Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Jugbherter Anzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich funfmalz Am Montag, Diteustag, Donnerotag, Samstag und Sonutag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungi 
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Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 9. Mai. Der Reichs⸗Anzeiger meldet: 
Her Kaiser hat dem russischen Großfürsten⸗Thron⸗ 
olger den Schwarzen Adler. Orden verliehen. 
Dem Bundesrathe wird in den nächsten 
Tagen ein Gesetzentwurf, betreffend die Beschleunig 
ung des Umtausches der Reichskassenscheine von 
1874, zugehen. Die öͤffentlichen Cassen sollen die 
Scheine nicht weiter ausgeben, sondern zum Umtausch 
zei den Reichsbankstellen gelangen lassen. Die Vor— 
iage, betreffend die Subvention von Dampferlinien 
nach Ostasien und Australien, soll dem Reichstage 
n den nächsten Tagen zugehen. 
Deutsche Colonialbank. Die „Nordd. 
Allg. Ztg.“ gewährt heute an hervorragender Stelle 
iner Einsendung Raum, welche für die Errichtung 
iner deutschen Colonialbank sich ausspricht und mit 
xen Worten schließt: Deßhalb fühlen wir uns ge⸗ 
zrängt, im Widerspruch zu unserer nörgelnden und 
moalerländischen Fortschritispresse es auszusprechen, 
daß der Gedanke der Begründung einer großen 
deutschen Colonialbank, wie er von Berlin aus ge⸗ 
plant ist, auch hier in weiten Kreisen volle Wuͤr⸗ 
digung findet und als ein froh verheißendes Symptom 
für die Entwidelung des deutschen Handels auf 
elbstständigen Bahnen begrüßt wird. 
Deutscher Colonialverein. Auf das 
Schreiben des deutschen Colonialvereins, betreffend 
ʒie Unterstützung überseeischer Dampferlinien, sandte 
der Reichskanzler an den Fürsten Hohenlohe⸗Langen⸗ 
hurg folgendes Antworischreiben vom 4. d.: „Euer 
durchlaucht danke ich verbindlichst für die im Namen 
des Vorstandes des deutschen Colonialvereins an 
nich gerichtete anerlennende Zuschrift vom 27. April 
dezüglich der beabsichtigten Postverbindung mit über⸗ 
seeischen Landern. Wenn ich auch im Rückblick 
uf die Samoafrage und in Erwägung der im 
deichsstage vorherrschenden Tendenzen auf einen un⸗ 
mittelbaren Erfolg des gestellten Antrags kaum 
rechne, so halte ich es doch für Pflicht der ver⸗ 
bündeten Regierungen, sich von der Anregung solcher 
kinrichtungen, von denen fie eine Foͤrderung natio⸗ 
naler Wohlfahrt erwarten, durch Unwahrscheiulich⸗ 
leit der Zustimmung des jeweiligen Reichstages 
niht abbalten zu laßsen.“ 
Ausland. 
Paris, 8. Mai. Die Steuereinnahmen im 
Nonat April blieben um sechseinhalb Millionen 
smier dem Voranschlage zuruͤck. — Die „France“ 
agt: Mehrere Mitglieder der Budgettommission 
vabsichtigen, bei der Fortdauer des Defizits in den 
Finnahmen die Veraäußerung der Staatsbahnen 
orzuschlagen 
das Mandat für Neustadt⸗Landau. 
Die Wahlprüfungs-Commssion des Reichstags 
jet beschloffen. dem Reichstag selbst die Beanstan— 
dung des Mahla'schen Mandates für Neustadi⸗Landau 
uu empfehlen. Das heißt: eine Reihe von VBehaup— 
ungen, welche in den beiden Protesten gegen diese 
behl enthalien sind, soll näher untersucht werden. 
dt eine proiest ist bekanntlich von dem forischritt⸗ 
ihen Reichstogsabgeordneten Kohland erhoben und 
nit einem Nachtrag versehen worden, den der 
— Hermes eingeliefert hai. Der andere Protefl 
s don nationauiberalen Wählern erhoben und 
—TF sich gegen die Giltigkeit einer großen Anzahl 
n Summen welche auf den Candidaten der Fori⸗ 
chrittabariei entfallen sind 
Sonntag, 11. Mai 1884. 
