Full text: St. Ingberter Anzeiger

17. und 18. Regiment aber aus der Pfalz rekru⸗ 
iert werden sollen. 
7? In Blieska stel gingen am Freitag Abend 
zwei Herren L.. i und L8.“. n, folgende gewiß 
nteressante Wette ein: Ein Mann, der dem Ln. 600 
Mark für Waaren schuldet, trat mit Hinterlassung 
dieser Schuld die Reise nach Amerika an. Ln. gibt 
dun Li. 2000 Mark, wenn er dem Schuldner nach 
Amerika folgt, oder wenn er überhaupt eine Reise 
nach diesem Erdtheil unternimmt. Geht Li. jedoch 
nicht nach Amerika, so muß er an Ln. 10000 Mk. 
hezahlen. Da gerade der Schreiber des Geschäfts— 
nannes Sch .. anwesend war, so wurde hierüber 
in förmlicher Akt aufgesetzt. Mehrere Flaschen 
Thampagner gaben dieser Wette die richtige Weihe. 
2 In einem der angesehensten Orte des 
8lesthales ereignete sich dieser Tage Abends 
in Vorfall, der viel Lehrreiches enthält. Ein 
unger, schöner und ein in jeder Beziehung an— 
zändiger Wittwer mit 5 Kindern verheirathete sich 
um zweitenmal. Obwohl ihm das etwa 25jährige 
Mädchen bei der Verlobung den Treuring vor die 
Füße warf und er keineswegs schöne Worte von 
ihr zu hören bekam, so konnte er sich doch nicht 
enthaͤlten, dieses Frauenzimmer zu heiraihen, welches, 
wie er sagte, seiner ersten Ftau zum Verwechseln 
ihnlich sehe. Die Mutier des Maͤdchens und so⸗ 
genannte Freier brachten es denn auch fertig, daß 
dochzeit gehalten wurde. Die zärtliche Ehehälfte 
heint aber wenig Sinn für Arbeit und noch 
weniger Liebe zu Kindern und ihrem Manne zu 
haben, den sie am lebsten vergiften mögte. Anstatt 
zu witken im häuslichen Kreise, verläßt fie densel⸗ 
hen alle paar Tage, eilt heim zu ihrer Mutter, 
Zie sie natürlich noch hegt. So kam es denn auch 
inlängst vor, daß der Mann seine Frau holen 
nußte Dies ging jedoch nicht so leicht: Die zärt⸗ 
liche Schwiegermutter will ihn nicht einlassen. Der 
Mann wendet sich natürlich an seine Frau und es 
zelingt ihm endlich durch gute und böse Worte, 
zaß sie zu ihm herauskommt, denn hinein darf er 
a nicht. Barfuß und nur mit den allernöthigsten 
leidungsstücken angethan erscheint die junge Frau 
uuf der Treppe; denn die gute Mutter hat Schuhe 
ind Kleider der Tochter eingeschlossen. Und nun 
spielt sich eine traurige Scene ab; Wildes Weiber⸗ 
zeschrei in der Slube, Weinen und Bitten vor dem 
dause locken nalürlich eine Menge Zuhorer herbei, 
unter denen nur wenige der Thraͤnen sich enthalten 
konnten. Auch konnte man oft die Worte ver— 
nehmen: „Da sollte doch den jungen Leuten das 
Heirathen vergehen!“ Den inständigen Bilten des 
Mannes gelingt es endlich, die Frau zu bewegen, 
nit ihm ihr Heim aufzusuchen. Zuvor müssen 
iber mitleidige Seelen der jungen Frau Kleider 
mitgeben. Die sangeslustige Jugend folgt dem 
Thepaare, das Lied fingend: „Muß ich denn, muß 
ch denn zu dem Städtlein hinaus ꝛc. ꝛ⁊c. 
— In der geftrigen Schwurgerichtssitzung zu 
Zweibrücken wurde der wegen Körperverletzung 
Nit nachgefolgtem Tode angeklagte Werkführer Karl 
Herl gen. Leister, von Pirmasens freige 
prochen. 
Kaiserslautern7. März. Der Stadi⸗ 
raih wählte als Spitalverwalter Chirurg W. Köster 
dahier. Als Kindergärtnerinnen wurden gewählt: 
Fräulein Karpf, bisher Hilfskindergärtnerin hier, 
ind Fräulein Spatz von hier, zur Zeit in Kusel. 
