Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Moutag, Dienssstag, Donneretag, Saméetag und Sonntag; 2mal wöochenilich mit Unterhaltungs 
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1.A 60 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 10 78 , einschließlich 
0 ⸗Zustellunghgebuhr. Die Eiurückungsgebühr füur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfältischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15, bei Neclamen 30 . Bel 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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M 240. Sonntag, 9. Dezember 1883. 
18. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Muünchen, 6. Dez. Vom Abg. Walter wird 
iis Keferenten über den Etat des Staatsministeriums 
jer Justiz beantragt, die Kammer wolle an Se. 
Maj. den Konig die Bitte richten, den Kammern 
zinen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die 
kinziehung der Notariatstellen auf dem Lande bei 
intretender Vacatur und die Uebertragung des No⸗ 
ariats an die Einzelrichter ermöglicht würden. 
München, 6. Sept. Dr. Rittler schlägt in 
einem Berichte die Aufhebung der Präparanden⸗ 
chule Kirchheimbolanden vor, weil sie blos von 32 
Schülern besucht sei. Ferner regt er die Aufheb⸗ 
iag der Präparandenschule Kusel (36) und Kronach 
31 Schüler) an. 
(Bayerischer Laudtag.) Der Hagelver⸗ 
cherungs⸗Ausschuß der Kammer der Angeordneten 
sjat am 5. d. den von Dr. Deinhard MDeides⸗ 
jeim) gestellten Antrag: „Gegenwärtiges Gesezz tritt 
ür die Pfalz ein Jahr nach seiner Einführung im 
iesrheinischen Bahern in Geltung“ — mit 11 
jegen 10 Stimmen abgelehnt. Minister v. Fei⸗ 
itzsch und Regierungsdirektor v. Jodlbauer hatten 
jegen diesen Antrag gesprochen; die Vorbereitungen 
ind Erhebungen seien zu große. Brünings (Lan⸗ 
»au) war energisch für die Einbeziehung der Pfalz 
ingetreten. Angenommen wurde mit 11 gegen 10 
Ztimmen der nachstehende Antrag des Referenten 
Frhrn. v. Soden, den Minister v. Feilitzsch 
ind v. Jodlbauer befürwortet hatten: 
„Das Gesetz tritt für den Regierungsbezirk der 
zfalz mit dem Zeitpunkt in Kraft, mit welchem 
ie Wirksamkeit der für die Landestheile rechts des 
sRheines begründeten Brandversicherungsanstalt auf 
den genannten Regierungsbezirk ausgedehnt wird. 
In diesem Falle können Aenderungen in den Be— 
timmungen über Einziehung der Beiträge und 
dosten im Verordnungswege festgeseßt werden. 
Pf. L. C. Die Eröffnung des Verkehrs auf der 
utlberg⸗Bahn wirft ihren Schatten auf das Erträg⸗ 
uß des bayerischen Staats⸗Eisenbahn— 
etriebs voraus. Die West- und die Südbahn 
a Oesterreich haben ihre Mitgliedschaft dem deutsch⸗ 
sterreichisch⸗ungarischen und dem französisch « öster⸗ 
eichisch· ungarischen Verbande gekündigt. Die Ver— 
valtungen der beiden austretenden Bahngesellschaf⸗ 
en erklärten sich bereit, neue Verbands-Vereinbar⸗ 
ingen einzugehen, wenn die Arlberg⸗Bahn bei dem 
Zerbandstarif den ihr gebührenden Vorrang in der 
zermittlung des Verkehrs zwischen Oesterreich-Un⸗ 
urn einerseits und Frankreich und dem südwest⸗ 
cchen Deutschland andererseits eingeräumt erhalte. 
Dann werde West- und Südbahn „auch“ die süd⸗ 
eutsche (d. i. speziell bayerische) Route an dem di— 
ekten Verkehr theilnehmen lassen. Das ist gewiß 
erständlich. Auf der Verbands-Konferenz, welche 
ieserhalb im Februar nach München einberufen 
vird, haben die Vertreter der bayerischen Staats⸗ 
ahnen natürlich nur die Wahl, ob sie freiwillig 
uuf dem Löwenantheil des bisherigen direkten Ver⸗ 
ehrs über die südbayerischen Bahnen verzichten, oder 
o gut wie den ganzen Verkehr verlieren wollen. 
