ðSt. Iugherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich füuufmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
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M 352. Samstag, 15. März 1884.
19. Jahrg.
Politische Uebersicht.
0 Aus dem Bliesgau. Unier mehreren
Bewerbern wurde am 10. ds. Herr Lehrer Kramb
ßon Aßweiler vom Gemeinderaihe in Schiffer—
stadt als Lehrer der 6. Schulstellelle dort hoher
gl. Regierung in Vorschlag gebracht.
— Ludwigshafen a. Rh., 11. März. Ein
hziefiger Holzhändler, welcher bis vor wenigen Tagen
noch einen großen Kredit besaß, hat seine Zahlungen
eingestellt. Die bis jetzt zusammengestellten Passiva
osllen nicht weniger als 59,000 Mark betragen.
Berschiedene Geschäftsleute sollen durch dieses plötz⸗
iche Falliment sehr bedeutende Verluste erleiden.
— Der Forstgehilfe Vay, welcher kürzlich in
Anterfranken von Wilderern erschossen wurde, war
in Neffe des Herrn Oberförsters Vay in Kusel.
Den jungen Forstmann hatte das tragische Schicksal
»ei einem seiner ersten Dienstgänge ereilt. Des
Thäters soll man habhaft sein.
— Ddie Lehrkurse für pfalzische Heb⸗
immen werden zu Würzburg und Erlangen am
5. Juli d. J. beginnen. Anmeldungen zu den⸗
elben sind bis zum 15. April bei den k. Bezirks⸗
imntern einzureichen.
— Die diesjährige Inspizirung des Landbau—
vesens wurde: a) dem k. Oberbaurathe von Leim—
zach bezüglich der Gebäude des königlichen Staats⸗
ninisteriums des Innern für Kirchen und Schul⸗
angelegenheiten, b) dem k. Oberbaurathe Langen⸗
aß bezüglich der Gebäude des k. Staatsministeriums
»er Justiz und e) demek. Oberbaurathe Siebert
bezüglich der Gebäude der kgl. Staatsministerien
des k. Hauses und des Aeußern, dann des Innern
uind der Finanzen übertragen.
Deutsches Reich.
München, 12. März. Es soll die Vertagung
»es Landtags bis zum 5. April bevorstehen und
abei zweifelhaft sein, ob die Arbeiten bis dahin
rrledigt sein werden.
Berlin, 12. März. Die „Prov.⸗Corr.“ sagt
jei Besprechung der neuen Parteibildung, diese
Hgereinigung des Fortschritts und der Secessionisten
ei erfolgt, um der Macht der nationalen Wirth⸗
chasts⸗, Steuers und Social-Reformpolitik, welche
hnen über die Köpfe zu wachsen drohe, einen
färkeren Damm eatgegensetzen zu können, in der
offnung, mit vereinten Kräften zu erzielen, was
e bisher vergeblich erstrebt haben. Der Zweck der
Hereinigung bestehe in der grundsätzlichen, systema⸗
ischen Opposition gegen die Regierung nicht nur
ezüglich der Reformpolitik, sondern auch bezüglich
der Grundlagen eines gedeihlichen Zusammenwirkens
wischen Regierung und Parlament. Es sei un⸗
enkbar, daß auch die gemäßigte Richtung des Li—
eralismus mit der schroffen radikalen Opposition
ich vereinige. Die Consolidirung der systematischen
xtremen Opposition werde den gemäßigten Libera⸗
ismus mehr und mehr von deren Einfluß srei⸗
nachen. Die Nationalliberalen würden, wenn sie
hre Aufgabe verstehen, künftighin die Vertreler des
vahten Liberalismus sein, welcher neben dem Con⸗
ervatismus eine berechtigte Stelle im Staatsleben
innehmen werde. Das Blatt fordert schließlich
zu einheitlichem Zusammengehen und entschiedenem
Vorgehen auf.
