Full text: St. Ingberter Anzeiger

Da die Weid jedoch keinen ihr zusagenden Dienst 
fand, kehrte sie sofort wieder nach Queichheim zu⸗ 
ück, wohin ihr der Angeklagte alsbald nachfolgte. 
Schon zu dieser Zeit wurde von mehreren 
Zeugen bei dem Angeklagten eine Pistole, Pulver 
und' gehacktes Blei demerkt. Am 25. November, 
inem Sonntage, Abends gegen 5 Uhr theilte die 
Weid einer Freundin mit, sie beabsichtige zur Tanz⸗ 
musik nach Landau zu gehen und habe, damit ihre 
Mullier ihr Weggehen nicht bemerke ihre Werktags⸗ 
zleidung angezogen. Bald nach ihrem Eintreffen 
n der Wirihschaft von Frosch in Landau kam auch 
Jer Angeklagte dahin. Sie selbst betrat jedoch 
vegen ihrer schlechten Kleidung die Wirthschaft nicht, 
ondern verweilte im Hofe, wohin der Angeklagte 
hr öfters Bier brachte. Gegen halb 11 Uhr ver— 
ließ der Angeklagte mit der Weid die Wirthschaft 
und entfernte sich mit ihr gegen Queichheim zu. 
Schluß folgt.) 
Die Geschworenen bejahten die auf —A 
richtete Frage, worauf der Angeklagte unter Aber⸗ 
tennung der bürgerlichen Ehrenrechte zum Tode 
verurtheilt wurde. 
Gründet Genossenschaften! 
Der Landtag hat die Kulturrentenbank genehmigt. 
Bis der Sommer kommt, kann sie hereits ins 
deben treten. Sie wird zwei Millionen Mark zu 
Verbesserungen im landwirihschaftlichen Betrieb dar⸗ 
dieien. Das Geld wird sehr billig ausgeliehen. 
der Bauer bekommt es um 394 Prozent. Es ist 
auch leicht genug, wieder heimzuzahlen. Der Bauer 
entrichtet jedes Jahr von dem ganzen Darlehen 4* 
Procent. In 58 Jahren ist damit seine Schuld 
getilgt. Das Geld ist für „Verbesserungen“ zu 
hJaben. Der eine möchte seinen Grundbesitz ent⸗ 
vässern oder bewässern. Ein Anderer will an den 
Bächen Schutzbauten aufrichten, damit das Hoch⸗ 
wasser gefahrlos abfließt. Anderswo möchten zwei 
durch Zusammenlegung von Grundstücken ihren Be⸗ 
rieb vereinfachen uünd nützlicher machen:; Ein vier⸗ 
er würde gern eine öde Fläche noch urbar machen 
ind den Wiesen⸗ oder Feldbau dort verbessern. 
Wieder ein anderer entbehrt noch des Feldwegs 
nach seinen Aeckern, oder er wüßte ihn neu und 
besser anzulegen. 
Zu all diesen Zwecken ist das billige Geld zu 
haben. Die Landwirthe mögen sich nur melden. 
Freilich fürchten gewisse Herrn, es möchte der Groß⸗ 
grundbesitzer das beste vorwegnehmen. Wenn das 
virklich so kommt, ist aber nur der Bauer selbst 
daran Schuld. Das Geld ist auch für ihn da, — 
ja, sogar für ihn zuerst. Der Großgrundbesitzer 
sann bei jeder Bank Geld leihen. Gerade für 
ven kUeineren Bauern ist die Kulturrentenbank als 
Staatsanstalt da. Sie darf ihm das Geld 
gar nicht verweigern. Nur muß er es natürlich 
auch zu dem Zwech verwenden, zu dem er es borgt 
ind — muß noch so viel Kredit genießen, daß die 
Zank nicht fürchten muß, ihr Geld zu verlieren. 
Zobiel Kredit hat aber noch jeder arbeitsame und 
ehrlich strebsame Bauer! Sollte er allein ihn 
nicht mehr haben, so hat er ihn als Mitglied seiner 
Gemeinde oder einer Bauerngenossenschaft. Wo 
mehrere Bauern sich zu dem Zwecke der Geldauf⸗ 
aahme vereinigen, um ihren Betrieb zu verbessern 
and dadurch ihre Bodenrente wieder zu heben; wo alle 
ür einen haften, leiht die Bank mit größter Be— 
reitwilligkeii Geld aus. Wie so eine Genossenschaft 
gegründet wird, ist überall zu erfahren, beim Orts⸗ 
dürgermeister, beim Vorstand des landwirthschaft⸗ 
lichen Bezirkskomite's, ebenso auch bei dem Ver⸗ 
hahdsdireltor der pfälzischen Kreditgenossenschaften. 
