— Muitterstadt, 17. Dez. Am Freitag
und Samstag voriger Woche wurde hier der Tabak
abgehängt und hatten heute Mannheimer und Hei—
»elberger Handelshäuser ihre Vertreter hierher gesandt,
um die Qualität der Waare zu untersuchen. Leider
entspricht dieselbe nicht den gehegten Erwartungen.
Trotzdem werden wir immerhin noch 25 bis 28
Mi. pro Ctr. besseret Sorte fordern können.
—Speyer, 18. Dez. Seit gestern soll das
Rektorat gegen eine Reihe von Gymnasiasten aus
Herschiedenen Klassen Untersuchung führen, wegen
Theilnahme an unerlaubten Verbindungen.
—WMmü—
—
Verm ischtes.
München, 17. Dez. Im Spital erlag
gestern ein Polytechniker den in einem Pistolenduell
rhaltenen Verletzungen. ——
p Bei den Lieferungen von Arbeiten und Ma⸗
serialien in das Stadtbaumagazin zu München
vurden so starke Abgebote gemacht, daß es nicht
zu verstehen ist, wie dies die Geschäftsleute ohne
Schaden liefern können. Es wurden nämlich bis
zu 56 Prozent abgeboten!
Eine aufregende Verhandlung spielte sich am
Samstag vor dem Militärbezirksgerichte in Mün—
chen ab. Von zwei Soldaten mit scharfgeladenen
Gewehren bewacht, erschien der Gemeine 2. Klasse
und Ürbeitssoldat Friedrich Stadelmann unter
der Beschuldigung der Majestätsbeleidigung und der
Beleidigung des Gerichtshofes auf der Anklagebank.
Derselbe war am 8. November 1880 beim 15.
Infanterie⸗Regiment eingereiht worden und wurde
während dieser Zeit vielfach, darunter wegen uner⸗
aubter Entfernung mit 1 Jahr 6 Monaten Ge—
dügniz bestraft. Als er am 20. Oktober l. J.
von einer gegen ihn wegen Ungehorsams vor obigem
Gerichte stattgehabten Verhandlung abgeführt wurde,
bediente er sich äußerst beleidigender, hier nicht
wiederzugebender Ausdrücke über den Deutschen Kaiser,
den Koͤnig von Bayern, sowie über den Gerichts⸗
hof, und zwar, wie er vor Gericht sagte, nur, um
aus dem Heere gestoßen zu werden. Der Ange⸗
klagte, welcher während seiner Untersuchungshaft
mehrere Selbstmordversuche machte, war unumwunden
zestaͤndig und erklärte, ehe der Gerichtshof zur Be⸗
rathung sich zurückzog, keine Strafe annehmen zu
vollen wenn er nicht zur Entfernung aus dem
Heere verurtheilt werde. Das Gericht entsprach
jedoch seinem Verlangen nicht und verurtheilte ihn
nur zu 1.Jahr 6 Monaten Gefängniß. Als dieses
Urtheil verkündigt wurde, kam es zu einer sehr
aufregenden Scene. Stadtelmann fing nämlich zu
fluchen und zu schinmpfen an, gebrauchte dieselben
beleidigenden Ausdrücke gegen den Deutschen Kaiser
und den Konig von Bahern, wegen deren er eben
abgeurtheilt worden war, zerrte die Anklagebank
hin und her und eilte zur Thüre hinaus. Nachdem
er ruhig geworden, wurde er wieder in den Saal
zeführt, wo ihm der Vorsitzende wegen unbotmaäßigen
BZenehmens vor Gericht 14 Tage strengen Arrest
auf dem Disziplinarwege zudiktirte. Im Arreste
setzte Stadelmann sein ungeberdiges Benehmen fort,
—XDVD G'wand
nimmer!“ alle Kleider vom Leibe riß. Nach ver
gegebener Anwendung verschiedener Mittel, ihn zu
deruhigen, fand sich ein origineller Weg, den exces⸗
iben Burschen zu bändigen. Man nahm ihm
aämlich alle Kleider weg und sperrte die Luftheizung
aib, so daß sich bald in der Zelle eine unangenehme
Kälte einstellte, welche den unbekleideten Inwohner
dewog, um schönes Weiter anzuhalten.
