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Amltliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonnutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
Glatt und Sonutags mit Sseititger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich AM 60 4 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen LMA 75 4, einschließlich
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auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 13 , bei Neclamen 30 —. Bei 4maliader Einruckung wird nur dreimalige berechnei.
M 39.
Montag, 25. Februar 1884.
19. Jahrg.
Politische Uebersicht. 4
Deutsches Reich.
Munchen, 23. Febr. Der Finanzausschuß
zenehmigte einstimmig einen Zuschuß von 100,000
Mark zu den Dammbauten in der Pfalz.
Berlin, 22. Febr. In Bundesraths—
kreisen wird, wie verlautet, der Einbringung
der Creditvorlage für die Completirung der deut⸗
schen Marine, für Torpedozwecke, schon für die
nächsten Tage entgegengesehen. Auch das Militaär⸗
pensions⸗ und Relictengesetz dürfte zumeist in wenig
veränderter Gestalt in Bälde zu erwarten sein.
Ausland.
Paris, 28. Febr. Jerome Napoleon,
welcher in Gegenwart des Prinzen Viktor Delegirte
des Pariser Revisionistencomites empfing, betonte die
Einigkeit seiner Familie, die Untrennbarkeit Napo⸗
leons von der Volkssache und sagte, die Constitu—
rion von 1875, durch orleanistische Intriguen ein⸗
jeführt, liefere die Regierung unverantwortlichen
MNajoritäten aus und sei die Ursache des Uebels,
woran Frankreich leide; er hoffe, es werde den Op⸗
portunisten nicht gelingen, eine Revission in 1884
zu verhindern und schloß: „Stellen Sie sich kühn
an die Spitze der Bewegung, das Volk wird Ihnen
folgen, denn dem Volke allein gehört das Recht, seine
Regierung zu konstituiren und denjenigen zu wählen,
den es für fähig hält, es zu führen.
Suakin, 24. Febr. Die nubischen Truppen
weigern sich, sich nach Trinkitat einschiffen zu lassen,
unter dem Vorgeben, daß die stugeln aus ihren
Gewehren die von den Aufständischen geführten
Schilder nicht durchbohren könnien; auch vermoöchten
sie nicht einzusehen, weshalb man ihrer bedürfe,
nachdem bereits englisches Militär nach Trinkitai
abgegangen sei.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 25. Febr. Der gestrige
Tag brachte uns am Abend als seltene Erscheinung
zur jetzigen Jahreszeit ei Gewitter mit Donner.
Blitz und Hagel.
— Kaiserslaufern, 22. Febr. Die Die⸗
bin, welche am 19. Februar auf dem Schillerplatze
dem kleinen Mädchen die Ohrringe auszog, dabei
aber allerdings nicht die Ohrläppchen durchriß, wie
berichtet wurde, ift in der Katharina Conrad, 18
Jahre alt, Tochter des Sadtragers Jakob Eonrad
dahier, ermittelt worden.
7 Speyer, 23. Febr. Folgende Entwürfe
zur Retscherkirche wurden preisgekrönt: von Nord⸗
mann und Flügge (Essen), Hertel (Leipzig), Becker
Mainz), Vollmer und Lorenzen (Berlin). Professor
Schmitt (München).
—. Die pfälz. Bahnen haben im Januar
1884 1,004 121 VMel. 99 Pfg. vereinnahmt, was
gegen den gleichen Monat des Vorjahrs ein Mehr
bon 42927 Mtk. 45 Pfgqg. ausmadi.
Lerw cchtes.
Ueber Allgäuer Amazonen meldet das
hausbeurer Anzeigeblatt; In Oberdorf im Allgäu
hat sich ein Amazonenkorps gebildet, das von kei⸗
lem Mann etwas wissen will, als von seinem
berbesehls haber und Exerciermeister. Kürzlich hatte
jese auseriesene Schaar „Fahnenweihe“. Nach
Absingung des Corpsliedes, Allen Männern Tod!
nwidene sich eine solenne Kneiperei, bei welcher
d een Schwestern mehr des edlen Nasses der
gten als einer gleich großen Anzahl der weniger
zarten Hälfte des Menschengeschlechtes möglich ge—
wesen wäre. Das Auseinandertreten erfoigte erst
in früher Morgenstunde. Die Herren, die heuer
hre gewohnte Sommerfrische in Oberdorf abhalten
wollen, mögen sich jedenfalls vorsehen!
