Full text: St. Ingberter Anzeiger

Zt. Jugherter Anzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wobchentlich fuufmal: Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöoͤchentlich mit Unterhaltungt 
glati und Sonuntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blait koftet vierteljahrlich I A 60 B einschließlich Traͤgerlohn; durch die Post bezogen 1.4 75 H, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 ⸗, bei Neclamen 830 4. BVei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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A 4. 
—23—33 
Montag, 7. Januar 1884. 
19. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
— Im Schlachthause zu Homburg 
vurden 18883 geschlachtet: 60 Fassel, 20 Ochsen, 
31 Stiere, 120 Kühe, 303 Rinder, 699 Kälber, 
1127 Schweine, 1 Ferkel, 78 Schafe; 126 Ziegen, 
32 Zickel, zusammen 2652 Stück. 
— Muüͤnchweiler a. Gl., 4. Januar. Vor 
zier Tagen fiel das zweijährige Kind des Ackerers 
ARhliger von Rehweiler in einen Topf voll heißes 
Wasser und verbranate sich der Art, daß es diese 
stacht unter schrecklichen Schmerzen starb. 
— In Pirmasens wird in diesem Jahre 
vieder ein neues Adreßbuch für die Stadt Pirma⸗ 
ens im Verlage der Buchdruckerei von Fricdrich 
Deil erscheinen. 
— Hettenleidelheim, 3. Januar. Die 
Ansitte des Neujahrsschießens hat auch dahier einen 
edauernswerthen Unfall hervorgerufen. Ein junges 
Mädchen, das die Straße passirte, wurde von bis 
etzt unbekannter Hand durch eine Revolverkugel 
n die Hüfte geschossen. 
— Boͤllenborn, 4. Januar. Die beiden 
dinder des Polizeidieners Drieß beschäftigten sich 
vahrend die Ellern im Walde Streuwerk holten, 
nit einer scharfen Axt, wobei der etwa Giährige 
dnabe seinem Lis jährigen Schwesterchen zwei Finger 
ibhackte. 
— Ein beladener Steinnachen sank am Montag 
uuf dem Rhein bei Ludwigshafen und fanden 
on der Bemannung 5 Personen in den Wellen 
br Grab. 
— Die Prüfungskommission für den Einjährig⸗ 
Freiwilligendienst in Speyer erläßt ein Ausschreiben, 
vonach Anmeldungen zu der an einem noch fest⸗ 
usetzenden Tage abzuhaltenden Prüfung spätestens 
is zum 1. Februar unter Beilage der erforderlichen 
zeugnisse, sowie unter Angabe, in welchen fremden 
—„prachen die sich Anmeldenden geprüft sein wollen, 
ingelaufen sein müssen. b 
— Die Nachricht von dem Rücktritt Henry 
billard's (Hilgard) von der Leitung der Nort⸗ 
jern Pacific-Bahn wird auch in der Pfalz, die 
hmein verschiedener Richtung viel zu danken hat, 
Aufsehen erregen. Noch am 18. Dezember hatte 
Villard alle Rücktritis-Gerüchte als Erfindung be⸗ 
eichnet, offenbar weil er die damals im Gange 
efindlichen Berhandlungen wegen weiterer Finanz⸗ 
Dperationen nicht stören wollte. Sein Rücktritt 
»der Sturz, wie man es nennen will, ist haupt⸗ 
ächlich der Eifersucht seiner amerikanischen Rivalen 
zu verdanken, denen ein Deutscher in so einfluß⸗ 
reicher Stellung nicht zusagte. Ihren vereinten 
gemühungen ist es denn auch gelungen, den deut⸗ 
chen Konkurrenten aiederzuwerfen. Welchen Ein⸗ 
luß Villard's Rücktritt auf die Northern Pacific- 
bahn ausüben wird, ist vorläufig noch nicht abzu⸗ 
usehen. Deutsches Kapital scheint bei dem Unter⸗ 
rehmen nur in sehr beschränktem Maße und nur 
jon Seiten einiger größeren Häuser betheiligt. 
—XX 
)erartige Papiere in Deutschland unterzubringen 
ind auch in pfälzischen Blättern sind Aufforderungen 
ur Zeichnung erschienen. Wir können unsern Lesern 
rotz des verlockenden Zinses von 6 pCt. nur em⸗ 
ofehlen, ihre Finger davon zu lassen. 
