Sl. IJugherter Awzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich füunfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltungs⸗
Zlatt und Sonntags mit Sseitiger illufstrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 40 ⸗ einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 60 H, einschließlich
O Zuftellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei NReclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
M 22.
Für die Monate Februar
und März nehmen die Posstan⸗
rälten, die Austräger und die Expedition
Bestellungen auf dieses Blatt entgegen.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Berlinu, 30. Jan. MCDeutscher Reichstag.)
der Präsident überbringt dem Hause den herzlichen
Ddank des Kronprinzenpaares für den Glückwunsch
mläßlich der Silberhochzeit. Bei der vorgsetzten
Berathung des Militäretats wird, entgegen dem
Antrage der Budget-Kommision, die Baurate von
350,000 M. für das Kasernement in Kassel und
»ie Baurate von 30,000 M. für das Kasernement
n Hofgeismar gestrichen. Der Posten für das
dasernement in Großenhain wird, entgegen, der
vom Abg, Richter beantragten Streichung, mit 148
zegen 100 Stimmen an die Budget-Kommission
urückgewiesen, der übrige Titel nach den Kommis⸗
ionsanträgen erledigt. Es folgt dann die Be—
rathung des Postetats. Der Abg. Dr. Lingens
zefürwortete eine Resolution über Einschränkung
des Sonntagsverkehrs. Staatssekretär Dr. Stephan
Jält die Resolution mit den berechtigten Interessen
des Verkehrs für unvereinbar und sucht aus den
exrgangenen Verfügung nachzuweisen, daß die Post-
derwaltung stets bemuͤht gewesen sei, zwischen den
Anforderungen des Publikums und dem Ruhebe—
zürfnisse der Beamten den richtigen Ausgleich zu
inden. Abg. Dr. Böttcher beklagte den Mangel
inheitlicher Postwerthzeichen für das Reichsgebiet.
Staatssekretär Dr. Stephan erkennt die Berechtig⸗
ing der Klagen an und bemerkt, die Augelegenheit
zeschäftige infolge der vorliegenden Petitionen den
Uusschuß des Bundesraths, ein Beschluß sei aber
ioch nicht gefaßt. Die Abstimmung über den An—
rag Lingens wird der dritten Lesung vorbehalten.
Berlin, 30. Jan. Die Reichsregierung
zeabsichtigt, wie versichert wird, gegen die Verfälsch⸗
ung des Weins Maßregeln zu ergreifen und, zwar
ioll dies im Anschluß an das Nahrungsmittelgesetz
vom 14. Mai 1879 durch Erlaß einer kaiser⸗
lichen Verordnung geschehen. Da der zum
berkaus gelangende verfaͤlschte Wein häufig auslän—
dischen Ursprungs ist, so werden die zu ergreifenden
Maßregeln sich nicht gegen die Produktion solchen
Weines, sondern gegen den Verkauf und das Feil⸗
halten desselben wenden. Als verbotene Bestand⸗
heile des Weins werden bezeichnet: Bleisalze, Gly⸗
erin, unreiner Stärkezucker, Salicylsäure, lösliche
Aluminiumsalze, Alaun, Schwefelsäure in größerer
Menge, Baryumsalze und fuselölhaltiger Älkohol,
der nur als Zusatz bei Schaumweinen geftattet sein
vird. Auch soll in dieser Verordnung Bestimmung
arüber getroffen werden, wann es verboten ist
deinhaltige Getränke unter der Bezeichnung „Wein“
ium Verkauf zu stellen.
Der Reichsanzeiger publizirt die Ernennung des
Legationsraths Stumm, bisher 1. Sekretär bei
der Botschaft in London, zum Gesandten am groß
herzoglich hessischen Hofe. (Der neue Hr. Gesandte
st der Bruder der Frau Heinrich Krämer
hier und des Hrn. Geh. Rath Stumm in
deunkirchen)
Die Steuer-Kommission des preußischen
Ahgeordnetenhauses beschloß mit 14 gegen 6 Stim—
nen die Aufhebung der beiden untersten Klassen⸗
teuerstufen. Für Beseitigung der drei untersten
Donnerstag, 1. Februar 1883.