FSaarbrücken, 21. Febr. Von jetzt
ab werden hier neben den 2tägigen Retourbilieis
nuch solche mit Ztägiger Gülugkeit nach Bonn,
Koblenz, Neuenahr, Reuwied und Remagen veraus
zabt, welche zur fakultativen Benutzung über Binger⸗
brück oder über die Moselbahn berechtigen. Die
Retourbillets zwischen hier und Bonn sind außer
dem noch über die Ronte Rheinbach⸗Euskirchen⸗Eifel—
bahn gültig.
F Von der Mosel. In Bernkastel sind
bis jetzt 130 Fuder 883r Wein zu 400 - 1000 Vtk.
verkauft worden. Auch 8Ir Weine wurden dort
»erkauft zu 360600 Mk. Wehlen mag 100
Fuder zu 700—900 Mk. durchschnittlich verkauft
haber. Zwei Keller mit 40 Fudern wurden zu
rund 900 Mk. das Fuder verkauft. Graach und
Zeltingen haben in Wirklichkeit kaum ihr 83r Wachs⸗
hum zur Hälfte erst verkauft. Von der unteren
Partie der Mittelmosel liegen augenblicklich auch
leine besonderen Handelsberichte vor, nur von Mese
zich wird über den Verkauf von 5 Fuder 8Ir zu
212 und 58 Fuder 83r zu 480 — 5283 Mt. berichtet
Von der oberen Partie der Mittelmosel meldet
Tlüsserath den Verkauf von 15 Fuder 83r zu
150 - 490 Mt. und 4 Fuder 81Ir zu 435 - 510
Mark. — Der diesjährige Frühjahrs -Weinmarkl
wird aller Wahrscheinlichkeit noch stark mit 83r5
Weinen besetzt werden.
F.In Liplingen hat sich jüngst ein wegen
Trunksucht entlassener Straßenwart in der Donau
ertränkt. Seiner Frau wurde zuerst mitgetheilt, ihr
Mann habe sich im Walde erhängt, worauf sie aus—
zerufen haben soll: „Das Aergste ist, daß er heute
früh zerrissene Socken angezogen hat, da muß ich
mich ja vor den Leuten schämen.“
F In Heidelberg sind in letzter Zeit 15
Studenten, meist Corpsburschen, relegirt worden,
was mit den Reibereien unter den Verbindungen
ind den nicht Farben tragenden Studenten zusam—
nenhängt. Die Audienz, welche der Prorector
kürzlich beim Großherzog hatte, wird mit dieser
Angelegenheit in Verbindung gebracht.
F Aus dem Oberland schreibt man der
„Lahr. Ztg.“: Vor ungefähr 14 Tagen reiste ein
junger Kaufmann von Rastatt nach Straßburg.
um dort, wie er sagte, Einkaufe von Glaswaaren
zu besorgen. Abends sandtie er seiner jungen Frau
eine Depesche, wodurch er ihr mittheilte, daß er
aicht auf die verabredete Zeit zurückkehren könne,
a er soeben zwei Herren getroffen habe, mit wel⸗
hen er sehr wahrscheinlich Geschäfte machen werde,
ie ihn also erst 2 Stunden später erwarten dürfe.
Allein der Erwartete ist bis heute nicht zurückge⸗
ehrt und konnte auch, trotzdem der Teiegraph nach
allen Richtungen hin in Thätigkeit gesetzt wurde,
bis dahin keine Spur von demselben gefunden
werden. Der Verschwundene lebte in geordneten
und guten Verhältnissen.
Am Samftag Abend wurde in Stuttgart
der Pfandleiher Reinhard in seinem Geschäfts-Lo—
kal am Leonhardsplatze ermordet. Der noch nicht
ergriffene Mörder soll ein Arbeiter (a. jens. Bayern)
sein. Geraubt wurden nur 80 Mark.
fF Stuttgart. Von den Raubmördern,
welche das Attentat im Heilbronner Bankgeschaͤft
henützten, ist bekanntlich nur der Anarchist Ku⸗
mitsch ergriffen worden, welcher zuletzt in der
Schweiz lebte; derselbe wird in der im nächsten
Monat beginnenden Schwurgerichtssession abgeurtheilt
werden.
