Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Pirmasens, 28. Mai. Der' Pirma⸗ 
senser „M usikverein“, der auch der Instru⸗ 
Mentolmusit ein so nothwendiges Heim schuf, trat 
vorgestern mit seiner ersten Produktion vor das 
Publikum. Dieser Erstlingsgabe blieb die Zustim— 
mung und der Willkommenaruß nicht aus, und 
reicher Beifall wurde gespendet. Den jungen 
Leuten, die früher Musik' gelernt, ist jetzt Gelegen⸗ 
heit geboten, im geselligen Kreise weiter zu üben 
und auf angenehme Weise sich zu unterhalten. 
Auch der Gesang findet in diesem Vereine Pflege. 
Daß sich daselbst bildung-fähiges Materiäl vor⸗ 
findet, haben wir aus den Gesangsquartetten heraus⸗ 
gehört, und daß mit der Zeit auf diesem Felde 
Tuͤchtiges geleistet werden kann, ist nicht zu be⸗ 
zweifeln, wenn man in der Methode vorn anfängt 
Die Instrumentalisten werden ihr Ziel erreichen. 
wenn sie die hier einschlägigen Regeln beobachten 
und wenn jeder privatim tüchtig übt. (P. A.) 
— gaisersltautern, 21. Mai. Der 29 
Jahre alte Christian Sautlher aus Göllheim, 
welcher in den Monaten Movember, Dezember und 
Januͤar letzthin in dortiger Gegend sein Unwesen 
rieb, wurde in der gestrigen Strafkammersitzung 
wegen 8 Verbrechen des Diebstahls mittelst Ein⸗ 
steigens und Eindrechens in wiederholtem Rückfalle 
u. s. w. in eine Gesammtizuchthausstrafe von acht 
Jahren verurtheilt. 
— Die Stelle eines Kaminkehrers für 
den die Gemeinden Neustadt, Hambach, Muß⸗ 
bach, Haardt, Gimmeldingen, Königsbach und 
Winzingen umfassenden Kehrbezirk ist in Erledigung 
gekommen. Gesuche um Verleihung dieser Stelle 
find innerhalb vier Wochen bei dem k. Bezirksamte 
Neustadt einzureichen. 
— Die auf den Himmelsfahrtstag bestimmt 
gewesene Bezirksturnfahrt des südpfälzischen Be⸗ 
zirks nach der Madenburg und dem Trifels, ver⸗ 
bunden mit Volkswettturnen, geht nun am zweiten 
Pfingsttage vor sich. Sammelplatz: Landau, Haupt⸗ 
hahnhof; Abmarsch: 8 Uhr Morgens; Ankunft auf 
den Züfels 12 Uhr. Annweiler: Mittagessen. 
Volkswettlurnen, Anfangs 3 Uhr Mittags: 1. Auf⸗ 
marsch; 2. Stabübungen (Uebungen des Kreisturn⸗ 
festes Neustadt); 3. Wettturnen: Steinstoßen, Weit— 
sprung und Stemmen; 4. Preisvertheilung; 5. 
Turnspiele; 6. Abfahri in Annweiler: 7 Ubr 49 
Min. (gemeinschaftlich). 
— Das ,Bamberger Journ.“ kann aus authen⸗ 
tischer Quelle berichten. daß man in Munchen mit 
dem Gedanken umgeht, das Oberpostam 
Speyer einzuziehen und mit dem alsdann Central⸗ 
postamt werdenden Oberpostamt Würzburg zu ver— 
einigen. 
Friesenheim, 22. Mai. Heute wurde 
dahier in Gegenwart des kgl. Untersuchungsrichters 
und des k. Staatsanwalts die Leiche des ermor⸗ 
deten Wittmann geöffnet. Der Mörder Win! 
wuͤrde mit der Leiche konfrontirt und dann direk! 
nach Frankenthal abgeführt. Wie ich höre, be— 
theuerte derselbe auch hier, die Tödtung nicht beab⸗ 
sichtigt zu haben; er wollte vielmehr nach seiner 
Angabe dem Wittmann nur eins versetzen zur 
Rache fuͤr mehrere vor einigen Wochen erhaltene 
Ohrfeigen. Daß es dazu nöthig war, aus dem 
Wirihshause, wo der Htörder und der Ermordete 
bis 1312 Uhr zechten, eigens nach Hause zu gehen, 
um ein Beil zu holen und danu dem Nichté 
ahnenden Wittmann, während dieser einem Be 
dürfniß genügte, meuchlings den Schädel zu spalten. 
wolien die hiesigen Leute nicht einsehen. Mördern 
und Ermordeter sind, resp. waren 19 Jahre alt! 
