Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Fuügherter Amzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
Aatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich AA 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 16 75 H, einschließlich 
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auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 15 H, bei Neclamen 30 B. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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MW 30. 
Dienstag, 12. Februar 1884 
19. Jahrg. 
Normgebende Bestimmungen für die Errichtung 
mer 
Fabrik⸗ (Betriebs⸗) Krankenkasse 
Schluß.) 
812. 
Der Betriebsunternehmer ist verpflichtet, die 
tatutenmäßigen Beiträge für die von ihm beschäf⸗ 
igten versicherungspflichtigen Kassenmitglieder an 
den regelmäßigen Lohnzahltagen in die Kasse ein⸗ 
zuzahlen und zu einem Drittel aus eigenen Mit— 
jeln zu leisten. Er ist berechtigt, diese Beiträge 
zu zwei Dritteln den Kassenmitgliedern, für welche 
die Beiträge eingezahlt werden, an den gleichen 
Lohnzahltagen in Abzug zu bringen, soweit sie auf 
ie Lohnzahlungsperiode antheilsweise entfallen. 
Nicht versicherungspflichtige Kassenmitglieder (8 
3), oder solche, die in der Fabrik nicht beschäftigt 
ind (ß 5), haben ihre Beiträge an denselben Tagen 
u leisten und dabei auch den auf ihren Beitrag 
entfallenden Zuschuß des Betriebsunternehmers zu 
bezahlen. 
Die Einnahmen und Ausgaben der Kasse sind 
on allen den Zwecken der Kasse fremden Verein⸗ 
iahmungen und Verausgabungen getrennt festzu⸗ 
tellen; ihre Bestände sind gesondert zu verwahren. 
Werthpapiere, welche zum Vermögen der Kasse 
sehören und nicht lediglich zur vorübergehenden An— 
egung zeitweilig verfügbarer Betriebsgelder für die 
dasse erworben sind, sind bei der Aufsichtsbehörde 
der nach deren Anweisung verwahrlich niederzu⸗ 
egen. 
Verfügbare Gelder dürfen nur in öjfentlichen 
-parkassen oder in Schuldverschreibungen des Deutschen 
deiches oder des Königreichs Bayern oder in pfäl⸗ 
ischen Eisenbahnprioritäten oder in anderen, von 
em Reiche oder von Bayern garantirten Werthen 
ingelegt werden. Auch können die Gelder bei der 
steichsbank verzinslich angelegt werden. 
817. 
Die Mitglieder sind der Kasse gegenüber ledig— 
ich zn den auf Grund des Reichs-Krankenkassen⸗ 
Hesetzes und dieses Statuts festgestellten Beiträgen 
erpflichtet. 
Zu anderen Zwecken als den statuten mäßigen 
Anterstützungen, der statutenmäßigen Ansammlung 
ind Ergänzung des Reservefonds und der Deckung 
twaiger Verwaltungskosten dürfen weder Beiträge 
jon Mitgliedern erhoben werden, noch Verwendungen 
nus dem Vermögen der Kasse erfolgen. 
Für alle Verbindlichkeiten der Kasse haftet den 
Zassengläubigern nur das Vermögen der Kasse. 
Die dem Unterstützungsberechtigten auf Grund 
zieses Gesetzes zustehenden Forderungen können mit 
rechtlicher Wirkung weder verpfändet noch übertragen, 
nioch gepfändet und dürfen nur auf geschuldete Bei— 
räge aufgerechnet werden. 
8 18. 
Ist von der Kasse in einem Falle Unterstützung 
eleistet, für welchen dem Versicherten ein gesetzlicher 
5ntschädigungs-Anspruch gegen Dritte zusteht, (ins⸗ 
esondere haftpflichtige Unfalle), so geht dieser An— 
pruch in Höhe der geleisteten Unterstützung auf 
die Krankenkasse über. 
In Fällen dieser Art gilt als Ersatz für Arzt, 
Arznei und Heilmittel (F 6 Abs. 1) die Hälfte 
des gesetzlichen Mindestbetrages des Krankengeldes. 
