Full text: St. Ingberter Anzeiger

doch bis jetzt noch nicht erfolgt ist. Man beab⸗ 
sichiiche sogar, die Versammlung dieses Jahr in 
Desterreich (Innsbruck) abzuhalten, doch wird höchst 
wahrscheinlich diese Frage nicht praktisch werden 
und die Pfalz den Vorzug erhalten. 
— Neustadt, 25. Febr. Leider ging der 
gestrige Tag nicht ohne Unglücksfälle ab. So 
wurde einem als Tlown den Umzug mitmachenden 
jungen Manne, als er in harmloser Weise einem 
das“ Schauspiel anstaunenden Bauersmanne auf 
die Schuͤltet klopfte, diese seine scherzhafte Auf⸗ 
merksamkeit übel gelohnt. Das Bäuerlein, ein 
grober Klotz, verssand den Spaß nicht, nahm 
jeinen Schitim verkehrt und hieb dem Unglücklichen 
iber den Kopf, daß Stirn- und Nasenbein klafften 
ind der Getroffene bewußlos fortgetragen werden 
nußte. 
Der „N. Z.“ zufolge wollte die Frau des 
Winzers Weintz in der Mandelgasse zu Neustadt 
a. H. und deren Tochter am Mittwoch Abend den 
Tarnevals⸗Ball besuchen. Dieselben hatten noch 
nicht den Saal betreten, als Frau Weintz ploͤtzlich 
umfiel und bewuftlos davongettagen werden mußte. 
deider kehrte das Bewußtsein nicht wieder. die Frau 
war todt; ein Herzschlag hatte ihrem Leben ein 
Ende gemacht. Es ist dieser Fall sehr zu bedauern, 
da die Verstorbene noch sehr rüstig war und als 
eine sehr brave und fleisige Frau geschildert wird. 
—Wie verschiedene Blätier und auch die 
„Ggwrt.“ berichten, soll das diesjährige Haupt⸗ 
misfionsfest in Edenkoben abgeholten werden. 
Aunweiler, 27. Febr. Am Mittwoch 
zürzte in einem Hause in der Hauptstraße ein 71 
Jahre alter Mann von Queichhambach kopfüber in 
eine Pfuhlgrube. Derselbe wurde zwar noch lebend 
herausgezogen und ging nach Queichhambach, ist 
edoch am Donnerstag bereits gestorben. 
In der Diözese Speyer wird sich dem⸗ 
aächst, wie verschiedene Blätter wissen wollen, ein 
Fedeuiender Mangelankatholischen Theo— 
'ogen ergeben, da die bis jetzt in der Pfalz ver⸗ 
wendeten preußischen Kapläne, etwa 20, Dispension 
erhalten haben und in ihre früheren Diözesen in 
Preußen zurückkehren. — In der Pfalz gibt es 
jegenwärtig 54 approbierte Thierärzte., 
In Ludwigshafen hat am Fastnacht 
montag ein Fabrikarbeiter einen anderen durch einen 
Revolverschuß ziemlich schwer verletzt. Der Thäter 
ist verhaftet. „Kein Vergnügen oͤhne Revolver!“ 
agt der Berliner Waffenhändler Hippolit Mehles 
—D 
nachgerade Recht zu bekommen. 
— — 
Vermischtes. 
München. In einer der letzten Unterhal⸗ 
tungen einer größeren Gesellschaft fand ein einge⸗ 
ladener Fremder an einer nicht mehr zu jungen, 
aber liebenswürdigen Dame so viel Gefallen, daß 
er sie öfter zum Tanze führte und nach längerer 
Unierhaltung konnte der Amerikaner seinen Wunsch 
nicht länger zurückhhalten, in näheres Verhältniß zu 
der Dame zu treten. Der Amerikaner erfuhr 
endlich den Namen der Angebeteten und stutzte. 
Ich heiße auch so“, erwiederte er gedehnt, „haben 
Sie Verwandte drüben?“ „Einen Bruder, der vor 
15 Jahren als junger Bursche hinüber ist“, ent⸗ 
gegnete das Fräulein, „er hat aber nie von sich 
hören lassen.“ Es stellte sich heraus, daß der 
Amerikaner, der in dem Fräulein eine willkommene 
Braut gefunden glaubte, seine Schwester entdeckte, 
was für beide Theile, abgesehen von der Täuschung 
des ersten Augenblicks, gewiß auch ein freudiges 
Ereigniß war. 
