Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 48. 
Sonntag, 9. März 1884. 
19. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutiches Reich. 
Berlin, 6. März. Der Nationalzeitung zu⸗ 
soige wird Namens der neuen liberalen Partei 
hanel als Candidat für die zweite Vice- 
bräsidentenstelle im Reichstage aufgestellt 
werden. 
Berlin, 7. März. Reichstag. Auf An—⸗ 
stag des Abg. Windhorst wurden durch Akklamation 
v. Levetzow (Cons.) als Präsident, Freiherr v. 
Frankenstein (Centr.) als erster wieder und 
Hoffmann freis. Partei) als zweiter Vice⸗Prä⸗ 
aͤdent neu gewählt. Dieselben nahmen die Wahl an. 
Berlin. Die Fortschritespartei hal auf 
Sonntag d. 16. März einen Parteita g einberufen, 
wohl den letzten, den sie als besondere Partei veranstal⸗ 
tet. Denn allem Anschein nach hat derselbe nur 
den Zweck, im Einvernehmen mit den Partei⸗De— 
legirten aus allen Theilen des Landes die neue 
Parteibildung zu besprechen, und daran, daß dieselbe 
von allen Seiten gutgeheißen wird, ist von vorn⸗ 
jerein nicht zu zweifeln. Als Führer der „Deu t⸗ 
schen Freisinnigen Partei“ nennt man 
Herrn v. Stauffenberg, ein Umstand, der es 
auch einzelnen bisherigen Nationnalliberalen wesent⸗ 
lich erleichtern wird, mit der neuen Partei Fühlung 
zu suchen. 
Der Kaiser wird, so viel bis jetzt über seine 
diesjührigen Reisedispositionen verlautet, wahrschein⸗ 
iich auch in diesem Frühjahre, und zwar bald nach 
sjeinem Geburtstage, nach Wiesbaden kommen. Ebenso 
sind für diesen Sommer Badekuren in Ems und 
Bastein vorgesehen. 
Nachdem der bisherige Kommandant der Bun⸗ 
desfestung Königstein, Generalv. Leonhardi, 
vom Kaiser seinen Abschied erhalten hat, wird 
kein General mehr Kommandant derselben 
werden. Der Königstein wird künftighin nicht mehr 
den Charakter einer Festung behalten, sondern wird 
fortan nur noch als Sperrfort bettachtet, wel⸗ 
hes die daran vorbeiführenden Wasser⸗ und Land⸗ 
traßen, sowie Eisenbahnen im Kriegsfalle zu sper⸗ 
en hat. In Folge dessen wird von jetzt ab ein 
Stabsoffizier das Kommando daselbst führen. 
Ausland. 
Wien, 7. März. Die Wiener Zeitung be⸗ 
nerlt: In den zu erwartenden publizistischen Com⸗ 
nentaren über die deutsche Thronrede werden die 
ausgesprochene hohe Befriedigung über die Bezieh— 
ungen Deutschlands zum Auslande, und der Hin⸗ 
veis auf die Befestigung der ererbten Freundschaft, 
velche Deutschland und seine Fürsten mit den be⸗ 
nachbarten Kaiserhöfen verbindet, gewiß in hervor⸗ 
tagender Weise gewürdigt werden. Das Fremden ⸗ 
blatt bezeichnel die Thronrede als ein Musterstück 
ernster staaismännischer Offenbarung; noch niemals 
ut sich von dem Throne herabe die warnende 
Stimme, durch durchgreifende Reformen den rebo— 
lutionaren Bestrebungen den Boden zu entziehen, 
ndringlicher vernehmen lassen. Die Lösung aus 
parteizwecen oder aus Kosteninteresse zu verhindern 
—R hinauszuschleppen, waͤre ein Verbrechen, das 
m, der ganzen bürgerlichen Gesellschaft sich furchtbat 
rächen würde. Die Worte des Kaisers über die 
en Beziehungen werden überall den lebhaftesten 
eare finden. Durch diese mannhafte, rüchsichts- 
rklarung werden zaghafte Befürchtjungen und 
hadenfroh ausgebeutete Unterstellungen wie das 
ore vom Winde weggeweht werden. Die Neue 
eie Presse halte es fuͤ zweifelloz daß die ug 
wurtige Politik Bismard's berechtigt ist, sich selbste 
ein glänzendes Zeugniß auszustellen. 