1. Die alljährliche Wahl von x (3. B. 6) 
Vorstandsmitgliedern, die aus den Reihen der Ver⸗ 
icherungspflichtigen zu entnehmen sind und welche 
ich im Falle des Ausscheidens eines Mitgliedes 
unter dem Jahre durch Cooptation ergänzen; bei 
dieser Cooptation haben die vom Betriebsunter⸗ 
nehmer ernannten Vorstandsmitglieder keine Stimme; 
2. die Abnahme der Jahresrechnung und die 
Befugniß, dieselbe vorgängig durch einen besonderen 
Ausschuß prüfen zu lassen; 
3. die Verfolgung von Ansprüchen, welche der 
stasse gegen Vorstandsmitglieder aus deren Amts⸗- 
ührung erwachsen, durch Beauftragte; 
4. die Beschlußfassung über Abänderung der 
Statuten. 
Den Vorsitzz in der Generalversammlung führt 
der Betriebsunternehmer oder ein Vertreter desselben. 
Die Generalversammlung beschließt mit einfacher 
Mehrheit, nur bei Abänderung der Statuten ist 
Zwei⸗Drittel⸗Mehrheit pen 
20. 
Der Vorstand besteht aus den von der General⸗ 
versammlung gewählten x (z. B. 6) Mitgliedern, 
außerdem aus — 1 (also 2) von dem Betriebs⸗ 
internehmer ernannten Mitgliedern und aus diesem 
elbst, oder einem von ibm bestellten Vertreter. Der 
Betriebsunternehmer oder dessen Vertreter führt den 
Vorsitz. 
Der Vorstand vertritt die Kasse gerichtlich und 
zußergerichtlich und führt die laufende Verwaltung. 
Die Vertretung nach außen wird dem von dem 
Borstande dazu Gewählten übertragen und erstreckt 
ich auch auf diejenigen Geschäfte und Rechtshand⸗ 
ungen, für welche nach den Gesttzen eine Spezial⸗ 
voll macht erforderlich ist. 
Zur Legitimation des Vorstandes bei allen 
Rechtsgeschäften genügt die Bescheinigung der Auf⸗ 
ichtsbehörde, daß die darin bezeichneten Personen 
zur Zeit den Vorstand bilden. 
8 21. 
Der Vorstand bestimmt in jedem Jahre, bei 
welchen Aerzten und Apothekern die Kassenmitglie— 
— 
mnit denselben Verträge ab. Er kann Mitglieder 
des Vorstandes oder andere Kassenmitglieder dele⸗ 
giren, welche die Krankenkontrole ausüben. 
Außerdem bereitet der Vorstand etwaige Sta⸗ 
tuten⸗Aenderugen vor und bringt sie dor die 
Generalversammlung. 
Der Vorstand kann die Berufung außerordent⸗ 
licher Vederaidenemanng beschließen. 
22. 
Der Vorstand hat über jede Aenderung in 
einer Zusammensetzung und über das Ergebniß 
eder Wahl der Aufsichtsbehörde binnen einer Woche 
Anzeige zu erstatten. Ist die Anzeige nicht erfolgt, 
io kann die Aenderung dritten Personen nur dann 
entgegengesetzt werden, wenn bewiesen wird, daß fie 
letzteren bekannt war. 
8 13. 
Die Krankenkasse hat einen Reservefonds im 
Betrage einer durchschnittlichen Jahresausgabe an⸗ 
uusammeln und erforderlichenfalls bis zu dieser 
höhe zu ergänzen. So lange der Reservefonds 
ziesen Betrag nicht erreicht, ist demselben ein Zehn⸗ 
el des Jahresbetrags der Kassenbeiträge zuzu— 
ühren. 
Dem Reservefonds fließen die Ordnungsstraf⸗ 
gelder zu. 
8 14. 
Reichen die Bestände der Krankenkasse nicht 
us, um die laufenden Ausgobe derselben zu decken, 
o sind von dem Belriebsunternehmer die erforder⸗ 
ichen Vorschüsse zu leisten. 