Berlin, 13. März. (Reichstag.) Vor
dem Sitzungsbeginne trat der Reichskanzler
in den Sitzungssaal, von den anwesenden Abge⸗
xdneten lebhaft begrüßt. Er sprach mit dem
driegsminister, mit Moltke und dem Präsidenten
—R
Berlin, 13. März. Aus Rom hierher ge—⸗
ommene Nachrichten besagen, daß das Prinzenpaar
eopold und Gisela von Bayern sowohl
eim Quirinal, wie beim Vatikan Besuche
nachen und dafür einen Präcedenzfall schaffen sollten,
»amit demnächst auch der König von Spanien beide
esuchen könnte. Es seien die groößten Anstreng⸗
ingen gemacht worden, um im Vatikan vorgelassen
zu werden, doch ohne Erfolg; der Papst lehnte
infach ab. Große Verschnupfung hertscht deßhalb
tlerseitsßg. Man erwarte? ein Cirkulair an alle
duntien, worin aufs Neue betont wird, daß katho·
ische Fürsten im Vatikan nicht empfangen werden,
venn sie den Quirinal besuchen.
Bisher war das Verfahren, welches der Reichs⸗
anzler in Bezug auf die Beileidsäußerung
des amerikanischen Repraͤsenlanten
nauses über den Tod Laskers eingeschlagen hatle,
iur Gegenstand häuslichen Zwistes geworden. Die
nternationale und diplomatische Bedeutung des Vor⸗
anges konnte auf die Dauer jedoch nicht bei Seite
eassen werden, da man in den Vereinigten Staaten
H uͤber die Form, in welcher die Zurudweisung
rfolgt war, verleht fühlie. Darauf erfolgt nun
ro das Mundstück des Kanzlerblattes folgende
Piwen. „Die amerikanischen Blätter, in denen
— des Fürsten b. Bismarck besprochen
erner der Zumuthung, die auf den Tod
r. Lastker bezügliche Resolution des amerika⸗
Repräsentantenhauses an das Präsidium des
— dnpungg gelangen zu lassen, beschweren sich haupt⸗
ich über die Amtliche Fam der Zurugsending.
Sie vergessen dabei die Antecedentien des Vorganges,
aämlich, daß derselben Körperschaft, welche obige
Zumuthung an den deutschen Reichskanzler stellte,
urz vorher eine Bill auf Schweine⸗Repressalien
zingereicht worden war, die einen unverkennbar
eutschfeindlichen Charakter trug; und ferner, daß
der hiesige amerikanische Gesandte es für gut be—
unden hatte, der deutschen Regierung gegenüber
zurch seine Haltung in Berlin sowohl wie durch
eine journalistische Thätigkeit in Amerika eine eigen⸗
hümliche Stellung cinzunehmen.“ Also „Schweine⸗
epressalien“! Wir sind nur neugierig zu erfahren,
ver schließlich dabei den Kürzeren ziehen wird, das
nnerikanische oder das deutsche Borstenvieh, das
merikanische Repräsentantenhaus oder der deutsche
ßeichskanzler. (VL. T.
Ausland.
London, 12. März. Ein Telegramm des
Standard aus Suaktin von heute Nachmiltag 2 Uhr
30 Min. meldet: Heliogrhphischen Nachrichten zu⸗
olge befindet sich der Feind 53000 bis 6000 Mann
tark der englischen Armee gegenüber; der Feind
oll nicht verschanzt sein und die Engländer sollten
sachmittags 1 Uhr vorrücken, wahrscheinlich würde
noch heute eine Schlacht stattfinden. Die Daily
News veröffentlichen eine ähnliche Depesche.
London, 13. März. Aus Suakin vom
deutigen, früh, wird gemeldet: Die englischen
Truppen trafen gestern in Tamanieh, 17 Meilen
on Suakin, ein und fanden den Feind in den
Bräben verborgen; sie stehen jetzt etwa eine Meile
om feindlichen Lager entfernt. Es ist unbekannt, ob
Ismann Digma sich bei den Aufständischen befindet.
London, 18. Marz. Reuter's Bureau meldet
muus Suakin vom 13. d. M., 10 Uhr Morgens:
Die Schlacht begann bald nach Tagesanbruch. Der
Feind wurde vollständig aus seinen Verschanzungen
zurch britische Infanterie und Artillerie verjagt.
