Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Oonnerstag, Camstag und Conntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
glaut und Sonntagß mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 A 60 ⸗ einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.4 75 9, einschließlich 
d ⸗ Zustellungsgebuhr. Die Einuruckungsgebühr sur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 B, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 ⸗, bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
212. Dienstag, 30. Oltober 1883. 
18. Jahrg. 
Für die Monate November und 
Dezember nehmen die Postanftalten, 
ie Austräger und die Expedilion Bestellungen 
zuf dieses Blatt entgegen. 
krankenkasse zahlen. Die Beiträge für die Kranken- 
assen haben die Arbeitgeber im Voraus zu ent⸗ 
ichten und dazu noch 15, beziehentlich '/3 von dem 
geitrage, den der Arbeiter zahlt, aus eigenen Mitteln 
sinzuzüfügen. Die Beiträge der Arbeiter zu den 
Zranientafsen sollen im Allgemeinen höchstens 2 
Brozent des Tagelohnes betragen, eine Erhöhung 
Rieser Beiträge auf 8 Prozent kann nur dann statt⸗ 
inden, wenn die Beitragspflichtigen, Arbeiter und 
Arbeitgeber zu je einer Kasse gehörig. die Erhöhung 
elbst deschlicßen. Um Irrihümer, Zeit und Koften 
zu sparen, ist übrigens jedem Arbeitsgeber anzu⸗ 
athen, sich das betreffende Reichsgesetz anzuschaffen. 
dasselbe ist fur nur 40 Pfennige von C. A. sKoch's 
Berlagshandlung in Leipzig zu beziehen, welche 
Zerlagshandlung überhaupt das billigste aller Ge⸗ 
etzbücher, enthaltend sämmtliche Reichs und Justiz⸗ 
esetze, für nur 2 Mark verkauft, sodaß es sich 
Jedermann anschaffen und in seinem Berufsleben 
nanchen Nachtheil vermeiden kann. 
werfen werden. Die kürzlich vröffentlichte amtliche 
Statistik weist namlich pro September wiederum 
ein Minus und zwar von 479,830 Mt. gegen 
denselben Monat des vorigen Jahres auf. Das 
ergangene Jahr war eben durch seinen abnormen 
Belreidetransport eiin so überaus günstiges, wie es 
o bald nicht mehr erreicht werden dürfte. Das 
ür dieses Jahr angesammelte Plus beträgt zwar 
2,012, 158 Mi., allein bis jetzt haben auch schon 
drei Monate ein Minus erzielt, so daß das bis 
reznde September vorhandene Plus nur noch 83,975 
Mark gegen das Vorjahr betrügt. Aussichten aber, 
»aß die Einnahmen sich wesentlich erhöhen werden, 
bestehen gar keine. 
Metz, 28. Oktober. Antoine ist ohne 
Taution durch Entscheidung des Reichsgerichts aus 
der Haft entlafsen worden. Der Prozeß nimmt 
einen Fortgang. 
Ueber das Befinden des Fürsten Bismarck 
auten die Privatnachrichten recht günstig. Der 
Besundheitszustand des Kanzlers bessert sich in er 
reulichet Weise und gestattet, daß der Kanzler sich 
den verschiedensten Arbeiten widmen kann. 
Rhein⸗Ems⸗Kanal. Der Verein für die 
hergbaulichen Interessen von Rheinland und West⸗ 
»halen haät in seiner letzten Sitzung in Essen be⸗ 
chlossen, zu den Kosten der Grunderwerbung für den 
Rhein⸗ Ems · Kanal 22 Mill. Mark beizutragen. 
Ausland. 
