Regensburg, 20. Febr. Gestern Nachts
halb 12 Uhr stürzte der von einem Berliner Bau⸗
neister neuerbaute und erst vor acht Tagen vol⸗
endete 41 Meter hohe Kamin des Michelerschen
Zalkwerks auf der Walhallastation ein, im Sturze
das nahegelegene Wohnhaus des Direltors dieses
Ftablissements zum großen Theile mit sich reißend
und uͤnter seinen Trümmern begrabend. Der
Direktor und dessen Familie entgingen dem Tode
nur wie durch eine wunderbare Fügung, indem sie
sich kaum eine viertetstunde vor der Katastrophe in
die Schlafzimmer zurückgezogen hatten, die in dem
stehen gebliebenen obwohl auch schwer beschädigten
Theile des Hauses lagen; das Wohnzimmer, in
dem sie sich vorher aufgehalten hatten, sowie die
Züche mit allen darin befindlichen Möbeln und Ge—
räthen wurden unter den Trümmern des mächtigen
Schornsteines begraben, von dem nur mehr ein etwa
7 8 Meter hohe Ruine steht. Die Unglücksstätte
hietet ein Bild grauenhafter Verwüstung; auf dem
Schutthaufen liegen hier und dort die Trümmer
der in dem Wohnzimmer gestandenen zerschmetterten
Möbel zerstreut umher, einige Stücke eines Regula⸗
sors unter den Scherben von Küchengeräthen,
Spiegeln, Porzellan, ein amerikanischer Lehnstuhl,
der Theil eines Sophas ꝛc. — kurz, es macht den
Findruck, als habe hier ein Erdbeben gehaust oder
in Bombardement stattgefunden, und daß bei dieser
Fatastrophe kein Menschenleben zu beklagen ist, ist
in der That kaum faßslich.
Passau, 21. Febr. Aus Schärding wird
geschrieben: Daß die Hazardspiele trotz allen Ver⸗
hots und empfindlicher Strafen noch häufig und
nicht selten in sehr hohem Maße betrieben werden,
heweist, daß vor einigen Tagen zwei Bauern aus
der Nähe von Vilshofen in einem hiesigen Gasthause,
deim sogen. „Wildln“ (Färbelu) nicht weniger als
1700 Mark gewannen. In der That eine horrende
Summe für den Pechvogel, der sie verlor, einen
Bauern aus der Nähe von Schärding.
Michaelsbuch, 21. Febr. Einem wohl⸗
habenden Bauern hiesiger Gegend wurde durch die
Post ein Brief zugesendet des Inhalts, daß dreißig
Menschen keine Arbeit und kein Brod haben; er
müsse binnen drei Tagen 250 Mark in die hiesige
Seelenkappelle bringen, widrigenfalls man ihn weg—
hrenne. Weiter heißt es: „sollte auch Einer auf⸗
kommen, so werden die Anderen die That vollführen.
Wenn wieder bessere Zeiten kommen, wird die Rück⸗
ahlung obiger Summe stattfinden.“
— Ueber den in unserer gestrigen Nummer kurz
angeführten Stuttgarter Raubm ord wird
dem „FIrkf. Journ.“ wie folgt ausführlicher berichtet:
Am Sonnabend Abend kurz nach 9 Uhr hörte die
Frau des Pfandleihers Chriistian Reiuhardt in ihrer
Wohnung, Leonhardsplatz Nr. 11, im ersten Stocke
die Ladenglocke im Parterre ertönen. Sie sah zum
Fenster hinaus und sagte zu einem untensteheuden
Mann, ihr Gatte befinde sich im Laden. Gleich
darauf läutete es zum zweiten Male, und als sie
wieder hinaussah, sagte ihr der Nämliche, es sei
ja Niemand im Laden, man könnte Alles heraus⸗
tehlen. Hierauf schickte fie ihren zehnjährigen
iltesten Sohn Richard in den Laden hinunter und
jörle nun alsbald diesen einen lauten Schrei aus⸗
toßen, worauf sie selbst, nichts gutes ahnend, über
die Treppe ins Geschäftslokal eilte. Hier fand sie
das Gaslicht ausgelöscht und ihren Mann mit Blut
uͤberströmt als Leiche am Boden liegend. Sofort
vwurde Wundarzt Dörner und Oberstabsarzt Dr.