Was die Herrn Ortsbürgermeister betrifft, so mögen 
sie ihre Gemeindemitglieder auf die Vortheile des 
Gesetzes bei Zeiten aufmerksam macheu, und die 
Bründung von Genossenschaften sofort anregen. Wie 
ichnell wird die Bank ihre zwei Millionen los sein. 
Fz ktommen kaum 50 Mart auf die einzelne Ge⸗ 
Nmeinde im Lande. Soviel aber weiß gewiß noch 
jede Ortschaft im Sinne des Gesetzes zu verwerthen. 
Wo nun größere Kulturverbesserungen noch gewünscht 
perden, müssen sie angemeldet sein, sobald die Bank 
ihre Thüren aufgemacht hat. Der Herr Minister 
selbst hat gesagt, daß er nicht im Stande sein 
wird, die 2 Millionen gleichmäßig in die 8 Kreise 
des Landes fließen zu lassen. Wo das Be⸗ 
dürfniß hervortrete, müsse geholfen werden, d. h. 
zu gut deutsch: wer zuerst kommt, mahlt zuerst! 
Also rasch an's Werk. Soll der Nutzen genossen⸗ 
schaftlicher Kulturberbesserungen erst noch nachge⸗ 
desen werden? Hier nur ein Beispiel aus Ober—⸗ 
ranken: In der Gemeinde Baunach haben 32 
Hutsbesitzer eine Itz Regulirung in Verbindung mit 
ndern Kulturbauten durgeführt. Die Herren haben 
inanziell recht ungeschickt gewirthschaftet und trotz 
»em ist ihnen ihre Unternehmung zum größten Vor⸗ 
heil geworden. Für ein Grundstück von 5 Tag⸗ 
verk, welches vorher 160 bis 170 Mark Pacht 
anbrachte, gehen seit 1881 bereits 600 Mt. Pacht ein. 
Dreifach und vierfach also kann der Reinertrag 
zurch Kulturunternehmungen gesteigert werden! Und 
vo der Reinertrag des Grundbesitzers steigt, da 
jeht es auch mit dem Nationalvermögen vor und 
ufwärts. Also denke die Landwirthschaft bei Zeiten 
Zaran, was sie bei der nächstens in's Leben treten⸗ 
„In Kulturrentenbank sich borgen und — wie sie 
zas Geld sicherstellen will. Am einfachsten und 
weckmaßigsten geschieht das alles auf dem Wege 
der Genossenschaften. (Pf. L. C.) 
Vermisptes. 
München, 10. März. Der vor einigen 
Tagen mit 15,000 Mark durchgebrannte Lehrling 
iner hiesigen Getreidefirma wurde in der Nacht 
om 8. auf den 9. ds. Mets. in einer Wirthschaft 
es Vorotis Schwabingen festgenommen. Das 
voffnungsvolle Bürschlein hatte von seinem Raube 
sinnen 3 Tagen immerhin schon 600 Mt. an den 
Nann resp. an das Weib gebracht. 
4 Im Börsengebäude zu München wurde ein 
jegen die „Börsianer“ gerichteter Drohbrief in Ein⸗ 
auf genommen, der blutige Rache in Aussicht stellt. 
die Polizeidirektion wurde benachrichtigt. 
Die Wittelsbacher Landesstiftung 
ann heuer, wie wir erfahren, über 22,530 Markl 
jerfügen, wovon dem Landesstiftungsrathe zur Ver⸗ 
heilung 7510 Mark zugewiesen werden. Den 
äreisstiftungsräthen werden nach den Antheilen der 
etreffenden Kreise an dem 552, 000 Mt. betragenden 
Zrundstückvermögen folgende Beträge zugewiesen 
Oberbahern 5282 Mt., Niederbayern 13805 Mtk. 
theinpfalz 1453 Mk., Oberpfalz 897 Mk. 
