Full text: St. Ingberter Anzeiger

dann versagt habe: „Wir müssen mit allem Nachdruck 
gegen diese anscheinend ungerechte Behandlung eines 
Mannes protestiren, der auf die Einladung eines engli⸗ 
schen Comite's hin nach London kommt, der nicht nur die 
Achtung seiner Amtsbrüder, sondern auch die Verehrung 
der Mehrheit wahrer Christen in Deutschland genießt 
u. s. w.“ 
Annexion Haytis? Privatnachrichten au? 
Hayti zufolge ist die Stellung des Präsidenten Sa⸗ 
lamon seit dem Aufstande in Port au Prince er⸗ 
schüttert. Es heißt, daß die Regierung derjenigen 
von Frankreich Anträge wegen Annexion der Jusel 
zemacht habe. — 
Tortasle und pfalzische Nachrichten. 
— Kaiserslautern, 15. Nov. Die Er— 
oͤffnung der neuen Bahnstrecke Kaiserslautern⸗Lauter⸗ 
ecken jand heute programmgemäß in festlichster 
Stimmung siatt. Der erste Zug, welcher hier 
717. Uhr ankam, fuhr thalwärts um 832 Uhr 
weiter und traf in Lauterecken um 11 Uhr ein. 
.Die Strafkammer des k. Landgerichts Kai⸗ 
serslautern hat am 13. d. den 45 J. a. 
Sattler Karl Wilhelm Kling von hier wegen 
Beleidigung des deutschen Kaisers und deßgl. des 
Gendarmeriewachtmeisters Frank von hier zu vier 
Monaten und 5 Tagen Gefängniß verurtheilt. 
— Vom 13. Nobember an trat in Lamperts— 
mühle eine Posterpedition in's Leben, welcher 
folgende Orte zugetheilt wurden: Erlenbach, Gehrs⸗ 
weilerhof, Mootlautern, Ruhethaler Forsthaus, 
Waschmühle, Lauterhof, Otterbach, Walkmühle, 
Reichenbacherhof, Sambach, Sambacher Ziegelhütte, 
Stockborn, Erfenbach und Lampertsmühlhof. Vom 
gleichen Tage an wurden die Octe Mehlbach und 
Vlozenhof der Posterpedition in Katzweiler zu— 
getheilt. 
—Oberhofen, 14. Novd. Gestern Vor— 
mittag fiel der etwa 50 Jahre alte Franz Sommer 
von hier so unglücklich von seinem über 4 Meter 
hohen Scheuergebälke herunter, daß er schon heute 
Hacht seinen Verletzungen erlegen ist. Derselbe 
hinterläßt eine Wittwe mit mehreren unerzogenen 
Kindern. 
— Vom mitleren Gebirg „schreibt man 
der „Speirer Ztg.“: Unsere neuen Weine recht⸗ 
fertigen vollständig die von ihnen gehegten Er—⸗ 
wariungen und entwickeln sich zu recht guten Mittel⸗ 
weinen. Demgemäß ist auch der Absatz ziemlich 
belebi. Dies gilt namentlich von Mußbach, wo 
das Meiste zu dem Mittelpreise von M. 400 
aufgekauft ist. Weniger lebhaft ist der Kauf in 
Gimmeldingen und Haardt, wo man für den Neuen 
M. 450 und mehr verlangt. Begreiflicher⸗ 
weise ist nach den älteren Weinen, namentlich den 
1882ern, fast gar keine Nachfrage, obwohl dieselben 
theilweise recht brauchbar sind Die bisherige Wit 
jerung war der Zeitigung des Rebholzes günstig 
Grünstadt, 14. Nor. In hiesigem Städt 
chen bestehen zurzeit nicht weniger als 20 Strauß⸗ 
wirthschaften, d. h. darunter auch solche, die ihren 
Wein blos über die Straße verzapfen; Durchschnitts⸗ 
hreis pro Schoppen 20 und 25 Pfennig. 
(Frith. Tgbl.) 
— GCLandrath der Pfalz.) In der ueun⸗ 
len Sitzung (Mittwoch) berichtete zunächst der Herr 
Landrathspräsident, daß die infolge des Landraths— 
beschlusses vom 16. November 1882 mit der kgl. 