JBayreuth, 26. Febr. Fräulein Da⸗ 
niela v. Bülow hat sich nach der „Südd. Pr.“ 
mit Herrn Friß Brandt, dem bekannten tech⸗ 
nischen Leiter des Wagnertheaters in Bayreuth, ver⸗ 
soht. GDie Braut ist eine Stieftochter Richard 
Wagners. 
FAus Würzburg, 26. Febr., schreibt man: 
Bei dem gestrigen großen allgemeinen Fastnachts- 
zug überfielen etwa dreißig Korpsstudenten den 
Brinzenwagen, schlugen mit Knütteln auf die In⸗ 
sassen, demolirten den Wagen, dessen Fahnen ent⸗ 
wendet wurden und verwundeten die Mitglieder. 
Hanz Würzburg ist entrüstet über diese Roheit un⸗ 
Jezogener Burschen. Untersuchung ist im Gange. 
4 Ein Gendarm von Würzburg sollte 
kürzlich zwei Sträflinge transportiren, von denen 
der eine uber die Grenze nach Oberhessen verschubt, 
der andere zu Erstehung einer Zuchthausstrafe nach 
Darmstadt aͤbgeliefert werden sollte. Beim Zug⸗ 
wechsel in Gemünden kam es nun vor, daß der 
Gendarm den nach Darmstadt abzuliefernden Zucht⸗ 
haussträfling zur Verschuhung übergab, dagegen 
den zur Verschubung bestimmten Landstreicher ins 
Zuchthaus nach Darmstadt ablieferte. Wahrschein⸗ 
ich ist dies ein auf Verabredung beruhender Streich 
der beiden Vagabunden. 
F Das bayerische Land zählt zur Zeit 149 
Benossenschaften nach dem System Schulze⸗Delitzsch 
Darunter sind 116 Vorschußvereine, 24 Lebensbe⸗ 
ürfniß⸗ und 9 landwirthschaftliche und industrielle 
Vereine. 
4Kolmart, 24. Febr. In Folge des Krachs 
des Bankinstituts zu Kolmar haben laut der gericht— 
ichen Bekanntmachungen in dieser Stadt fünf Ge— 
chäfte bereits fallirt, denen in Bälde voraussichtlich 
3 weitere folgen werden. Der Verlust im Münster⸗ 
hale bei Kolmar wird auf ca. 1 Million Mark 
»erechnet. Das Vermögen des durch Selbstmord 
Jeendigten Direktors, des verhafteten Kontroleurs 
und des Kassirs ist mit Beschlag belegt. 
F Heidelberg, 24. Febr. Der Früh— 
ling dieht mit Macht heran: die Mandelbäume 
blühen, und viele Sträucher sind bereits grün. 
Mänsier. Ein acht Jahre alter Knabe 
Jat sich ertränkt. Der Junge hatte seiner Mutter 
i0 Pfennige weggenommen; aus Furcht vor der 
hm angedrohten Strafe des Vaters, wenn derselbe 
aus dem Walde käme, war das unglückliche Kind 
in's Wasser gesprungen. 
In Koͤln wurde dieser Tage ein Ochse 
geschlachtet, welcher lebend 2410 Pfund wog. Nach 
der Schlachtung ergab sich 13818 Pfund Nutzgewicht. 
Mainz, 27. Febtr. (Carneval.) Seit 
dem Bestehen der Hessischen Ludwigs⸗Eisenbahn hat 
noch nie ein solcher Verkehr auf den Strecken der 
Zahn stattgefunden, wie dies am Fastnachtmontag 
— 
illen ihren Strecken nicht weniger als 265,000 Per— 
onen von und nach Mainz befördert. Die Ein— 
zahmen des Mainzer Carnevalvereins an den bei⸗ 
»en Maskenbällen in der Stadthalle betragen über 
16,000 Mark. Um die bedeutenden Kosten des 
Zuges bestreiten zu können, sind solche Einnahmen 
ilerdings nothwendig. Im ganzen waren sicherlich 
vpohl 60 — 70,000 Fremde hier anwesend. — Der 
Broßherzog sah mit seiner Familie und dem Ge⸗ 
'olge vom großh. Palais aus dem Zuge zu und 
iußerte sich über denselben in anerkennendster Weise. 
