st. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingsbert.
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Ae r.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Eine Pfälzer Stimme über die
aationalliberaie Bewegung. In der
Zoin. Zeitung finden wir eine Correspondenz aus
girchheimbolanden, in welcher es u. A. heißt: „In
Suddeutschland bereitet sich zur Zeit ein gewaltiger
Umschwung der öffentlichen Meinung vor. Das
Auftreten der Pfui· Rufer in der Fortschritispartei
ind namentlich ihres Führers Richter, der sich nicht
scheute, dem Reichskanzler vorzuwerfen, die Reichs-
legierung treibe eine Schnaps⸗ und Schweinepolitik,
hai die Gefühle der Dankbarkeit und hohen Ver⸗
ihrung für den Reichskanzler, welche in den Herzen
des Volkes schlummerten, neu geweckt, sodaß die
Zausende und aber Tausende der in Neustadt ver⸗
ammelten Parteigenossen fich gedrungen fühlten,
Zeugniß für den Reichskanzler und dafür abzulegen,
zaß jeder gute und — sagen wir es geradezu —
seder anstaͤndige Deutsche zwar Bismarck bekämpfen
jann, nie aber den Ton achtungsvoller Dankbarkeit
jegen den Kanzler vergessen darf. Dieses Gefühl
ind die Ueberzeugung, daß die Verlängerung der
dauer des Sozialistengesetzes unbedingt zu ge⸗
währen und die Sozialpolitik des Kanzlers zu unter⸗
utzen ist, also ein Zusammenwirken mit dem Reichs⸗
janzler in den wichtigsten Fragen, welche den Reichs⸗
jag demnächst beschäftigen werden, zu erwarten steht,
hatten die Versammlung in eine gehobene, zuversicht⸗
iche Stimmung und in eine Begeifterung verseßt,
wie wir fie noch selten bei einer Volksversammlung
exlebt haben und welche sich am gewaltigsten bei
illen denjenigen Stellen der verschiedenen Reden
elundete, in welchen die Verdienste des Reichskanz⸗
lers hervorgehoben wurden und in welchen die
Interstützung desselben durch die nationalliberale
hartei in Aussicht genommen wurde. Wenn diese
rohe Zuversicht, welche in der Neustadter Ber⸗
ammlung waltete, von den Parteigenossen hinaus⸗
zetragen und verbreitet wird in ihrer Heimath,
ind wenn dieser Zuversicht energisches Handeln
ei den bevorstehenden Wahlen folgt, dann steht
der nationalliberalen Partei, welche von ihren Feinden
von rechts und links schon so oft todt gesagt wurde
rin Zuwachs an Stimmen bevor, welcher der Partei
wieder zu derjenigen einflußreichen Stellung und
bertretung im Reichstage verhelfen wird, die dem
zemaßigten Liberalismus, d. i. dem zahlreichen
Mittelssande, dem Bürger⸗ und selbständigen Bauern⸗
sande gebührt und demselben nur zum Nachtheil
n Vaterlandes auf die Dauer enitogen werven
n.
Veranderungen im großzen Geueral⸗
—Xa find nach veriüßlichen Quellen folgende: der
dniglich wurttembergische Oberstieutenam v. Pfaf
sazum Chef des Generalstabes des koͤniglich preu⸗
hischen 4. Armeecorpe ernannt, dessen bisheriger
ühef, der Generalmosor Lenhe,zum Kommanden
det 19. Infanterie · Brigade defordert ist; der Obersi
—— dv. Studrad, à la suito des großherzog⸗
hessischen Infanterieregimenis Leibgarderegimenn
t 118. Direltor der Kriegsschule ju Ersurt, iss
um Chef des Generalftabes des 9. XX
unnt; Oberstlieutenant Stieler von Heydelamp
—8 Entbindung von der Stellung als Chef
—— des 7. Armetcorps zum Gouver⸗
* nt nach Meß versetzt und an seine Stelle zum
d een Oberstlieutenant Boie er⸗
ne en — seinem Commando zur
Montag, 21. April 1884.