Regierung vereinbarten Erhebungen zur Vorbe⸗ 
restung der Reorganisation der Brand— 
versicherungsanstalt der Pfalz noch aus⸗ 
stehen und daß es deßhalb nicht moͤglich sei, dem 
Landrathe diesbezügliche Mittheilungen zu machen. 
Der Landrath werde sich übrigens nochmals in der 
laufenden Session mit der Frage zu beschäftigen 
haben. — Herr Huth referirt Namens des 4. Aus⸗ 
schusses über den Bedarf, der deutschen 
Schulen pro 1884. Der Landrath genehmigte 
zufolge der Bittgesuche von 22 Gemeinden nach— 
folgende Zuschüsse: Gossersweiler 378 Mk., Hert⸗ 
lingshausen 1000 Mk., Wattenheim 500 Mk. 
Quirnheim 150 Mk., Plartage (Mittelbexbach) 
1400 Mk., Hohenecken 478 Mb. Hochspeyer 740 
Mark, Otierbach 6580 Mk., Weilerbach 100 Mk. 
Sambach 200 Mk., St. Alban 100 Mk., Ober⸗ 
hausen 100 Mk., Becherbach 250 Mk., Bobenthal 
130 Mk., Altrip 100 Mk., Schmalfelderhof 300 Mk. 
Lautzkirchen 280 Mk. Die übrigen Gesuche wurden 
abgelehnt; der Gemeinde Bundenthal wird der bis⸗ 
herige Zuschutß entzogen, weil sie keine Gleichstel⸗ 
lungs⸗Umlagen erhebt. Hert Huth berichtet ferner 
für den 4. Ausschuß uͤber die Rechnung der 
SSflehrer-Regsions-Anstalt pro 1882 
—— 
welche mit einer Einnahme von 208,844 Mk. und 
einer Ausgabe von 206,278 Mkt. 78 Pf. abschließt. 
Der Landrath beschließt, daß den nicht pragmati— 
sirten Kreisschulinspektoren der Beitritt zur 
Pensionskasse für pfälzische Kreisbedienstete gewährt, 
alle künftig anzustellenden Kreisschulinspektoren zum 
Beitritt verpflichtet werden. Dabei wird ausdrück⸗ 
lich erklärt, daß im Fall des Nichtbeitretens zur 
genannten Pensionskasse jeder Anspruch auf Ge— 
währung einer Sustentation abgewiesen werden 
müßte. — Der vorgeschlagenen Erhöhung der 
Bezüge der peusionirten Lehrer der 
Pfalz sowie der hierdurch nothwendig gewordenen 
Abänderung des 8 8 der revidirten Satzungen des 
Pensionsvereins nach dem Vorschlag der kgl. Re— 
gierung der Pfalz, ertheilt der Landrath seine Zu— 
stimmung. Der betr. 8 5 lautet demnach: „Di— 
höchste Jahrespension aus den im 8 5, Ziffer 1 
1, 5 und ö bezeichneten Fonds des Vereins beträg' 
nach dem vollendeten 40. Dienstjahr 460 Martk 
Von dieser Summe werden, wenn die Versetzung 
in den Ruhestand vom 1. bis zum zurückgelegten 
15. Dienstjahr erfolgt, 210 Mtk. und mit jedem 
von da ab weiter zurückgelegten Dienstjahr 10 Mt, 
weiter als Pension gewährt ꝛc.“ — Herr Bartß 
berichtet noch für den 1. Ausschuß über die Rech— 
aung des pfälzischen Dienstbotenstif— 
tes pro 1882, weiche mit einer Einnahme von 
3979 Mk. 05 Pf. und einer Ausgabe von 3055 
Mark auf das Grundstockvermögen, einer Einnahme 
»on 4761 Mtk. 85 Pf. und Ausgabe von 2761 
Park 85 Pf. auf den Rentenertrag abschließt 
Der Vermögensstand betrug Ende 1882 66,624 Mk 
D5 Pf., Ende 1881 63,440 Mt. 94 Pf., demnackt 
Ptehrung pro 1882 3183 Mt. 11Ppf. 
— Dem von William Raich, Notar in New— 
York, herausgegebenen „Rechtsschutz“ entnehmen 
wir die Namen folgender in Amerika ver— 
storbenen Pfälzer: Faeßler Adolf aus Hom 
hurg bei Zweibrücken, 60 Jahre, gestorben am 22. 
