St. Iugherter Amziger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der St. Ingberter Auzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
blatt und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 60 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 75 , einschließlich
O ⸗Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr für die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welcbe die Etpedition Anskunft eriheilt, 15 ⸗, bei NReclamen 30 —. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
232. Dienstag, 27. November 1883. 18. Jahrg
»Für den Monat Dezem ber nehmen
— die Postanstalten, die Austrä—
ger und die Expedition Bestellungen auf
dieses Blatt eutgegen.
Politische Uebersicht.
DSDeutsches Reich.
München, 21. Nev. Es läßt sich nun
uberblicen, wie hoch die Umlagen der ein—
zelnen Kreise festgesetzt worden sind. An erster
Stelle steht, wie schon seit einer langen Reihe von
Jahren, die Pfalz, welche mit einer Kreisumlage
von 37,9 pCi. bedacht werden mußte. Dann folgt
Oberfranken mit 28,1 pCt., Miittelfranken mit
26,0 pCt., Oberbayern und die Oberpfalz mit je
23,7 pCt., Niederbayern mit 22,5 pCt., Schwaben
mit 21,9 pCt., (eine andere Mittheilung bezeichnet
22,0 pCi.), und schließlich Unterfranken mit 21,0 pCt.
Zegenüber den Ansätzen für das Jahr 1883 ist
dloß bei Oberfranken eine Minderung von 0,7 pCt.
ingetreten, Mittelfranken wie Unterfranken blieben
ich in ihren Umlagen gleich, und die übrigen fünf
reise erhielten eine kleine Erhöhung, welche bei
er Pfal z 3,2 pCt., Oberbayern 1,1 pCt., Nie⸗
derbayern 1,0 pCt., Schwaben 0,4 und Oberpfalz
D,3 pCt. ausmacht. Vergleicht man dagegen das
heurige Ergebniß gegen das für das Jahr 1882,
o ergibt sich mit Ausnahme von Schwaben eine
„urchgängige bis zu 5,2 pCt. für die Pfalz sich
teigernde Erhöhung.
München, 25. Nov. Der vom kgl. Staats-
minister Frhen. v. Crailsheim jüngsthin im Petiti⸗
nsausschuß in Aussicht gestellte Eisenbahn⸗-Gesetz
ntwurf ist dem Vernehmen nach so weit gediehen,
»aß derselbe noch vor Ende dieses Monats an den
Ztaatsrath gelangen kann. — Der nächsten Mitt⸗
woch im Finanzausschuß beginnenden Berathung
»es Gesetzentwurfes betr. die Errichtung einer Hagel⸗
dersicherungsanstalt sieht man auch deshalb mit
zroßem Interesse entgegen, weil mit derselben auch
der Antrag des Referenten Freiherrn v. Soden auf
Errichtung einer staatlichen Mobiliarversicherungsau⸗
dalt zur Berathung gelangt und über die bisher
pöllig unbekannte Stellung der Staatsregierung zu
diesem Antrag Erklärungen zu erwarten sind.
Die Ablehnung des Antrags Frankenburger zur
Frage der Aufbesserung der Beamtengehalte
hat grundsätzlich allerdings die Bedeutung, daß die
Frage auf die spätere Zeit verlegt werden soll, in
welcher das Gleichgewicht im Staatshaushalt seine
dauerhaftigkeit erprobt haben würde. Die patrio—⸗
aische Kammermehrheit, welche sich auf diesen Stand⸗
hdunkt des Zuwartens stellt, übersieht aber geflis⸗
entlich einen Umstand: die Finanzlage des Reiches
und deren innigen Zusammenhang mit den Ver—⸗
jältnissen der Einzelstaaten. Von jener Sekte her
it aber wenigstens die Zukunftsbedenklichkeit der
Patrioten“ vollkommen gegenstandslos. Wir lesen
in der jüngsten Thronrede an den sächsischen
Landtag die „erfreuliche Mittheilung“, daß, ver⸗
nöge der in den letzten Jahren im Reiche eröffneten
—X
ommensteuer verzichtet, das fiskalische Chaussee-Geld
wufgehooben, größere Bauten für staatliche und wissen⸗
chaftliche Zwecke in den ordenilichen Etat eingestelll
and eine Ermäßigung der Eisenbahngütertarife vor⸗
jenommen werden kann. — dem gemeinen Verstande
vird es sehr schwer begreiflich zu machen sein, daß
mit Hilfe derselben Einnahmequellen in Bayern
nicht eine, verhältnißmäßig viel geringere Berück⸗
ichtigung heimischer Interessen auf die Dauer er⸗
moglicht sein sollte. (Pf᷑. L. C.)
