Full text: St. Ingberter Anzeiger

die zahlreichen Gäste der Wirthschaft. — Was war 
passirt? — Alsbald sollte man über die Ursache 
aufgeklärt werden. In Folge allzustarker Luftpres⸗ 
sion war ein 600 Liter Bier enthaltendes Faß ge⸗ 
prungen und der edle Gerstensaft in wenigen 
Augenblicken vollständig ausgeflossen. Wie sich 
denken äßt, veranlaßte dieses Ereigniß eine große 
Aufregung unter den Gästen, während der Wirth 
ob des ihm gewordenen großen Verlustes ganz un— 
tröstlich war. *57 (Pf. J.) 
—— Die zuden pfälzischen Eisenbahnen 
bisher geleisteten staatlichen Zruszuschüisse sind fol⸗ 
gende: Vor der Fusion: Für die Maxbahn: pro 
835,56 59,074 Mt. 83 Pfg., 1856.57 180,320 
Mt. 11 Pfg., 1857/58 106,609 Mtk. 185859 
53956 Mit 20 Pig., 1859,60 41915 Mtk. 71 
Pfg., 1860,61 14,448 Mi. 97 Pfg., 186364 
23601 Mt. 60 Pfg., 1864/65 50, 488 Mt. 86 Pfg., 
Summa 479,835 M. 28 Pfg.; die Rückersätze be⸗ 
tragen 322,675 Mk. 82 Pig., verbleiben nicht er⸗ 
setzt 167, 159 Mtk. 46 Pfg. Neustadt-Dürk— 
heimer Bahn. Hiefür wurden in den Jahren 
I868 bis 1871 Zuschüsse geleistet mit 362,800 Mk. 
40 Pfo. Landstuhl-Kuseler Bahn. Hiefür wurden 
im Jahre 1869 zugeschossen 91,788 Mk. 40 pig. 
Im Jahre 1871-72 wurden beide Zuschüsse in 
Summa 454,088 Mt. 80 Pfg. rückersetzt. Für 
die vereinigten Pfälzischen Bahnen: pro 1874 wur⸗ 
den verrechnet als zugeschossen zur Deckung des 
Passivrestes der Betriebsrechnung pro 1873675,752 
Mit 26Pfg., pro 1875 898,808 Mt. 88 Pfg. 
— 
11728, 372 Mt. 4 Pfg., pro 1878 2,792640 Mk 
37 Pfg., pro 1879 3157,463 Mk. 8 Pfg., pro 
1880 2 608,484 Mt. 82 Pfg. pro 18811,747,881 
Mk. 99 Pfg. Summa 13,282,745 Mk. 5 Psg 
— Dasprotestantische Deutschland 
ja die gesammte evangelische Christenheit hat am 
Samstag und Sonntag ihren großen Reformator 
Dr. Maͤrtin Luther in würdigster Weise gefeiert 
Die Festtage werden sicher nicht ohne nachhaltige 
Wirkung bleiben. Das lehrreiche Leben des großen 
Mannes wurde allüberall dem Verständniß des 
Vollkes und insonderheit der Jugend durch Wort 
und Schrift nahegerückt, und so darf getrost gehofft 
werden, daß die 400jährige Geburtsfeier einen 
reichlichen Theil wahrhaften Luthergeistes werde ver⸗ 
breitet haben, der sich gewiß vielfach in lebendige 
That umsetzen wird. Auch unsere Pfalz ist nicht 
zurückgeblieben, und allerorten haben Geistlichkeil 
und Preshyterien es als Herzenshedürfniß betrachtet 
die Feier der denkwürdigen Tage des 10. und 1II. 
Nob 1883 ihrer hohen Bedeutung in jeder Be— 
ziehung angemessen zu gestalten. Ein erhebendes 
Gefühl aber muß die Wahrnehmung gewähren, daß 
in unserer angeblich in Materialismus versunkenen 
Zeit die Flamme religiöser Begeisterung so breit 
und hoch aus unserm deutschen Volke emporschlug 
Bei Goit, es liegt denn doch noch ein mächtiger 
Fonds ächter Religiosität in der Masse unseres 
Volkes. und wer da geglaubt haben mag, daß es 
in dieser Beziehang schlimm stehe bei uns, den hat 
die Allgemeinheit, die tiefe Innerlichkeit und der 
hohe Ernst der Lutherfeier eines Besseren belehren 
konnen. (Zw. Zig.) 
