vt. Jugberter Amziger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
der ‚St. Ingberter Anzeiger? erscheint wochentlich fünfmalr Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonnag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1.4M 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 75 3, einschließlich
d ⸗ 3Zustellungzgebuhr. Die Einrückungsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15, bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrüdungq wird nur dreimalige berechnet.
;—
211. Montag, 29. Oktober 1883. 18. Jahrg.
Für die Monate November und
Dezem ber nehmen die Postanstalten,
ie Austräger und die Expedition Bestellungen
uuf dieses Blatt entgegen.
gierung an Krieg denke, und er hoffe, daß die
setzige Friedensära noch von langer
Dauer sei.
In welcher Weise gewisse radicale Pariser
Blätter ihr Publikum aufregen, davon findet man
wieder einen eclatanten Beweis in der „Republique
adicale“. Dieses Blatt bringt in gesperrten Let⸗
sern folgendes Kriegsmärchen: „Wir erhalten von
einem unserer Berichterstatter in Berlin, der sich
n einer Stellung befindet. die ihm erlaubt, aus
erster Quelle zu schoöpfen, einen Brief, dem wir
nachstehendes entnehmen: Seien Sie versichert, daß
der Knoten der Intriguen, welche fich gegenwärtig
in Frankreich abwickeln, in Berlin ist. Zweifeln
Zie nicht daran, daß gegen das republikanische
Frankreich ein Complot angezettelt worden ist, dessen
Fäden in den Händen Bismarcds liegen. Seit
dierzehn Tagen garniren sich die deutschen Grenzen
nit Truppen. Diese ungewöhnlichen Bewegungen
iollziehen sich ganz geheim. Das Ministerium be—
'bachtet absolute Diskretion. Während der hellen
stächte der letzten Woche fanden wichtige Manöver
tatt. Die Räder der Wagen und Kanonen waren
»erart umwunden worden, daß jedes Geräusch ver⸗
sjindert wurde. Zweifellos bereiten sich ernste Dinge
»or. Wir wiederholen: Stellung und Charakter
unseres Correspondenten garantiren die absolute
stichtigkeit dieser Mittheilung.“ Die „Republique
adicalt“ ist das Organ des Abgeordneten Laisant,
dem man mehr Scharfblick zutrauen sollte, als die
Aufnahme dieser Ammenmärchen verräth. Das Un⸗
zlück aber ist, daß das unglaublich thörichte Zeug
zon den deutschen Truppen⸗Ansammlungen an der
Brenze geglaubt und weiter verbreitet wird, und
die überreizte Stimmung dadurch neue Nahrung
erhält. Für die kindischen Leute in Paris ist Fürss
Bismarck der wahre Knecht Ruprecht. a
Kopenhagen, 27. Oktober. Gestern trat
hier eine Konferenz deutscher und standinavischer
kLisenbahndirektionen behufs Besprechung gemein⸗
amer Maßregeln zur Erleichterung des Verkehrs
wischen Danemark, Schweden und Norwegen und
den deutschen Bahnen einerseits und anderseits die
gegenseitige Unterstützung bei Bewältigung des immer
rößer werdenden Touristenstromes herbei⸗ und die⸗
en Strom in den richtigen Weg zu führen. Die Ver⸗
·ndlungen werden mebrere Tane in Anspruch nebhmen.
Nin besamten Aeckern Schaden angerichtet wird.
Eltern und überhaupt alle Erwachsene sollten dar—
um auf Beseitigung dieser unsinnigen Spielerei hin—
wirken, um so mehr als auch die Polizei derselben
wieder ihre Aufmerksamkeit zuwenden wird und zu
anderem Schaden für die batailleführenden Jungen
leicht ein „Protokoll“ hinzukommen könnte.
— In Webenheim brannten am Freitag
Nachmittag zwei Scheunen und zwei Ställe, den
Ackersleuten Reitnauer und Lindermann gehörend,
vollstandig nieder, die augrenzenden Wohnhäuser
wurden gerettet. Die Beschädigten sind versichert.
Ueber die Entstehung des Brandes ist bis jetzt
noch nichts bekannt. Drei Feuerwehren waren an
der Brandffätte thätig.
