f Temesdar, 22. Oktober. Graf Stephan
Batthhany wurde heute früh im Pistolenduell mit
dr. Julius Rosenberg durch einen Schuß in die
zchlafe getodtet. Untersuchung ist eingeleitet.
F Triest, 22. Oktober. Heute früh 3 Uhr
35 Minuten wurde hier ein wellenförmiges Erd⸗
eben verspürt.
F London, 20. Oktober. In Hasting's
pielie sich waͤhrend des furchtbaren Sturmes am
Rittwoch eine seltsame Szene ab. Der Sturm
xach namlich geradellos, als im Padillon auf dem
Nolo das Konzert stattfand. Einige Personen
wurden zu Boden geworfen und im Saal entstand
ine beispiellose Panik. Mehrere Damen, darunter
uch die aus der Bühme befindliche Sängerin, fielen
n Ohnmacht, und das Konzert endeie mit einer
vilden Flucht. Unter Zurücklassung von Oberröcken,
hzüten und Regenschirmen trachtete Jeder nur das
este Land zu gewinnen. In Brighton und Rams⸗
zate fanden große Klippenstürze stait, wodurch die
jott angelegten Promenaden und Wege theilweise
ersiört wurden. Am schlimmsten scheint Cardiff
jeimgesucht worden zu sein. Die Quaimauer
vurde dort weggerissen und der größte Theil der
Ztadt plötzlich überschwemmt. Das Wasser stieg
n einzelnen Straßen bis 10 Fuß hoch. Der
S„chaden ist sehr bedeutend, doch schienen keine
MNenschen verunglückt zu sein. Eine furchtbare
Zzene spielte sich in dem im Bau begriffenen Tun⸗
jel unter dem Flusse Severn ab. Die Meeresfluth
tieg zu einer unerhörten Höhe, erreichte die Schacht-
nundung, uno das Wasser stürzte sich mit lautem
grausen in den Tunnel, wo zur Zeit an 80 Ar—⸗
xitern beschäftigt waren. Die größten Befürcht⸗
ingen wurden gehegt und Hilfe konnte nicht ge—
eistet werden. Erst nach 10 Stunden konnte man
aran gehen, ein Rettungskorps hinabsteigen zu
assen, welches die Arbeiter in dem Luftschachte un—
ersehrt, wenn auch in sehr erschöpftem Zustand
and. Sie standen auf den Leitern, viele von
men bis zu den Hüften im Wasser, und nur ein
jergmann war der Erschöpfung erlegen. Er konnte
ch nicht länger an der Leiter halten nnd sank in
as Wasser, welches 16 Fuß hoch gestiegen war.
— Die Insel Wight soll nunmehr durch einen
cunnel mit England berbunden werden. Die er—
orderlichen Bohrversuche wurden bereits gemacht
rad“ die Sachverstündigen glauben, daß die Aus—
ihrung keine Schwierigkeiten bieten wird.
f Einfranzösisches Blatt, der Pariser
Figaro“, bringt von einem Marine⸗Offizier, der
ls Schriftsteller unter dem Namen Pierre Loti be—
annt ist, folgende Schilderung von den Gräuel—
cenen, die durch die Franzosen nach der Einnahme
»on den Hus verübt wurden: „Eine drückende Hitze,
in tödtlicher Widerschein auf dem Küstensand; der
kauch der eingeäscherten Dörfer stieg gerade in die Höhe
ind zertheilte sich weit oben in riesige schwarze Sonnen⸗
chirme. Es war nichts mehr zu iödten. Da kamen
ie französischen Matrosen, tou von Sonnenschein
ind Lärm, aus dem Fort heraus und warfen sich
nit einer Art nervösen Zitters über die Verwunde—
en her. Diejenigen, welche in Löchern vor Angst
euchten, welche unter Binsenmatten die Todten
bielten, welche mit emporgestreckten Händen röchelnd
in Gnade flehten, mit herzzerreißender Stimme:
lan! Han!“ riefen, Alie wurden niedergemacht,
uit Bajonetten zerstochen, ihre Köpfe mit Kolben—
dlägen zerschmettert. Kleine „Boys“ von Saigon,
»eibische und wilde Geschöpfe, annamitische Dirnen,
ie im Troß der Infanterie hergekommen waren,
tochen zwischen den Matrosen herum, riefen sie
erbei, wenn sie einen Unglücklichen in einem Ver—
eck aufgestöbert hatten, zupften sie an den Armen
nd sagten: „Sieh da, Herr, da ist Einer und
vort wieder Einer! ... Kommschnell, Herr, mache
qm pan, pan, pan!“ Man erkannte sie nicht mehr,
merer Matrosen; sie waren wahnsinnig. Man
dollte sie zurückhalten. Man sagte zu ihnen:
Was Ihr da thuͤt, arme Freunde. ist abscheulich
ud feig!“ Sie erwiderten: „Es sind ja Wilde,
dapiiän Sie haben auch den Kopf des Komman—⸗
uten Riviére auf einem Pfahle in ihrer Stadt
umgetragen . .. Das Menschen, Kapitän?