FEinem in der Wertachstraße zu Augsburg
wohunenden Fabrikarbeiter passirte vor einigen
Tagen das etwas unglaubliche Malheur, daß ihm,
während er schlief, eire Maus durch den geöffneten
Mund in den Magen hinabspazierte, von wo sich
die malitibse kleine Bestie iroß energischster Re⸗
nonstrationen nicht mehr entfernen wollte. Der so
alal Heimgesuchte befindet sich zur Zeit im städt⸗
ischen Krankenhaus.
4 Destuben, 18. Dez. Ein hiesiger junger
Schneider kehrte kürzlich Abends in etwas angehei⸗
tertem Zustande aus Bayr:uth heim, nahm sein
Terzero— und sagte zu seiner Mutter: „Adieu,
Muiter, lebt wohl!“ Als diese ahnte, was derselbe
borhatte, verstellte sie ihm den Weg durch die Thür,
allein er entwich durch das Fenster, ging an das
Haus seines Nachbarn und rief zum Fenster hinein,
„Adieu, Kameraden, ich erschieß mich!“ Bis dessen
Insassen herauskamen, fiei ein Schuß, und der
sunge Mensch war todt
(Euüsseper Postanweisung.) Aus einem
Orte in der nächsten Umgebung von Znaim wird fol⸗
gende lustige Postgeschichte erzählt: Im Expedite
einer kleinen Landpost-Station des Znaimer Bezirkes
ätzt der junge Postexpeditor und hantirt mit seinen
riefschaften. Da klopft es leise an die Thür und
jerein tritt ein junges üppiges Bauernmädchen und
iähert sich dem Postbeamten schüchtern mit verle—
enem Lächeln, ihm eine Postanweisung darreichend
Dieser prüft das Poststuck mit strengem Auge,
indet es in Ordnung und zahlt dem Madchen den
entfallenen Betrag aus. Dabel fragt er, warum
ie den Coupon von der Anweisung nicht abge—
chnitten habe, nachdem der Absender doch eine
Hittheilung für sie darauf geschrieben habe. „So,“
sagt das Mädchen, „ja wissen S', ich kann nicht
tesen, sein S' daher so gut und lesen Sie mir's
hor.“ Der Expeditor nimmt den Coupon und
rieft: „Ich sende dir hiermit 3 Gulden nebst tau—
end Kuüssen und Grüßen.“ Rasch besieht er sich
zas hübsche Mädchen und sagt hierauf mit voll⸗
ommen postalischem Ernste: „Das Geld haben
Sie nun, und die Küsse werde ich Ihnen sogleich
serabfolgen,“ worauf das Mädchen ihm seelenber—⸗
jnügt um den Hals fällt und sich fröhlich abküßen
äßt. Zu Hause angekommen, sagt sie zu ihren
Leuten: „Na, wie's jetzt schon bequem auf der Post
ingerichtet ist — die Busseln kriegt ma a schon
nittelst der Anweisung!“
F Karlsruhe, 15. Dez. Ein erschütterndes
ßemälde entrollte sich vor dein Schwurgericht Offen—
yurg, als dort die Unthat verhandelt wurde, welcher
im 9. September ds. Is. der Ser eant Schlömann
des in Straßburg garnisonirenden Ulanenregiments
um Opfer fiel. Bekanntlich war Schlomaun am
). September ds. Is., dem Geburtstag unseres
ßroßherzogs, mit einem Kameraden zum Tanzver⸗
zuügen nach Legelshurst (Amt Kehl) herübergeritten
ind von Legelshurster Bauern erschlagen worden.
