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zt. Jugherter Anzeiger
92 s 9 0
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichlts St. Inabert.
der „St. Ingberter Auzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Moutag, Dieustag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltungs
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1. 60 4 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1. 75 H, einschließnich
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e 76.
Sonntag, 20. April 1883.
19. Jahrg
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
lleber den Neustadter Parteitag schreibt
ie „Straßb. Post“: „Keiner der Redner operirte
mit Schlagworten, jeder sprach vielmehr nur das
uus, was jegliches Herz bewegte, was in aller
grust schlummerte und nur des Weckrufes bedurfte.
der Beifall, der besonders die Aeußerungen, welche
zie Treue der Wähler zu Kaiser und Reich und zu
em machtvollen Begründer desselben, dem Fürsten
ismarck, betrafen und die in allen Reden wieder—
ehrten, begleitete, brach in urwüchsiger Unmittel⸗
arkeit herbor, und es erweckte den Anschein, als
ühle man sich wie von einem Alp befreit, endlich
vieder einmal das unumwunden und begeistert aus⸗
jesprochen zu sehen ‚was jegliches Herz bewegte.
luch die Art, wie von einzeinen Rednern, beson⸗
ers volksthümlich von Bankdirektot Eckhardt, die
ortschrittlichen Schlagworte abgethan wurden, wirkte
ündend, und als Eckhardt unter anderem in Bezug
uuf die Irrlichterei, welche mit der durch den
etroleumzoll vertheuerten „Lampe des armen
Nannes“ getrieben wird, bemerkte, der sogenannte
arme Mann“, wenn er den ganzen Tag im
-chweiße seines Angesichtes gearbeuet habe, verzichte
es Abends gern auf die Lampe, die übrigens trotz
yxes Zolles billiger, anstatt theurer geworden sei,
ondern lege sich auf's Ohr und schlafe den Schlaf
es müden Mannes, waren es gerade die Landleute,
velche am vergnügtesten ihre volle Zustimmung
ußerten. Die Verhandlungen werden noch lange
ʒtoff zu politischen Betrachtungen geben. Möchten
iese so fruchtbar sein, wie jene hier waren, und
q weitere Kreise die Ideen don dem Neustadter
darteitage und die Begeisterung, welche durch jene
sdeen geweckt wurde, tragen und befestigen.“
Schillingsfürst, 15. April. Kardinal v.
ohenlohe machte sofort nach seiner Ankunft in
dom im Vatikan dem Papste seine Aufwartung.
dach hierher gelangten sicheren Nachrichten währte
ieser Besuch nahezu 2 Stunden. Der Kardinal
vurde vom Papsie sehr freundlich bewillkommt.
Offizids wird geschrieben In der zweistündigen
interredung, welche der Reichskanzler am Ostersams⸗
ag mit dem Kronprinzen haͤtte, ist dem Ver⸗
iehmen nach eine Verstandigung dahin erzielt worden,
aß der Kronprinz sich bereit ertlärt hat, den Vorsit
ndemnen zů organisierenden Staaus
athe zu übernehmen. Vie ein zeitlang
wogene Absicht, dem Kronprinzen den Vorsitz im
taatsministerium zu übergeben, ließ sich nicht aus—
ühren, da die von der Verfassung für die Staais
ninister vorgeschriebene Verantworilichkeit sich nicht
uf ein Miiglied der königlichen Familie übertragen
aͤßt. Nachdem der Kronprinz sich für die MRit
bitkung an den Arbeiten des Siaatsrathes erklärt
at, sieht man in amtlichen Kreisen den weileren
hritten der formellen Aufstellung der Pflichten
w Vefugnisse des Staatsrathes, der Ernennung
mer Milglieder und der Veröffentlichung der be
reffenden koniglichen Verordnungen binnen kurzem
— — Ebenso dürfte der formelle Ruͤctrin de
en Bismard aus dem preußischen Slatamnie
V in mächster Zeit erfolgen. Wie verlautet,
das Staatsministerium in seinem bisherigen
eslande durchaus bestehen bleiben.
