Full text: St. Ingberter Anzeiger

Schaden gekommene Mitmenschen an Verblutungen, 
Vergift'ingen, Erstickung u. s. w. gestorben, deren 
Leben erhalten worden wären, weun denselben im 
techten Augenblick auch nur die nothdürftigste ver— 
tändige Hilfe geworden wäre, gar nicht zu gedenken 
der Wohlthaten, welche von den auf obige Weise 
gebildeten Sanitäts-Compagnien bei größeren Un⸗ 
Jlücken, bei Eisenbahnunfällen, bei Unfällen in 
zrößeren Etablissements u. s. w. geleistet werden 
hnnten. Indem wir den genannten Herren Aerzten 
für ihr freiwilliges uneigennütziges Wirken im 
Diensse der Humanität alle Anerkennung zollen, 
nöchten wir die Bitte und Hoffnung aussprechen, 
daß auch in anderen pfälzischen Stüädten und 
Städtchen die Bildung von Sanitätscompagnien 
zurch die Inititiave der einzig und allein dazu 
Berufenen, nämlich der Herren Aerzte, ermöglicht 
wird. In dieser Sache ist nur durch praktische 
Unterweisungen, unterstützt von gemeinver st änd⸗ 
hichen Vorträgen durch Fachmänner ein wirk⸗ 
licher Erfolg zu erzielen. 
— Auch nachträglich wird es noch interessiren, 
daß bei der Preisvertheilung der Internationalen 
Ausstellung zu Amsterdam im vorigen Jahre ein 
bfäl zischer Landsmann ganz besonders aus⸗ 
gezeichnet wurde. Der in Tandjong Morawa auf 
Sumatra lebende Dr. B. Hagen, ein geborener 
Homburger, erhielt zwei goldene, eine silberne, eine 
Zroncemedaille, ferner ein Ehrendiplom und eine 
ehrenvolle Erwähnung. 
— Herr Henry Villard (Hilgard), der 
nachdem er durch seine Energie und Umsicht die 
Northern Pacific-Bahn vollendet hatte, durch eine 
Jewissenlose Borsenclique aus seiner Position ver⸗ 
drängt wurde, erhält von allen Seiten Beweise der 
herzlichsten Theilnahme, die ihm ebenso wohlthuend 
ein müssen wie seinen vielen Freunden. In ihrer 
Sitzung vom 16. Januar drückte ihm die Handels⸗ 
sammer zu St. Paul ihre volle Sympathie mit 
ceinem Mißgeschick und nach Aufzählung aller seiner 
Berdienste um die Entwickelung des amerikanischen 
Rordwestens die Hoffnung aus, daß ihm noch 
nanches Jahr segensreicher Thätigkeit beschieden 
ein möge. Die Handelskammer zu Portland im 
Staate Oregon ging sogar noch weiter und gab 
hmm ihren sehnlichsten Wunsch zu erkennen, daß er 
bald genesen und „die Stellung wieder einnehmen 
nöge, zu der er in so ausgezeichnetem Grade be⸗ 
fähigt ist. Man muß jwischen den Zeilen lesen 
önnen, um den Sinn dieser Beschlüsse zu verstehen. 
xs ist in New-York ein offenes Geheimniß, daß 
das Direktorium der Northern Pacific⸗Bahn Herrn 
Villards Resignation als eines der zwölf Direktoren 
im 17. Januar noch nicht angenommen hatte, daß 
nan ihn sogar ganz leise zurückwünscht und daß 
er schon glänzende Anerbietungen von anderen 
Bahngesellschaften empfangen hat. Sein Schicksal 
zraucht keinen seiner Freunde zu beunruhigen, und 
venn Gott ihm langes Leben schenkt, so steht ihm 
ꝛine ebenso ruhmreiche Zukunft bevor, wie er eine 
hrenvolle Vergangenheit hinter sich hat. 
Vermischtes. 
Saaralben, 183. Febr. Die Frau eines 
von den Assisen des Meurthe⸗Departements zu 
lesenslänglicher Zwangsarbeit Verurtheilten hat so⸗ 
ben auf Berwendung des hiesigen Herrn Bürger⸗ 
meisters vom franzosischen Botschafter in Berlin 
ꝛine Geldsumme erhalten, welche es ihr ermöglichen 
vird, ihren Mann in Neu⸗-Kaledonien aufzusuchen. 