Ergibt sich aus den Jahresabschlüssen der Kasse, 
»aß die Einnahmen derselben zur Deckung ihrer 
Ausgaben einschließlich der Rücklagen zur Ansamm⸗ 
ung und Ergänzung des Reservefonds nicht aus— 
nusreichen, so sind die Beiträge der Kassenmitglie— 
der, sowie diejenigen des Betriebsunternehmers auf 
das Anderthalbfache der sub 8 11 vorgesehenen 
Zeträge zu erhöhen. 
Werden die Leistungen der Kasse auch durch 
niese erhöhten Beiträge nicht gedeckt, so hat der 
Betriebsunternehmer die zur Deckung der Ausgaben 
erforderlichen Zuschüsse aus eigenen Mitteln zu 
eisten, während die Beiträge der Versicherten nicht 
deiter erhöht werden dürfen. 
8 16. 
Ergibt sich dagegen aus den Jahres-Abschlüssen, 
aß die Jahres-Einnahnien höher sind, als die 
zahres Ausgaben, so ist zunächst der Reservefonds 
nuf das Doppelte zu erhöhen. Bleiben alsdann 
ioch Ueberschüsse, so hat der Kassenvorstand der 
heneralversammlung entweder die Ermäßigung der 
Zeiträge oder unter Berücksichtigung der Bestim⸗ 
nungen des 8 31 des Reichsgesetzes, betr. die 
Krankenversicherung der Arbeiter die Erhöhung der 
Zeistungen der Kasse nach den Vorschriften desselben 
Besetzes vorzuschlagen. 
819. 
Die Generalversammlung besteht: 
a. bei Betrieben mit weniger als 200 Arbeitern 
mus sämmilichen versicherungspflichtigen Kassenmit⸗ 
zliedern, welche großjährig und im Besitze der 
ürgerlichen Ehrenrechte sind, 
bp. bei Betrieben mit mehr als 200 Arbeitern 
aus je einem gewählten Vertreter für zehn versicher⸗ 
uingspflichtige Arbeiter, aus deren Mitte. Die Wahl 
der Vertreter findet unter Leitung des Betriebs⸗Un⸗ 
ernehmers oder eines Stellvertreters desselben alle 
drei Jahre statt. Sinkt die Zahl der Vertreter 
unter zwei Drittel der ursprünglich gewählten, so 
hat eine Zwischenwahl stattzufinden. 
Bei der Generalversammlung hat der Betriebs⸗ 
Unternehmer Anspruch auf ein Drittel der Stimmen, 
azußer bei der Wahl der auf die Versicherten tref⸗ 
fenden Vorstandsmitglieder. 
Die Generalversammlung ist minde stenscinmal 
im Jahre durch den Vorsitzenden des Vorstandes 
zu berufen und zwar innerhalb zwei Monaten 
nach Schluß des Rechnungsjahres; sie muß außer⸗ 
»em berufen werden, wenn die Mehrheit des Vor— 
fandes dics verlangt. 
Der Generalversammlung steht zu: 
823. 
Streitigkeiten, welche zwischen den Versicherten 
»der dem Betriebsunternehmer einerseits und der 
Zasse anderseits entstehen, werden durch die Ge— 
meindebehörde oder die hiefür bestehenden besonderen 
Behörden entschieden. Gegen deren Entscheidung 
teht binnen zwei Wochen nach Zustellung derselben 
die Berufung auf dem Rechtsweg mittels Erhebung 
der Klage offen. Die Entscheidung ist votläufig 
voslstreckbar, soweit es sich um Streitigleiten handeli. 
velche Unterstützungsansprüche betreffen. 
8 16. 
Die Rechnungs- und Kassenführung ist unter 
Berantwortlichkeit und auf Kosten des Beiriebsun— 
ernehmers durch einen von demselben zu bestellen⸗ 
en Rechnungs⸗ und Kassenführer wahrzunehmen. 
berwendungen in dem Nutzzen des Vetriebsünter⸗ 
ꝛehmers fallen unter die Vorschrift des 8 42 Abs. 
des erwähnten Reichsgesettzes