Stoll herbeigerufen, welche nur den schon einge⸗
sretenen Tod consiatiren konnten. Der Leichnam
zeigte zwei schwere Schnitiwunden über beiden
Augen, welche nach der Aussage des inzwischen
gleichfalls herbeigeeilten Stadtdirections⸗Wundarztes
De. Steudel von einem schweren metallenen In⸗
strument, Beil oder dergleichen, herrühren. Ferner
eine tiefe Schnittwunde im Hals von einem scharfen
Messer, welche die Kehle fast vollkommen durch⸗
drungen hatte. Auch hier war nur Geldgier das
Motid zu der gräßlichen That; es fehlten nämlich
n der Ladenkasse ca. 170 Mk. in Gold und Silber
und zwar von ersterem einige Zwanzigmarkftücke,
von letzterem der Rest, auch der lederne Zugbeutel
ind eine braune abgenützte Ledertasche, in welchen
das Geld verwahrt war, sind geraubt worden. Uhr
und Kette, sowie 160 Mt. in Gold, welche Rein⸗
jardt bei sich trug, waren am Leichnam noch vor⸗
handen. Bezüglich des muthmaßlichen Thäters ist er⸗
mittelt, daß zur kritischen Zeit ein Bursche, nach ⸗
dem er kurz zuvor ein Hemd dort gekauft hatte, den
2nden zum zweiten Mal betrat unter dem Vorwand
nuch ein Beinkleid erwerben zu wollen. Frau
steinhardt, welche bis dahin im Laden gewesen war,
ntfernte sich, während det Unbekannte mit ihrem
Manne handelte, und diesen Moment benutzte jener,
im einen, seiner Meinung nach, beide brennende
hasflammen sperrenden Hahn an der doppelarmigen
rdampe zu drehen und gleichzeitig das Verbrechen
ruszuführen. Dieser muthmaßliche Thäter wird als
in Mann von ca. 28 Jahren, etwas über Mittel⸗
zröße, von schlanker Statur, doch breitschulterig,
nit etwas bleichem Gesicht mit kleinem Bart ge—
childert; die Kleidung ist die eines gewöhnlichen
Arbeiters, dunkles Jaquet, dunkle Beinkleider, weißes
demd. Der Thäter wird Blutspuren am Körper
ind an den Kleidern davongetragen haben und ist
hne Kopfbedeckung entflohen. Der Ermordete,
velcher am 19. Januar 1838 geboren ist, hinter⸗
äßt außer der Wittwe noch sechs Kinder im Alter
von 1 bis zehn Jahren.
Von anderer Seite theilt man uns noch mit,
daß eine Hausbewohnerin bereits am Samstag Frau
Reinhardt aufmerksam machte, ihren Mann nicht
illein im Geschäft zu lassen, da sie eine verdächtige
Zerson um den Laden herumlungern sehe. Rein⸗
jardt selbst wünschte, daß seine Frau am Abend
der That das Theater besuche, dieselbe hatte hierzu
iber keine Lust und schickte er sie später, um das
Ibendbrot zu bereiten, in die Wohnung in den
ersten Stock. In der in der Nähe befindlichen
Wirthschaft, in welcher zwei Fahnder sich befanden,
vurden zwei Personen verhaftet, von denen einer
2 Pfandscheine von demselben Tage von Reinhardt
ausgestellt, bei sich hatte. Dieser erklärte, als der
Mord erzählt wurde, er sei kurz vorher in dem
geschäft gewesen, und sei eine Person, dessen Be—
chreibung wir oben gegeben, hineingetreten, Rein⸗
jardt habe gefragt, was er wolle. Derselbe habe
ich umgesehen und sei ohne etwas zu sagen wieder
origegangen. Gestern, Sonntag Nachmittag wurde
in drittes Individuum verhaftet, doch noch am
Abend, ebenso wie einer der am Samstag Abend
Herhafteten, wieder freigelassen. Der am Sonntag
Perhaftete, welcher der That verdächtig ist, ist, wie
ins weiter berichtet wird, ein früherer Schutzmann
Wagner. Derselbe war nach Amerika entwichen,
nachdem er vorher bei Reinhardt Alles versetzt hatte.