Gleichwohl hat das Pfälzer Journal und die 
Neustadter Neue Bürgerzeitung ein Triumpfgeschrei 
ingestimmt, sobald der Beschluß der Wahlprüfungs⸗ 
Tommission bekannt ward, — ein Triumpfgeschrei, das 
aur erklärlich wird, durch die bodenloseste Unwissen⸗ 
heit in parlamentarischen Dingen. 
Denn es handelt sich um weiter gar nichts, alb 
einfach um die Prüfung einseitig erhobener 
Angaben auf ihre Wahrheit und ihren Werth. Und 
war gilt dies nicht nur von Vorgängen, welche 
den für Herrn Mahla abgegebenen Stimmen⸗Abbruch 
thun könnten, — wohlbemerkt, wenn sie überhaupi 
durch amtliche Untersuchung erwiesen werden sollten. 
Es gilt auch von Vorgangen, die gar wesentlich 
die für den Gegenkandidaten Sartorius abgegebene 
Stimmenzahl herabmindern könnten. 
Es braucht sich nur einer von den Gründen, 
welche gegen die Giltigkeit Sartorius'scher Slimmen 
vorgebracht sind, als zutreffend zu erweisen, so wäre 
dessen Stimmenzahl so bedeutend beeinträchtigt, daß 
elbst alle von fortschrittlicher Seite angefochtenen 
Mahla'schen Stimmen ungiltig sein dürflen: trotz 
dem kaͤme eine größere Mehrheit für Mahla heraus, 
als die am 25. Juni 1883 erziehlte! 
Die genannten Blätter scheinen den Unterschied 
wischen Behauptungen und Beweis nicht zu kennen, 
— ein Mangel, der allerdings in der sortschritt⸗ 
lichen Presse oft genug zu Tage tritt. Der ganze 
därm, der natürlich in der üblichen „gewählten“ 
Ausdrucksweise gemacht wird, — ist vorerst reir 
nichts und wieder nichts. 
Die Redensart aber, daß die zweit⸗ und die 
drittgroßte Stadt der Pfalz im Reichstag jetzt that ⸗ 
achlich unvertreten seien, da der Abg. Mahla sein 
Hdandat nicht ausüben könne, ist reiner Schwindel 
Nach den betreffenden Bestimmungen der Geschäfts⸗ 
»rdnung für den Reichstag behält der als gewählt 
protlamirte Abgeordnete bis zur Ungiltigkteits— 
Erllarung seiner Wahl durch den Reich s tag Sitßz 
und Stimme in demselben, — mit der einzigen 
Ausnahme des Falles der Abstimmung über Gilig 
deit oder Ungiltigkeit seines eigenen Mandates. Er 
jat bis dahin mit dem Rechte auch die Pflicht 
der Ausübung seines Mandates. Für die Thätig— 
keit des Abgeordneten hat die bloße Beanstandung 
seiner Wahl durchaus keine Bedeutung. Die Be— 
anstandung wird schon auf die Behauptung 
einer, wenn sie wahr ist, allerdings in's Gewicht 
allenden Thatsache hin von der Commission vor⸗ 
geschlagen und vom Reichstag auch beschlossen, so⸗ 
dald die Unwahrheit der Behauptung nicht auf den 
ersten Blick ersichtlich, oder gar kein Beweismaterial 
der Behauptung beigegeben ist. Aber dann folgt 
erst die amtliche Prüfung des Behaupteten. 
Der Prasident des Reichsstags, Herr von Le⸗ 
etzow, hat es auch erlebt, daß die Guͤtigkeit seiner 
Wahl von Fortschrittlern angefochten und infolge 
)essen vom Reichstag beanstandet wurde. Er ha⸗ 
iber über Jahr und Tag sein Amt als Reichstags— 
zräsident weitergeführt. Schließlich hat sich dann 
ichtig aus den angestellten Untersuchungen die Un⸗ 
vahrheit der fortschrittlicherseits erhobenen An⸗ 
chuldigungen ergeben, womit die darauf gebauten 
Anträge in sich selbst zusammenfielen. Dasselbe ist 
in Dutzenden von Fällen bei Protesten und Wahl⸗ 
eanstandungen das Ende vom Lied gewesen. Und 
venn im vorliegenden Falle die Untersuchungen der 
Protesterhebungen zum Abschluß kommt, so zweifeln 
vir gar nicht, daß auch da wieder die Bestätig⸗ 
ang des Mahla'schen Mandates das Ende sein 
pvird. Bis dahin haben sich hof⸗ntlich Bürgerzei— 
19. Jahrg. 
tung und Pfalzer Journal bessere Sachkenntniß und 
auch anständigere Schreibweise angeeignet. 