Wien, 28. Oktober. Ein Artikel det Mon⸗ 
agsrevue, der die politischen Kundgebungen der 
üngsten Tage in ihrer Bedeutung als solenne 
Friedensmanifestationen würdigt, fuhrt aus, daß 
iamentlich durch die Erklärungen des Ministers 
Zalnoky im ungarischen Deputationsausschusse die 
mverrückbare Stabiliiat des Bündnisses mit Deutsch⸗ 
and neuerdings authentisch klargestellt worden sei, 
edürfe es noch eines Momentes, um die Aner⸗ 
ennung des Werthes und der Bedeutung dieses 
Bündnisses in der oͤffentlichen Meinung Oesterreich⸗ 
Ungarns noch höher zu stellen, so lag dies in dem 
dinweis auf die Folgen, welche eine von Rußland 
zusgehende Friedensstͤrung gegenüber Oesterreich- 
Angarn auch fur die Siellung Deutschlands un⸗ 
nitielbar nach sich ziehen müßte. So lebhaft Graf 
Zalnoky die Ueberzeugung betont habe, daß nicht 
nur der Kaiser von Rußland, sondern auch die 
russische Regierung die Eventualität einer Friedens⸗ 
törung nicht vor Augen haben, und auch das rus⸗ 
asche Volk sich in den Gedanken eines freundschaft⸗ 
lichen Verhältnisses zur bsterreichisch · ungarischen 
Monarchie rasch hineinleben werde, so werde es 
hoch in allen Schichten der Bevölkerung als eine 
geruhigung mehr empfunden werden, daß Oefterreich⸗ 
Angarn einem Angriffe gegenüber nicht allein stehen 
verde. Ebenso günstig und erfreulich lauteten die 
Ausführungen des Grafen Kalnocky in Betreff der 
Beziehumgen zu Italien und namentlich zu Rumänien. 
Die Situnation habe sich demnach erfreulich geklärt, 
die Friedenszuversicht gekräftigt und das öffentliche 
Vertrauen sei auf eine reelle Basis gestellt, es habe 
ich gezeigt, daß das europäische Friedensgebaude 
auf sehr stark gefügten Grundlagen ruhe und daß 
,s nicht leicht sein würde, einen Keil des Zwie⸗ 
palts und der Trennung in die politische Ver⸗ 
zindung der europäischen Friedensmächte hineinzu⸗ 
reiben. Der konservative Gedanke behaupte seine 
Macht in Europa, und kaum werde noch der Ver⸗ 
uch gemacht werden, die zusammenwirkenden Krafte 
des politischen Beharrens aus dem Gleichgewicht 
u bringen. 
k. 0. Ein wichtiges Reichsgesetz. 
Wichtig und werthvoll für den Staatsbürger 
t im Allgemeinen wohl jedes Gesetz, aber keins 
on unseren Reichsgesetzen hat wohl die tiefein⸗ 
chneidende und gerade die breitesten Volksmassen 
eneffende Wirkung wie das Gesetz bezüglich der 
drankenkassenversicherung für die Arbeiter. Bekannt 
jegeben ist nun wohl schon des öfteren das betref⸗ 
ende Gesetz, aber da Gleichgiltigkeit und irrige 
Neinungen hartnäckiger Gegner der richtigen Er—⸗ 
enntniß auch auf dem Gebiete der Gesetzeskunde 
ind, so darfte die wiederholte Belehrung über die 
hrundzüge der Arbeiterversicherung Vielen sehr dienlich 
ein. Zunächst ist da hervorzuheben, daß das Kranken⸗ 
ersicherungsgesetz für die betreffenden Personen 
wingend ist und sich keine ausschließen kann, weil 
nur dadurch das Geseßz seine Wirkung genügend 
iben kann. Unbedingt zwingend ist die Kranken⸗ 
bersichetrung aber nur für solche Personen, welche 
jegen Gehalt oder Lohn in Fabriken, Hüttenwerken, 
Lisenbahnbetriebe, Bauten und solchen Gewerben 
sder Betrieben beschäftigt sind, in denen Dampf⸗ 
essel und erkennbare Kräfte zur Anwendung kommen. 
nuf Personen, welche voraussichtlich nur kurze Zeit 
n solchen Betrieben beschäftigt sind, findet die 
drankenversicherung keine Anwendung. Auf An⸗ 
rag der Gemeindebehörden und zumal in solchen 
zFällen, wo die den Antrag einreichende Gemeinde 
m Uebermaße von der Kranken⸗ und Armenpflege 
n Anspruch genommen wird, können auch Hand⸗ 
ungs gehülfen, Lehrlinge, Gehilfen und Lehrlinge 
m Apotheken, Personen, die in Speditions- und 
Fuhrgeschäften Dienste leisten, ferner auch kleinere 
hewerbtreibende, welche für größere acbeiten und 
nuch die Arbeiter der Forst- und Landwirthschafi 
hatutenmäßig zur Krankenversicherung herangezogen 
werden, auf solche Personen, denen gesetzlich oder 
dertragsmäßig der Arbeitgeber oder Dienstherr 
nindestens 18 Wochen lang nach erfolgtem Krank ⸗ 
jeitsfalle Unterhalt oder Lohn gewähren muß, findet 
ndessen die Krankenversicherung keine Anwendung. 