Als protestantische Schulverweser wurden gewählt: 
heinr. Schäffling, Schulverweser in Alsenborn, und 
Fulius Hach, Schulverweser in Altripp; als katho⸗ 
ische Verweser Alois Fritz aus Zweibrücken und 
Johann Wettstein, Schulverweser zu Göͤcklingen. 
Am Sonntag fand zu Kaiserslautern 
)er Delegirtentag des pfälz. Gewerbevereins—⸗ 
erbandes siatt. Herr Rektor Rohe und Herr 
Bezirksamtmann S ch mitt von Kaiserslautern, letz⸗ 
sacer als Vertreter unserer Kreisregierung, begrüßten 
Zie Versammlung. 32 Delegirte vertraten 11 Ge⸗ 
verbebereine. Die Gewerbevereine von Edenkoben 
ind Bergzabern hatten keine Vertreter gesendet. 
Vom Vorort Kaiserslautern waren 122 Herren aus 
allen Theilen der Pfalz eingeladen, aber nur wenige 
varen der Einladung gefolgt. Zur Erledigung 
stand auf der Tagesordnung: Gründung einer 
pfälz. Arbeiterkolonie. Herr Rohe äußerte, 
diese Frage habe in jüngster Zeit die Gemuther 
sehr erhitzt und viel Staub aufgewirbelt; sie sei 
aber keine politische, keine kirchliche, sondern eine 
so ziale Frage, und die Versammlung solle in 
diesem Sinne derselben näher treten, damit die 
Berathung einen würdigen Verlauf nehme. 
dierauf erhielt Herr Andres, Fabrikant von 
ier, das Wort üher die Tagesfrage. Mit großer 
Zachkenntniß und Gewandtheit hielt derselbe alsdann 
einen Vortrag. Er besprach die Organisatisn der 
Arbeiterlolonie zu Wilhelmsdorf, trat mit Eutschie⸗ 
denheit für Gründung einer pfälz. Kolonie ein und 
derbreitete sich schließüch noch über die zu errichten⸗ 
Zen Verpflegsstationen, welche sich netzartig über die 
Janze Pfalz zu verbreiten hätlen. Die saͤmmtlichen 
fälz. Gewerbevereine haben in dieser Frage, wie 
aunt, bdereits eine ablehnende Stellung genommen; 
ss erfolgte daher der leicht vorauszusehende Beschluß 
citens des Delegirtentags, zur Zeit von der Grün⸗ 
dung einer pfälz. Arbeuerkolonie abzusehen. 
— Speyer, 9. März. Heute Nachmittag 
traf Se. Excellenz der Commandeur der 4. In⸗ 
anterie⸗Divbision v. Heimleth aus Würzburg hier 
in, um sich nach kurzem Aufenthalt heute Abend 
unächst nach Germersheim zur Inspektion der dor⸗ 
igen Garnison zu begeben, nachdem werden Se. 
yücellenz noch die Garnisonen von Landau und 
Zweibrücken inspiziren. 
Die Frühjahrs-Kontrol-Versamm— 
ungen finden in diesem Jahre statt: Landwehr⸗ 
ezirks⸗Kommando Kaiserslautern in Otterberg am 
. in Kaiserslautern am 2. und 3., in Kusel am 
4. in Lauterecken am 5., in Wolfstein am 7., in 
zangmeil am 8., in Rockenhausen am 9., in Ober⸗ 
noschel am 15., in Goöllheim am 16., in Kirchheim⸗ 
landen am 17. April. Landwehrbezirks-Kommando 
zweibrücken; in Dahn am J., in Pirmasens am 
und 3., in Waldfischbach am 4., in Wallhalben 
im 5. in Zweibrücken am 7. in Hornbach am 
3. in Blieskastel am 9., in Ensheim am 15. 
n'St. Ingbert am 16. in Homburg am 17. 
n Mittelbexbach am 18., in Waldmohr am 19., 
n Landstuht am 21. in Steinwenden am 22. 
pril. Landwehrbezirks-Kommando Landau: in 
Innweiler am 2., in Bergzabern am 3., und 4., 
u Langenkandel am 5. und 7., in Germersheim 
im 8. und 9., in Landau am 15. und 16., in 
Fdentoben am 17. und 18. April. Landwehrbe— 
irkskommando Speyer: in Ludwigshafen am 4. 