Auch viele fürstliche Herrschaften aus Wiesbaden 
vie Prinzeß Ardeck ꝛc. waren anwesend. 
F (Endlich gefaßt.) Die Diebe, welche, 
wie s. Z. mitgetheilt, in Berhin kurz vor Weih⸗ 
nachten bei den Juwelieren Gebrüder Friedländer 
am Schloßplatz den großen Brillanten⸗Diebstahl aus 
Jeführt haben, sind noch ermittelt und verhaftet 
worden. Es sind zwei in der Brunnenstraße woh⸗ 
nende Frauenspersonen, Mutter und Tochter, welche 
»en dreisten Coup gemeinsam ausgeführt haben. 
Der Criminalcommissar Braun, welcher mit den 
kecherchen in dieser Affaire betraut war, hat die Ver— 
haftung der Diebinnen vorgestern Abend bewerkstel. 
igt. — Das gestohlene Gut, bekanntlich ein Käst— 
hen mit Brillantringen im Gesammtwerthe von 60- 
is 70,000 Mt., ist indeß nicht wieder herbeige— 
schafft worden; die Diebinnen, welche die Tha 
eingestehen, machen bezüglich des Verbleibs der 
ostbaren Beute allerhand Ausflüchte und geben an, 
daß sie dieselbe für 20 Thaler an einen Unbekannten 
sofort verkauft hätten. Man darf indeß wohl mit 
iemlicher Sicherheit annehmen, daß es sich hier 
vieder um den „großen Unbekannten“ handelt, der 
in der Spiztzbubenwelt bekanntlich eine große Rolle 
spielt, und daß die Diebinnen, welche die That 
nit so großem Raffinement ausführten, den Raub 
nicht auf den ersten Versuch preisgeben wollen. 
F(GRundreisebillets) Auf der kuürzlich 
n Berlin stattgefundenen Staatsbahn⸗Directoren⸗ 
Tonferenz ist beschlossen, den Antritt der Reise auf 
ein Rundreise⸗-Billet auf jeder beliebigen Coupon⸗ 
Zwischenstation zu gestatten, wenn das Rundreise⸗ 
gillet im Correspondenzwege von der Debitstation, 
yon welcher dasselbe ausgeht, bezogen ist. Es wird 
»adurch dem Reisenden auf kleineren Stationen, wo 
ktundreise⸗Billets nicht verkauft werden, die Mög⸗ 
ichkeit geboten, ein Rundreise⸗Billet von der nächsten 
zrößeren Station zu beziehen, dasselbe von seiner 
Station aus benutzen und damit die Reise bis zu 
etzterer zurückzulegen. In der gleichen Conferenz 
vurde beschlossen, die Billet⸗Expeditionen einheitlich 
mzuweisen, gelöste Billets gegen Rückzahlung des 
Fahrpreises zurückzunehmen, wenn dieselben zweifel 
los uicht benutzt und unmittelbar nach Abgang des 
Zuges oder auch vor dessen Abfahrt zurückgegeben 
werden. Wenn auf solches Billet schon Gepäck ex⸗ 
pedirt ist, so soll auch die Zurückzahlung der be— 
zahlten Gepäckfracht attfinden. In derselben Weise 
foll auch beim Umtausch von Billets, auf welch⸗ 
schon Gepäck exrpedirt ist, verfahren werden. 
F Astronom Eylert von der deutschen See— 
warte nannte im Altonaer Industrieverein die 
Wetterprognosen des Dr. Overzier (Köln) einen 
„Mißbrauch der Wissenschaft“. Die Erfahrung 
hat jene Vorausbestimmungen ziemlich rasch abge—. 
than. Auf dem Kölner Carneval hatte der Wetter⸗ 
Mahdi Overzier viel zu leiden. 