Irsache: ein undedeutender Streit mit einem badischen
Bizefeldwebel, der den Vorgesetzten der Ulanen
pieten wollte. Dazu gesellte sich die Rohheit und
Rauflust der Landbebölkerung, und der blutige Streit
war fertig, bei dem sich die Legelshurster benahmen
wie Sioux⸗Indianer, die einen Feind am Marter—
fahl haben. Einer der Angeklagten, der Schweine⸗
sändler Jakob Karch, der stärkste Mann des Ortes,
ührte den letzten tödtlichen Streich nach dem Kopfe
»es Schlömann mit solcher Wucht, daß der Schlag
veithin dröhnte, sogar im Innern der benachbarten
)äuser gehört wurde. An gewaltigen Schädel⸗
drüngen, Zerreißen der Schädelniete und Verletzung
»es Gehirns starb Schlömann, ohne vorher noch
inmal zum Bewußtsein gekommen zu sein. Er
var vermögenslos, hinterläßt eine hochschwangere
Wittwe und fünf kleine Kinder in Noth und Elend.
Irtheil gegen Karch wegen vorsätzlicher Körperver⸗
etzung mit nachgefolgtem Tod des Verletzten unter
lnnahme mildernder Umstände 3 Jahr Gefängniß.
Ddie übrigen Mitangeklagten, drei an der Zahl,
vurden freigesprochn.
F Butzbach, 18. Dez. (Kindesraub durch
Zigeuner.) Vorige Woche lagen hier mehrere Zi—
jeunerfamilien; aus der Schule komwende Kinder
imschwärmten das Lager und gewährten in einem
Wagen ein angebundenes blondlockiges Kind, welches
rief: „Ich will zu meinem Papa, ich bin aus
zamberg“, worauf das Kind von den Zigeunern
S„chläge bekam. Die Erzählung der Kinder ver⸗
reitete sich im Ort, die Einwohner versammelten
ich mit Knütteln bewaffnet und verfolgten, weil
hendarmerie abwesend, die Zigeuner, welche aber
nittlerweile im vollsten Galopp den Platz verlassen
jatten und nicht eingeholt werden konnten. Später
nachte sich die Gendarmerie auf die Verfolgung,
vozu ihnen der Major von den hier liegenden
Dragonern einen Wagen lieh. Um 11 Uhr wurde
nan der Zigeuner im Walde habhaft, aber das
dind war nicht mehr bei ihnen, denn die Gesell⸗
chaft hatte sich getrennt. Man ist nach allen
Seiten hin auf der Suche, man glaubt sicher, daß
es das Kind sei, welches in Bamberg verschwun—
den ist.
Aus dem Renchthal, 17. Dez. schreibt
nan dem „B. L.“, daß der 5 Uhr⸗Abendzug von
Oppenau nach Appenweier am Samstag einer
urchtbaren Gefahr glücklich entging. An einer
Biegung der Bahn hatte ein rachsüchtiger Italiener,
yÿös beleumundet, der bereits verhaftet ist, einen
zroßen Stein auf die Schienen gelegt. Die Frau
zes Bahnwarts die den Dienst versah, bemerkte den
SZtein. konnte denselben aber nicht entfernen und
brachte den heranbrausenden Zug durch Schwenken
der Laterne noch rechtzeitig zum Stehen, Bei einer
kntgleisung wäre der Zug unfehlbar in die Rench
geworfen worden.
F(Vater von 24 Kindern.) In Erfurt
erschien dieser Tage ein Handarbeiter vor der Armen—
fommission und erbat Unterstützung für seine zahl⸗
reiche Familie, welche aus 24 Kindern bestehe.
So unglaublich die Angabe klang, so wahr ist die—
elbe: von 4 Frauen sind ihm 22 Kinder geboren
worden und als Zugabe brachte ihm die jetzige
fünfte Gattin noch 2 Kinder mit in die Ege.
*7 Das Hamburger Seeamt hat am Mon—⸗
ag seinen Spruch in Sachen der Collision zwischen
der „Cimbria“ und dem „Sultan“ veröffentlicht.
Der Spruch läßt die Hauptsache, die Schuldfrage
unentschieden und bezeichnet als Ursache der be—
iagenswerthen Katastrophe, welcher die „Cimbria“
nitsammt dem größten Theile ihrer Passagiere und
Mannschaft zum Opfer fiel, den ümstand, daß
eide Schiffe es unterließen, sofort die Maschine in
Vollkraft ruckwärts gehen zu lassen.