Ein Kornhalm, der eine Höhe von 2,32 
Meter hat, wurde der Redaktion des „Frankenth 
Tagbl.“ von Beindersheim zugesendet. 
— In der 2. allgemeinen pfalzischen Lehrer⸗ 
Conferenz am 285. Juni kommen nach dem 
„L. T.“ folgende Punkte zur Besprechung: I. Thema. 
Der orbis pictus des Joh. Amos Comenius und 
das Elementarwerk des Joh. Bernhard Basedow 
1) In welcher Absicht und zu welchem Zweckt 
schritten Comenius und Basedow zur Verarbeitung 
und Veröffentlichung dieset ihrer Werke? 2) Wie 
unterscheiden sich beide Werke nach Einrichtung und 
Beschaffenheit von einander und welches sind eines 
jeden eigenthümliche Vorzüge und Mängel? 
3) Welchen Einfluß übten diese Werke auf Unter⸗ 
richt und Literatur bis herab auf unsere Tage? 
II Thema. Frage und Antwort im Unterrichte: 
) Wesen, Arten und Eigenschaften der Frage, 
Fragestellung und Fragebertheilung; 2) Wesen. 
Eigenschaften und Behandlung der Antwort. Chor⸗ 
antworten. J J 
Vermischtes. 
München, 24. Mai. Dem Veteranen⸗ und 
ampfgenossenbunde sind seit dem letzten Feste der 
Bannerweihe 39 Veteranenvereine als Mitglied⸗ 
chaften neu beigetreten. 
7 Muünchen, 25. Mai. Bei Ensfeld, Be— 
zirksamt Donauwörih, wurde ein Lager Lithogra⸗ 
bhiesteine endeckt und hat der Solnqhofer Altien⸗ 
rrein bereits eine große Fläche aufdecken lassen 
Die Masse der Steine wird von Kennern sehr getobt 
München. Sigls Gegenblatt„Das ander 
Baterland“ ist nicht enschlafen, sondern steht, wi⸗ 
ine Nr. 4 vom 24. Mai zeigt, wachsam auf seinem 
Posten. 
F Ein in Augsburg bestehendes Eisenbahn⸗ 
somile petitionirte dei der österreichischen Regierung 
im die Verleihung einer Konzession behufs Vor⸗ 
aahme von Terrainstudien auf dem österreichischen 
Bebiete für eine Eisenbahn von Augsburg 
nach Junsbruck. 
Aus Saarbrücken schreibt die dortige Ztg. 
interm 26. Mai: Gestern Abend war in unseren 
Städten das Gerücht verbreitet, es seien mehrer⸗ 
Thaisen, welche Ausflügler vom Neuhaus holten 
interwegs von rohen betrunkenen Burschen ange— 
allen worden. Die Sache verhält sich indes anders. 
Wie Augenzeugen bekunden, hat sich gestern Mittag 
juf dem Neuhaus unter Bergleuten und Bauern— 
zurschen eine Schlägerei entsponnen und 4-5 der 
letzteren waren über einen Bergmann hergefallen 
und hatten diesen mit Messern ⁊c. auf das scheuß⸗ 
lichste traktiert. Die Kutscher der auf das Forsthaus 
geiommenen Ausflügler hatten dieses nicht mehr 
mit ansehen können und als sie die Thäter von 
deiteren Mißhandlungen abhalten wollten, wurden 
iie selbst mit Messern angefallen und es hat ihnen 
hiel Mühe gekostet, sich gegen diesen Angriff ihrer 
daut zu wehren. Sie zogen sich zunächst in den 
Zof zurück, dessen Thüren sie verschlossen, so daß 
Fie von außen in den Hof eindringen wollenden 
Becgleute dies nicht mehr vermochten und abzogen 
Die Hertschaften, darunter außer Damen mehrere 
Offiziere und der Herr Kommandant des Dragoner. 