— Wo nicht durch bereits bestehende Krankenkassen 
zas Krankenversicherungsgesetz zur Ausführung ge⸗ 
Rracht werden kann, müssen die Gemeinden durch 
entjprechende communicale Einrichtungen dafür sorgen, 
aß jedem in ihrem Bezirke beschäftigten Arbeiter, 
der anderen organisirten Krankenkassen nicht zuge— 
viesen werden kann, im Krankheitsfalle eine nach 
Hoͤhe und Dauer gesetzlich bemessene Unterstützung 
zu Theil mird. Diese Unterstützung hat zu be— 
kehen in kostenloser arztlicher Behandlung und kosten⸗ 
ireiet Gewährung der nöthigen Heilmittel, sowie 
uuch in der Zahlung eines Krankengeldes in der 
döhe der Hälfte des ortsüblichen Tagelohnes vom 
itten Tage der Erkrankung bis zur Dauer von 
dreizehn Wochen. — Die Anmeldung der Arbeit 
zur Krankenkasse muß vom Arbeitgeber binnen drei 
Tagen vollzogen werden. Unterläßt Letzterer die 
Unmeldung, so hat er für den erkrankten Arbeiter 
elbst zu sorgen. Unternehmer, die 50 und mehr 
hersonen beschäftigen, können zur Gründung einer 
igenen Krankenkasse angehalten werden. Leisten 
ie der betreffenden Aufforderung keine Folge, so 
nussen sie 5 Prozent der Arbeitslöhne an die Oris— 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Munchen, 28. Oktober. Es läßt sich schon 
jetzt am Schlusse des ersten Monates der Landtags- 
ession mit Bestimmtheit annehmen, daß auch dies- 
nal wieder das Budget für die neue Finanzperiode 
am Schlufse der laufenden nicht vereinbart und da⸗ 
her ein Gesetz zur provisorischen Steuerer heb— 
ang für die ersten Monate der neuen Finanzperiode er⸗ 
orderlich sein wird. Aber auch hinsichtlich der Fort- 
zauer des erhöhten Malzaufschlages wird allem An⸗ 
cheine nach ein tranfitorisches Gesetz, wie es vor 
wei Jahren der Fall war, erforderlich werden. 
Man hielt es damals nicht für zweckmäßig, die 
Malzaufschlagsfrage vor der Feststellung des Ge⸗ 
ammtbudgeis definitiv zu bescheiden, und wurde 
infolge dessen das Gesetz vom 15. Dezember 1881 
riassen, durch welches die Bestimmungen des Ge— 
setzes vom 81. Oktober 1879 hinsichtlich der Er⸗ 
jebung des erhöhten Aufschlages vorerst für die 
irsten Monate des Jahres 1882 verlängert wurden. 
Wenn auch in mehrfachen Artikeln zur Besprechung 
der Malzaufschlagsfrage der Hoffnung Raum ge— 
geben wuͤrde, die Kammern könnten sich schließlich 
doch für eine Verminderung des Malzaufschlages 
entfcheiden, so wird man nach unserem Dafürhalten 
—X 
zugeben. Die Herabsetzung des Aufschlages erscheint 
als eine Unmöglichkeit, soferne man fich nicht zu 
einer und zwar sehr bedeutenden Erhöhung der 
direkten Steuern entschließen will. Ein solcher Wille 
dürfte aber doch kaum bei einem Kammermitgliede 
porhanden sein. (Pf. K.) 
München, 29. Oktober. Die Kammer der 
Abgeordneten bewilligte den außerordentlichen Mili-⸗ 
ärcredit von nahezu einer Million Mark nach dem 
Antrag des Ausschusses mit 136 gegen 1Stimme. 
Ueber den bayerischen Eisenbahnetat 
vird dem „Frankf. Journ.“ geschrieben: Der über⸗ 
nus günstige Stand der bayerischen Finanzen be⸗ 
ruht zum größten Theil auf dem Ergebniß der 
Fifenbahnen, die einen Ueberschuß von nahezu 314 
Millionen Mark in der letzten Finanzperiode erzielt 
haben. Auf Grund dieses günstigen Resultats 
vurde auch für die 17. Finanzperiode ein gleich 
hohes Ergebniß für die Eisenbahnen in das Budget 
äingesetzt; allein es machen fich jetzt schon gerechte 
Bedenken geltend, ob auch für die Zukunft die 
ayerischen Eisenbahnen eine so hohe Rente ab—⸗