Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Znabert. 
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich füunfmalz Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungs 
8glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1.4 60 à einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 , einschließsich 
40 ⸗ Zustellungsgebüuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 4, Neclamen 30 A. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 44. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 13. Mai. Nach einer aus Hofkreisen 
ommenden Mittheilung würde sich Prinz Wil— 
selm zu Ende dieser Woche im Auftrage des 
aisers nach Petersburg begeben, um dessen Glück⸗ 
vünsche zur GroßjährigkeitsErklärung des Thron⸗ 
jolgers zu überbringen. Prinz Wilhelm, welcher zum 
ersten Male eine Reise an den ihm nahe verwandten 
russischen Hof antritt, soll auf derselben von dem 
Heneralquartiermeister Grafen d. Waldersee be⸗ 
gleitet sein. 
Berlin, 14. Mai. Der Kaiser nahm die 
Jewöhnlichen Vorträge entgegen und machte eine 
Ausfahrt. Die Reise des Kaisers nach Wiesbaden 
ist definitiv aufgegeben, die dorthin gesandte Diener⸗ 
schaft, Wagen und Pferde sind zurückbeordert worden. 
Bismarck's Entlassung als Minister⸗ 
prãsident. Die Nachricht, der Kaiser habe bereits 
die vom Herrn Reichskanzler Fürsten Bismarck er⸗ 
betene Entlassung aus dem preußischen Ministerium 
genehmigt, wird in gut informirten Kreisen, als 
um mindesten verfrüht hbözeichnet. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
P Aus dem Dekanat Zweibrücken, 
13. Mai. Das Jahresfest für außere Mission wird 
jeuer in Mim bach abgehalten und zwar am 
Christihimmelfahrtsfest des Nachmitiags um 233 Uhr. 
Regierungsaccessist Lilier von Zweibrücken 
st zum Bezirksamtsassessor in Köniashofen (Unter⸗ 
iranken) ernannt. 
- Kaiserlautern, 12. Mai. Die gestrige 
Bersammlung der Mitglieder des Bezerksbereins 
falz. Post- und Telegraphen⸗Beamten beschloß ein⸗ 
timmig die Gründung einer Wittwen⸗ und Waisen⸗ 
lasse. Ein Statutenentwurf wurde berathen und 
ꝛeschlossen, daß die Beiträge nach Prozentsätzen des 
Zehaltes erhoden werden. Die Hoͤhe der Aufnahms⸗ 
Hehühr richiet sich nach dem Alter der Mitglieder. 
— Aus dem Kirschenlande, 9. Mai. 
Bottlob durfen wir sagen, es ging wider Erwarten 
sut ab und wenn die „Aze“ sich nicht so schlimm zeigen, 
die ihr Ruf ist, dann waäͤren wir heuer, die aus— 
estandene Angst abgerechnet, mit dem blauen Auge 
abongekommen. In Freinsheim und Weisenheim 
S., den HauptKirschenorten, gibt es noch Kir⸗ 
hen genug und wenn auch die grüne Raupe man ⸗ 
hen Schaden verursacht, so giebt es doch auch wieder 
däume, die unter ihrer Last zu erliegen scheinen. 
7 Die Aepfel, deren Tragjahr ist, blühen wunder⸗ 
hon und scheinen von Frost und Schuee gar nicht 
zelitten zu haben. — Zweischen gibt es fast gar 
eine, das läßt sich schon mit ziemlicher Bestimmt⸗ 
heit sagen. Während des Schneefalles waren sie 
nitten in der Blüthe; die Fruchtansätze sind in 
jolge davon abgefaen. — Juch mn den Wein— 
dergen sieht es desser aus, als man anfäͤnglich 
laubte; der Frostschaden an denselbden ist im Ann 
meinen ohne Bedeutung. „Scheine“ sind in ge⸗ 
chender Zahl vorhanden und jehen lebenskräftig aus. 
angetretene Sommerwitierung fordert sichtlich 
us Wachsthum. Pf. P) 
je T derr Hilgard hat Herrn Pfarrer Scherer 
h duscriften geschickt, welche die Wirksamkeit in 
“ Ceren —A zu Speyer wie auch 
SEesinnung des Stifters bezeichnen sollen, Sie 
Leiden lindern, Schmerzen stillen. 
IAli ehdle Soelen Jrien unn Onbha 
Donnerstag, 15. Mai 1884. 