Ausüubung der Prarxis im deutschen Reiche berech⸗ 
igen, abgeändert und die Zulassung zur medizini⸗ 
schen Praxis auch den auf öͤsterreichischen und 
Schweizer Universitäten Studirenden gestattet werden. 
Madrid, 6. Dez. Der deussche Kronprinz 
geht morgen Abend incognito mittelst Expreßzuges 
aach Sevilla. Der Herzog von Montpensieur hatte 
dem Kronprinzen das Palais zur Verflügung gestellt, 
doch wird der Kronprinz, um sein Incognito zu 
vahren, in einem Hotel absteigen. Von Sevilla 
zeht der Kronprinz über Utrera, Granada, Cordova, 
Alcazar, Valencia, Taragona nach Barcelona. 
Madrid, 7. Dez. Es heißt der deutsche 
dronprinz werde sich von Genua nach Rom begeben, 
im den Papst zu besuchen. 
veit hergestellt, daß sofort mit dem Verkauf der 
dohle, welche bei einer durchschnittlichen Höhe von 
16 Zoll und sehr schöner schwarzer Farbe sehr 
zrennbar ist, begonnen werden konnte. Die Nach⸗ 
rage nach diesem Produkt ist so stark, daß Herr 
deibert trotz bedeutender Verstärkung seiner Arbeits⸗ 
räfte derselben kaum Gesnüge leisten kann. 
eru 
fNeunkirchen, 6. Dez. Heute Nachmittag 
st ein Viehwagen des von St. Wendel kommenden 
Zzuges entgleist, bei welcher Gelegenheit ein mit 
bieh beladener Wagen umgefallen ist. Eine Kuh 
purde dadurch wild und sprang gegen die Maschine. 
der Führer der Kuh, ein Bahnarbeiter aus Neun⸗ 
irchen, Vater von 4 Kindern, war sofort todt, 
benso die Kuh. Der Wagen war nach Dürkheim 
7pedirt und es soll die derunglückte Kuh Aron 
ZScheurer aus Wachenheim angehoͤren. 
fFEpernay, 6. Dez. Beim Brand einer 
Zzuckerfabrik kamen 5 Personen ums Leben. 
fBrüssel, 6. Dez., 5 Uhr 30 Min. Nach- 
nittags. Das Gebäude der Repräsentantenkammer 
teht in Flammen. 
f Brüssel, 6. Dez., 724 Uhr Abends. Der 
grand des Parlamentsgebäudes dauert mit größter 
Zeftigkeit fort. Der Flügel, worin die Repräasen⸗ 
antenkammer tagte, ist vollständig zerstört, der 
indere Flügel, worin das auswärtige Amt und 
das Unterrichtsministerium sich befinden, ist gegen⸗ 
värtig stark bedrängt, die übrigen Theile hofft man 
zu retten. Die Rettungsarbeiten werden ungeachtet 
der außerordentlichen Glut mit großer Energie be⸗ 
virkt. Das Militär hilft. Einzelne Personen sind 
—R 
FKonstantinopel, 6. Dez. In der größ⸗ 
entheils von Juden bewohnten Vorstadt Haskioi 
im Goldenen Horn brach heute Morgen eine ge⸗ 
valtige Feuersbrunst aus, die erst nach achtstündiger 
Anstrengung des Löschkorps bewältigt wurde. Der 
Schaden ist sehr groß. Auf Befehl des Sultans 
vurden mehrere Wagenladungen Brod nach Has⸗ 
sioi gesendet. 
F New-York, 6. Dezbr. Der New-⸗VYork 
derald veröffentlicht eine Depesche aus Torento 
Canada), wonach daselbst ein Wagen auf der 
Straße mittelst Dynamit in die Luft gesprengt 
vurde. Die Räder einer Seite des Wagens wurden 
urch die Explosion fortgerissen und mehrere Per⸗ 
onen leicht verletzt. Die Gründe des Attentats 
ind unbekannt, im Wagen befand sich keine Amts- 
erson. Die Depesche fuͤgt hinzu, daß eine Auzahl 
ingewanderter Irländer bei der Explosion zugegen war. 
— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
T. St. Ingbert. (Theater.) Die gestrige 
dorstellung don „Uriel Acosta“ kann als eine recht 
jefriedigende bezeichnet werden und wäre wohl 
verth gewesen, vor einem zahlreicheren Publikum 
zespielt zu werden. Dieser Erfolg ist bei einer, 
nehr an tiefen Gedanken, als an fesselnder Hand⸗ 
ung reichen Tragödie um so ehrenvoller. Herr 
Lippert wußte die einzelnen Charakterwandlungen 
ind Seelenstimmungen des „Uriel Acosta““ wie er 
As zweifelnder Denker die Schranken des jüdischen 
Dogmenglaubens durchbricht und deshalb von der 
hßemeinde ausgestoßen wird, wie er, durch die Liebe 
ur Judith und zur Mutter verleitet, seine freien 
Unsichten nach hartem, innerem Kampfe widerruft, 
die er aber, da doch sein Opfer umsonst, sich zur 
Vahrhaftigkeit ermannt und der verlorenen Geliebten 
n den Tod nachfolgt. Nur im Anfang war seine 
haltung etwas zu kühl. Frau Lippert⸗Schroth rang 
ils „Judith“ mit Herrn Lippert um die Palme 
des Abends. Sie ließ die Zuschauer in dem für 
ie schmeichelhaften Zweifel, was ihr besser gelang, 
iie Scenen innigsten Gefühlausdruckes beim Zu⸗ 
ammensein mit Uriel und dessen Muiter, oder die 
darstellung der heroischen Jungfrau, die ihren Geliebten 
rotz Acht und Bann bekannt und ihre Treue mit 
»em Tod besiegelt. Auch die übrigen Rollen wurdeu 
zut gespielt. Herr Schwantge gefiel in der Figur 
nes fanatischen, wahrhaft mephistofelischen Rabbiners, 
iamentlich da, wo er in die Schlußscene sein kalles 
„Das sind die Opfer des beleidigten Gesetzes“ 
virft. Die ins komische streifende Figur des Ober⸗ 
abbiners mit seinem stereotypen „Es war alles 
chon einmal da“ und wieder „Schon einmal dage⸗ 
vesen“, wurde von Herrn Oppel sehr entsprechend 
usgeführt. 
— Zweibrücken, 6. Dez. Der Redak⸗ 
eur des „Rheinboten“ G. Schwab wurde heute 
vegen Majestätsbeleidigung zu 2 Monaten Festungs⸗ 
zaft verurtheilt. 
— Siegelbach, 6. Dez. In Siegelbach 
ind nicht weniger als 75 Kinder an den Rötheln 
rtrankt und die deßhalb aus der Schnle bleiben 
nüssen. (Auch in Kaiserslauern ist diese Kinder⸗ 
rankheit dieses Jahr heftiger aufgetreten als sonst.) 
G. 3.) 
— Vor bald einem Jahre wurde berichtet, daß 
er Bergwerksbesitzer Herr Seibert von Hüffler in 
ortiger Gemarkung ein neues Kohlenlager entdeckte, 
yelches reichen Gewinn verspreche. Jetzt wird der 
Zw. Z.“ gemeldet, daß es Herrn Seibert endlich 
elungen sei, ein unerschöpflich scheinendes Kohlen⸗ 
ötz bloszulegen. Als derselbe vor kurzem durch 
ie Regierung der Pfalz das Eigenthumsrecht an 
esagtem Bergwerk erhielt, war dieses bereits so 
erber e. 
Gestorben in Edenkoben Heinrich Römmich, 
24 J. a.; in Gimmeldingen Maria Bauer, geb. 
Klohr; auf Weierhof Daniel Krehbbiel IV., 
in Reipoltskirchen die Gattin von Andreas Zapp, 
karoline geb. Wolf, 42 J. a. 
Dien achrichten. 
Zum Definitor des Landkapitels Kirchheimbo⸗ 
anden wurde Pfarrer und Distriktsschulmspektor 
Nauthias Damm in Obermoschel ernannt. — An⸗ 
veisung erhielten: Pfarrverweser Wilhelm Kercher 
m Enkenbach als solcher nach Kriegsfeld, Pfarrver- 
veser Georg Müller in Nüuschweiler als solcher 
jach Bebelsheim. Die Verwaltung der Pfarrei 
Fußgönnheim wurde dem Pater Robert Stoller in 
Iggersheim übertragen. 
Für die Redaktion verantwortlich: F. &X. Vemnea 
Ausland. 
Prag, 6. Dez. Eine äußerst zahlreich besuchte 
ßersammlung deutscher Studenten der hiesigen Uni⸗ 
ersität beschloß eine Petition an den deutschen 
zundesrath, es möchten entgegen früherem Beschlusse 
Bundesrathes, wonach nur die auf deutschen 
inversitäten absolvirten medizinischen Studien zur 
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