Zlassensteuerstufen sprachen sich nur 2, für Besei⸗
igung der vier untersten Klassensteuerstufen 6
Stimmen aus.
Der Antrag Thilenius auf Regulirung
des Rheinstromes und seiner Nebenflüsse durch
das Reich findet bei der Regierung großes Ent—
zegenkommen und es scheint fast, als ob der An⸗
rag derselben erwünscht eingebracht waͤre. Wie es
heißt, hätte der Reichskanzler Gutachten von Sach ⸗
herständigen eingeholt und auch anderweit vorbe—
reitende Schritte gethan, um im Falle einer An—
aahme des Antrages sofort das Nöthige zu seiner
Ausführung in die Wege leiten zu können. Schwierig-
keiten seitens des Bundesrathes scheint man nicht
horauszusetzen.
Ausland.
Paris, 30. Jan. Während seiner Rede in
der Debatte über den Prinzen Napoleon erkrankte
der Minister Faillières und fiel im Nebenzimmer
in Ohnmacht. Die Debatten wurden aufgehoben
und auf Donnerstag vertagt. Die vakanten Porte⸗
euilles find noch nicht besetzt.
Die Affaire des Prinzen Jerome Napoleon
ist beinahe ganz vom öffentlichen Interesse zurückge—
treten. Gestern brachte ein wenig glaubwürdiges
Abendblatt die Nachricht, die politische Polizei habe
bei dem Bewohner einer Vorstadt einen dem Prinzen
zehörigen Koffer mit äußerst compromittirenden
Schriftstücken gefunden. Heute hat es sich heraus⸗
—XE
nthalte. Der Prinz ist auch nicht mehr in Einzel⸗
Jaft, sondern empfängt, wen er Luft hat.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 31. Jan.' Als kgl. Ober—
imtsrichter dahier wurde der seitherige kgl. Amts—
ichter in Edenkoben, Herr Bühler, ernannt.
Hleichzeiig wurde der kgl. Amftsrichter Herr
Trauth von hier an das kal. Amtisgericht in Eden⸗
oben versetzt.
* St. Ingbert, 31. Jan. Am verflossenen
Montag wurde bei einem Treiben in den Wald—
ungen der Hrn. Gehr. Dörr bei Hassel ein starkes
Rudel Wildschweine (11 Stück zählend) auf—
jsejagt und nach allen Richtungen auseinander ge—
prengt. Leider gelang es nicht eines derselben zu
rlegen. Wie uns erzählf wird, statteten zwei der
Zorstenthiere auf ihrer Flucht dem Bahnhofe bei
Zassel einen Besuch ab, indem sie ein Lattengitter
wischen Bahnhof und Gütterschuppen durchbrachen
ind über das Geleise setzten.
* St. Ingbert, 1. Feb. Von Freunden
der Geflügelzucht, welche sich gestern Abend aus
ergangene Einladung in der Brauerei der Hrn.
Bebr. Becker in der Oberstadt versammelt hatten,
wurde beschlossen, zur Erzielung einer rationellen
Beflügelzucht einen Geflügelzucht-Verein zu
zründen. Es wird deßhalb schon in den nächsten
Tagen eine Liste zur Einzeichnung der Mitalieder
in Cirkulation gesetzt werden.
* St. Ingbert, 1. Febr. Gestern Nach—
mittag wurde uns ein munterer Maikäfer, der
in einem Gartenstück gefunden worden war, über⸗
zracht. Der braune Bursche scheint sich im warmen
Zimmer ziemlich wohl zu fuühlen, trotzdem seine
Zeit entschieden noch nicht gekommen ist.
— Auf Grund des 83 Abs. 1 der Allerh.