Berlin 24. Nov. Feldmarschall Graf
Moltke ist zum Kanzler des Schwarzen Adleror⸗
dens ernannt worden.
In den Berliner politischen Kreisen soll man
vegen der Moͤglichkeit eines Krieges zwischen Frank—
reich und China nicht ganz ohne Besorgniß sein.
Wie der „Köln. Ztg.“ von dort geschrieben wird
var die deutsche Regierung lebhaft bemüht, für die
Erhaltung des Friedens zu wirken; die bedenklichen
Mienen, denen man dort seit einigen Tagen bezüg
ich dieser Angelegenheit begegnet, lassen keinen
Zweifel darüber aufkommen, daß die Lage in dieser
veziehung eine sehr ernste ist. Welche Interessen
europaischer Mächte in diesem Konflickt möglicher
Weise engagirt werden möchten — wer will es in
diesem Augenblick absehen? Man sieht, wie ge⸗
agt, hier die Dinge ernst an und mit begreiflicher
Spannung ihrer weitern Entwicklung entgegen!“
Zoweit die offiziöse Minheilung der „Koöͤln. Ztg.“
Allerdings erscheint die Lage zwischen China und
Frankreich stark gespannt, doch wird man an der
Zriegslust beider Staaten wohl noch zweifeln dürfen;
nsbesondere gilt dies von China, das bei einem
dampfe mit Frankreich doch schließlich nicht nurx
nichts gewinnen könnte, sondern wahrscheinlich auch
noch die Zeche bezahlen müßte.
Ausland.
Budapest, 25. Nov. Der Ministerpräsident
Tisza wird in Folge des gestrigen Reichstagsbe—
chlusses dem Kaiser Vorschläge betreffs Einführung
der allgemeinen obligatorischen Civilehe unterbreiten.
Paris, 24. Rov. Seit gestern beiindet sich
an allen Mauern von Paris ein Anschlagzettel,
worin das Erscheinen der „Histoire publique et
drivée du Comté de Bismarcek par Jules Fréval
ingekündigt wird. Der Anschlagzettel giebt das
Bildniß Bismarcks wieder. Er sißt hoch zu Roß
und sprengt über eine Menge von Leichen und
Todtenköpfen dahin; neben ihm reitet auf schwarzem,
euersprühendem Pferde der Tod, die Sense in der
dand und einen preußischen Helm auf dem Kopfe;
hnen folgt eine Schaar bermummter Gerippe. Heute
wird nun diese Geschichte des Fürsten v. Bismarck
auf allen Boulevards und Straßen zu fünf Centi—
mes ausgerufen. Auf dem Umschlag befindet fich
das eben beschriebene Bild des reitenden Bismarck.
Das Werk wird in Lieferungen erscheinen, also ge⸗
wiß Monate lang dauern, während welcher Zeit
in „ganz Frankreich, Algerien und den Colonieen“,
Bismardk als Scheusal vorgeführt werden wird!
Das Werk ist offenbar dazu bestimmt, den Haß
zegen Deutschland zu schüren.
London, 24. Novb. Es scheint, daß der
Anschlag gegen die deutsche Botschaft auf
einen bloßen Versuch, Geld zu erschwindeln, hinaus⸗
lief, hervorgerufen, durch die großen Belohnungen,
die von der Polizei auf die Entdeckung der Frevler,
welche die Verbrechen gegen das Lokalverwaliungs⸗
amt und die unterirdische Eisenbahn verübt haben,
ausgesetzt worden sind. Polizisten und Polizei⸗
spione scheinen in die Sache verwickelt zu sein.
Wolff sollte nur den Dolmetscher spielen und die
deutschen Briefe übersetzen. Der eigeniliche Atten⸗
täter soll ein sogenannter „Political German“ sein,
der eigens zur Sprengung der Botschaft nach
dondon kam, hier aber von Spionen umgarni
purde, welche ihn die That ungehindert vollbringen
und später so lange ungehindert lassen wollten,
bis Belohnung ausgeboten sein würde. Wolff sollte
50 Pfund erhalten. Wolff ist 24 Jahre alt, ver⸗
heirathet, aus der Schweiz gebürtig und angeb⸗
lich Chemiker und Student der Medizin. Er besitzt
ein Miethhaus und behauptet, die Höllenmaschinen
gehörten einem französischen Miether.