Dberfranken 1416 Mtk., Mittelfranken 1771 Mk., 
Interfranken 682 Mk., Schwaben 21000 Mk. 
'Aus Frontenhausen wird geschrieben 
der Soldner Gruber von Zurlberg ist als der Er— 
nordung und Beraubung des Hafners Berghofer 
ringend verdächtig in Haft genommen worden und 
——— Gurber 
ZHerrieth sich selbst dadurch, daß er, der als ver⸗ 
nögensloser Mann bekannt, schon am Tage nach 
ʒem Verbrechen eine Schuld von 600 Mk. zurück⸗ 
zezahlte. 
Würzburg, 10. März. Militärbezirks⸗ 
jericht.) In öffentlicher Sitzurg wurden verurtheilt 
er Soldal Daniel Brückner des 2. Jäger-Batail⸗ 
ons wegen Vergehens der Vorschützung von Ge⸗ 
rechen zu 1 Monat 15 Tagen Gefängniß; der 
Zoldat Philipp Schardt desselben Bataillons 
vegen Vorschützung von Gebrechen zu 14 Tagen 
Muͤtelarrest (wegen Verübung groben Unfuges wurde 
er freigesprochen); der Soldat Peter Lehmann 
des 80 Inf-Reg. und Vondersaud des 5. 
Theb.⸗Reg. wegen Vergehens der gemeinsam ver⸗ 
blen Kötperverietzung zu je 1 Monat Gefängniß; 
er Soldat Gg. Thrist des 4. Inf.“Reg. wegen 
hergehens der Körperverletzung zu 2 Manaten 14 
Tagen Gefängniß. (Pf. K.) 
F Nächsten Sonntag wird Frhr. von Stauf— 
enberg in Erlangen vor seinen Wahlern 
prechen. 
Die Annahme, daß der Kindsmörder Faul— 
aber von Königheim (Baden), der, wie ge— 
neldet, zwei seiner Kinder erschlagen, die grause 
That in einem Anfall von Geistesstörung gethan, 
ol sich nicht bestärigt haben. Um so unlöslicher 
iber ist das peinliche Räthsel, das hier sich unserem 
Auge zeigt; die Vermögenslage Faulhabers ist auch 
iicht so schlecht gewesen, wie es anfangs dargestellt 
hurde In der Krankheit wurde er von der Ge— 
neinde kräftig unterstützt. Es scheint sich aber in 
ym die Manie festgesetzt zu haben, daß er drei 
rinder mit seinem Erwerb auf die Dauer nicht er—. 
ähren könne, und so mag in seiner Seele erst 
eise, wunschweise, daun aber in immer positiverer 
hestaltung der gräßliche Gedanke entstanden sein: 
PBenn Du die drei Kinder nicht hättest! bis endlich 
araus die Absicht entstand, der armen Kinder sich 
u entledigen. An die Ausführung des Gedankens 
st er mit kaltem Blut gegangen, hat die Kinderchen 
jon der Straße ins Zimmer gelockt und das dritte, 
as vor dem Vater geflohen war, als es denselben 
hie Geschwister tödten sah, lange gesucht, ohne es 
zu finden. Wir stehen hier wieder vor einer jener 
Untiefen der menschlichen Seele, in deren Abgrund 
vir nur mit Grauen blicken. 
fGerhaftung von Falschmünzeru. 
Am Montag Morgen wurden in Frankfurt und in 
Hockenheim zwei schon bestrafte Individuen festge⸗ 
dommen, die in den letzten Wochen zahlreiche Mark. 
fücke in Umlauf gesetzt hatten. In der Wohnung 
Les Einen fanden sich die Formen, Gießplatten und 
jonstige-vollständige Apparate zur Anfertigung von 
falschen Markstücken und Zehnpfennigstücken vor. 
Beide sind ihres Verbrechens vollständig geständig. 
