Full text: St. Ingberter Anzeiger

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7 —5 24 —8 —5 224* 8 * 4 
7 J — *83 * —I5 
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33 B8—66 v * —35 ——28 
* —— —9* —— — * 55 * * 9 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalr Am Montag, Dienstag, Dounerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungs 
zlatt und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1.A 60 — einschließlich Trägerlohn: durch die Von bezogen 1A 75 H, einschließlich 
O A Zuftellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Naum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfalzijchen und solchen 
auf welche die Ewedifion Auskunfit ertbeilt, 15 —, bei Neclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 239. Samstag, 8. Dezember 1883. —18. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 6. Dez. Das Kollegium der Ge⸗ 
neindebevollmächtigten trat dem Magisstratsbeschlusse 
zei, 630,000 Mark Zuschuß aus Gemeindemitteln 
ür die Erbauung von drei katholischen und einer 
xotestantischen Kirche, sowie einer Synagoge zu 
ewilligen. 
Nürnberg, 6. Dez. Dem Fränk. Kurier 
ufolge ist nach dem bisherigen Ergebnisse im Wahl⸗ 
reise Forchheim⸗Kulmbach die Wahl des freiconser⸗ 
ativen Freiherrn v. Aufseß in Berlin als gesichert 
inzusehen. 
Berlin, 6. Dez. Die Eisenbahn⸗Commission 
»es Abgeordnetenhauses genehmigte in der gestrigen 
Ubendsitzung unverändert den Ankauf der Ober⸗ 
chlessischen und der Rechte Oderufer-Bahn. 
Der Stand des Reichseisenbahnpro⸗ 
ekts. Mit der nahebevorstehenden Vollendung 
er Verstaatlichung der preußischen Eisenbahnen 
vird auch vielfach die Frage nach dem heutigen 
Stand des Reichseisenbahnprojektes wieder aufge⸗ 
vorfen, und in den mittleren Bundesstaaten, die 
m Besitze eigener Bahnen sind, beginnen sich Be⸗ 
orgnisse zu äußern, daß nach Beendigung des Um⸗ 
oandlungsprozefses in Preußen jener noch umfas⸗ 
endere nationale Plan wieder auftauchen und greif⸗ 
are Gestalt annehmen werde. Ob das Reichs- 
isenbahnprojekt wirklich an maßgebender Stelle 
uch erwogen wird, ist eine Frage, zu deren Be— 
mtwortung es zur Zeit an jeder Grundlage fehlt. 
Thatsächlich ist seit Jahr und Tag davon nicht 
nehr die Rede gewesen und bei den preußischen 
Lerstaatlichungsvorschlägen ist neuerdings niemals 
zie Perspektive auf demnächstigen Uebergang der 
Fisenbahnen auf das Reich eroöffnet worden. 
Ausland. 
Paris, 5. Dez. Die Pariser Polizei hat 
Borsichtsmaßregeln für den Freitag getroffen, für 
sen eine große Anarchistenkundgebung auf dem 
goͤrsenplatze angekündigt ist. — Morgen wird in 
Saigun ein Courier ans Tonking erwartet, dessen 
—XXV 
verden sollen. Die Antwort China's ist noch immer 
niicht eingetroffen. Tseng wohnie heute dem diplo⸗ 
natischen Empfange im Auswärtigen Amte an. 
Das heute veröoffentlichte gelbe Buch läßt durchaus 
m unklaren, ob der Streit mit China friedlich 
endigen wird oder zum Kriege führt. Die Börse 
st sehr flau infolge des Ausbleibens guter Nach⸗ 
ichten aus Tongking und infolge der Flucht Lepel⸗ 
etiers, des Direktors des Credit de France, welcher 
Börsendifferrenzen im Betrage don 700.000 fr. 
—RC 
London 6. Dez. Einer Meldung aus 
Sydney zufolge fand gestern eine Conferenz der 
bertreter der britischen Colonien Australiens statt, 
velche Resolutionen zu Gunsten der Einverleibung 
»erjenigen Theile Neu⸗Guinea's und der benach- 
arten Inseln, die nicht Holland reklamire, sowie 
uu Gunsten einer gemeinsamen Aktion behufs An⸗ 
sectirung und Beschaffung der dazu nothwendigen 
Ausgaben annahm. Gleichzeitig wurde ein Protest 
eschlofsen gegen die Deportirung französischer Ver⸗ 
recher nach den Inseln des Stillen Ozeans. Eng⸗ 
and solle dagegen in Varis ernkle Vorftellungen 
rheben. 