Oktober 1883, Brooklyn, New-York. Leiendecker 
Philipp, aus Finkenbach, 44 Jahre, gestorben am 
4. Oktober 1883, Canal Dover, Ohio. Wüst, 
Eva, geborne Zimpelmann, aus Frankweiler be 
Landau, 31 Jahre, gestorben am 8. Oktober 1888 
Philadelphia, Peunsylvania. 
Vermischtes. 
F Herzog Karl Theodor von Bayern, 
Dr. med., hat sich zu einem siebenwöchentlichen 
Aufenthalt nach Wien begeben, um in dem dortigen 
allgemeinen Krankenhause augenärztliche Thätigkeit 
auszuüben. 
F GEinsturz.) Aus Würzburg, 14. Nob., 
vird berichtet: Heute Abend 6 Uhr ereignete sich 
durch den Einsturz eines nahezu vollendeten Neu— 
»aues in der Rosengasse dahier ein gräßliches Un⸗ 
glück. Glücklicherweise hatten die meisten Arbeiter 
den Bau schon verlassen. Der Baumeister Zeiß 
wurde todt unter den Trümmern hervorgezogen, 
ein Lehrjunge schwer verwundet. Drei Arbeiter 
liegen noch verschüttet. Die Straße wurde polizei⸗ 
lich abgespertt. Als Grund des Einsturzes wurde 
die leichte Bauart bezeichnet. 
F Die erste elektrische Bahn in Bayern ist in 
Rosenheim errichtet und dient zum Transport 
der Stämme vom Bahnhof Rosenheim zur Salinen⸗ 
äge sowie zur Beförderung der geschnittenen Waare 
zur Verladestelle. Das Geleise ist etwa ein Kilo— 
meter lang und von gewöhnlicher Spurweite. Bei 
der Probefahrt wurden 120 Zentner Last mit 
einer Geschwindigkeit von 017 Meter pro Sekunde 
dorwärts bewegt. 
F In Großrinderfeld bei Tauberbischofs— 
jeim wurde ein ausweisloser Landstreicher aufge— 
griffen. Vor seiner Abführung verlangte er auf 
den Abort, vor welchem der Gendarm stehen blieb. 
Da stieß der Vagabond die Thür auf, drängte den 
Bendarmen zur Seite und entsprang. Ju seinem 
zurückgelassenen Bündel befand sich ein blutiges 
Messer, dessen Soitze abgebrochen war. Man ver— 
muthet in dem Ausreißer, der bis jetzt noch nicht 
wieder ergriffen ist, einen der Straßburger oder der 
Württemberger Mörder. 
F MMittelalterliches Studenten— 
treiben. Im Jahre 1510, so meldet eine zeit— 
genössische Chronik, staht ein Erfurn:? Student in 
der Kirche eines benachbarten Dorfs einen goldenen 
Kelch, wurde entdeckt und sollte zur Strafe gerädert 
werden. Auf dem Rabenstein begann er sich mit 
dem Henker zu balgen, wobei die beiden von den 
Bemäner auf den Boden herahfielen Schliekßtidt 
überwältigte der Scharfrichter den Verurtheilten und 
vand ihn mit seinem Geldgürtel au die zur Richt— 
stelle hinaufführenden Leiter. Als er sich aber danp 
entfernte, um Stricke zu holen, brachen die Komi— 
litonen des Verurtheilten hervor und entführten ihn 
zum unbändigsten Vergnüsjen des gaffenden Volkes 
mitsammt der Leiter und des Henkers Geldgürtel, 
worin sich die demselben vom hochweisen Rath für 
die Hinrichtung gezahlten drei Gulden befanden. 
Welche entsetzlichen Folgen es haben kann 
wann man sich von Hunden küssen läßt, darau 
hinzuweisen hatten wir schon mehrfach Veranlassung. 