Seit einiger Zeit trieb sich derselbe hier beschäftig⸗
ungslos wieder herum.
(Zur Kanalfrage.) Nach einer Notiz
der Elsaß Lothringer Ztg., des offiziellen Organs
des reichsländischen Ministeriums, „ist die Hoffnung
nicht unberechtigt, daß der Bau des streng links⸗
cheinisch verlaufenden elsässischen Projekts in ungleich
ürzerer Zeit, als es vor wenig Wochen noch den
Anschein hatte, zur Thatsache werden wird.“ Wir
ügen hier eine interessante Bemerkung des „Bad
dandesb.“ bei. Wie derselbe angeblich erfahren hat,
erklärt sich die „Abneigung“ des Herrn Finanz⸗
ninisters Ellstätter vor jedem Kanalbau sehr ein⸗
ach; die Geschichte mit der ducch Anlage eines
Schiffahrtskanals sinkenden Eisenbahnrente war eine
zute Maske. Thatsächlich sucht die badische Re—
jierung mit ihrer erkünstelten Gleichgültigkeit be—
üglich des Karlsruher Kanalprojektes nur ihre
öllige Ohnmacht gegenüber der von der Reichs-
regierung jederzeit kräftig unterstützten und von
Berlin aus gefuͤhrten reichsländischen Regierung zu
verbetgen. Die diplomatische Reserve, welche der
zadische Finanzminifler ihn dieser für Karlsruhe
o überaus wichtigen Angelegenheit an den Tag
egte, entsprang also der klaren Einsicht, daß auf
höheren Befehl etwas vom Wohl und wirtihschaft⸗
fichen Gedeihen Baden's in dieser bedeutenden
rationalökonomischen und handelspolitischen Sache
vieder einmal zu „Germanisationszwecken, den
Sonderinteressen Elsaß⸗Lothringens geopfert werden
nüsse. — Ein kleines Fragezeichen wird hier woh'
im Platze sein.
FTrarbach, 23. Febr. Eine hübsche
Anekdote erzählt die „Trarb. Ztg.“: In wichtigen
Staatsangelegenheiten sollte am vergangenen Sams—
ag eine Gesandtschaft unserer Stadt einer hohen
hJerson in Koblenz eine Denkschrift überreichen. Die
derren fanden sich am Bahnhofe in Trarbach
zünktlich ein, nahmen bedächtig Platz im Wagen
ind — eben sollte der Zug abrollen — da wur—
sen sie zu ihrem Schrecken gewahr, daß die Denk—
chrift zuruckgelassen worden sei. — Ein Pfiff —
er Zug war weg. — Der Postbote K., die ver
weifelte Situation der Herren richtig erfassend
äuft zum Ufer, setzt über, holt die Denkschrift
Jinimt einen Weispännigen Hundewagen und —
hast du nicht gesehen — auf der rechten Moselseite
dem Zuge nach. Am Bahnhofe zu Pünderich hatte
K. das Vergnügen, die Herren ihrer Sorge ent⸗
heben und die Denkschrift ihnen überreichen zu
können. Er hatte die 10 Kilometer lange Strede
von Trarbach nach der Reiler Fähre in 17 Mi—
nuten zurückgelegt, während die planmäßige Be—
förderungszeit des Zuges — bei kürzester Streck⸗
— 36 Minuten beträgt.
Dortmund, 21. Febr. Auf der FZeche
„Borussia“ bei Marten fand heute Morgen um
s Uhr eine Wetter-Explosion statt, die durch unvor—
sichtiges Abbrennen einer Patrone seitens eines
Berginannes verursacht worden ist, der dabei schwer
verletzt wurde, während zwei seiner Kameraden den
Tod fanden.