— r 
Vermischtes. 
München, 10. Nov. Die Zollassistenten⸗ 
Prüfung geht mit dem gestrigen Tage zu Ende; 
über das Refultat verlautet noch Nichts. Aus der 
Pfalz nahmen an derselben die Herren Mühe, 
Rheinheimer Drumm theil. 
pGBazaine in Metz.) In einem trefflich 
geschriebenen Artikel in der Novembernummer der 
Formightly Review“ bricht Mr. Archibald Forbes 
ain Milatbeiter der „‚Daily News“, der als Korre⸗ 
spondent den Feldzug der Jahre 1870 - 71 mitge⸗ 
macht hatte, eine Lanze für den viel verleumdeten 
Marschall Bazaine. Die Belagerung und Ueber⸗ 
gabe von Megz ist vielleicht jetzt schon eine alte Ge⸗ 
schichte, so schnell eilten die Ereignisse, allein an— 
gesichts der Beleidigungen, welche der Marschall 
noch immer von dem Franzosen zu hören bekommt, 
ist es tröstlich, zu finden, daß ein durchaus unpar⸗ 
teiischer Beobachter, einer fremden Nation angehörend 
die Verfolgung dieses Soldaten „die verrückteste, 
falscheste und grausamste Ungerechtigkeit“ nennt, die 
je bigangen worden ist. Mr. Forbes sieht in Ba⸗ 
zaine das Opfer, den Sündenbockder ganzen Epoche. 
„Bazaine's Verurtheilung sollte die ganze franzo⸗ 
sische Armee weiß waschen. Frankteich nahm den 
Ruͤn seiner Ehre an und gab dafür jedem Krieger 
in der Armee, der Fehler gemacht hatte, vollen Ab— 
laß. Bazaine wurde der Jonas der französischer 
Kriegsehre.“ In seinem Artikel stizzirt Mr. For— 
bes in Kürze die Stellung der beiden Armeen, 
vom Tage an, als der Kaiser ihn verließ, und ihm 
das Kommando übergab. Seine militärischen Fähig 
keiten beurtheilt er nicht ungünstig. Er hält ihn 
für einen tapferen Mann, einen couragirten Offi— 
zier, er hatte Genie für den Krieg, aber nicht für 
das Kommandiren.“ Als Stratege klammerte er 
sich zu sehr an die Vorschriften der alten Schule 
und maß der vrttichen Veschaffenheit des Kriegs⸗ 
schauplatzes zu große Wichtigkeit bei. Im Ganzen 
stimmen Forbes' Ansichten mit denen der deutschen 
Militärschriftsteller überein. Bazaine hätte Napo— 
leons Plan ausführen und Verdun erreichen können 
wenn ihm nicht die nöthige Entschlossenheit abge— 
zangen wäre. Er spricht ihn jedoch gänzlich von 
dem Vorwurf srei, daß er nach dem Tage von 
Rezonville keine Lust gezeigt have, von Metz los⸗ 
zubrechen. Die Schlacht von Gravelotite wäre sonst 
nicht gefochten worden. Doch betont Mr. Forbes 
die physische Unmöglichkeit, den eisernen Ring zu 
hrechen, nachdem einmal die deutsche Armee die 
Stadt eingeschlossen hatte. Ueber das Urtheil des 
riegsgerichts in Trianon spricht er sich besonders 
hditter aus. Bazaine hatte, so sagt er, gethan, was 
die Ehre und Pflicht ihm vorschrieb, er hielt auf 
seinem Posten bis zum letzten Bissen Vrod aus. 
F Ueber einen gefährlichen Bettler wird aus 
Deidelberg, 8. Nov. geschrieben“ Heute Morgen kam 
ein nobler Bettler zu einer Frau und hielt um 
ein Essen an, die Frau langte ihre Börse und wollt« 
demselben ein Geschenk geben. Als der Strolch 
ah, daß die Frau Geld in ihrem Portemonnaie 
habe, packte er dieselbe bei den Haaren und hielt 
ihr ein Betäubungsmittel unter die Nase. Die 
Frau sank betäubt zu Boden und als sie wieder 
zu sich tam, war ihr Portemonnaie mit 25 M— 
Inhalt verschwunden. Der Thäter ist noch nich 
estgenommen. 