19 Jahrg.
Der Reichskanzler hat anläßlich eines
Tinzelfalles sämtlichen deutschen Staatsregierungen
die Mittheilung gemacht, daß denjenigen Privat⸗
lehranstalten, deren Abgangszeugnisse den Nachweis
der wissenschaftlichen Befähigung zum einjährig⸗
reiwilligen Militärdienste zu führen für geeignet
rklart sind, die Befugnis, besonders ausgezeichnete
Schüler nach einem vorzüglichen Ausfalle der
chriftlichen Prüfung von der mündlichen Prüfung
zu befreien, nach seiner Aussassung nicht zugestanden
verden könne.
saiserslautern, Haupilehrer Berger in Speyer und
Lehrer Krebs in Oppau, Baron von Gienanth in
Hochstein, Bürgermeister Ritterspach in Kirchheim⸗
bolanden und Dr. Groß in Lambsheim.
— Sippersfeld. Vergangene Woche fand
hier nachstehende Geschichte statt. Zwei Kinder,
eines der ärmeren, das andere der wohlhabenderen
Alasse angehörend, spielten mitsammen und geriethen
in Streit; der dazu gekommene Onkel des reicheren
() Kindes faßte sofort dessen Partei und schlug
dessen Gegner sehr heftig. Nachmittags begab sich
der Onkel zu dem Vater des mißhandelten Kindes,
von dem er eine Scheune z. Z. in Miethe hat.
Als ihm vom Vermiether vorgehalten wurde, warum
er sein Kind so mißhandelt habe, ging der Miether
nach Hause und holte sich einen Prügel, worauf er
den nichtsahnenden Vater, der eben Holz zerkleinerte,
3—4 mal mit dem Stocke auf den Kopf schlug.
Beim funften, unficher geführten Hiebe traf er ein
andereb, dem gleichen Manne gehdriges daneben
ftehendes Kind so unglücklich auf den Kopf, daß
an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Polizeiliche
Recherchen sind eingeleitet.
— VDer städtische Haushalt der Stadt Speyer
pro 1884 beziffert sich in Einnahme und Ausgabe
auf 391,829 Mt. 66 Pfg.
— die Volksbankaktiengesellschaft in Lud⸗
wigshafen hatte pro 1888 einen Gesammtum⸗
jatz von 60,432,075 Mt. und vertheilt eine Divi⸗
dende von 88 oder 48 Mk. pro Altie.
Ausland.
Vom Aufstand auf Cuba. Privatbe⸗
richten aus Havana zufolge steht der Insurgenten⸗
führer Aguero mit einer starken Streitmacht gegen⸗
värtig im District Cienfuegos und legt den Pflanzern
Tontributionen auf. Es heißt, die cubanische Re—
zierung lehnte es ab, diese Meldung der Presse
nitzutheilen. Der Präsident der Vereinigten Staa⸗
jsen hat den Zolleinnehmer in Key West wegen
eines Einverstaͤndnifses mit General Aguero in der
Drganisation seiner dort jüngst ausgerüstesten Frei—⸗
zeuler⸗Expedition abgesetzt. Das Gerücht, daß eine
neue Expedition ausgerüstet werde, erhält sich.
—
kokale und pfalzische NRachrichten.
h. St. Ju gbert, 21. April. In neuerer
Zeit hat sich unter den auf den benachbarten kgl.
zreußischen Gruben beschäftigten Vergleuten unserer
Stadt ein Verein gegründet, welcher den Zwed
derfolgt, seine verstorbenen Mitglieder mit berg⸗
nännischen Ehren, d. h. in voller Knappen⸗Uniform
und unter Vorantragung einer Vereinsfahne zu
Brabe zu geleiten. Jedes Jahr an einem hierzu
noch zu bestimmenden Tage wird der Verein einen
feierlichen Dankgottesdienst veranstalten. Es siehl
zu hoffen, duß sich demselben alle hier wohnenden
Knappen der genannten Gruben anschließen.