Nordhausen, 23. Februar. Ein hiesiges
Fleischwaarengeschäft erhielt von einem
Herrn E. in London einen sehr ansehnlichen Auf
nrug mit der Weisung, die Waare über Hamburg
durch eine dortige Handlung nach London zu schicken
Da die aufgegebenen Referenzen anscheinend feine
— wie sich herausstellte, gefälschte — waren, si
ging die Sendung ab. Als Zahlung wurde mi—
iner neuen Bestellung ein auf ein angesehenes
Frankfurter Haus ausgestellter Wechsel geschickt, und
dieser bei einem hiesigen Bankier diskontirt. Von
der Frankfurter Bankfirma traf auf eine Anfrage
die Rachricht ein, daß der Wechsel gefälscht
sei und daß bereits mehrere solcher gefälschter, aus
England gekommener Wechsel eingelaufen seien.
Inzwischen war ein Telegramm aus London ein⸗
Jegangen mit der Weisung, die neue Sendung
schleunigst nach Hamburg abzusenden; da dieselbe
aber bereits fort war, so wurde diese Mittheilung
hurch Telegramm nach London gemacht, das Tele⸗
zramm kamjedoch als unbestellbar zurück, da ein Adressai
F. nicht zu ermitteln sei. Die Londoner Nachricht im
Verein mit der Frankfurter verschafften dem hiesigen
G.schäftsmanne die üleberzeugung, daß er hier
Hamburger und Londoner Gauner vor sich habe;
er ließ sofort ein Telegramm nach Hamburg ab⸗
Jehen, welches die Nichtauslieferung der zweiten
Sendung verfügte, und es gelang ihm auch, diese
Sendung noch für sich zu retten. Auf eine von
ihm gemachte Anzeige wurde die Verfolgung des
englischen Gauners in die Hand genommen, unß
diese ist auch, wie der „Nordh. Zig.“ mitgetheil
wird, von Erfolg gewesen. Der englische Hochstap—
ler ist bereits dingfest gemacht worden.
(Einunbekannter Wohlthäter.) In
der Wilsdruffer Vorstadt in Dresden lag der
hausrath einer armen Familie auf der Straße, der
Zauswirth hatte ihn hinausgeworfen, weil di⸗
Miethe nicht bezahlt war, die Frau mit zwei Kin⸗
dern stand jammernd daneben. Viele gingen vor.
über, ein aͤltlicher Herr blieb stehen. „Was ist's
liebe Frau?“ — Ach, mein Mann war krank
konnte nichts verdienen, wir konnten die Miethe
nicht bezahlen, da liegt nun alles. — Wo ist Ihr
Mann? — Er sucht eine Wohnung. — Eben kam
der Mann, eine Jammergestalt — Haben Si
Wohnung gefunden? — Ja! — Wo? Der Fremdi
schrieb die Wohnung auf. — Bald kamen zwe
Dienstmänner und schaffien das Geräthe in dit
neue Wohnung. In dieser trat der Hauswirth den
neuen Miethern entgegen mit der Meldung, eir
fremder Herr habe die Miethe für ein halbes Jahn
bezahlt. Kennen Sie ihn? — Nein! — Bal
nachher brachte ein Markthelfer Lebensmittel, ei
Kohlenfuhrmann Kohle und Holz und ein Händle
ließ sagen, ein Unbekannter habe ihm 10 Mar'
gegeben zu Kartoffeln, Gemüse u. s. w. — Wer
ist der Herr? — Ich kenne ihn nicht, nur einer
Zettel hat er zurüctgelassen: Hier ist er. Auf den
Zettel stand: Gott hat mir mein einziges Kin
don der Diphtheritis geretiet; beten Sie zu ihm
daß er ihm ferner Gesundheit schenke.
4Berlin. Das „Montagsblatt“ erzähli
Ein junger, aber sehr reicher Bankier, dessen Ram—
längsi Weltruf erlangt, hat sich mit einem schönen
iebenswürdigen Maäbchen verlobt. Die Hodheit iß
festgeseßt. Einen Tag vor der Feier fährt der
Jlückliche Bräutigam an der Seite seiner Angebeteter
spazieren. Der Kutscher hält vor einem reizender
Palais, welches der junge Börsenkoönig seiner Brau
zum Geschenk zu machen gedenkt, Sie bewundern
gemeinsam die alle erdenklichen Kunstschätze bergende
Stätte ihres baldigen Glückes. Da beim Verlasser
des Hauses fällt der Blick der Holden auf die
hausnummer — 13! —, und sie erklärt, niemal
Fi Stbwmess⸗ des Hauses mit der „omindfen schau—