Madrid, 6. Dez. Zu dem gestrigen Mand⸗ 
ꝛer hatten sich der König und der Kronprinz zu 
Zferde nach Caranbanchel begeben. Es exerzirten 
)rei Brigaden Infanterie, Kavallerie, reitende und 
gerg⸗ Artillerie. Die Truppen führten zunächst das 
Mandover in einzelnen Regimentern aus, wobei der 
dönig die Spezialidee gab. Besonderes Lob er⸗ 
varben sich die Jäger, die auch die Annerkennung 
»es Kronprinzen erhielten. Die Kavallerie machte 
rei brillanten Attaquen, die vor dem Aussichts- 
zunkte der hohen Herrschaften endeten. Die Truppen 
rerzirten im Feuer. Die Königin war zu Pferde, 
zie Königin Isabella zu Wagen. Ein Vorbeimarich 
chloß das Manöver. 
Madrid, 6. Dez. Die deutsche Glandecks- 
rorvette „Olga“ mit dem Prinzen Heinrich von 
Zreußen an Bord, ist in San Jago (Cuba) ange— 
ommen und soll am 22. Dezember in Havannah 
intreffen. — Es verlautet, der dentsche Kronprinz 
zesuche bei seiner andalusischen Reise auch den Her⸗ 
zog von Montpensieur in San Lucar bei Cadir. 
Besuch des Königs Alfons. Wie man 
ius Rom meldet, wird daselbst in unterrichteten 
kreisen ein Besuch des Königs Alfonso von Spanien 
eim italienischen Königshause in Rom als gefichert 
zezeichnet, ohne daß aber bisher ein Zeitpunkt für 
venselben fixirt wäre. 
Der „Fall Mang“. 
(Nach der „Straßb. Post?.) 
Sehr verstimmend innerhalb der reichsländischen 
Beamtenschaft hat ein dieser Tage in Sachen des 
Oberförsters Mang in Finstlingen ergangenes Urtheil 
»es Reichsgerichts gewirkt, durch welches eine An⸗ 
jelegenheit, die s. Z. in allen Kreisen Elsaß⸗Loth⸗ 
ingens lebhaft besprochen worden war, aufs Neue 
n den Vordergrund des öffentlichen Juteresses ge⸗ 
rängt ward. Oberförster Mang hat nach dem 
estgestellten Thatbestand den Rentner Baron Karl 
. Schmid zu Saaralben auf ihm erstattete Meldung, 
aß Letzterer sich eines Jagdvergehens schuldig ge⸗ 
nacht habe, einen Gendarmen requirirt und den 
zaron behufs Protokollirung um Vorzeigung der 
zagdbeute ersucht. Baron v. Schmid erklärte, der 
Iberförster sei zwar berechtigt, ihm ein Protokoll 
u machen, habe dagegen keine Berechtigung, seine 
zagdbeute zu durchsuchen. Der Oberförster hielt 
eine Forderung aufrecht und verwies seinen Gegner 
nuf den Beschwerdeweg. Es entspann fich hierauf 
ine höchft unliebsame Szene zwischen den beiden 
treitenden Theilen. Baron v. Schmid soll dem 
Iberförfter ungefähr folgende Worte gesagt haben: 
‚Sie, mit Ihrem großen Barte, können mir keine 
zurcht machen; Sie haben schon Hundeschlächterei 
jseirieben und möchten gern Wenschenschlächterei 
reiben ...“ einer der Jagdgufte, der Rentner 
Idolf v. Ott von ALeskaftel, soll den Beamten jo⸗ 
jar durch die Worte: „Vous étes trôp sale pour 
noi“ beleidigt und hinterher die Abgabe seines 
Namens verweigert haben. 