19. Jahrg. 
Geben ist Lust. 
Nehmen — Verlust. 
Hilgard. 
Die „Stiftungs-Urkunde“, welche in den 
Grundstein kommen soll, hat folgenden Wortlaut: 
New⸗York, 2. April 1884. 
„Meine theuere Mutter Elisabeth, geborene 
Pfeiffer, wurde mir schon vor fünf und zwanzig 
Jahren entrissen. Ihr früher Tod raubte mir die 
Freude der Vergeltung ihrer selbstaufopfernden 
viebe für mich als Kind und Jüngling. Daß es 
mir nicht gestattet war, ihr Alter in den Tagen 
meines Glücks zu verschönern, blieb für mich stets 
ein trüber Gedanke. Ich fand eine zweite Mutter 
in ihrer einzigen Schwester Anna. Sie war die 
Treue und Selbstlosigkeit selbst. Sie widmete ihr 
zanzes Leben allein dem Wohl und Weh' ihrer 
eieben. Ihre und meine Mutter pflegte sie jahre⸗ 
ang in schwerer Krankheit. Dann empfing meine 
älteste Schwester in ihrem langen Leiden und bis 
u ihrem frühen Ende die unermüdliche Sorge der 
Edlen. Als nächste Pflicht übernahm sie die Obhut 
neines kranken Vaters und stand ihm mit uner⸗ 
chöpflicher Liebe zur Seite bis zur letzten Stunde. 
Es war mir schon längst mein Herzenswunsch,diese 
derstorbenen Lieben durch ein würdiges Denkmal 
zu ehren. Das Bedürfniß einer neuen Stätte für 
das Wirken des pfälzischen Diakonissenvereins schien 
nir die richtige Gelegenheit dazu zu bieten. So 
entsiand denn der Bau, für den ich mich glücklich 
chätzte, die nöthigen Mittel geben zu können. Als 
Stifter ist es mir wohl gestattet zu bestimmen, daß 
der Bau die Bezeichnung „Elisabeth — Anna Haus, 
Heinrich Hilgard — Villard Stiftung“ führen soll, 
die Sufftung für alle Zeiten eine Stätte zur Be— 
hätigung wahrer Nächstenliebe durch Linderung 
nenschlicher Leiden abgebe, die allen Hilfsbedürftigen 
hue Rüchsicht auf Glaubensunterschiede offen stehen 
oll. Ich sehe von Einzelbestimmungen ab und 
uberlasse alles weitere dem Diakonissenvereine selost. 
Möge es denn der Stiftung gewährt sein, meinen 
Absichten gemäß und entsprechend den vorstehenden 
Bestimmungen meiner Vaterstadt und meinem Hei⸗ 
mathlande eine stetige Wohlthat zu werden und zu 
bleiben. 
Heinrich Hilgard, genannt Villard.“ 
Pfarrer Scherer hegt die Hoffnung, daß die 
Grundsteinlegung in Hil gards Gegenwart ge⸗ 
jchehen kann. Am Neudau stehen dereils 8 Fenster⸗ 
zesimse des dritten Stockes. 
— Forstorgarnisation. Zufolge Allerh. 
Anordnung sind zur Verwaltung der erledigten 
Forstreviere Forstbeamte mit den Titel „Forstamts⸗ 
issessor“ aufzustellen und sollen einstweilen u. A. 
n der Pfalz die Reviere Rumbach, Dannenfels, 
Bebelsheim und Schönenberg durch Forstamtsasise⸗ 
oren verwaltet werden. 
— Mit dem 20. Mai tritt hinsichtlich die 
Rundreisebillets eine Neuerung ein, welche 
yon der gesammten Touristenwelt freudigst begrüßt 
verden wird. Während man nämlich bis jetzt ge⸗ 
wungen war, sofern man auf die Wohlthat er⸗ 
näßigter Fahrpreise nicht verzichten wollte, die im 
Lursbuch vorgeschriebenen Rundtouren streng einzu⸗ 
halten, ist von dem erwähnten Datum ab, dem 
publikum die Moglichkeit geboten sich eine Rund⸗ 
our selbst zusammen zu stellen und danach von 
der Eisenbahn die Aushändigung eines zusammen⸗ 
hängenden, selbst combinirten Rundreisebillets zu 
»erlungen. Die Vortheile dieser neuen Einrichtung 
täe ν ν An ⸗»jinigen Innen mar— 
den die gedruckten Verzeichnisse für die combinirbaren 
Rundreisebillets zur Ausgabe gelangen. Dieselben 
enthalten auf 40 Druckseiten groß Oktav die Be⸗— 
stimmungen, die Bezeichnungen der Coupons und 
Aufenthaltsstationen, die Länge der Couponsstrecken 
und die Fahrpreise der 1., 2. und 3. Klasse für 
1220 Coupons. Tag der Ausgabe und Preis des 
Zeftes ist nicht genau bestimmt, wird aber bald 
hekannt geoeben werden. 
