Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
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Donnerstag, 20. Dezember 1883. —18. Jahrg.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 17. Dez. In Abgeordnetenkreisen
hofft man die gestern begonnene Berathung des
Eisenbahn⸗ Etats in der morgigen Sitzung zum Ab⸗
schluß zu bringen, damit für die Mittwochsitzung der
Gesetzentwurf, die Errichtung der Hagelversicherungs⸗
anstalt betr, auf die Tagesorduung gesetzt werden
ann. Nur wenn dies moöͤglich ist, ist die Erledigung
dieser Vorlage vor den Feiertagsferien zu gewärtigen.
Zu den zahlreichen Arbeiten der Kammer, welche
unerledigt auf das neue Jahr übergehen, wird dem
Vernehmen nach noch der Militär⸗Etat für 1884/85
kommen. Die Kammern werden zur Erledigung
ihrer Aufgaben vorausfichtlich noch mindestens zwei
Monate nöthig haben.
München, 19. Dez. Der Landtag erledigte
geute nach fünftägiger Verhandlung den Eisenbahn⸗
etat nebst den einschlägigen Petitionen, zumeist nach
den Anträgen des Ausschusses.
Berlin, 19. Dez. Zu dem heute bei den
Majestäten stattsindenden Diner sind alle hier ac⸗
rreditirten Botschafter nebst Gemahlinnen, die Mili⸗
ärbevollmächtigten, sowie Minister Hatzfeldt, Graj
Moltke und die obersten Hofchargen geladen worden.
Ausland.
Nonm, 18. Dez. Nachdem der deutsche Kron⸗
xrinz Vormittags die Wohnung im Quirinal ver⸗
assen, fuhr er nach dem Pantheon und legte dort
uuf dem Grabe König Viktor Emanuels II. einen
zroßen prächtigen Lorbeerkranz nieder, der in einem
besonderen Wagen nachgefahren worden war. Der
stronprinz frühstückte dann in der deutschen Bot⸗
schaft mit Herrn v. Keudell. Von hier fuhr er mit
»em ganzen amtlichen Gefolge, den Reisebegleitern
ind den Vertretern der deutschen Presse kurz vor
Uhr nach dem Vatikan. Auf der Engelsbrücke
tanden viele Zuschauer. Punkt 1 Uhr war die
Anfahhrt auf dem Petersplatze. Der Kronprinz
vurde von dem Ceremonienmeister nebst Schweizern
uind Edelgarden empfangen und in die Sala Cle⸗
nentina geführt. Hier erfolgte die Begrüßung
durch den Maggiordomo. In feierlichem Zuge
ichritten voran in purpurne Seide getleidete paͤpsi⸗
iche Saͤnftenträger, ihnen folgte der Kronprinz
zeleitet vom Oberhofmeifirr, dann das ganze Ge
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ichen. Den Schluß bildeten Cavaliere in schwarzer
panischer Tracht. Als der Zug in der sogenann⸗
jen Antecamera angelangt war, mußte das Gefolge
urückbleiben, während der Oberhofmeister den Kronñ⸗
prinzen zum Papste ftihrte. Die Unterredung dauerie
10 Minuten und wurde in franzoöfischer Sprache
jefüͤhrt. Nach Beendigung der Unterredung wur⸗
)en die Herren des kronprinzlichen Gefolges dem
Papste vorgestellt, der für jeden freundliche Worle
jatie. Genau um 2 Uhr verabschiedete sich der
dronprinz vom Papfte, entließ in der Sala Cle—
nentina das päpftliche Gefolge und begab sich dann
ine Treppe höher zu Jacobini, um mit diesem zu⸗
nächst eine Unterredung unter vier Augen von 15
Minuten abzuhalten. Dann wurde der Privatsek⸗
etaͤr Jacobinis dem Kronprinzen vorgeftellt. Um
2 Uhr 285 Min. verabschiedete sich der Kronprinz,
von Jacobini und seinem Unterstaatssekretär Mocenni
zis zur Thür der Wohnung geleitei. Hieran schloß
ich die Besichtigung der Kunsischäge des Vatikans,
pelche das Interrefse und die Vewunderung des
dronprinzen erregten. Alle Herren, die mit dem
Papft gesprochen, sind des Lobes voll über vie Lin
benswürdigkeit des heiligen Vaters, der aber den
Findruck eines kränklichen alten Mannes hervorrief.
