hektolifer, während der