Suakin, 18. März. Das Gefecht mit Os—
nan Digma dauerte eine halbe Stunde. Der Sieg
st vollständig. Die Engländer haben 2 Todte.
Wasßhingtou, 13. März. Der General⸗
Inwalt richtete auf Ansuchen des Präsidenten Arthur
zirkulare an die Distrikts-Anwälte und Märschälle,
velche besagen: Es verlaute, gewisse Personen för—
ꝛern schändliche Verbrechen durch Verschiffung von
S„prengstoffen. Es ist aber kein Beweis beigebracht,
aß das Gerücht thatsächlich ist; der Präsident kann
in dessen Wahrheit nicht glauben. Die Ehre der
station erfordere indessen, sich nicht des Vorwurfes
des geringsten Anscheines der Duldung solcher Ver⸗
zrechen, einerlei, ob gegen eigene Unterthanen oder
AIusländer, auszusetzen, so unbegründet selbiger auch
ein mag. Das Zirkular lenkt die Aufmerksamkeit
»er Anwälte und Marschälle auf die Verschiffungs—
hestimmungen und auf die Bestrafung der Uebertreter
herselben, und instruirt die Anwälte und Marschälle
zleichzeitig, ihr Bestes zu thun, Uebertretungen zu
»erhindern und die Uebertreter zu ermitteln und
ur Rechenschaft zu ziehen.
Pfälzisches Schwurgericht.
IJ. Quartal.
Zweibrücken, 11. März. Nachmittags 8
ühr. Verhandlung gegen Jakob Karcher, 22
J. alt, Knopfmacher von Godramstein wegen Mord.
Vertreter der kgl. Staatsbehörde Herr Staatsanwalt
Betri; Vertheidiger: Herr Rechisanwalt Schmidt.
Der Angeklagte stand seit mehreren Jahren mit
er 21 Jahre alten Dienstmagd Barbara Weid von
Zueichheim in einem Liebesverhältniß, welchem Ver⸗
ältnisse im Jahre 1881 ein Kind entsproß, das
ber bald nach der Geburt starh. In demselben
zahre trat die Weid bei dem Kaufmann Jakob
Nachol in Edesheim als Schenkamme und später
1s Dienstmagd in Dienst. Gegen diesen Machol
segte der Angeklagte den Verdacht, daß dersfelbe
nit seiner Geliebten ein unlauteres Verhältniß an⸗
jeknüpft habe, wodurch er sich zu der Drohung,
enselben todtzustechen hinreißen ließ, in Folge dessen
r zu einer zweimonatlichen Gefängnißstrafe verur—
heilt wurde. Dieser Vorfall veranlaßie den Ma—
hol, die Weid sofort aus dem Dienste zu entlassen.
Da der Angeklagte dem Mißiggange und der Trun—
enheit des Oefteren in hohem Grade ergeben war,
o widersetzte sich die Familie der Weid einer von
hm beabsichtigten Verehelichung. Auch die Weid
elbst zeigte hiezu keine große Lust, blieb aber mu
hm in fortwährendem Verkehr, erklärte jedoch oft⸗
mals, sie müsse schließlich doch den Vater ihres
sindes heirathen. Dieser Widerstand, den die Fa⸗
milie der Weid und diese selbst seinen Heirathsab⸗
sichten entgegensetzte, war die Quelle häufiger Zer⸗
würfnisse zwischen denselben. Um seine Gelicbte
dem Einflusse ihrer Familie zu entziehen und sie
elbst seinen Absichten geneigt zu machen, suchte er
ieselbe zu bewegen, einen Dienst in Mannheim
inzunehmen woselßit e»xr damals in Arheit starß
Lokale und pfälzische Rachrichten.
„* St. Ingbert, 14. März. (Wovon im
deben die Höflichkeit abhängig gemacht wird.) Be—⸗
jegnet dieser Tage einem Lehrer ein schulpflichtiger
zunge, dessen Vater ein hiesiger Handwerker ist.
der Junge schaut seinen Lehrer ruhig an, ohne zu
zrüßen. Befragt, warum er nicht grüße, gibt er
uur Antwort: „Mehr (wir) hann ach euer Trepp'
lett z2u mache kriehßt“