In dem Befinden Mr. Henry Vil— 
ards, des Präsidenten des Verwaltungsrathes 
er Northern⸗Pacifichahn, ist keine Besserung ein⸗ 
etreten, man glaudt, daß sein Geist unter den 
urchtbaren Ereignissen, die ihn betroffen haben, 
elisten hat. Er verlor sein ganzes großes Ver⸗ 
rögen, das noch vor Kurzem auf sieben Millionen 
Dollars geschätzt wurde. Es ist noch nicht bekannt, 
wer zu seinem Nachfolger als Prasident des Ver⸗ 
waltungtrathes ernannt worden ist. 
— In hohem Grade verspricht eine Erfindung 
Aufsehen zu machen die von der Reis-Stärke⸗Fabrilk 
Drummd u. Co., Kaiserslautern in den Handel 
jebracht wurde und womit einem lange gefühlten 
Zedürfniß abgeholfen wird. Es ist dies CErém e⸗ 
Stärke, zum cröme (gelb) stärken von Gardinen, 
Spitzen, Ruͤschen ꝛc. — Die frühere Methode er⸗ 
orderte zur gewöhnlichen Stärke einen Zusatz von 
Zafran, Cafseesatz oder ein Farbpulver, um Gegen⸗ 
tände crẽme zu flärken, doch wurden dieselben, selbst 
zei aller Vorsicht, sehr häufig todal verdorben. 
Dieser Gefahr ist man bei Anwendung der neuen 
Erfindung nicht ausgesetzt, und wird garantirt, daß 
Drumm u. Co's Crôme⸗Stärke reinen Pflanzenstoff 
enthält, mithin für die feinsten Spitzen vollständig 
uinschädlich bleibt. 
Deutsches Reich. 
München, 4. Januar. In der gestrigen 
Zitzung des Sozialausschusses wurde genehmigt, 
zaß die Gemeinde Einspruchsberechtigung habe: 
venn und so lange der Mann unter Vormundschaft 
eht oder Stellung unter Kuratel beantragt ist, und 
lange gegen den Mann ein gerichtliches Konkurs⸗ 
erfahren im Gange ist. Dagegen wurde der An⸗ 
rag abgelehnt, daß die Verehelichung von der Er⸗ 
aubuß der Distriktspolizeibehörde abhängen soll, 
venn der Mann das 25. Lebensiahr noch nicht 
urückgelegt hat. 
Münch u, 5. Januar. Die Abgeordneien⸗ 
ammer nahm ech langer Spezialdebatte den Art. 
. der Hagelversicherungsvorlage in folgender Fassung 
m: „Zum Zwecke der Versicherung gegen Hagel⸗ 
chaden wird eine öffentliche Hagelversicherungsge⸗ 
ellschaft auf Gegenseitigkeit errichtet. Dieselbe ge⸗ 
nießt die Rechte der milden Stiftungen und hat 
hren Sitz in München.“ Ueber die Art. 2—-54 
and eine lebhafte Discussion statt. Die Abstimmung 
ind Fortsezung der Spezialdebatte wurde vertagt. 
Aus München wird der „FIrkf. Ztg.“ ge⸗ 
neldet, daß König Humbert von Italien im 
xrühjahr und zwar zur Zeit der großen Paraden nach 
herlin lommen, vorher aber auf derselben Reise dem 
donig Ludwig von Bayern einen Besuch in Mün⸗ 
hen abstatten werde. Es soll aus diesem Anlaß dem⸗ 
aächst ein Abgesandter des Königs von Italien nach 
München kommen. 
Berlin, 5. Januar. Unfallvetsicherung.) 
Die Grundzüge für den Entwurf eines Gesetzes 
iber die Unfallversicherung der Arbeiter 
ebst Begründung sind nunmehr im Reichsamt des 
Innern fertig gestellt und werden in den ersten 
Tagen der kommenden Woche bereits zur Begut⸗ 
ichtung an die Bundesregierungen abgehen. 
(Eehrlingsfrage.) Aus Centrumskreisen 
vird schon jetzt mit positiver Bestimmtheit versichert, 
»aß man von dieser Seite in der nächften Reichs⸗ 
agssession den Antrag einbringen werde, daß nur 
znnungsmeistern das Halten von Lehrlingen solle 
erfstattet werden. 
Vermischtes. 