»enn wir die Besiegten wären, so hätten sie uns
Stücke zerschnitten oder, Sie wiffens ja wohl,
dischen Brettern zersägt.“ Das war freilich wahr.
5 Es ließ sich darauf nichts entgegnen und sie
bten ihre grauenhafte Arbeit forte““Wenn man
igte Pierre Loti beschwichtend hinzu mit einer
sand doll Mannschaft nach dem äußersten Orient
vmmt und sich da einem unermeßlichen Lande dauf-
rängen will, ist das Unternehmen so abenteuerlich,
aß —* viele Todte machen, viel Schrecken um
ich her verbreiten muß, wenn man nicht selbst un⸗
erliegen will·“·
Und dies Alles im Namen der „Civilisation“.
In der englischen Presse erregt dies eine gerecht⸗
ertigte Entrüftung. Der Londoner „Globe? sagt,
daß Niemand diesen Bericht lesen duürfe, der Lust
Jabe, die Franzosen als ein civilisirtes Volk zu be⸗
rachten. Die Bezeichnung der Annamiten als
„Wilde“ sei durchaus falsch, und „wenn alle Lügen
aber die bulgarischen Grausamkeiten wahr wären,
jo würden die Türken den Civilisatoren von Ton⸗—
ing gegenüber noch immer als ausgezeichnete Christen
erscheinen.“ Die „St. James Gazette“ erklärt,
aß die Soldaten Englands, Deutschlands, Spaniens
ind Italiens nicht im Stande wären zu thun, was
n Hus gethan worden sei. Die „Pall Mall Ga⸗
ette“ hebt drei Umstände hervor, welche die der
rẽhre der französischen Nation angethane Schmach
n einem noch viel schlimmeren Lichte erscheinen
assen: 1) Die Franzosen tödteten 800 oder 1000
Mann, die meisten davon kalten Blutes, ohne selbst
jur einen einzigen Matrosen zu verlieren; 2) die
zranzosen gaben keinen Pardon nund töodteten hilf⸗
ose Flüchtlinge und Verwundete; 3) ihre Offiziere
jeben zwar zu, daß es ein feiges und schmutziges
Werk war, ließen ihre Leute aber das Bluibad fort⸗
etzen, weil mehrere hundert Meilen entfernt die
hwarzen Flaggen, die mit den Einwohnern Hués
nicht das Geringste zu schaffen haben, in offener
Feldschlacht einen französischen Kapitän getödtet und
ein Haupt auf einer Stange umhergetragen hatten.
fF Eine seltsame Entdeckung) Aus
Erie, einem Städtchen in Pennsylvanien, erhält
Balignani's Messenger folgende Mittheilung: Meh—
rere Jahre lang lebte in einer alten Hütte bei ge—
ianntem Orte eine Frau, Namens Margaret Gaunt,
velche sich brüstete, im Besitze von Dokumenten zu
ein, die, wenn vorgezeigt, in England einen unge⸗
»euren Werth haben würden. Diese Frau starb
iun vor einigen Wochen im Alter von 86 Jahren.
Allein vor ihrem Tode ließ sie einem Neffen Edwin
F. Gaunt in England, einen Brief schreiben, wo⸗
ꝛin sie ihn bat, nach Erie zu kommen und Besitz
von werthvollen Familienpapiercn zu nehmen. Frau
Baunt hatte nämlich in ihrer Verwahrung Briefe
ind Dokumente, die ihrer Urgroßmutter gehört
jatten. Diese letztere war auf Befehl des grau⸗
amen Richters Jeffries während der Regierung
des Königs Jakob II. verbrannt worden, weil sie,
edoch ohne ihr Wissen, den James Burton, ein
Mitglied der Rye House-Verschwörung, beherbergt
jatte. William Penn, der Gründer Pennsylvaniens,
var ein Augenzeuge dieser in Tyburn vorgenom-
nenen Hinrichtung. Unter den fraglichen Papieren
jefand sich nun aber ein Dokument mit dem Siegel
»es Königs William III., welcher der Familie der
Flisabeth Gaunt in einer gewissen jährlichen Summe
ine Geldentschädigung gewährte, nachdem die Un—
chuld der Verbrannten nachgewiesen worden war.