Serlin 18. April. Der Kaiser wohnte
dern Abend, zum ersten Mal seit seiner Gene
der Vorstellung der „Walküre“ im Opern⸗
ust det. — Das Besinden da Kaiserin hat sich
erheblich gebessert. Dieselbe konnte gestern mehrere
Ztunden außer Bett zubringen. — Die Abreise
des Kaiserz nach Wiesbaden ist der ungünstigen
Witterung wegen vorläufig wieder verschoben.
Metz, 17. April. Unter übergus großet
Theilnahme der Bevölkerung fand heute in der
Farnisonskirche die Leichenfeier für den verstorbenen
Beneral v. Schwerin Statt. Der Sarg war
nit zahlreichen Kränzen und Palmzweigen bedeckt.
der Kronprinz, Prinz Friedrich Karl und der Groß⸗
jerzog von Baden hatien Lorbeerkränze gespendet.
lls Vertreter des Großherzogs von Baden wohnte
Dberstlieutenant v. Treskow der Leichenfeier bei.
statirt worden, daß der Tod desselben durch einen
Schuß in die Brust herbeigeführt wurde. (S. u. Bl.Z.)
F Im Jahre 1880 antwortete Kaiser Wilhelm
der in Frankfurt am M. versammelten dentschen
Turnerschaft auf ihren Gruß Folgendes „An den
Vorsitzenden, Oberbürgermeister Miquel. Ich be—⸗
niftrage Sie, den Genossen des allgemeinen deut⸗
chen Turnfestes meinen Dank für den Gruß und
neinen Wunsch für das fröhliche Gedeihen des mit
der körperlichen Bildung zugleich den nationalen
Sinn belebenden Turnwesens auszudrücken.“ Für
dieses fröhliche Gedeihen, welches unser allverehrter
Zaiser dem Turnwesen wünschte, legt ein eben er—
schienenes Buch Zeugniß ab Es ist das „Hand⸗
buch der deutschen Turnerschaft. Zweite Auflage.
Im Auftrage des Ausschusses herausgegeben don
Dr. med. F. Goetz, Geschäftsführer u s. w.“ Es
hesteht danach in Deutschland unter freien Vereinen
eine von gleicher Mächtigkeit. Im Jahre 1869
1546 Vereine mit 128,000, im Jahre 1880 2200
Vereine mit 170,000 Mitgliedern zählend, gehören
eute zur deutschen Turnerschaft 2500 Vereine mit
236,000 Mitgliedern (außerdem gibt es noch 220
bereine in Deuischland, welche sich dem großen
hanzen nicht angeschlossen haben)Das Ganze ist
n 15 Turnkreise uͤnd diese wieder sind in 191
Turngaue eingetheilt. Niemals wurde so viel und
o stramm geturnt wie heute: 50,000 Männer und
Jünglinge beleben allabendlich die deutschen Turn⸗
olätze und Turnhallen.
F Mannheim, 13. April. Vor einigen
Tagen hat ein Vizefeldwebel des hiesigen Infantecie
regiments namens Ehrenfried beim Exerzieren die
Reservisten mit der liebenswürdigen Anret⸗ „Sau⸗
bauern“ und „Lumpen“ traktiert. auch einen Mann,
der einen Griff verfehlte, geohrfeigt. Der Vize⸗
feldwebel wurde vom Militärgericht zu der gelinden
Arreststrafe von fünf Tagen verurteilt. Es kam
bei. der Verhandlung der eigentümliche Fall vor,
daß die Mannschaften die Frage, ob sie sich durch
die erwähnten Ausdrücke beleidigt gefühlt hätten,
„ganz gehorsamst verneinten“. Die Frageslellung
wird wohl danach gewesen sein.
F Zu Zornheim Kheinhessen) wurde vor
zeinigen Tagen die Frau eines dortigen Ackermannes
verhaftet, weil sie Abends vorher ihren Mann ver—
ziftet haben soil. Mann und Frau lebten schon
iängere Zeit unglücklich mit einander, Morgens
ward der Mann todt im Beite gefunden und
deuteten alle Anzeichen darauf hin, daß der Tod
durch Gift herbeigeführt wurde.