Die Unglückliche wird sich nächste Woche mit zwei 
leinen Kindern einschiffen. 
Metz, 15. Febr. Eine Zigeunerbande, die 
ich bettelnd in der Umgegend herumgetrieben, wurde 
heute Vormittag bei Fort Steinmetz verhaftet. Es 
'oll untersucht werden, ob sich unter den Kindern, 
velche die Bande bei sich führt, etwa das 4163 jährige 
Söhuchen des Lazarethinspektors Gerke in Dieden⸗ 
hofen befindet, das seit dem 9. Nov. v. J. ver⸗ 
schwunden und, wie man annimmt, von Zigeunern 
geraubt worden ist. Ein allerdings nur unbestimm⸗ 
er Verdacht bezüglich dieses Raubes richtet fich 
gegen zwei andere Zigeuyer, Demeter und Tjko 
Ri Namen, welche im Spätherbst vorigen Jahres 
iich in dieser Gegend aufgehalten und u. a. einen 
Täg auf der Friedhofinsel gelagert haben. Diese 
Feiden Zigeuner werden polizeilich verfolgt, sie sollen 
m vorigen Sommer einen damals Aufsehen er⸗ 
wegenden Kinderraub in Bamberg verübt haben 
und später mit dem Kinde bei Butzbach in Ober⸗ 
jessen gesehen worden sein. Hoffentlich gelingt es, 
zie Gauner zu ergreifen, damit endlich Licht in die 
3Z. noch dunkele Angelegenheit komme. 
Aus Bonn meldet die „D. Reichs⸗Ztg.“, 
daß an den Abgeordneten Windthorst, resp. die ge⸗— 
ammte Centrumspartei, „zum Zeichen der Aner—⸗ 
ennung und des Vertrauens“ vonseiten des hiesigen 
dokal⸗Wahl⸗Komités, statt einer Zustimmungsadresse, 
diesmal eine Sendung von 100 Flaschen besten 
Rheinweins abgesandt sei. Die Sendung ist in 
Berlin gut angekommen. Nach gethaner Arbeit, 
rber nicht zum Frühschoppen: „Möge 
Ihnen der Wein vom Rhein — zur Erfrischung 
ind Stärke sein!“ 
pKöln, 13. Febr. Innerhalb der letzten 
ierzehn Tage ist nun schon der zweite Fall des 
gerschwindens eines hiesigen Einwohners nach Ver⸗ 
— Zwei 
Wochen sind es her, daß der städtische Bauamts— 
ifsistent Cremer, nachdem er durch Betrug und 
Fälschung von Zahlungsanweisungen über fingierte 
Arbeiten ca. 27,000 M. ergaunert, spurlos ver— 
chwand, und nun hört man von der Flucht des 
imn hiesigen Zentralbahnhofe beschäftigten Stations⸗ 
ssistenten Braschoß, der sich mit einem anvertrau⸗ 
en Betrage von 64,000 M. aus dem Staube 
nachte. Braschoß hatte einem gutmüthigen Freunde 
‚orgespiegelt, er könne ihm für seine Werthpapiere 
ndere verschaffen, welche bedeutend höheren Zins 
rgäben. Von den ihm übergebenen Papieren 
derkaufte er nun hierfelbst füt 57,000 M. und 
uhr dann mit zweitägigem Urlaub ab, angeblich 
nach Frankfurt wo er italienische Rente einkaufen 
ollie. Seitdem sind jedoch zehn Tage verflossen 
ind weder der betrogene Freund noch die Frau 
ind Kinder des Braschoß haben von diesem etwas 
sehört. Vergangenen Donnerstag war derselbe 
joch in Mainz; er hatte ein Freibillet nach Frank⸗ 
uri a. M., sagte aber zu einem ihm bekannten 
zugführer, er wolle in Mainz übernachten. Dort 
udigt die Spur des Flüchtlings. Wie mitgetheilt 
vird, hat der Beschädigte auf die Ergreifung des 
Braschoß resp. die Wiedererlangung der veruntreu— 
en Summe eine Belohnung von 3000 M. gesetzt. 
4 Interessant ist's, zu erfahren, daß viele Astro⸗ 
romen, die zu den glänzendsten Sternen der Wissen⸗ 
haft gehören, aus den dunklen Schichten der Ge⸗ 
schaft so hoch sich erhoben haben. Klinkerfues 
n Göttingen, der jüngst gestorben, war Bahnar— 
eiter und wurde von Gauß gleichsam entdeckt. 