Aus Rom meldet ein Privattelegramm der Voss. 
Ztg.: Gegen die kirchlichen Traditionen wird Car⸗ 
dinal Hohenlohe für das nächste Consistorium 
bei den Cardinalpriesiern eingeschrieben. Man will 
daraus schließen, daß er ein deutsches Bisthum über⸗ 
nehmen werde. 
selbst abzugeben. Es meldete sich seither Niemand. 
Nunmehr aber traf bei Herrn Andreas Edl, Gast⸗ 
wirth zum „Frankfurter Hof“ in Soden, ein 
Schreiben ein, in welchem der damilige Finder den⸗ 
elben ersucht, Erkundigung nach dem Verlierer an⸗ 
uustellen, indem er gesonnen sei, einstweilen 150 
Mark (da mehr fur jetzt noch nicht in seinen 
räften stehe) zurück zu erstatten. Herr Eckl bittet 
alle Diejenigen, welche eiwa über den Verlierer 
Auskunft ertheilen können, sich an ihn zu wenden. 
x. Der glüclliche Gewinner des großen Looses 
der Ulmer Dombaulotterie, der Collecteur 
und Wirthschaftspächter Koch in Ulm, bewirthete 
mehrere Tage seine Gäste unentgeltlich und wurde 
zum Dank von ihnen fürchterlich geprügelt. 
F Der Pariser Photograph Pierre Petit 
ils hat eine Neuerung eingefuͤhrt, die bei den 
ßariserinnen schnell großen Anklang gefunden hat. 
ẽr photographirt nämlich jetzt à domicile. Ist ein 
übsches Weibchen gesonnen, ihr Bildniß anferligen 
u lassen, so schickt sie einfach dem Herrn Petit ein 
Telegramm, und nach dem Verlauf einer Stunde 
tellt sich der wandernde Photograph ein, um seine 
nteressante Operation zu beginnen. Die „Photo- 
zraphie à domicile“ gehört jetzt in Paris geradezu 
um guten Ton, und Damen, die sich lästiger Be⸗ 
uche erwehren wollen, lassen diesen an der Thüre 
nit Vorliebe den Bescheid zugehen: „Madame bittet 
im Entschuldigung, sie laͤßt sich gerade photogra⸗ 
ohiren.“ 
Madrid, 5. März. Ein vierfacher Mord 
vurde am letzten Sonntag durch einen neunzehn⸗ 
ährigen Schuhmacher in Tarragona ausgeführt. 
Die Opfer waren vier Frauen: Florentina Matheu, 
30 Jahre alt, deren Tochter Josepha Mallol, die 
Ztieftochter der Letzteren, 17 Jahre alt und eine 
Dienerin. Josepha Mallol hielt einen Tabakladen 
ind wohnten ihre Muiter und Stieftochter bei ihr. 
Perez trat in der Frühe mit einem Dolche bewaffnet 
in den Laden und stieß sofort wie wüthend auf die 
vier Frauen, von denen Florentina Matheu und 
das Mädchen auf der Stelle getödtet wurden, wäh ⸗ 
rend die beiden andern unreilbar verloren find. Es 
zelang zwar dem Mörder zu entfliehen, er wurde 
jedoch alsbald wieder ergriffen. Die Ursache ist 
Raubmord, da Perez wußle, daß Josepha Pallol 
an diesem Tage eine größere Quantität Tabak ein⸗ 
kaufen wollte und sich das Geld hiefür im Laden 
jefand. 
F Liverpool, 3. März. Im Kirkdale Ge⸗ 
ängniß wurden heute Morgen zwei Schwestern, 
tatharina Flannagan und Margareth Higgins. 
velche jüngst wegen verschiedener Giftmorde zum 
Tode verurtheilt worden, durch den Strang hinge⸗ 
richtet. Unter den Opfern der beiden Giftmischer⸗ 
nnnen befand sich auch der Gatte der Higgins. 
teide Frauen legten wenige Tage vor ihrer Hin⸗ 
ichtung ein reumüthiges Gestäͤndniß ab, durch 
velches, wie es heißt, andere Personen stark kom⸗ 
zromittirt werden. 