F Der Mädchenmörder Hugo Schenk gibt
sich, wie die „Presse“ mittheilt bezüglich semnes
x-chicksals keinerlei Hoffnungen hin. Jene Selbst⸗
zefälligkeit, der er während der Verhandlung zu—⸗
weilen Ausdruck gab, verläßt ihn indeß auch jetzt
nicht, wo er sich der Ausführung des Richterspruches
näher gerückt sieht. Hugo Schenk spielt sich gern
auf den starken Geist hinaus, und als ihm in den
letzten Tagen nahegelegt wurde, gelegentlich von
den Tröstungen der Religion Gebrauch zu machen,
üußerte er, derlei bedürfe er nicht; was brauche,
das sei ein Philosoph und ein Arzt. Diese beiden
mögen ihn auf seinem letzten Wege begleiiten.
F Die Idee, Brüssel zum Meereshafen zu ma⸗
chen, indem man die Schelde bis zur Stadt führt,
und die Brabanter Kanaͤle umgestaltet, findet immes
mehr Boden und Anhänger; zahllose Versamm—
ungen finden statt. Der Kostenbetrag ist auf 47
Millionen Francs veranschlagt. Die Regitrung
kokale und pfaälzische Bachrichten.
*St. Ingbert, 19. April. Morgen,
Sonntag, empfangen in hiesiger katholischer Kirche
7 Mädchen und' 91 Knaben die erse Com⸗
nunion.
— Schon wieder Lotterien in Aussicht: eine
zu Gunsten der Alexanderskirche in Zweibrücken, die
indere zum Bau einer Synagoge in Laudau.
— Die Zahl der Volksschuͤlen in Kaisers⸗
aut ern belrägt jetzt 61; der größte Theil der⸗
elben hat noch weit über 80 Kinder.
— Edenkoben. Die „Gegenwart“ schreibt:
Seit einigen Tagen zirculiri hier das Gerücht, daß
m Herbste in unferer nächsten Umgebung ein
zrößeres Truppenmanöver abgehalten werden soll,
vobei die Villa Ludwigshöhe als Hauptiquartiei
ienen werde. Wir geben diefe Meldung ohne
Bewähr.
— Speyer, 16. April. Der „Pf. Zig.“
oird geschrieben: Hier wie in der Umgegend lreibt
ich ein Bücherreisender Namens Franz Wilhelm
erum. der sich als Vertreter einer Gesellschaft von
heistlichen zut Unterstützung der im Gehalt ge⸗
perrten Priester in Preußen ausgiebt, und uner
dem Vorwande, Herr Stadipfarrer Münch habe ihn
beauftragt und der Herr Bischof empfohlen, sich in
ath. Familien drängt, um deren Mildthätigkeits⸗
inn durch Abnahme bon Büchern, deren Ertrag
zu obigem Zweck verwendet werden soll, zu miß—
rauchen. Rach gepflogenen Erhebungen ist die
Sache dem Herrn Stadtpfarrer, wie dem ganzen
jiesigen Klerus vollständig fremd, ist darau kein
vahres Wort, sondern es ist ein fein angelegter
Betrug, um durch Mißbrauch von Namen uud der
lath. Flagge Capital zu schlagen und die Opfer⸗
villigkeit auszubeuten. Darum Vorsicht vor solchen
Reisenden“.
— Die pfälz. Bahnen vereinnahmten im
ersten Quartal 1884 8890,016 Mi. 13 Pfg.,
zjegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres ein
Mehr von 181,377 Mi. 74 Pf. Dabei ist zu
»erücksichtigen, daß!die Lauterthalbahn im Quari
1883. noch nicht eröffnet war.
— Aus der Pfatz, 16. April. Die
ʒeutsche Volkspartei der Pfalz wird am Sonntag,
»en 27. April in Kaiserslautern eine öffentliche
Wählerversammlung abhalten, welcher eine Ver—
ammlung der Verlrauensmänner zur Besprechung
der Aufstellung von Kandidaten der Partei vorher⸗
gehen soll.
Vermischtes.
FNeunkirchen, 18. April. Gestern Nach⸗
nittag wurde die Leiche des tags vorher infolge
iner Verwundung plötzlich verstorbenen Bergmanns
l. von hier im bergamtlichen Knappschafts⸗Lazarett
vduzirt. Wie wir vernehmen, ist hierbei konsta—
—
hao⸗