(Pf. L. C.) 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
— Kaiserslautern. Dem Stammbermö⸗ 
zen des pf. Gewerbemuseums wurden neuer⸗ 
dings, und zwar anläßlich ihrer Geschäftsabschlüsse, 
jeschenkt; von der hiefigen Kammgarnspinnerei 
1000 Mk., von Hrn. Kommerzienrath Dir. Schoen 
200 Ml., vom hies. Eisenwerk 300 Mk.und von 
der mech. Baumwollspinnerei Ludwigshafen 300 Mk. 
— Giehungsresultate der Kaisers⸗ 
auterer kath. Kirchenbau⸗Lotterie.) Es 
ielen auf Nr. 532168 40,0500 Mk., auf Nr. 
126293 10,000 Mk., auf Nr. 104995 5000 Mtk., 
e 1000 Mk. auf Nr. 161424, 134872, 44247, 
je 500 Mk. auf Nr. 177304, 163309, 31066, 
16488, je 800 Mk. auf Nr. 188769, 176809, 
158118, 120020. 70767, 9059, je 200 Mt. auf 
Nr. 177136, 173805, 148112, 138530, 119017, 
77545, 50341, 37805, 23897, je 100 Mt. auf 
Rr. 178809, 178652, 177819, 174253, 173097, 
152380, 149509, 135057, 115429, 76896, 
72861, 71099, 65580. 52882. 532335. 23906 
ind 20478. 
— Olsbrücken, 7. Mai. Der Ackerer 
Blees dahier hat ein 5⸗vierteljähriges Rind, das 
tatt der Haare Wolle trägt wie ein Schaf. 
— Die neulich von der „Pf. V.“ berichtete 
merkwürdige Duellgeschichte aus Schweisweiler 
wird jetzt dahin berichtigt, daß die beiden ver⸗ 
schioägerten Steinbrecher in Streit geriethen und 
der Eine auf den Andern viermal geschossen habe, 
ohne jedoch zu treffen; von einer Revanche des 
Andern, bezw. einer Verwundung ist keine Sprache. 
— Die weitere Ausschmückung hängt wobl mit 
dem 80. April. zusammen. 
— Der Vorort Speyer erläßt an die Turn⸗ 
vereine des Bezirks Speyer⸗Neustadt, 
12 an der Zahl, Einladung zu einer am Christi⸗ 
dimmelfahrtstage zu veranstaltenden Turnfahrt nach 
der Madenburg und dem Trifels. Als Sammelplatz 
ist der Hauptbahnhof Landau, als Zeit des Ab⸗ 
narsches die achte Morgenstunde in Aussicht ge⸗ 
nommen. In Annweiler soll ein gemeinschaftliches 
Mittagsmahl eingenommen und von da aus die 
Rückfabrt mit den Abendzügen angetreien werden. 
Vermischtes. 
7 Tegernsee, b. Mai. Gutem Vernehmen 
zach sind die Diebe, welche kürzlich dem Gastwirth 
herrn Obermaier in Gmund die Summe von ca. 
20,000 Mk. entwendeten, in einer Tagloͤhnerfamilie 
in Dürnbach ermittelt worden. Bei derselben sollen 
noch 17,000 Mtk. vorgefunden worden sein. 
F Ein Nürnberger Metgzger schloß auf 
dem Viehmarkte zu Nürnberg mit einem Viehhändler 
'olgenden Pakt ab: Der Metzger hatte dem Vieh—⸗ 
jändler für ein paar Ochsen die Summe von 
340 Mk. geboten; der Händler ging auf das Ge⸗ 
hot ein unter der Bedingung, daß der Metzger den 
Betrag bis längstens am Abend in einzjelnen 
Pfennigstücken auszahle, sonst würde sich der Kauf⸗ 
zreis auf 100 Mt. höher beiaufen. Der Metzger 
lief nun bei allen Bank- und Wechselgeschäften 
jerum; trotzdem gelang es ihm nicht, in den paar 
Nachmittagsstunden die 54,000 15Pfennigstücke zu⸗ 
ammenzubringen. Er mußte sich deßhalb bequemen, 
em Händler am anderen Tage den vereinbarten 
Aheren Mreis 3u 20hlen