Freising, 2. Januar. Der Bauerssohn 
Joseph Schmid von Windham fiel mit einem ge⸗ 
adenen Gewehre einige Treppenstufen herab. Der 
Schuß ging los und drang ihm in den Kopf. 
f Ansbach, 2. Januar. Auf dem Weiher 
des Hammerwerksbesitzers Schäff in Ausbach brachen 
13 Personen durch das Eis. Sie wurden alle 
zerettet bis auf die 28jährige Tochter des Schuh—⸗ 
machers Petermann, welche ertrank. 
F Sämmtliche Gemeinden Bayerns 
hatten Ende des Jahres 1882 einen Schuldenstand 
zon 132,631,757 Mk. 32 Pf., gegen das Vor⸗ 
ahr einen Zugang von 6,224,677 Mk. 50 Pf. 
Auf Schuldentilgung wurden 1882 verwendet 
10,715,206 Mi. 72 Pf, 
F Mainz, 3. Januar. Das Bankhaus E. 
Mendelsohn hat seine Zahlungen eingestellt und ist 
der Inhaber dieses Hauses nach Paris abgereist. 
Ddie Aufregung über diesen Fall ist in unserer 
Stadt keine geringe, indem eine Menge kleiner Ge⸗ 
chäftäleute um namhafte Beträge gekommen sind, 
velche bei Mendelsohn in Depot lagen. Wenn eine 
kinigung mit den Gläubigern nicht erzielt wird, 
vird wohl der Fallimentszustand eintreten müssen. 
Die Verhandlungen mit den Gläubigern haben bis 
jetzt zu keinem Resultat geführt. 
F Vor einigen Tagen kam in Mainz eine 
Anzahl Werthpapiere (Pariser Loose, Köln-Mindener 
Prämien⸗Antheile, badische, österreichische, braun⸗ 
schweigische, nassanische, finnländer Loose) abhanden. 
Die Polizei macht belannt, daß 1000 Mark Be—⸗ 
lohnung für die Erlangung derselben ausgesetzt ist. 
Der Palmengarten in Frankfurt hat im 
derflossenen Jahre für Tageskarten 118,0583 VPit. 
zelöst; im Jahre 1882 dagegen nur 109,785 Mt. 
und 1881 nur 112,624 Mt. 
7 SLeipzig, 4. Januar. Das Reichsgericht 
hat das vom Schwurgerichte zu Cöslin in dem 
Prozesse wegen des Neustettiner Synagogenbrandes 
zefällte Urtheil aufgehoben und den Prozeß zur 
iochmaligen Verhandlung an das Landgericht zu 
Fonitz überwiesen. 
fBerlin, 3. Januar. Aus dem nahen 
kRummelsburg wird der „Germania“ gemeldet: 
„Ein schreckliches Unglück hat sich gestern Nachmit⸗ 
tag zwischen 3 und 4 Uhr auf dem Rummelsburger 
See zugetragen, dessen le'5z328decke von zahlreichen 
Schlittschuhläufern benutzt wurde, obgleich eine Eis⸗ 
ahn dort noch nicht eröffnet war. Sieben Personen, 
arunter drei Kinder des Generals der Infanterie z3. D. 
kokale und pfälzische Nachrichten. 
e. Ensheim, 5. Januar. Heute früh nach 
Uhr wurde der ledige Tagner Franz Wern⸗ 
orff in der Scheuer seines Vaters erhängt auf⸗ 
jefunden. Derselbe zeigte in letzter Zeit Spuren 
on Geistesstoörung. — Nach dem Voranschlag der 
bemeinde Eschringen pro 1884 werden in 
iesem Jahre 77 *0 Gleichstellunggumlagen — 11 0 
veniger als im Jahr 1883 — zur Erhebung 
ommen. — In der Gemeinde Ensheim werden 
rhoben: Gleichstellungsumlagen 70 0 wie im Vor⸗ 
ahre; auf die Grundsteuer kommen zur Erhebung 
m Ganzen 50 80. 
— BahnZweibrücken-Bitsch. Die Zwei⸗ 
rückener Deputation in Sachen des Bahnprojektes 
Iweibrücken⸗Bitsch ist aus Straßburg zurückgeiehrt. 
Sie hat in dortigen Regierungskreisen dieselbe wohl⸗ 
vollende Meinung hinsichtlich des Projekts vorge⸗ 
anden, wie vorher in Speyer. Die Ängelegenheit 
chwebt nun in Händen der Münchener Regierung, 
delche der nächsten Landtagssession ein bezügliches 
hesetz (es handelt sich um die Zinsgarantie für 2 
Nillionen) zu unterbreiten hätte