Dieses Recht wurde aber seit 1776 nie beansprucht,
zus dem einfachen Grunde, weil das wichtige Do—
kument völlig abhanden gekommen war. Es war
im Besitze eines Zweiges der Familie Gaunt, der
nach Amerika ausgewandert war und das werth—
olle Papier heimlich mitgenommen hatte. Dieses
Dokument ist nun über ein Jahrhundert lang eif—
igst gesucht worden und vor dem Absterben dieses
inbekannten alten Weibes hat Niemand erfahren
önnen, wo dasselbe sich vefinden könnte. Der er—
oähnte Neffe der Verstorbenen, Herr Edwin C. Gaunt.
am nun vor wenigen Wochen aus England in
krie an und fand zu seinem nicht geringen Er—
taunen das lang gesuchte Papier. Noch an dem—
elben Abend reiste er wieder nach New-York ab,
im sich alsbald nach England einzuschiffen und das
vichtige Dokument, das ihn zu einer Schuldforder⸗
ing von ungefähr 2,000,000 Doll. berechtigt, der
nalischen Regierung vorzulegen.
Sterbefälle.
Gestorben: in Speyer Ludwig Dahl, pens.
Lehrer, 73 J. a.; in Grüustadt Peter Schlipp,
51 J. a.; in Bellheim Frl. Magdalena Dörrler
53 J. a.
Dienstes nachrichten.
Quiszirt wird der Postexpeditor Jakob Mül—
er von Blieskastel auf die Dauer eines Jahres.
Für die Redaktion verantwortlich: F X. Demek.
ANr. 355 des praktischen Wochenblattes für
alle Hausfrauen „Furs Haus“ (Preis viertel⸗
jährlich 1 Mark) enthaltt — J
Ueberraschungen. — Zeiteintheilung. —
Unsere Dienstboten. — Der erste Strumpf.
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dame“ ?. — Die Scheuermanie. — Pariser
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deglaubigte Auflage 20,000. — Wochenspruch—
Der Herr muß selber sein der Knecht,
Will er's im Hause finden recht;
Die Frau muß selber sein die Magd,
Will sie im Hause schaffen Rai.
FTausch Baar⸗⸗. Auszug aus dem vermet Tage⸗
blatt Nr. 438 vom 19. Septerber. Abendausgabe. In
dem Bestrebrn, ihren Lesern neue, alle Konkurrenz über⸗
dugelnde Vortheile zu bieten, greifen etliche Wochen ournale
zu immer trastischeren Mitteln. Zu dem „Briefkasten“,
welcher Hilfe wider alle Schäden des Leibes und der Seele
gewahrt, der „Arena“, in der fich gesellschaftliche Streitfragen
um hertummeln. der „graphologischen“ Kunst, die aus der
dandschrift den Charakier der verehrlichen Abonnenlten
deutet, hat sich neuerdings, von dem „Neuen Blatt⸗⸗
in Leipzig erdffnet, ein „Tausch⸗Bazar“ gesellt. Gegen
eine geringe Gebühr kann man in dieser Rubrik angeben,
welches Gegenstandes aus seinem Befitzthum man sich en⸗
ußern will. und welchen man als Aequivalent dafür zu er⸗
alten wünscht. Daß mit diesem Tauschhandel einem iangfi
gefühlten Bedürfniß abgeholfen wird, kann man gleich aus
der ersten Nummer ersehen, in welcher derselbe eiabliri ist.
Begen eine goldene Ankeruhr mit neunzehn Sieinen
wünscht ein Musikfreund eine gute Geige einzutauschen;
ür „Deutschlands Kunstschätze“, an denen er fich satt ge⸗
ehen, moͤchte ein anderes ein eiegantes Tafelservice erstehen;
talienische Kunstschätze offerirt eine frosiige Seele gegen
inen guten Pelz, funf Bände des pittoresken Europa ein
dichtfreund gegen einen fünfarmigen Gaslüftre Oelgemaälde
ind Bucher verschiedenster Art sind zu verlauschen gegen
Fis⸗ und Bucherschränke, venetianische Gläser gegen inen
Teppich, ein Pistol gegen eine Uhr, eine Schreibmaschine
gegen eine Zimmerfontaine, eine Brakteatensammlung gegen
ein schön geschnitztes Herrenzimmer ꝛc. c.