FFrankfurt, 18. Febr. Vom Polizeigericht
wurde Frau Baronin Marie von Berg, geb. Freiin
von Hanstein, wegen Uebertretung der Sittenkon⸗
roll · Vorschriften zu drei Tagen Haft verurtheilt.
Die Dame sprach zu ihrer Vertheidigung kein
Wort und mit eisiger Ruhe vernahm sie auch ihr
Urtheil.
Frankfurter Konsumenten haben auf direktem
Wege Gletschereis von Norwegen bezogen, das sich
à Zentner inklusive Fracht auf 67 Pfg. stellte.
F.Pest, 22. Febr. In Hermannstadt wurde
ein vierfacher Raubmord an dem pensionirten Re⸗
gimentsarzt Dr. Friedenmanger, Frau, Kind und
Magd vollführt. Nach vollbrachtem Mord ver sperr⸗
ten die Mörder Thür und Thor und zündeten das
Haus an. Die Feuerwehr fand die Opfer mit
durchschnittenem Hals und aufgeschlitztem Bauch.
FEin fsonderbares Gnadengesuch
hat kürzlich die Tante Paul Spanka's, des Mör—
ders Majlath's, in Wien eingereicht. Dieselbe
bittet zuförderst in rührendem Tone um die Begnadig
ung ihres Neffen, fügt aber alsbald hinzu, daß im
Falle der Nichtbegnadigung die Kleider und Hab⸗
jeligkeiten Spanka's ihr gegeben werden mögen.
.Der arme Millionär) In Zürich
arb jüngst ein 538jähriger Junggeselle, Namens
Bodmer, welcher viel mit der Noth des Lebens zu
ämpfen hatte, indem ihn die fixe Idee peinigte,
daß er gänzlich verarmen werde. Wie wenig Gruͤnd
er zu dieser Befürchtung hatte, beweist seine Hinter⸗
asseuschaft, welche auf ca. 10 Mill. Fres. ange⸗
geben wird.
F Falmouth, 21. Febr. Der Kapitän des
holländischen Schooners Wynhandel II“ meldet,
daß er am Abend des 14. ds. Mis., von Porlo
Allegre kemmend, 5 Meilen nordwestlich von Scilly
einen Dampfer untergehen sah. Derfelbe kreuzte
längere Zeit an der Stelle, wo das Schiff verschwand,
ohne eine Person oder Wrackgegenstände des Schif-
fes gesehen zu haben.
f An allen Ecken und Enden die selt⸗
amsten Naturerscheinungen! Die neueste
Erscheinung ist das Verschwinden eines Berges in
den Ardennen im Lurxemburgischen. Nicht weit von
dem Städichen Durbuy lag ein kegelförmiger Hügel,
welcher zur Zeit der spanischen Herrschaft als Kicht-
ätte diente. Seit dem letzten Sonnabend ist der
Berg verjichwunden; ein steiniges Feld mit einigen
lleinen Gruben ist an seine Stelle getreten. Gegen
echs Uhr Abends bemerkte man in der Gegend eine
eichte Erderschütterung; kein anderes Zeichen hat
Zunde von dem Moment gegeben, in welchem die
krde den Berg verschluckt hat. So zahlreiche Um⸗
zestalten der Erdoberfläche, wie sie in dem letzten
Jahre sich vollzogen haben, sind seit Jahrhunderten
aicht vorgekommen. Eine der augenfälligsten großen
Beränderungen der letzten Jahrhunderte, das ploͤtz⸗
liche Erscheinen des Monte Nuoro mitten in der
Ebene am Golfe von Bajä, datirt doch schon um
dreihundert Jahre zurück.
*Paris, 18. Febr. In Neilly spielte
sich gestern ein blutiges Ehedrama ab. Der 25-
ahrige Tapezier Fougerolles lebte in Zwist mit
seiner 17jährigen Frau, so daß die Nachdarn öfter
Zeugen heftiger Zankszenen waren. Geftern Nach-
nittag hörte man in der betreffenden Wohnung
ünf Schüsse fallen, und von allen Seiten lief man