Hier wieder ein Beispiel: Im jüdischen Krauken,— 
hause zu Berlin befindet sich gegenwärtig ein 
Patient, ein in den dreißiger Jahren stehender Herr 
F. welcher in vergangener Woche von Dr. Israel 
einer gefährlichen Operation unterzogen wurde be— 
hufs Entfernung eines Echinococcus (Hundeband—⸗ 
wurm) der Leber. Dabei ist eine Waschschüssel voll 
Echinococcus-Blasen entfernt worden. Trotz der 
Schwere des operativen Eingriffs befindet sich der 
Patient wohl, und es ist Aussicht vorhanden, daß 
derselbe durchkommen wird, zumal er bereits vor 
acht Jahren schon einmal dieselbe Operation über— 
standen hat, welche der damalige chirurgische Direk— 
tor des jüdischen Krankenhauses, Geheimer Rath 
von Langenbeck, an ihm ausführte. Die Ursache 
dieser bedenklichen Erkrankung hat ihre direkte Er— 
klärung durch das eigene Geständniß des Patienten 
gefunden, daß er in seiner Jugend gern mit einem 
Hunde gespielt hat und sich auch öfters von ihm 
küssen ließ. Dieser Fall mag wieder zur Warnung 
dienen, von der leidigen Unsitte der allzu großen 
Zärtlichkeit gegen Hunde abzulassen. 
F Aus Deesdorf bei Halberstadt, 11. Nov. 
vird geschrieben: Schon seit sieben Wochen wüthet, 
zleichwie in Emersleben, die Trichinose in unserem 
irea 400 Einwohner zählenden Orte in schrecklicher 
Weise. Fünfzig Personen, zum Theil ganze Fa— 
milien, sind durch die Leichtsinnigkeit oder Fahr— 
lässigkeit eines Menschen auf ein Krankenlager ge⸗ 
worfen, wie es trauriger nicht gedacht werden kann. 
Heit dickgeschwollenem Körver liegen die Kranken 
auf ihrem Lager; nicht im Stande, selbstständig 
Hand oder Fuß zu regen, müssen sie darauf warten, 
bis hülfreiche Hände sich ihrer annehmen, um ihrem 
Körper eine andere Lage zu geben, oder ihnen den 
Angstschweiß vom Gesicht zu wischen. Bis heute 
erlagen neun Personen der wüthenden Krankheit, 
leider ist aber noch keine Hoffnung vorhanden, daß 
nunmehr der Opfer genug sind. Unglücklicherweise 
sind meist Arbeiterfamilien betroffen. 
F(Der Freitag als Zahltag.) Nach 
einer Mittheilung des „Arbeiterfreund“ hat sich, wie 
in England schon vielfach gebräuchlich ist, nunmehr 
auch in Deutschland eine Anzahl Firmen bereit ge— 
funden, ihrem Personal den Wochenlohn Freitags 
auszuzahlen. Es wird für diese Einrichtung haupt⸗ 
sächlich geltend gemacht, daß dadurch die Frauen 
der verheiratheten Arbeiter die Einkäufe für die 
laufende Woche schon Samstags machen können, 
und der Sonntag für die Erholung der Familie 
bleibe; ferner daß in der Einrichtung ein Spar— 
sistem liege, weil der Arbeiter, welcher Freitags sein 
Geld bekomme, sich nicht so leicht verleiten lasse. 
den Abend im Wirthshaus zuzubringen, da für ihn 
der folgende Tag ein Arbeitstag sei; endlich daß 
die Sparkassen stets Samstags, aber nur in seltenen 
Fällen Sonntags geöffnet seien. 
(unglück beim Ererzieren) IJ: 
Eperies geschah am 5. d. M. folgendes Unglück 
Ein Führer unterwies einen Rekruten im Zielen, 
wobei er, in Unkenntniß darüber, daß das Gewehr 
geladen war, anlegte und am Hatne drückte. Der 
Schuß drang in den Kopf des Rekruten, welcher 
in wenigen Stunden starb. 
Ein ruchloser Streich ist zu Stendal 
verübt worden. Eine am Sonntag auf dem dor: 
tigen Domplatze aufgepflanzte Luther-Eiche wurde 
von ruchloser Hand abgesägt und der Stumpf vor 
die eine Kirchenthür, der Pfahl, welcher zur Stittze 
der jungen Eiche verwendet war, dagegen vor die 
andere Kirchenthür gesetzt. 
(GWie die Franzosen sich den näch— 
sten Krieg denken.) Wie sich die Engländer 
vor geraumer Zeit für den Fall der Landung einer 
feindlichen Armee die „Schlacht bei Dorking“ in 
einem fesselnden Phantasie-Gemälde auf dem Papier 
konstruirten, so haben nun auch die Franzoseneinen 
respektablen Feldzugsplan gegen Deutschland ent— 
worfen, in welchem drei große Phantasie-Schlachten 
hei Baronvisse Kaiserslautern und „an der Tauber