Die Falsifikale sind von Zink gegossen und von 
gutem Aussehen, so daß den Falschmünzern die 
Verausgabung derselben an zahlreichen Orten ge— 
luugen war. Der eine der beiden Falschmünzer 
heißt Rohrer, der andere Dietz 
.Eüberfeld, 10. März. Der wegen Be— 
theiligung an dem Dyuamitverbrechen in 
der Restauratien Willemsen verhaftete Weber Wei— 
demüller wurde am letzten Freitag mit vier 
indern Verhafteten vorläufig wieder in Freiheit 
gesetzt, hat aber, wie heute bekannt wird, alsbald 
zas Weite gesucht und sich anscheinend ins Ausland 
geflüchtet. 
p'In Essen trieb eine verspätete Liebesregung 
ein alies Mütterchen von 75 Jahren dazu, mi 
hrem im 44. Jahre stehenden Bräutigam auf dem 
Standesamte ein Ehebündniß einzugehen. — Be 
zieser Gelegenheit wollen wir nicht unerwähnt lassen 
daß vor einigen Taben ein Ehepaar in Steele die 
Beburt des 21., und ein anderes in Horstermark 
die Geburt des 22. Kindes begrüßte. 
F In Braunschweig hat sich ein „Verein 
zur Ausrotlung böser Schwiegermütter“ gegründet, 
velcher bereits 40 Mitglieder zählt. Wo die „bösen 
-„chwiegermütter“ nicht gebessert werden können 
urch Etmahnungen ꝛc., da werden sie im Vereins⸗ 
okale aufgehängi und angenagelt, d. h. im Bilde. 
F Ettlingen, 10. März. Am Samstag 
vurde hier eine sehr nobel auftretende —XW 
chwindlerin, die hierher gezogen war und eine 
anze Villa ermiethet, zugleich mit ihrem Vater in 
Antersuchungshaft genommen und zwar auf Antrag 
ines Anwaites in Breslau bei der Staatsanwalt. 
chaft in Stuttgart, welch letztere den Haftbefehl 
em hiesigen Amtsgerichte telegraphisch übermittelte 
die junge Dame soll schon 170 Mal verlobt 
jewesen sein, in den meisten Fällen mit pekuniären 
ẽrfoig. Bei der Haussuchung sollen für 30,000 
MNark Baar und Werthpapiere gefunden worden sein 
p Leipzig. GKeichsgerichtsenischeidungen, 
der Commissionar, welcher im Auftrage seines Kom⸗ 
nittenten mit diesem gehörigen Effekten an der 
görse operirt und im Verlaufe dieser Operationen 
auf die Anfrage des Committenten nach dem Grunde 
des etwaigen Coursrückganges dieser Effekten eine 
nangelhafte Auskunft ertheilt, in welcher er einen 
hm bekannten, für die weiteren Entschließungen des 
Fommiltenten etheblichen Umstad verschweigt, iß 
nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 1V. GCibil⸗ 
senats, vom 31. Dezember 1888, für den dadurch 
entstandenen Schaden haftbar, selbst wenn dem 
Tommissionär nicht nachgewiesen werden kann, daß 
er durch sein Verschweigen beabsichtigt hat, den 
Commitienten zu ferneren ihm nachtheiligen Börsen⸗ 
operationen zu veranlassen. 
GEine Parforce-Kur.) Der Schlosser 
ind Maschinenbauer P. in Berlin erkrankte vol 
nwa sechs Wochen an der Gelbsucht. Von Toh 
zu Tag farbte sich sein Gesicht intensiver, die Aug 
ipfel wurden gelb und schließlich sah er aus wi 
. Ouivre poli. Da machte ihm ein gutei 
Freund in der Kneipe den Vorschlag, sich durch 
Sympathie kuriren zu lassen, er wisse ein aubge 
zeichnetes und unfehlbares Sympathiemittel gegn 
Belbsucht. P. erklärte seine Bereitwilligkeit, sit 
einer solchen Kur zu unterziehen und erfüllte aut 
die gesiellte Bedingung, für die Bereitung der „sur 
orher zwei Mark zu deponiren. An einem schönen 
stachmittage holen ihn vier Freunde zu einen 
Spagiergange nach dem Thiergarten ab. Ihr We 
führt sie durch die Karlstraße, wo P. beim Passiren 
der Planke mil deutlicher Ubsichtlichkeit auf du 
eigenartige Exterieur des lieblich duftenden Strome⸗ 
zuͤfmerksam gemacht wird. Aus den geheimnißvolle 
keden seiner Freunde hat P. soviel entnommer. 
daß die Kur, durch welche er von seiner Gelbsuch 
Fefreit werden solle, darin bestehe, ihm einen großen 
Schreck zu bereilen, und kombinirt nun „doß n 
— 
Marschalls-Btücke wird seine Ahnung 
zu