Der Oberförster Mang siellte hierauf gegen die 
eiden genannten Notabeln Strafantrag wegen Be⸗ 
eidigung eines Beamten in der Ausübung seines 
dienstes, wurde aber von dem oberften Leiter der 
lsaß ˖ lothringischen Forftverwaltung, Dt. v. Mayr, 
sachdem er vom Bezirkspräfidenten v. Flottwell 
Bericht über die Sache eingefordert hatte, bedeutet, 
iesen Strafantrag sofott zurückzuziehen. Der Ober⸗ 
örster Mang erklärte hierauf, er werde dies nicht 
hun. Einerseits habe er Grund, sich trotz der 
jegentheiligen Auffafsung seines Chefs als Hilfsbe⸗ 
imten der Staatsanwaltschaft anzusehen, soweit 
ies in dem betreffenden Folle in Frage komme, 
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anderseits aber sei er in gesetzmäßiger Ausführung 
seiner Amtspflichten durchaus höflich und jede Form 
vährend gegen die betreffenden Herren vorgegangen, 
vaͤhrend diese sich gegen ihn überaus unpassend 
zenommen hätten. Er halte aus diesen Gründen 
— 
inbedingt nothwendig. Nachdem er wiederholter 
lufforderung der Behörde, seinen Antrag zurückzu⸗ 
iehen, nicht Folge leistete, wurde er durch Erlaß 
zes ktaiserlichen Statthalters im Interesse des Dienstes 
iach Pfirt versetzt, wogegen er Einsprache erhob. 
ẽr betonte in dieser Eingabe, daß seine Versetzung 
ediglich auf den Vorfall zwischen ihm und den 
jenannten lothringischen Notabeln zurückgeführt 
verden müsse; daß er bei diesem Vorfalle nur 
einer Dienstpflicht genügt habe und in der Rus— 
ibung dieser seiner Amtspflicht von den genannten 
ʒerren schwer beleidigt worden sei. Er hob auch 
jervor, welche Schadigung des Ansehens der deutschen 
Beamtenschaft dadurch versucht werden würde, wenn 
nan ihn jetzt nach diesem Vorfalle, versetze. Es 
verde dies in der Bedölkerung zweifessohne dahin 
mfgefaßt werden, daß der deutsche Beamte den 
Interessen der lothringischen Notabeln zum Opfer 
jebracht worden sei. Man habe in der Bevölkerung 
hnehin schon gewußt, daß zwischen der Regierung 
ind einigen Notabeln in dieser Sache verhandelt 
vorden sei, denn das Gerücht von seiner Verfetzung 
ei bereits vor der amtlichen Verfügung dieser 
Naßregel in seinem Kreise verbreitet gewesen. 
Trotz dieser Beschwerde wurde die verhängte 
Zersetzung nicht zurückgenommen, und Oberföorster 
Nang mußte nach Pfirt abreisen, wo er sich heute 
noch befindet. Nach der andern Seite hin spielte 
sch darauf die Sache jedoch weiter fort. Der 
Strafantrag, den der Oberforsier nicht zurückgezogen, 
ührte zum Prozefse. Das Landgericht Zabern 
prach den Baron d. Schmid und den Rentner 
. On von der Beschuldigung frei, den Oberfoörster 
Mang dbeleidigt zu haben. Dieses Urtheil ist durch 
as Rteichsgericht aufgehoben worden. Das Urtheil 
des Reichsgerichts hat folgenden Wortlaut: 
Das Reichsgericht hat erkannt, das das Urtheil 
der Strafkammer des kaiserl. Landgerichts zu Zabern 
jegen v. Schmid und v. Ott vom 30. Juni 1883 
jebst den demselben zugrunde liegenden thatsächlichen 
Feststellungen ufzuhe ben und die Sache zur 
inderweitigen Verhandlung und Entscheidung an 
zas erftinfianzliche Gericht und zwar an das Land⸗ 
zericht zu Straßburg zuruczuverweisen sei. 
Charalteristisch ist es“, schreibt die „Straßb. 
Post“, „daß man diesen Vorfall, dem man andere 
ihnliche Vorgange zur Seite stellt, z. B. den Fall 
ines Steuerempfangers in der Rähe von Straßburg. 
er dor einiger Zeit einen — ebenfalls gegen einen 
Notabeln gerichteten — Strafantrag wegen Belei⸗ 
igung zuruckzog, als wyisch für das Verhältniß 
er Regierung einerseits zu den Beamten und 
indererseits zu den einheimischen Notabeln auffaßt. 
dem Gefühle der Binerkeit gegen die Regierung, 
oelches ohnehin schon in weiten Kreisen tiefe 
Vurzel gegriffen hat, ist dadurch neue Nahrung 
edeben worden.“ 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Zweibräcken, 4. Dez., vorm. 8 Ubr. 
Schwurgericht, Verhandlung gegen Andreas 
Z„chneider, 41 Jahre alt, Tagner von Rupperts⸗ 
cken, wegen Brandstiftung. Vertreter der k. Staats⸗ 
ehörde Herr Staatsauwalt Wagner; Vertheidiger 
Zerr Rechtspraktikant Lowenberq.