Verm ischtes. 
F München, 13. Mai. Bei dem Veteranen⸗ 
seste in Kils Kolosseum am Sonntag wurden 182 
dettl. — 18,200 Liter, Bier getrunken und 2000 
Paar, Dünngeselchte,“ 8 Kälber, ein halber Ochse 
ind 22 Schinken gegessen. Vom Samstag bis 
Montag inklusive wurden im Kolosseum 350 Hektl. 
— 35,000 Liter Bier verbraucht, der stärkste Kon⸗ 
sum seit dem Bestehen des Etablissements. 
Würzburg, 10. Mai. In der heutigen 
Sitzung der Strafkammer des k. Landgerichts wur⸗ 
den die Studenten Sauer, Kurz und Korn— 
blum wegen Vergehens des Zweikampfes mit tödt⸗ 
iichen Waffen zu je 83 Monat Festungshaft verur⸗ 
heilt. — Wegen gleichen Vergehens und vor ge⸗ 
nanntem Gerichte wird am Montag, 12. Mai, 
zegen die Studenten Robert Hofm ann von Ba⸗ 
»enhausen, Hermann Schmitt von Meuschau und 
Edgar Elsässser von Mortdidier verhandelt. 
fSaarbrücken, 14. Mai. Heute wurde 
der Bürgermeister Kleber von Kleinblittersdorf 
ins Untersuchungsgefängniß hier eingeliefert. Er 
'oll sich der Beihuͤlfe zur ungesetzlichen Befreiung 
einiger jungen Leute vom Militaͤrdienste schuldig 
gzemacht haben. (S. 3.) 
. Der Theilhaber der Firma W. H. Ladenburg 
and Söhne in Mannheim, Herrt Konsul Kari 
Ladenburg, feierte am 11. Mai seine silberne 
Hochzeit. Anläßlich dieses schönen Familienfestes 
iftete er den Armen Mannheims 20. 000 Mark 
Bravo! 
F In Barthenheim (lsaß bereitete dieser 
Tage eine Frau aus Versehen „Spätzli“ aus mit 
Arsenik vermischtem Mehle. Die Folge dieses sträf⸗ 
lichen Leichtsinns ist die Vergiftungfast einer 
ganzen Familie. Die Frau, 3 Kinder und 
die Magd liegen schwer erkrankt darnieder, der 
knecht ist bereits gestorben. Der Hausherr ent⸗ 
jing der Gefahr nur durch die Konsequenz der 
Zurückweisung von Mehlspeisen. (Die Frau ist 
zun auch gestorben.) 
FDieser Tage wurde in Arheilgen (bei 
Darmstadt) ein achtjähriges Mädchen beerdigt, dessen 
Tod durch übermäßiges Seilsprinaen herbei⸗ 
Jeführt worden. 
fFeKreuznach, 14. Mai. In Sachen der 
Emerich'schen Millionenerbschaft waren am Sonntag 
nehrere hundert Personen im Saale des „Freischütz“ 
»ersammelt. Die Verhandlungen sind ziemlich 
türmisch gewesen. Zu einem positiven Resultat 
am man nicht. Der Rechtsanwalt in Amerika, 
der beiläufig 20 pCt., also 17 Millionen für seine 
Mühewaltung verlangt, erhielt eine Vollmacht von 
79 Personen. Die uͤbrigen entfernten sich, ohne 
einen Beitrag zu den bisherigen Kosten zu zeichnen. 
F Mainz, 18. Mai. An dem Bau der 
jesten Brücke stürzte heute Vormittag gegen 8 Uhr 
der Theil eines Gerüstes zusammen, ioodurch 4 
Arbeiter unter den Balken begraben wurden; einer 
der Arbeiter ist lebensgefährlich, die übrigen ind 
Neh Nor FA ——