* England zieht in den chinesischen Ge⸗
vässern eine ganz bedeutende Seestreitmacht zusam⸗
nen. Eine Flotte von neun Schiffen befindet sich
zereits auf dem Wege nach Canton und ein weiteres
Beschwader von 5 Schiffen ist von Suakim unter
dem Befehle ves Admirals Hewett ebenfalls nach
Fhina abgegangen. Endlich werden die Schiffe
Wordlark“, „Daring,“ „Swift“ und „Espoir“
nit einem deutscheun und einem amerikanischen
Beschwader gemeinsam operiren, den Oberbefehl über
»as gesammte englische Geschwader übernimmt Ad⸗
niral Dowell
Losale und pfälzische Nachrichten.
—Homburg, 18. Dez. Gestern Nachmittag
wurde, wie wir vernehmen, der neuernannte kgl
Zubrektor der hiefigen Lateinschule, Herr Todt,
von Herrn Rektor Authenrieih aus Zweibrücken
feierlich in sein neues Amt eingeführt. In einer
Ansprache, welche Herr Todt bei dieser Gelegenheit
an die versammelten Schüler und Lehrer der An⸗
ttalt richtete, soll derselbe unter Angelobung treuer
dingabe an sein Amt auch frohe Hoffnung auf dae
Gedeihen der Anstalt ausgesprochen haben. Der
Inhalt dieser Ansprache, soweit er bis jetzt bekannt
wurde, hat hier angenehm berührt, umsomehr, als
wir in letzter Zeit, unter stummem Kopfnicken oder
autem Beifall der natürlichen Vertreter unserer La⸗
einschule nur wegwerfende Urtheile über dieses für
insere Stadt so wichtige Institut und dessen Resul⸗
ate zu hören gewotznt waren. Die Situation un⸗
trer Lateinschule ist zur Zeit keine günstige. Die
ilten Freunde derselben haben sich seit Jahren miß⸗
nuthig und verdrossen zurückgezogen, die Frequenz
jat abgenommen, aber die Schuld hievon liegt nich!
ediglich in den hiesigen Verhältnissen, das weiß
eder, der die Geschichte unserer Anstalt von Anfang
in verfolgt und ihre Resultate beobachtet hat. Wenn
s unserm neuen Herrn Subreltor gelingt, dieselbe
aach innen zu heben, nach außen wuͤrdig und ruhig
u vertreten, alle Projekte, die sich nicht ausführen
assen, aufzugeben und sich das Vertrauen der Ge⸗—
neinde und der Schüler zu erwerben, so wird dite
Anstalt sicherlich wieder neu aufleben; auch werden
die alten Freunde der Anstalt sich wieder einfinden
und ihm zur Seite stehen. Wir rufen unserm neuen
Herrn Subrektor ein herzliches „Willkommen“ zu,
umsomehr, als wie wir hören, eine Erwiderung seines
kingangsgrußes — vergessen wurde. (Pf. Pr.)
— Aus Kaiserslautern berichtet die
dortige, Zeitung“ folgendes Geschichtchen von einem
durchgegangenen Bräutigam: ‚Ein 24jähriger Ar⸗
heiter war bei einer 69jahrigen Witwe dahier in
Kost und VLogis; als derselbe mit der Zahlung in
Rückstand blieb, war diese Witiwe noch so rücsichts
voll, ihn mit einem Heirathsantrag für's ganze
Leben an sich zu fesseln. Das Brautpaar wan
dereits im Aufgebote, der Braͤutigam auch von der
Braut zur Hochzeit fein ausstaffirt worden, die
Braut hatte ihm ihr ganzes Baarvermoͤgen ange⸗
zängt. Als aber der Hochzeitstag heranrücte, war
zer Undankbare mit seiner Habe verschwunden.“
Alter schützt vor Thorheit nicht!“
— Die französichen Jager haben am Samftag
nuf der Melbacher Jagd 150 Hasen erlegt;
der Preis jedes einzelnen stellt sich bei ihnen nach
Berechnung der Spesen auf das huͤbsche Sümmchen
A
wpurden 135 Hasen und ein Fuchs geschossen.