Wilhelm Herschel, der berähmteste allet Beobachter 
es Siernenhimmels, war fahrender Musikus; 
dansen, dessen Sonnen⸗ und Mond⸗Tafeln einen 
ewaltigen Fortschritt der Wissenschaft zeigen, war 
ührmacher, Mädler war Schreiblehrer an einer 
rinderschule, Karl Bruhns in Leipzig war Schlosser⸗ 
jeselle; Newcomo, der berühmteste amerikanische 
Istronom, war Zimmermann, ehe er zum Fernrohr 
riff. Und gerade sie gehörten zu denen, die ihre 
Vissenschaft durch Schriften populär zu machen 
uchten, so weit es möglich. 
F Berlin. Charatteristisch für die Stellung, 
velche die Organe der öffentlichen Sicherheit den 
Nilitärpersonen gegenüber einnehmen, ist fol⸗ 
sender Vorfall: „Ein Gendarm kommt auf ein 
hehöft bei Templin und sieht, daß die Hofleute 
auchen, was durch die Polizei-Verordnung verboten 
st. Der Beamte untersagt den Leuten das Rauchen; 
Riese aber erwidern ihm auf einen fein gekleideten 
herrn zeigend: „Der roocht och!“ An den bezeich⸗ 
seten jungen Herrn herantretend, untersagt ihm der 
zendarm in ruhigem Tone das Rauchen; dabei 
uispinnt sich folgender Dialog: Gendarm: „Sie 
ürfen hier auf dem Hofe nicht rauchen, mein 
»err!“ Raucher: „Sie haben mir nichts zu sagen 
h bin Lieutenant im *sten Infanterieregiment!“ 
zendarm: „Wenn Sie Lieutenant sind, dann müssen 
Zie erst recht die Gesetze respektiren. Bitte, nennen 
Zie mir Ihren Namen!“ Raucher: „Meinen 
damen nenne ich nicht, hier ist meine Offizierkarte!“ 
Hendarm: „Die Karte genügt mir nicht; ich wünsche 
Ihren Namen zu wissen!“ Raucher: „Und den 
senne ich nicht; ich werde über ihr unpassendes 
genehmen bei der vorgesetzten Behörde Beschwerde 
ühren!“ Gendarm: „Wenn Sie meinen, Veran⸗ 
aßfung dazu zu haben, so thun Sie das; ich lasse 
nich dadurch aber nicht abhalten, meine Pflicht zu 
hun!“ Der Herr Lieutenant hat in der That 
eglaubt, daß es sehr „unpassend“ sei, wenn ein 
Zeamter einen unbekannten Offizier in Civil nach 
»em Namen fragt, und hat Beschwerde geführt. 
Dem Herrn Landrath that die Geschichte sehr leid, 
ils er dieselbe erfuhr; er kannte den Gendarmen 
ils einen alten, ebenso erfahrenen als besonnenen 
ind pflichtireuen Beamten, er wußie auch im Vor—⸗ 
nus, welche Folgen die Beschwerde für denselben 
iach sich ziehen würde. Er versuchte daher den 
zieutenant zur Zurücknahme der Beschwerde zu be— 
vegen, was ihm auch gelang, aber es war bereits 
— nächste 
horgesetzte des Gendarmen hatte die Beschwerde 
ereits in Händen und verurtheilte den alten Be— 
imten wegen des angeblich „urpassenden Benehmens“ 
u zehn Tagen gelinden Arrest. ..“ Wir würden 
on dieser schier unglaublich klingenden Mittheilung 
uicht Akt nehmen, wenn wir dieselbe nicht in einem 
milichen Kreisblatte, in dem „Köln. Tageblatt“ 
änden. 