ind 5., in Frankenthal am 7. und 8., in Grün⸗ 
fadt am H9., in Dürkheim am 15. und 16., in 
deustadt am 17. und 18., in Weidenthal am 19., 
n Mutterstadt am 21., in Spehyer am 22. und 
23. April. 
Wir machen unsere Leser darauf aufmerksam, 
daß durch Beschluß des Verwaltungsrathes der 
Pfälzischen Eisenbahnen die rückständigen Dividen⸗ 
»enscheine der Pfälz. Ludwigsbahn und 
Pdatimiltiansbahn pro 1877, 1878 u. 1879, 
erner die Aklien⸗-Zinscoupons sämmtlicher Pfälzer 
Zzahnen per 1. Januar 1878 bis einschließlich 1. 
zuli 1880 für werthlos erklärt wurden. Inhabern 
olcher Koupons ist anzurathen sich an die Direktion 
u wenden. 
Aus der Pfalz. Unterm 21. v. M. hat 
as kgl. protestantische Konsistorium Speyer auf die 
zahresberichte der Dekanate und Pfarrämter pro 
882 eine Entschließung ergehen lassen, die sich 
ußer über mehrere die inneren Angelegenheiten der 
rotestantischen Kirche berührende Gegenstände auch 
ber einen Punkt außert, der von der höchsten 
Wichtigkeit ist und einer öffentlichen Besprechung 
interzogen zu werden verdient. Derselbe betrifft die 
herwendung des Kirchen⸗Almosens. Früher 
ind noch in den ersten Jahrzehnten unseres Jahr! 
underts wurde das in der Kirche durch den Klingel⸗ 
eutel erhobene Almosen ausschließlich zu Unter— 
ützungen an Ortsarme und an herzugereiste mittel⸗ 
ose Persönen verwendet, wie solches die alte 
dirchenrechnungen nachweisen. Seit der Einführung 
—A0—— Kirchen⸗ Almosen 
iber fast aller Orten seinem ursprünglichen Zwecke 
ntfremdet worden und werden jetzt damit die ge⸗ 
vöhnlichen kirchlichen Bedürfnisse bestritten. Erst 
eit einigen Jahren beginnen einzelne Presbyterien 
nach dem Vorgang des Presbyteriums von Grün⸗ 
ladt das Kirchen⸗Almosen wieder auf seinen ur⸗ 
prünglichen Zweck zurückzuführen. Die Entschließung 
Fer Kirchenbehörde spricht sich hierüber folgender⸗ 
naßen aus: „Es haben einzelne Presbyterien im 
hinblick auf die ursprüngliche Bedeutung des Kirchen⸗ 
AUmosens den Beschluß gefaßt, dasselbe blos für 
Zwecke der Wohlthätigkeit zu verwenden, und es ist 
ses selbst in einer Gemeinde geschehen, welche für 
dirchenreparatur und Pfarrhausbau aus Mitteln 
Rer Pfarrgenossen nicht unbedeutende Summen auf⸗ 
uͤbringen hat. Den Presbyterien ist es dadurch 
nöglich geworden, nicht nur die allgemeine Armen⸗ 
»flege zweckmäßig zu ergänzen, sondern auch ru 
vesondere Sorgfalt den Kranken und Hausarmen 
inter ihren Glaͤubensgenossen zuzuwenden, auf deren 
religiös:sittliches Leben entsprechend einzuwirken und 
Zas Band zwischen den Nothleidenden und ihrer 
girche, welche christliche Liebe zugleich predigt und 
ibt, enger und inniger zu machen. Es gibt gewiß 
noch viele Gemeinden, deren Presbyterien in der 
rage sind, ähnliche Beschlüsse zu fassen und mit 
stücksicht auf die zu erzielenden Segnungen, wenn 
uuch nicht immer das ganze Almosen, doch den 
gröperen Theil desselben, seiner eigentlichen Be— 
deutung gemäß, für Wohlthätigkeitszwecke zu ver— 
Hendent““ Es wird nur dieses Appells des kgl. 
Zonsistoriums bedürfen, schreibt man dem „L. A.“, 
um die Presbyterien zu bestimmen, sich darüber zu 
hesinnen, zu welchem Zweck das Almosen eigentlich 
eingelegt wird und es diesem Zwecke nicht mehr 
änger ju entziehen. 