— Nachdem auf die Schienen der neuen
Lauterthalbahn in letzter Zeit wiederholt Steine in
verbrecherischer Absicht niedergelegt worden, so setzte
die Bauverwaltung eine Belohnung von 100 Mark
für Denjenigen aus, welcher den oder die Thäter
so zur gerichtlichen Anzeige bringt, daß eine ge⸗
richtliche Bestrafung erfolgen kann.
— Das Annw. W. meldet: Am Mittwoch wurde
die Ehefrau des Burgwarts Seit er auf dem Tri⸗
fels im Thurme schwerverletzt und im Gesicht und
an den Kleidern über und über voll Blut von ihrem
Manne aufgefunden. Herr Seiter war in Annweiler
um die Abholung leerer Bierfässer von der Burg
zu veranlassen und als das Fuhrwerk hinaufkam,
mußte es dazu dienen, die bedauernswerthe fast be⸗
vußtlose Frau nach ihrer Wohnung in Bindersbach
zu bringen. Ueber den Vorfall herrscht noch voll⸗
tändiges Dunkel.
— Beim Herannahen der Weihnachtszeit, wo
seder Familienvater mit fich zu Rathe geht, wie er
einen Angehörigen eine unverhoffte Freude bereiten
ann, halten wir es für unsere Pflicht, das Publi⸗
um auf die pfälzische RuUussteuer⸗Anstalt auf⸗
merksam zu machen. Diese Anstalt, welche vor
mehreren Jahren durch Herrn Regierungspräsidenten
d. Braun in's Leben gerufen wurde, hat sich zun
Zweck gesetzt, die Verheirathung und Gründung
einer selbstständigen Existenz für Mädchen und junge
Manner dadurch zu begünstigen, daß sie den Theil⸗
habern auf dem Wege einer alljährlich zu veran⸗
staltenden Verloosung für den Fall der Verheirath⸗
ung ein kleines Kapital von 300 Mk. zur Ver⸗
ügung stellt. Dies soll in folgender Weise erreicht
verden: Jedes Mitglied zahlt jährlich einen Bei⸗
rag von 3 Mk. Aus sämmilichen Beiträgen werden
nach Abzug der unbedeutenden Verwaltungskosten
Bewinne von je 300 Mk. gebildet, so daß auf
eden Theilhaber durchschnittlich ein Gewinn von
300 Mt. trifft. Um jedoch den Zwed, welchen die
Anstalt sich gesetzt hat, wirklich zu erreichen, zahlt
sie diese Gewinne nicht sofort aus, sondern deponirt
e bei einer öffentlichen Sparkasse mit Zins und
Zinseszinsen, bis die Person, welche den Gewinn
zemacht hat, fich verheirathet oder das 40. Lebens⸗
jahr erreicht. Es können also alle Unverheiratheie,
welche noch nicht 40 Jahre alt sind, an der Anstalt
theilnehmen. Die Verloosung der Gewinne findet
in Weihnachten statt.
Politische Uebersicht.
Deutsches Neich. J
Müunchen, 27. Oktober. Die Reichraths⸗
ammer hat den Militäretat 188384 debattelos
instimmig —** und verschiedenen Nachweisungen
je Auerkennung erheilt. 2
Die von Deutschland ergriffene Initiative
urt Gründung von Arbeiterkolonien findet
uch in dem verbündeten österreichisch⸗ungarischen
dachbarfiaate Anklang. Wie verlautet, wird der
nährische Landesausschuß demnächst einen Fachmann
jach Westphalen entsenden, um die Arbeiterkolonie
dilhelmsdorf eingehend zu besichtigen und über
je Einrichtungen derselben Bericht zu erstatten.
d)er Landesausschuß beabsichtigt namlich, behufs
derminderung der Vagabondage, in Mähren Kolonie
nzulegen. .*
Ein Monopol auf Getreideeinfuhr.
dRe Grenzboten bringen den allerneuesten Gedanken
euer Wirthschafispolitik zu Markte: die Einführung
mes Reichs⸗Monopols auf die Getreide⸗Einfuhr.