F Einen eigenthümlichen Fall von Blutver— 
giftung theilt die „W. Z.“ zur Warnung mit 
Fin Mädchen in Wittenberg wollte eine ihrn 
entfallene Nähmaschinennadel vom Fußboden auf 
heben. Diesetbe stach sich in den Daumen fest 
etzeugte aber nur eine leichte Blutung, so daß die 
Verletzung unbeachtet blies. In der darauf folgenden 
Nacht hatte das Mädchen sehr erhebliche Schmerzen 
zu erdulden, das Handgelenk und der Arm schwollen 
an, so daß man ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen 
mußte. Der Arzt stellte eine Blutvergiftung fest 
hervorgerufen durch Orydiren der Nadel infolge 
Ansetzens von Oel und Schmutz, welch letztere Stoff! 
in die Wunde übertragen wurden. 
F Ueber einen Mörder aus Vaterliebe saben 
jüngst die Geschworenen in Pots dam zu Gericht. 
Unter denselben befand sich — es darf dies wohl 
als ein Curiosum mitgetheilt werden — einer, der 
den außergewöhnlichen Namen „Mord“ führt. Der 
Angeklagte, der Arbeiter Christian Liepe, hatte seine 
an epileptischen Anfällen leidende Tochter getödtet 
um sie von ihren Leiden zu befreien und dann sich 
selbst zu entleiben versucht. Die ärztlichen Sach— 
derständigen waren der Ansicht, daß Liepe die That 
in einem Zustande geistiger Unzurechnungsfähigkei 
begangen habe und gaben die Geschworenen ein 
freifprechendes Verdikt ab. 
F Gon einem bayerischen Grenz; 
vächter erschossen.) Aus Hostau (Böhmen 
vird dem Frobl. geschrieben: Aus dem ganz nahe 
der bayerischen Grenze gelegenen Orte Plöß wollie 
hor einigen Tagen ein dortiger Haus- und Grund— 
Hesitzer vier von ihm gemästete Ochsen auf den 
Wochenmarkt in Hostau treiben. Er war sehr zeit— 
lich Früh aufgebrochen und hatte kaum noch eine 
Viertelstunde Weges mit seinem Vieh zurückgelegt 
als ihm ein bayerischer Grenz- (Finanz⸗) Wäaͤchter, 
der die Nacht in einem benachbarten Dorfe ber 
einer Tanzunterhaltung verbracht hatte, in den Weg 
trat und ihn beschuldigte, die Ochsen über die 
Brenze geschmuggelt zu haben. Der Bauer er— 
viderte, daß das seine eigenen Ochsen seien, um 
welche sich ein bayerischer Grenzwächter nicht zu 
ümmern habe, da das Vieh jetzt auf österreichischem 
Boden sei und trieb die Ochsen weiter. De— 
Brenzwächter über die kategorische Antwort erbost, 
schoß auf den Bauer und verletzte ihn mit einem 
Streifschusse an der Wade. Der Eigenthümer der 
Ochsen rief um Hilfe, und auf die Hilferufe und 
den Schuß kamen von allen Seiten Leute in die 
Nähe, um den rabiaten Fremdling abzufangen und 
ihm die Waffe abzunehmen. Der berauschte bayer 
ische Grenzwächter, sich ringsum bedroht sehend 
mißbrauchte nochmals unbefugt auf fremdländischem 
Boden seine Waffe und feuerte aus seinem Rebolbe, 
auf den ihm zunächst stehenden Bauer, einen armen 
Mann, der Vater von vier unmündigen Kinderi— 
ist, uad streckte ihn durch einen Kugelschuß in di 
Brust todt nieder. In der auf diesen feigen Mord 
unter den Verfolgern entstandenen Verwirrung ge⸗ 
lang es dem Attentäter, zu entfliehen; doch sind 
da er von Mehreren erkannt wurde, die Nachforsch. 
ungen und Verhandlungen mit der königlich bayer⸗ 
ischen Behörde im Zuge. 