Pößneck. Ein raffinirter Mord ist von 
inem Krüppel an einem jungen Manne verübt 
vorden. Die „Pöß. Zig.“ schreibt darüber: Viele 
eser unseres Blattes werden sich noch eines Krüppels 
nit verkummerten Füßen erinnern, der sich nur 
nittelst der Hände, an denen er Schuhe trug, fort⸗ 
ewegte und hier viel Mitleid erweckte, so daß die 
Faben reichlich für ihn flossen. Dieser Mensch hat 
Fei Tachau. an der baherisch böhmischen Grenze, 
inen Mord verübt. Bei Ausübung seiner Bettler⸗ 
rofession kam der Elende in ein Haus, in dem 
ben einem Burschen eine namhafte Summe Geldes, 
der Betrag eines abgeschlossenen Handels, ausge⸗ 
ahlt wurde. Der Aublick hiervon reifte in dem 
berkommenen Subjekte den Plan zum Morde. In 
der Gegend bekannt, begab sich das Individuum 
des Weges voraus und legte sich in den Straßen⸗ 
graben; als der Bursche kam, bat der Krüppel 
ammernd und winselnd, ihm aus dem Schmutz 
auf die Straße zu helfen, was auch geschah. Als 
iber der Krüppel sich auf dieser befand, flehte er 
in rührender Weise weiter, der junge, gesunde 
Mensch möchte sich doch noch seiner erbarmen und 
hn eine Strecke Weges vorwärts auf ein trockenes 
Zlätzchen tragen, damit er dort ausruhen könne. 
»ögernd willfahrte ihm der Bursche und nahm den 
rzlehenden auf den Rücken. Dieser griff aber wäh⸗ 
enddem in seine Tasche, holte das Messer heraus 
ind schniti seinem Träger den Hals durch, beraubte 
en im Todeskampf Daliegenden seines Geldes und 
entfernte sich, so schnell es ihm möglich war, von 
einem Opfer. Da fügte es sich aber, daß ein 
Raͤnn des Weges kam, der dem Sterbenden Bei⸗ 
tand leistete und von ihm auf Befragen nach dem 
Mörder auf den davoneilenden Elenden gewiesen 
burde. Es verlautet, daß dieser Unmensch schon 
twa sieben Mordthaten auf dieselbe Weise ausge⸗ 
ührt und sich durch diese, sowie durch den Bettel 
in Vermögen von 'einigen Tausend Gulden erwor- 
den habe. 
Ausdem Hotel Drouot, dem Central⸗ 
Auctionshause von Paris, erzählt Charles Monselet 
m „Figaro“ folgende Geschichte, die wir allerdings 
ur im Auszuge wiedergeben können: Haben sich 
za eines Tages in einem der Säle der Maison 
Drouot die Antiquitäten- und Kunsthändler ziemlich 
‚oslzählig eingefunden, um einer Versteigerung alter 
zZilder beizuwohnen. Ein tiefdunkles Bild, einen 
zreisenkopf darstellend, wird unter der Marke Rem⸗ 
randt zum Verkauf gestellt. Der Ausrufer meint 
in Angebot von 2000 Fres. sei schon mit Rüd⸗ 
icht auf den berühmten Namen nicht zu hoch ge⸗ 
riffen. Aber die Trödler sind anderer Ansicht. 
Zie halten nicht viel von dem bis zur Unkenntlich⸗ 
eit nachgedunkelten Bilde und erst nach langem 
Zedenken meldet sich eine verdrießliche Stimme, 
velche „schandenhalber“ 600 Fres. bietet. Kurze 
Zause. Der Auctionator stellt die übliche Frage: 
Niemand mehr?“, er wiederholt sie — da klingt 
3 aus jener Ecke, in welcher die eigentlichen Kunss 
reunde sich zu sammeln pflegen, klar und bestimmt: 
»00. Aufmerksam gemacht, betrachten nun die 
dornstehenden das Bild noch einmal; der Auckio⸗ 
iator begreift sofort die günstige Wendung und 
zält einen gediegenen Speech über Rembrandt und 
eine Bedeuiung als Greisen⸗Maler. Das ziehl 
Fin Nachbar des ersten Reflektanten bietet 7oöl 
Fres. 800, 900, 1000 Fres., schallt es aus dem 
diebhaber⸗Winkel. Staunen seitens des Publikum 
ie Kenner drängen sich vor, der Auctionator reih 
ich die Häude. Es sei eine Schande für Frankreich 
lotirt er, daß ein Rembrandt für solchen Prei 
'ortgehen solle! 1500 Fres. bietet ein Händler, der 
ich mit zwei seines Gleichen verbindet — 2000 
berden aus der Ecke geboien. „2000 Fr. zu 
iten dun Zweien 283001Tont es plöblit 
zus einer ganz anderen Richtung,. diesmal mit eine 
Stimme, die offenbar noch nicht eingegriffen hatn 
d den Kamof um den Rembrandt. Uber auch dit