Welch' ein Segen durch dieses veue Unternehmen ge⸗
ttiftet werden wird, liegt auf der Hand. Wie häufig ist
nicht schon eine junge Ehe, die unter den günstigften Au·
spiaien geschlossen schien, auf das Schmerzlichste getrübt
wor den, wenn das neuvermählte Paar, die Reihe der Ge—
ichenke musternd, ein Dutzend monumentaler Lampen auf⸗
marschirt sah, flankirt von ebenso vielen Kaffee⸗ und Thee⸗
serviccn und Blumenvasen, gleich als ob ein junger Haus⸗
tand nichts als Blumenduft, Kaffee, Thee und Petroleum
bedürfe. Wie leicht läßt das verdrießliche Zuviel dieser
Spenden sich auf ein vernunftiges Maß reduzieren durch
den Leipziger Tausch-Bazar, der, wie wir oben gesehen
haben, ein so reiches Lager von anderen nützlichen Gegen⸗
ständen vorräthig hält. Aber auch der aͤltere, seit langen
Jahren festbegrundete Hausstand wird den Wohlthäter mit
Freuden begrüßen. Gern hätte man schon feit langem
tatt der alten, ewig grünen Möbelgarnitur eine andere,
tatt des Flügels, der so viel Platz wegnimmt „, eine Pia⸗
nino, statt der „Klytia“, die nicht mehr modern ist, den
Hermes des Brarxiteles angeschafft, aber man scheute die
Ausgaben, denn was die Haͤndier für ebr uchte“ Gegen⸗
tände bieten und für neue fordern, das steht nur zu oft in
argem Mißverhältniß. Durch die Vermittelung des Leip⸗
siger Tauschgeschäfts aber wird man alle solche Wünsche
bequem befriedigen können.
Welche Perjpektive eröffnet nicht allein das zahlreiche
Angebot von Bildern und Prachtwerken! Bisher fanden
die Besucher auf dem Büchertisch stets dasselbe halbe Dutzend
Maroquin⸗Einbände, an den Wänden inmmer die⸗
elben angeschmökerten Oelgemälde, — alles recht gute, einst⸗
nals theuer erstandene Sachen, aber doch ein langweiliges
Finerlei. Welcher reiche Wechsel bietet sich jetzt dar, da
man zu jeder großen Gesellschaft Wände und Büchertisch
für ein Billiges neu equipiren und demzufolge jedesmal
neue Komplimente über den guten Geschmack des Besitzers
jören kann. Dank dem Unternehmen wird denn auch die
in kaufmännischen Kreisen bisweilen gehörte Klage, daß der
alte Glanz der Leipziger Messe verschwunden jei, gänzlich
derstummeun. Im Gegentheil, ein ungeheuer er Andrang.
ꝛin unablässiges Hin⸗ und Herwogen wird stattfinden um
das Centrum des Tauschverkehrs, und jelbit in Zeiten
chwerer Krisis, wo jedermann den Beutel zuhält, steht das
Beschäft in Blüte, denn niemals wird es an Veuten jehlen
die Lust haben zu tkauschen.
Nachdem der Artikel in so treffender, zum Theil hu⸗
moristischer Rede dem Tausch-Bazar im Neuen Blaͤit daz
Wort geredet, kann er zum Schluß nicht umhin, ihm auch
einige Hiebe zu versetzen. — Er fürchtet 3. B. Umkehr zu
den altehrwürdigen Handelsformen unserer Vorfahren, übher—
sieht dabei aber offenbar, daß der hier angestreble Tausch⸗
Verkehr sich nur auf Gegenstände erstrecken soll, welche die
geordneten Wege unseres modernen Handels bereits ge⸗
gongen sind und durch Tausch lediglich vor Entwerthung
geschützt werden sollen. Jedenfalls ist die Sache so interes⸗
sant, daß es lohnt sich den Plan einmal umn Neuen Blatt
selsst anzusehen. Alle Buchhandlungen und Postanstalten
nehmen Abbonnements auf das Neue Blatt entgegen. Preis
eine Mark und 60 Pfg. vierteljährlich vränumttanßo