*St. Ingbert, 21. April. In vollem
Begensatze zum Kalender stellte sich in den leßten
Tagen der Winter ein und zwar mit einer Heftig
leit, die uns schier vermuthen ließ, als seien win
über Nacht in die Nähe des Nordpols versetzi
vorden. Hat auch der gestrige weiße Sonniag mi
dem Schnee aufgeräumt, so ist doch die Temperatur
jo niedrig, daß noch einige winterliche Extravaganzen
zu erwarten sind.
e Enttheim, 20. April. Heute Nacht kurj
aach 12 Uhr, wurden die hiesigen Bewohner durch
das Feuersignal aus dem Schlafe aufgeschreckt.
Dichte Rauchwolken kündigten einen Brand bei dem
Bastwirth Heinrich Fries dahier an. Schnell war
zwar die Feuerwehr an der Brandftätte; allein da
bei Allarmirung der Löschmannschaft der Dachstuh'
ͤber dem Tanzsaal schon völlig in Flammen stand
so mußte vorerst darauf Bedacht genommen werden
daß das dicht angrenzende Wohnhaus unverfehri
blieb, was der Feuerwehr auch glücklich gelang
Das Feuer blieb durch die rastlose Thätigkeit der
Mannschaft auf feinen Herd beschränkt, so daß nur
der Dachstuhl und die Decke des Saales ein Raub
der Flammen wurden. Um 3 Uhr heute früh war
die Löscharbeit gänzlich vollendet und die ermüdete
Mannschaft lonnte wieder das stärkende Lager auf⸗
uchen.
— Neustadt, 18. April. Das gestern ge⸗
wählte Comitee des Kreisbereins der Lutherstiftung
desteht aus den Herren Consistorialrath Risch in
Speyer, Decan Maurer in Bergzabern und Decan
Zriener in Lixchbeiimbalanden VLhrer Närkßler in
Verm ischtes.
4 München, 19. April. In dem Processe
zegen den Hoffourier Schmidt wegen des in der
föniglichen Residenz im vorigen Jahre begangenen
Finbruchdiebstahls erkannte das Landgericht auf
Freisprechung, Freigabe der Caution und Ueber⸗
weisung der Kosten auf die Staatskasse.
Das Oberlandesgericht in Munchen hat
das sog. Zwicken“ als ein verbotenes Glüdsspiel
erllärt. Wirthe, die dasselbe in ihrem Hause dul⸗
den, loͤnnen mit hohen Geldbußen, sogar mit Con⸗
ceffionsentziehung bestraft werden.
elüheim, 15. April. Stromerfrech⸗
heiie) In einem benachbarten Pfarrdorfe kam
zestern Abends ein Stromer in das Pfarrhaus und
deitelte den gerade zum Ausgehen gerüsteten Pfarr⸗
herrn im Housflure an. Dieser gab dem Fremden
i0 Pf., worauf der freche Bursche mit den Worten
„ist das auch ein Almosen“ dem nichts ahnenden
Pfarrer den Hut vom Kopfe schlug und das Weite
uchte. Das sind recht neite Früchte unserer Zeit!
ꝓ Aschau, 15. April. Der Rosenh. Anz.“
schreibt: Der 17jaährige Sohn des Bauern Guggen⸗
bichler in Doörsdorf erschoß aus Unvorsichtigleit sein
dreijatzriges Brüderchen. Der Thater scheint ein
wahrer ünglücksmensch zu sein; als zweijährigeß
ind fiel er mit dem Gesichte in eine Pfanne fie⸗
denden Wassers, in Folge defsen das Gesicht schred⸗
lich entstellt ist, als fünfjähriger Knabe zündete er
das elterliche Anwesen, das ganz niederbrannte, an,
ferner fiel er schon zweimal vom Dache.
4 Die Kaiserin von Oesterreich zahll
dem Besitzer des Schloßhotels in Heidelberg,
Herrn Albert, die Summe von 60.000 Mark für
-tägigen Aufenthalt, exll. Bedienung und Ver—
ostigung.
FSarmstadt, 18. April. Die Kronprin⸗
zesfin des deutschen Reichs wird am 26. d. hier
rinireffen. — Großfürst Ser gius von Rußland
isü hein⸗ Normittiag uum Vesluche der Köniain Ola⸗—