FGerkwürdige Statistik über di— 
Produktion der Bienen.) Hat man sich 
jemals, so fragt der gelehrte Korrespondent da 
„Libert“, Herr Lancelot, eine genaue Rechenschaff 
dabon zu verschaffen gesucht, was einfache Bienen 
nicht allein als Summe einer wunderbaren Arbeit, 
sondern als reelles Produkt dieser Arbeit zu leisten 
im Stande sind? Folgende offiziellen Ziffern, welche 
nach den von den Präfekten der verschiedenen franzoö— 
sischen Departements eingelieferten Berichten vom 
Ministerium des Ackerbaues und des Handels erhoben 
worden sind, können einen Beweis von der Indu— 
strie der Bienen geben. Es bestehen gegenwärtig 
in Frankreich nicht weniger ols 1,941,865 Bienen- 
stöcke in voller Arbeitskraft. Diese lieferten im 
Laufe des Jahres 1882 9,948,642 Kilogramm 
Honig, die einen Bruttowerth von 14,945,885 
Francs und 2,845,749 Kilogramm Wachs, die 
einen solchen von 8,752,290 Francs darstellen. 
Diese Bienenstöcke haben mithin in einem einzigen 
Jahre einen Werth oon 23,698, 134 Francs produͤzirt. 
FGagd in England.) Waͤhrend der 
diesjährigen Jagdsaison zählt man in Engländ 
252 Meuten, und zwar 145 Meuten Fuchshuude. 
97 Meuten Windhunde zur Hasenjagd und 10 Meuten 
Schweißhunde zur Hirschjagdd. Da an der Jagd 
mit jener Meute durchschnittlich 300 Personen zu 
Pferde theilnehmen, so ergibt dies die nette Ziffer 
von 75,600 Reitern und Reiterinnen, die an den 
Parforcejagden theilnehmen. In Irland werden 
dagegen wegen der Feindseligkeit der Gutspächter 
die Parforcejagden naheza ganz aufhören. 
F In Neapel und Sicilien sst der Wein⸗ 
segen ein derartiger, daß es an Fässern fehlt, 
um den neuen Wein unterzubringen, so daß derselbe zu 
Schleuderpreisen angeboten wird. Auch die anderen 
Provinzen können mit der diesjährigen Ernte sehr 
zufrieden sein. 
FGach dem Tode.) Die „World“ bringt 
eine Zusammenstelläng der Aeußerungen, womit in 
den verschiedenen Ländern die Anzeige eines Todes— 
falles in der Regel beantwortet wird. In Frank— 
reich fragt man danach: „Wie alt war er?“ in 
Deutschland: „Was hat ihm denn eigentlich ge⸗ 
fehlt?“ in Amerika: „Gott verdamme ihn, ist er 
endlich gestorben?“ in Italien: „Armer Teufel!“ 
in Rußland: „Jetzt braucht er nicht mehr zu ar— 
beiten, er ist gücklich!“ in Holland: Wie viel Geld 
hinterlaßt er?“ in England: „War sein Leben 
asseturiert?“ 
FGrequenz der großen Newyorker 
Brüche.) Den offiziellen Berichten zufolge betrug 
die Zahl der Fußgänger, welche die Brücke seit 
ihrer Eröffnung, am 24. Mai, bis zum 1. Oktober 
von New-Pork nach Brooklyn passirten 1,8685,800 
und derjenigen von Brooklyn nach New-NYorf 
1,519,600, zusammen 83,385, 400. Die Einnahmen 
beliefen sich bis zum 4. Oktober für Fußgängen 
auf 34,464 Dollars, für Fuhrwerke auf 31,568 
Dollars und für Tramway?- Passagiere auf 3,936 
Dollars, zusammen 69,963 Dollars. Während 
derselben Zeit bezifferten sich die Ausgaben auf 
51,418,08 Dollars. 
F Eine kürzlich veröffentlichte, ziemlich genauet 
Liste von New-Yorker Bürgern, welche 
ein Vermögen von einer Million und darüber be⸗ 
sitzen, enthält 332 Namen. London, Paris, Am— 
sterdam und Frankfurt a. M., die verhältnißmäßis 
reichsten Städie der alten Welt, können den Ver— 
gleich mit der Metropole Amerita's nicht aushalten 
Ünter diesen 352 Namen befinden sich 27 Deutsche, 
und zwar die folgenden: G. Amsinck, Kaufmann 
Aug. Belmont, Bankier; Eugen S. Ballin, Banbkier; 
Heinrich Clausen, Brauer; A. J. Dittenhöfer, Ad⸗ 
vokat: Benjamin Dreyfuß, Weinhändler; Georg 
Ehret, Brauer; Julius Hallgarten, Bankier; Adolpt 
Ladenburg, Bankier; Hermann Ulrichs, Nord 
deutscher Llohd“; Emil Oelbermann, Vankier! Os 
wald Ottendorfer. Staatszeitung“; A. S. Rosen—⸗