Verordnung vom 18. Juni 1862, die Abhaltung
zffentlicher Tanzmusiken betreffend, wurden durch
Beschluß des kgl. Bezirksamtes Homburg unter ent⸗
prechender Verringerung der Zahl der Tanzmusi
18. Jahrg.
ken für alle Gemeinden des Bezirks die öffentlichen
Tanzmusiktage neu bestimmt. Deren längste Dauer
wurde, wie bisher für den Kirchweihsonntag auf 8
Uhr Morgens und für die übrigen Tage auf die
Polizeistunde festgesetzt. Bestehenden Wünschen ent⸗
prechend, hat sich genunnte Behörde dabei vorbe⸗
jalten, auch an den letzteren Tagen auf jedesmaliges
Anstehen der Betheiligten von Fall zu Fall die
Polizeistunde, jedoch nur für diejenigen Wirthe in
angemessener Weise auszudehnen, welche seit Jahres⸗
frist nicht wegen wirthschaftspolizeilicher Uebertret⸗
ungen bestraft worden sind, sowie auf gute Ord⸗
nung in ihrer Wirthschaft halten u. s. w. Eine
Ausdehnung der Polizeistunde bis Morgens 3 Uhr
ist den Bürgermeisterämtern bei Ausfertigung des
sogenannten Spielzettels nur für den Kirchweih—
sonntag gestattet, während dieselbe an den übrigen
Tagen, wie oben bemerkt, beim kgl. Bezirksamte
aachzusuchen ist.
Dder schon so viel besprochene Haupttreffer
der Kaiserslauterer Kirchenbaulot—
terie ist nach einer Mittheilung der „Pf. Zig.“
in Hände gelangt, welche in Folge vielfachen Un—
zlücks kaum mehr im Stande waren, die Erxistenz
einer ganzen Familie zu sichern.
— In Neustadit fand am Sonntag Nach⸗
nittag eine verstärkte Ausschußsitzung des 238.
Beziris (Pfalz) vom allgemeinen deutschen Krieger⸗
bunde Statt. Non 15 Vereinen waren 11 ver⸗
treten. Von dem vom Bundespräsidenten in Ber⸗
lin für die Wasserbeschädigten gesandten Gelde
(250 M.) erhielt der Verein Speyer 100 M.,
Neustadt 90 M. und Neuhofen 60 M. Der An—
trag des Kameraden Gleich (Neuftadt). Errichtung
einer Sterbekasse betreffend, wurde vertagt his zum
Delegirtentage, der in der zweiten Hälfte des Mts.
April in Mörzheim bei Landau Statt sindet.
Vermischtes.
Vom Magistrat Nürnberg wird bekanut
zemacht, daß nach Art. 56 des P.⸗St.G.-Eltern,
pflege⸗· Eltern, Vormünder, Dienst⸗ und Lehrherren.
velche ihren schulpflichtigen Kindern, Pflegekindern,
Mündeln, Dienstboten oder Lehrlingen den Besuch
von Wirihshäusern ohne gehörige Aufsicht oder den
Besuch öffentlicher Tanzmusiken gestatten, an Geld
bis zu 80 M. oder mit Haft dis zu acht Tagen
zestraft werden, dann daß mit Haft bis zu 6
Tagen Sonntagsschulpflichtige beahndet werden,
velche öffentlichen Tanzmusiken anwohnen oder ohne
Erlaubniß ihrer Elrern, Pflegeeltern, Vormünder,
Dienst⸗ oder Lehrherren Wirthschaften besuchen.
Unter die Kategorie der Tanzmusiken fallen auch
die sogen. maskirten wie nicht maskirten Kinder—
kränzchen.
'Neunkirchen, 30. Jan. Heute Morgen
wurde eine hiesige Familie von einem bedauerns⸗
werthen Unglücksfalle heimgesucht. Der 18—
jährige Sohn, ein Hüttenarbeiter, setzte sich, von
der Schicht heimkehrend, in die Nähe des Ofens
und schlief ein. Durch irgend einen unglücklichen
Zufall schlug der auf dem Ofen stehende große
Wasserhafen sammt diesem um, und der siedend
heiße Inhalt ergoß sich über den jungen Mann,
welcher infolge dessen stark verbrüht darniederliegt;
an seinem Aufkommen wird gezweifelt.
(Saar⸗ u. Bl.⸗Ztg.)
F Homburg v. d. H. Ein Füsilier der
hiesigen Garnison, der in seiner Kompagnie als
Spaßmacher bekannt ist, wurde von einm Lieutenant
218 Bursche anagenommen. Während der Abwesenheit