F (Wieder ein geprellter Schatzgrä 
ber.) In Sasbachwalden wollte ein Bäuer— 
lein an einer gewissen Stelle des Feldes mehrmalt 
Ungethüme, wie feurige Schlangen, Drachen u. s. w 
gesehen haben. Der Mann erzählte einem Fremden 
davon, und dieser behauptete, daß dort ein Schaß 
)ergraben sei, zu dessen Hebung er 80 M. nöthig 
habe. Da der Bauer nur 14 M. besaß, borgt⸗ 
er weitere 40 dazu, womit der Schatzgräber sid 
auch zufrieden erklärte. Nun ging es bei Nacht zut 
hezeichneten Stelle, auf welche ein Leintuch ausgebrei 
tet wurde. Hierauf wurden die 54 M. nebst dem Ehe 
cing des Bauern auf das Tuch gelegt, der Fremde legte 
sich ebenfalls darauf und wickelte unter verschiedenen 
Beschwörungsformeln das Tuch um sich, bis er 
Geld und Ring eingesackt hatte. Danu erhob er 
sich und gab dem Bauern das zusammengelegt⸗ 
Tuch mit dem Bemerken, er dürfe es nicht öffnen, 
bis der Beschwörer wiederkomme. Da derselbe heute 
noch zu kommen hat, ging dem Bauern ein Lichl 
auf und er hat nunmehr zu dem Schaden auch nod 
den Spott. 
F Ein junger Weltumsegler, Sohn 
des einen Chefs des bekannten Bankhauses Kohn 
und Reinach erzählt in seinen recht anziehenden 
Ksteise⸗Erlebnissen, die soeben bei Calmann Lévn 
herausgekommen sind, folgende Reminiscenz an den 
ranco-chinesischen Feldzug im Jahre 1860 
die heute um so interessanter klingt, da die Mög 
lichkeit der Wiederholung eines solchen Feldzuget 
noch immer nicht ausgeschlossen bleibt. Es ist di⸗ 
kurze und bündige Schilderung aus dem Mund 
eines ausgedienten chinesichen Soldaten, der dabe 
»etheiligt war, des Kampfes von Palikao, welche 
Waffenthat dem französischen General Montaubar 
»en Grafentitel eintrug. Bartolo, so nannten di 
Fremden den Chinesen, der bei den Missionaren 
ꝛin ziemlich rothwelsches Französisch erlernt hatte, 
erzählt, wie G. Kohn berichtet, folgendes: „Die 
europäischen Soldaten waren gekommen, um sich 
zu schlagen, und diejenigen unseres Kaisers wußten 
aber nicht, daß die Soldaten unseres Herrn Kaisers 
große Gewehre hatten, die zwei Männer trugen. 
Der große Mandarin befahl: schießt, unsere Sol 
»aten; sie gehorchten und die Engländer waren 
todt. Da erhob aber der französische Admiral seine 
leine Kanone und legte sie sich vors Auge (es war 
sein Fernrohr) und rief „nicht gut das, Engländer 
zurückl Und dann ließ er einen Kanonenschuß 
abfeuern. Bumm, Bumm! Da fielen die Soldaten 
unseres Kaisers um und starben. Da sagten 
ie sich, kleine Kanone der Männer mit dem 
Teufelsauge ist desser als unser großes Gewehr 
— Wenn wir hier bleiben und Alle sterben, wer 
vird für unsere Weiber, Kinder, für unsere Fa— 
nilien sorgen? Der europäische Soldat bekomm 
Held, um sich zu schlagen, und man sorgt für seine 
Familie. Und da der Platz nicht gut war, gingen 
vir und lebten weiter, um uns ein andermal fü 
insern Kaiser zu schlagen.“ Wenn die chinefische 
Armee aus lauter solchen Philosophen zusammen 
gesetzt ist, wie der Gewährsmann des Verfasset⸗ 
bon „AMutour du monde““, so brauchte man auf 
die Rodomontaden des Macauis Tseng nicht vie 
zu geben. 
F In Innsbrud ereignete sich am vorigen 
Dienstag ein trauriger Fall. Im renommirten 
HZasthofe des „Löwenhausbräu“ herrschte fröhlich 
Tanzlust. Gegen 11 Uhr des Nachts engagirn 
in sehr geachteter Beamter der dortigen stadt 
pfandleihanstalt Namens Sprenger ein Mãdchen 
zum Tanz. Der Tanzerin schien es, daß die Laß 
hres Tanzers immer schwerer und endlich so schwet 
wvurde, daß sie ihn aus den Armen sinken lasser 
mußte. Da stellte sich heraus, daß sie mit einen 
Sterbenden getanzt hatte. Der Genannte, erst 86 
Jahre alt, war plötzlich vom Schlage gerührt wor⸗ 
den und wurde als Leiche aus dem Saale getragen.