Vermischtes. 
p Die Beschwerde des tatholischen Kirchen⸗ 
abrikrathes von Rheingönheim gegen den 
Bescheid der pfälzischen Regierung, betreffend die 
Aufstellung einer Si. Joseph-Statue in der 
Simultankirche zu Rheingönheim, wurde vom 
verwaltungsgertchtshof in München am Freitag 
kostenfällig abgewiesen. Nach den Motiven ist vor 
Allem die Vertragsurkunde von 1785 maßgebend, 
wonach in der zwischen Katholiken und Protestanten 
gemeinsamen Kirche zu Rheingönheim keinerlei Neue⸗ 
rung ohne Zustimmung des anderen Theiles einge⸗ 
ührt werden darf. Nach der thatsächlichen Fest⸗ 
tellung ist aber in der Aufstellung der beanstandeten 
Statue eine vertragswidrige Neuerung zu erblicken, 
da wohl seit alter Zeit ein leeres Postament sich 
in der Kirche befand, auf welchem noch bis Ende 
des vorigen Jahrhunderts eine Statue des Kirchen⸗ 
hatrons St. Gallus gestanden haben soll, woraus 
edoch kein Anrecht abgeleitet werden kann, eigen⸗ 
nächtig. ohne Zustimmung des anderen Theiles 
rine neue Statue in der gemeinsamen Kirche auf⸗· 
zurichten. 
FWäürzburg, 85. März. Gestern sprang 
in Soldat des 9. Infanterie- Regiments, Franz 
Ddiruf aus Wildensee bei Aschaffenburg, in den 
Roim und es konnte seine Leiche bis jetzt nicht 
aufgefunden werden. Diruf stand im 3. Dienstjahr, 
war ein zuverlässiger und tüchtiger Soldat, dem 
eine Woche Arrest wegen zu spaͤten Einpassirens 
zudiktict worden war, was ihn in den Tod getrie⸗ 
ben haben mag. 
p'Augsburg, 7. März. Der ledige Zieglers⸗ 
sohn Michael Goͤßner von Scherstetten, Land⸗ 
wehrunteroffizier, feuerte vorgestern Abends zwischen 
7 und 8 Uhr im Wohnhause seiner Mutter, nach 
dem sich vorher wegen Uebernahme des elterlichen 
Anwesens ein heftiger Streit entsponnen hatte, in 
unmittelbarer Nähe aus einem Revolver auf seine 
Muller Theresia vier Schüsse und auf seinen Bruder 
Andreas zwei Schüsse ab. Die Mutter wurde 
inscheinend schwer verletzt. Dieselbe erhielt einen 
S„chuß zwischen dem linken Auge und dem Nasen⸗ 
ein, einen Streifschuß am Kopfe, einen in den 
Jaterleib und einen an dem rechten Oberarm. Von 
)en auf den Bruder abgefeuerten Schüssen ging 
iner fehl, der andere verwundete ihn an der rechten 
Zchulier, jedoch nicht gefährlich. Der Thäter er⸗ 
zriff sofort nach der verüblen Blutthat die Flucht 
nd zounte bis zur Stunde noch nicht ergriffen 
verden, wiewohl uͤmfassende Vorkehrungen zur Hab · 
jaftwerdung desselben sosort getroffen wurden. — 
Pie der „A. Abendztg.“ —XV 
Hoßner gestern durch die Gendarmen festgenommen 
und in das hiesige Landgerichtsgefüngniß geliefert 
Ddie beiden Verwundeten sollen außer Gefahr sein. 
PDem deutschen Verein gegen Miß 
brauch geistiger Getränke ist nuͤnmehr aud 
die Stadt Augsburg beigetreten. 
Fürst Tarxis hat das Protektorat über den 
Zunstverein in Regensburg übernommen, 
emselben als Mitglied beigetreten und hat zu 
Förderung der Vereinszwecke einen außerordentlicher 
Heitrag von 1000 Mark gezeichnet. 
⁊ Saarbrücken, 16. Marz. Der diesjährig 
varme Winter macht seinen Entschluß bereits in 
ichtbarster Weise geltend. Die Bewohner unseret 
Zlädte und Umgegend sind tüchtig hinter der Garten 
ind Feldarbeit und ist schon mancher Samen den 
goden anverttaut worden, der unter anderen Ver⸗ 
jältnissen erst in einem Monat zur Aussaat ge 
nugt wäre. Wenn nur nicht später einige kalle