F Der schlaue Patrick. Die Söhne der 
‚grünen Insel“ sind für ihren Mutterwiß bekannt, 
vofür auch das nachfolgende Histörchen einen neuen 
Beweis liefert. Ein Irländer hatte für eine ge⸗ 
visse Summe die Ausgrabung eines Brunnens 
ibernommen. Nachdem er etwa 285 Fuß gegraben 
jatte, fand er, als er des Morgens zur Arbeit 
am, daß die Wand eingestürzt und der ganze 
Brunnen voller Schutt war. Er sah sich vorsich⸗ 
ig um, und da er Niemanden in der RNähe sah, 
zjing er seinen Rock und Hut an die Wönde um 
e Rachrichten. 
— Edenkoben, 5. Maärz. Gestern fuhr 
ein Eisenbahnzug mit 14 Waggons à 200 Ctr. 
kis durch hiesige Station. Das Eis kam von 
Nünchen und ist für Kaiserslautern bestimmt. Die 
Fracht von München bis Kaiserslautern stellt sich 
»er Centner Eis auf nur 10 Pfg. (Ggt.) 
— Kandel, 5. März. Dahier wurde ein 
alsches Einmarkstück verausgabt. welches die 
Jahreszahl 1881 trägt und mit dem Münzzeichen 
versehen ist. Dasselbe besteht aus unreinem 
zinn, ist nach einer Form gut gelungen gegossen 
ind nur an der etwas grauen Farbe und der 
Leichtigkeit des Stückes von einem ächten zu unter⸗ 
cheiden. 
— Nach dem von Notar William Raich in 
New⸗ York herausgegebenen „Rechts-Schutz“ sind 
'olgende Pfälzer in Amerika gestorben: Emrich 
Valentin, aus Ilbesheim, 86 Jahre, gest. 24. Dez. 
1888, Columbus, Ohio. Lind Joh. Gg. aus 
Ingenheim, 47 Jahre, gest. 18. Januar 1884 
Tincinnati, Ohio. Munch Jakob aus Balborn bei 
Zaiserslautern, 79 Jahre, gest. 24. Januar 1884 
Philadelphia, Pennsylvania. Paul Maria Anna. 
Jeb. Fath aus Nußdorf, 53 Jahre, gest. 28. Jan. 
1884. Cincinnati. Ohio. 
Lokale und 
Vermischtes. 
f In einem Orte bei Cham trieb eine Frau 
eit elf Jahren Geschäfte nach Art der Spizzder, 
chwindelte den Leuten vor, sie leihe Geld an hohe 
derren und zahlte ihren habgierigen Gläubigern 
3224 pCt. Zinsen im Monat. Jetzi ist der Krach 
ingetreten und viele kleine Leute verloren ihre 
janze Habe. Man spricht von über 10,.000 Mitk 
dassiven. 
fF Saarbrücken, 7. März. Der Nähma⸗ 
chinenhündler Peter Lieblang sollte wegen verschie⸗ 
)ener Betrügereien verhaftet werden, war aber, wie 
nan hört, nach Frankreich ausgeflogen, und wird 
in Folge dessen jetzt steckbrieflich verfolgt. (N. S.) 
FSaarlouis, 4. Marz. Ein Pröbchen von 
der Sachkenntniß, mit welcher zuweilen die Ver⸗ 
treter der Gemeinde über Wohl und Wehe der 
Schule verhandeln. Traf da vor nicht allzu langer 
Zeit ein Regierungsrath auf einer Dienfttour in 
einem kleinen Landstädtchen ein, dessen mangelhafte 
Schulgebäude er einer gründlichen Revision unter⸗ 
varf. Nach derselben wurden schnell die Väter des 
Irtes zu einer Sitzung zusammenbeordert. Der 
Dderr Rath betonte bei Erörterung der Mängel an 
den Schulhäusern besonders, daß die Schulzimmer 
biel zu niedrig seien. Da fällt ihm plötzlich ein 
Mitglied der Versammlung heftig in die Rede mit 
den Worten: „Det sinn jo lauder dumme Ge— 
sprächer, es gehn jo nor kleene Kinn enn die 
School. unn de stoße sich de Kepp doch nett ewo aan.“ 
(L. T.) 
F Soden a. T., 5. März. Im Jahre 1879 
vurde in Bad Soden die Summe von 500 Mark 
berloren, der Verlust bekannt gemacht und der Finder 
zufgefordert, das Geld im, Frankfurter Hofe“ da—⸗