F (Aus der Rolle gefallen.) Eine
sübsche Szene spielte sich am Donnerstag auf dem
Imtsbureau in Schöneberg ab. Ein Gensdarm
zatte einen taubstummen Bettler aufgegriffen und
ezingeliefer. Der arme Teufel konnte sich nur
durch Zeichen und Gebehrden, obendrein recht schlecht
derständlich machen. Zunächst wurden daher seine
Papiere geprüft. Er hatte zwei scheinbar amtlich
eglaubigte Documente bei sich, aus denen hervor—⸗
zing, daß er bis in den Juli d. J. in einer Fabrik
zearheitet, daß dann der Dampfkessel explodirt sei
ind er dabei Sprache und Gehör verloren hätte.
Trotz der Schwierigkeit der Verständigung mußte
eine protokoslarische Bernehmung stattfinden, die
der Amtssekretär im Drange der Geschäfte mit der
Jewohnheitsmäßigen, in diesem Falle aber über—
füssigen Frage einleitete: „Wie heißen Sie?“ —
Karl Müller!“ antwortete prompt der „Taub—
tumme“. Diese Anwort erregte natürlich allge—
Jemeines Erstaunen, am meisten war aber der
Taubstumme“ selbst erstaunt, daß er in so plumper
Weise aus der Rolle gefallen war. Noch unter
der Wirkung dieses Erstaunens gestand er, daß er
Schneidergeselle, domicistos sei und schon mehrere
Tage in Berlin gebettelt habe. Das Geschäft
scheint ziemlich einträglich gewesen zu sein, denn
in seinem Besitz befanden sich mehrere Thaler Geld.
Eine silberne Ehrenpeitsche ist
dem bei dem Post-Fuhramte in Berlin angestellten
Postislon Haase von dem Staatssekretär Dr. Stephau
iberreicht worden. Die Veranlassung dajzu ist die
olgende: Vor einiger Zeit versuchte ein höherer
Niulitär in der Leipzigerstraße vor dem Kriegsmini⸗—
terium einen Pferdebahnwagen zu verlassen, und
war in demselben Augeublick, als der Postillon
»aase mit seinem Postwagen in ziemlich schnellem
cempo angefahren kam. Zweifellos wäre der
Iffizier zur Erde gestoßen und überfahren worden,
venn nicht Haase mit großer Geistesgegenwart und
heschicklichkeit die Pferde zur Seite gerissen hätte.
Ius Dankbarkeit für diese Rettung aus Lebensgefahr
cheint der Offizier den Vorfall an maßgebender
Ztelle zur Kenntniß gebracht und so dem geschickten
sosselenker die Ehrenauszeichnung verschafft zu haben.
F GBGehandlung der Diphtheritis,)
zu Berliner Krankenhäusern wird gegen die Diph⸗
heritis mit Erfolg Grog angewendet. Ein dortiger
urtzt schreibt in dieser Beziehung: Erkrankt in einem
daus oder Ort, in welchem die Diphtheritis
errscht, ein Kind, und findet man schon nach drei
Stunden die Halsdrüsen geschwollen, den Rachen,
zie Gaumen und Mandeln gerötset und geschwollen,
zie Körpertemperatur über 40 Grad Celsius, so
ann man, wenn auch noch keine Belege da siud,
zie Diagnose? „Diphiheritis“ stellen, urd die Be⸗
jandlung beginnt. Das Kind wird, nachdem es
inen Eßlöffel warmen Groges erhalten hat, in ein
Wasserbad (don 24 Grad Réaumur) gesetzt; friert
»s, so erhält es im Bad noch einen Eßlöffel Grog.
Rimmt inan das Kind nach einer Viertelstunde
jeraus, so wird man sich meist überzeugen können,
zaß die Temperatur auf 37 Grad Celsius gefallen
st. Es erhält dann kalte Umschlage um den Hals
ind Kopf und wird nur leicht mit einer Decke zu⸗
gedeckt, damit die Temperatur nicht so schnell wieder
keigt. Nach sechs Stunden wird dies Verfahren,
sobald die Temperatur 38,5 Grad Celsius über⸗
chreitet, wiederholt. Man sieht bei dieser Behand⸗
ung deutlich, wie die Krankheit durch Herabsetzung
Frꝰ Koͤrdelwärme modifizirt wird. Es schwellen