tkin Herr J. G. Weiß, nach seinen persoöͤnlichen
hemerkungen zu schließen, vor einigen Jahren noch
teihändlerischer Handelskammersekretär in Thocn
ind Gegner aller Geireidezölle, findet jetzt, daß
iese Zölle noch immer nicht Ordnung im Import
estiftet“ haben, was bekanntlich ihr Zweck sein
ollte und befürwortet daher in den Grenzboten zur
erhütung allzugroßer Einfuhr das erwähnte Mo—⸗
opol: die Regierung soll nur genau so viel Ge⸗
eide ins Land lassen, wie zur Deckung des Be—
ufs nothwendig ist! Die Grenzboten schlagen
war bereits den Worilaut der zu erlassenden ge⸗
glichen Vorschriften vor. Das Reichsgesetß hätte
irz und gut zu lauten: „Die Getreide und Mehl⸗
nfuhr dürch Private ist verboten. Der Reichs⸗
gierung steht es zu. nach Maßgabe des Bedarfes
ir die inländische Konsumtion Getreide aus dem
uzlande einzuführen und in jeder ihr geeignet
scheinenden Weise im Inlande abzusetzen. Der
lransiwerkehr wird von diesen Bestimmungen nicht
erührt.“ In der That, „ist dies gleich Wahnfinn,
at es doch Methode!“ Wenn die deutsche Land⸗
irthschaft nur mit solchen Mitteln zu retten wäre,
würde ihre Zukunft sehr dunkel sein.
ale und pfälzische Nachrichten.
?*St. Ingbert, 28. Oktober. Wie wir
hören, sind gestern Nachmittag bei Station Kron⸗
veiler zwei Kinder eines dortigen Weichenstellers
zon 7 und 9 Jahren überfahren worden. Das
ungere soll sofort todt gewesen, das ältere aber
chwer verletzt sein. *
* Si. Ingbert, 29. Oktober. In welcher
Weise ein großer Theil unserer hiesigen schulpflich⸗
iigen Knaben den Sonntag Nachmittag verbringt,
eigte uns gestern ein Spaziergang über den großen
Flur. Unter Toben und Schreien kampfte auf dem
Felde eine Knabenschaar, die nach Hunderten zählte,
nit Prügeln und Steinen eine „Bataille“ aus.
-cchon oft wurde auf das Gefahrliche dieset rohen
Spielerei hingewiesen, und da gerade in der jetzigen
Jahreszeit das „Bataillehalten“ bei unseren hoff⸗
uungsvollen Jungen auf der Tagesordnung zu er⸗
cheinen pflegt, so wollen wir nicht unterlassen, auch heuer
vieder davor zu warnen. Wie oft es dabei blutige
döpfe absetßt, ist bekannt; aber auch weit gefähr⸗
icheren Verletzungen koͤnnen diese „Bataillen“ zur
dolge haben, abgesehen davon,. daß auch nicht selten
Auslaud.
Wien, 27. Oltober. In dem Ausschusse der
tgarischen Delegation erklärte Kalnoky (Mini⸗
des Aeußern) das Verhältniß zu Ita—
en als das befriedigendste; er hoffe, das herzliche
erhaͤltniß bleibe auch künftig aufrechterhalten; das
ime, freundschaftliche Verhältniß zu Deuische
ind sei keinen Augenblick lang getrübt worden.
tzüglich der Stabilität des Bündnifsses
it Deutschland könne man unbedingt voll⸗
ündig berühigtsein Rußland aulangend,
seien die Beziehungen der beiden Herrscher die
zulichsten; auch das Verhältniß der beiderfeitigen
tgierungen sei ein normales; die russische Presse
ln sei die Ursache von Beunruhigungen. Seine
alnotys) persönliche Ueberzeugung sei, daß weder
it Kaifer von Rußland persönlich noch seine Re—
Vermischtes.
(Falsche 20-Mark⸗Stücke. Wir wir
hören, find in Munchen falsche 20-Mark⸗Stücke
aufgetaucht, welche ahnlich wie die Plettenthaler
hergestellt und nur durch Gewicht und Klang er⸗
ennbar sind.