Madrid, 26. Nov. Der Kronprinz besuchte
Vormittags das Waffenmuseum und später mit dem
König und dem Kriegsminister die Kaserne der
Bergartillerie. Nachmittags wird dem Kronprinzen
das diplomatische Corps vorgestellt werden. Abends
8 Uhr findet groß s militärisches Diner und um
10 Uhr großer Zapfenstreich statt. Morgen gedenkt
der Kronprinz Toledo und Escurial zu besuchen.
Washingthon, 24. Novb. Staatssekretär
Freelinghuysen hat geheime telegraphische Ordres
an den Kommandanten des amerikanischen Ge—
schwaders in den asiatischen Gewässern gelangen
assen, die sich auf den Schutz der Interessen der
Vereinigten Staaten im Falle des Krieges zwischen
Frankreich und China beziehen
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 27. Nov. Schlossermeister
Beorg Feger ist heute Morgen seinen Verletzungen,
velche er sich am Sonntag Vormittag auf dem
hüttenwerke beim Reinigen einer Maschine durch
ꝛinen Sturz zugezogen hatte, erlegen. Die von
dem schmerzlichen Unglücksfalle schwer betroffene
Familie findet hier allgemeine Theilnahme.
— Zweibrücken, 25. Nov. Spruchliste der
Geschworenen. für das IV. Quartal 1883. 1.
GBeorg Michael Rummel, Ackerer in Freimersheim.
2. Georg Peter Steitz, Stärkefabrikant in Gerbach.
3. Joseph Seyler, Gerbereibesitzer in Kirchheimbo⸗
sanden. 4. Philipp Schneider, Oekonom und
Müller zu Steinalbermühle Gde. Hermersberg. 5.
Salomon Frank II., Oeckonom in Langmeil. 6.
Philipp Kuntz, Bürgermeister in Oberhochstadt. 7.
Eduard Kölwel, Ingenieur in Zweibrücken. 8.
Theodor Tisch, Kaufmann und Adjunkt in Grün⸗
tadt. 9. Wilhelm Wendel Lischer, Adjunkt und
Butsbefitzer in Oberhausen bei Bergzabern. 10.
Sebastian Eckel, Bierbrauer in Schifferstadt. 11.
Rudolph Maucher, Weinhändler in Neustadt. 12.
Friedrich Eckerle, Weinhändler in Frankweiler. 13.
Max Freiherr d. Gienanth, Eisenhüttenwerksbesitzer
in Hochstein. 14. Friedrich Sattel J., Oekonom
in Schifferftadt. 15. Michael Gerber, Bürgermeister
in Bebelsheim. 16. Christian Schloßstein, Mühlen⸗
besitzer in Albisheim. 17. Sebastian Lederle,
Bankdirektor und Stadtrath in Ludwigshafen. 18.
Johann Mattern VI., Ackerer in Schmiliweiler. 19.
Peter Mang, Bürgermeister in Heltersberg. 20.
Ludwig Schmitt, Ackerer und Adjunkt, Edigheim.
21. Adam Schneider, Landwirth, Gerhardsbrunn.
22. Julius Fitz, Gutsbesitzer in Dürkheim. 23.
Ernst Mann, Fabrikant auf der Apostelmühle bei
Rodalben. 24. Michael Bölliger, Ackerer in Ins⸗
heim. 25. Dr. Karl Klemm, Fabrikdirektor in
Ludwigshafen. 26. Christian Hettesheimer L.,
Dekonom in Schiersfeld. 27. August Pfeiffer,
Müller auf der Eichenbachermühle Gde. Sembach.
28. Joseph Karl Kremp, Oekonom in Winnweiler.
29. Adam Willenbacher, Ackerer in Enkenbach. 30.
Johann Georg Degen V., Bürgermeister in Schwe⸗
genheim.
— Kaiserslautern. Herr Bierbrauer
Jänisch hat aus Anlaß der Lutherfeier für die
„Retscherklirche“ in Speyer 2000 Mk. gespendet.