— Hanhofen, 17. Dezbr. Seit einigen
Tagen ist dahier der „größte Mann“ unseres
Ortes, der Ackerer G. J. nachdem er einen bedeu⸗
senden Betrag für verkauften Tabak eingenommen
mit Hinterlassung seiner Frau und drei kleinen
indern spurlos verschwunden und mit ihm zugleich
dessen 16jähriges Dienstmädchen. (Pf. J.)
Vermischtes.
F Rhodt, 18. Dez. Ein Ereigniß, das man
bei der soliden Bauart der hiesigen Häuser kaum
für möglich gehalten hätte, trug sich neulich hier
zu und erregte großes Aufsehen. Der Dachstuhl
eines Nebengebäudes in der Obergasse flürzte näm⸗
lich bei ziemlich ruhigem Wetter mit gewaltigem
strache vollständig zusammen, so daß der nicht
wenig erstaunten Besitzerin ein Schaden von über
2000 M. erwachsen ist. Das zusammengestürzte
Gebaäude sieht gerade wie nach einem Brande aus.
F Am 15. Dez. erfolgten in der zu Bayreuth
tattgehabten Schwurgerichtsverhandlung des Ott'⸗
schen Meineids-Prozesses die Plaidohers, Wahr⸗
spruch und Urtheil. Die Geschworenen erkannten
'ämmtliche Angeklagte für schuldig und der Gerichts⸗
hof verurtheilte Gräfin Baudissin und Korbmacher
Ott zu je 3, Groh jun. zu 2, Gambs, Schuh und
Hertel zu je 132, Zucker zu 124, Groh sen. zu
1 Jahr Zuchthaus.
Das Befinden Oettingers, des zweiten
und zwar am schwersten verwundeten Opfers des
Heilbronner'schen Raubmordes, hat sich in den letzten
Tagen wieder verschlimmert. An ein Aufkommen
ist nicht meyr zu denken.
* Der wiedereingesetzte BVischof don Limburg,
Dr. Blum ist am Montag mittels Extrazuges in
Limburg eingetroffen, begleitet von der katholischen
Geistlichkeit Frankfurtz und Wiesbadens. Am Abend
fand anläßlich dieses festlichen Ereignifses Fadelzug
und allgemeine Illumination statt.
F(Rache eines Studenten) In Göt⸗
tingen revanchirte sich ein Bruder Studio, welcher
von einem Schneidermeister, dem er 36 Mt. schul⸗
dete, unbarmherzig „getreten“ war, für dieses
„Treten“ dadurch, daß er dem Gläubiger als Be⸗
trag seiner Forderung einen großen Beutel mit
yreitausendsechshundert einzelnen Pfennigen durch
einen Dienstmann zuschickte.
Dieser Tage ist der Dampfer Alaska“ von
New⸗York ausgelaufen, um 70 englische Eisen⸗
verksmeister in ihre Heimath zurückzubefördern.
Denselben war seitens der großen Paterson'schen
Lokomotiv⸗Fabriken wegen Mangel an Aufträgen
zekündigt worden. Sie haben sich daraufhin alle
mögliche Mühe gegeben, um neue Arbeit zu finden.
Aber — so erzählten sie einem Correspondenten
für Londoner Zeitungen — die Ausfichten seien
auf Jahre hinaus geradezu schlechte. Darum kehr⸗
zen sie jetzt lieber wieder aus Amerika heim. In
dem von unseren radikalen Vlättern so andauernd
gepriesenen Lande der Freiheit — das aber in
Wahrkheit durch sein ausgebildetes NRing- und Cau⸗
cus⸗ System allen Landern an politischer Freiheit
weit nachstehi, — in diesem gelobten Land kann
man ohne „Aufträge“ auch nicht leben. Sehr son⸗
derbar! iVf. L. C.)
Eerl« 2 le.
Gestorben: in Frankenthal Karl Schwaab,
pens. städt. Einnehmer, 48 J. a.; in Landau Frau
Amalie Abel, geb. Hach; in Edesheim Johannes
Wind, Wirth; in Gimmeldingen Frau Elisabeth
Ganion, geh. Schwarztrauber, 70 J. a.; Zin