Regiments hatten sich, um das wüste Treiben der 
rohen Burschen nicht länger mit ansehen zu müssen,. 
in das Forsthaus begeben. — In Malstatt-Bur 
bach soll — wie man uns versichert — in letzter 
Zeit ein Pockenfall vorgekommen und polizeilicher⸗ 
seits die nöthigen Schutzmaßregeln angeordnet sein 
F Ein eigenthümlicher Vorfall, so schreibt man 
dem deutschen Montbl aus Karlsruhe, mach 
heute in gewissen Kreisen der badischen Hauptstadt 
hdiel von sich reden. Vor einigen Tagen wurde ein 
jert nahezu zwei Monaten verhafteter Russe Namens 
Bulchrkin an die russische Grenze transporlir⸗ 
zu welchem Zwecke, ist bis jetzt unbekannt ge— 
blieben. Derselbe wurde aus der Schweiz kommend, 
in Freiburg verhaftet, wobei man ihm eine Anzahl 
Schriften (Urbersetzungen nationalökonomischer Schcif⸗ 
ten) abnahm. Die Gemahlin des verhafteten Russen, 
die von dem Transport keine Ahnung hatte, wurde 
am verflossenen Donnerstag bei Justizminister 
Nokt dorstellig, der ihr mittheilte, daß sie in Kürze 
das Nähere erfahren werde. Der Staatsanwalt 
don Berg in Freiburg hatte den Untersuchungsge⸗ 
fangenen photographiren lassen und die Photographie 
nach Rußland an einzelne Behörden gesendet. Aus 
welchem Grunde ist vorerst nicht ersichtlich, wenn⸗ 
schon als feststehend betrachtet werden kann, daß 
der Verhaftete der nihilistischen Partei angehört. 
Juteressant wäre zu erfahren, auf welche Requisition 
die Auslieferung geschehen sei. In Freiburg wurden 
vorgestern noch zwei Russen verhaftet. 
4 In Unm ist die Polizeimannschaft anläßlich 
der vielfachen in letzter Zeit bei Verhaftungen vor⸗ 
zekommenen Widersetzungen mit kleinen, 20 Centi— 
neter langen, mit zwei Bleiknöpfen versehenen Todt— 
schlägern ausgerüstet worden. 
fTauberbischofsheim. In Impflingen 
ruchte ein aus der Heidelberger Anstalt als geheill 
ntlassenes Mädchen sich den Kopf abzusägen, da 
sie ohne Kopf und ohne Beine begraben zu werden 
pünschte. Nachdem sie sich eine gefährliche Hals— 
vunde beigebracht, fiel ihr ein, daß sie sich die 
Zeine nicht mehr absägen könne, wenn der Kopf 
herunter sei; sie begann deshalb, sich das linke 
Zein abzusäägen. Als sie sich bis auf den Knocher 
gesägt hatte. wurde sie ohnmächtig. 
Mainz- 24. Mai. Die Verhandlungen 
wischen der Ludwigsbahn und dem Kriegsministerun 
sührten zu dem Resultate, daß das kgl. Kriegs 
ministerium in Berlin nunmehr von der bigsher 
die Genehmigung des Baues einer Eisenbahnbrug 
wischen Mainz und Wiesbaden geknüpften Forderun 
„on 1 Mill. 50,000 Mark abgesehen hat. * 
Kriegsministerium hat sich zu diesem so entgegen 
kommenden Schritte hauptsächlich bewogen gesuͤhl 
im Hinblick auf die hohe Wichtigkeit, welche 
Erbauung einer Eisenbahnbrücke zwischen Main 
und Wiesbaden für das militärische Interesse ha 
und in Berüdsichtigung. der veränderten forfifikah 
rischen Verhältnisse der Festung Mainz. Als Gegen 
forderung resp. als Bedingung verlangt das Min 
sterium lediglich, daß die zur fortifikatorischen Sicherun 
der Brücke erforderlichen Maßnahmen auf an 
der Eisenbahnverwaltung ausgeführt werden um 
daß die Ausführung des Brückenbaues in möglich 
kurz bemessener Frist erfolge. 
F Der Kaiser hat dem Bezirksrabbiner h 
Süskind zu Frankfurt a. M., bisher 
Wiesbaden, den Rothen Adlerorden vierter Klas 
herliehen. (Herr Dr. Süskind ist geboren in Kird— 
heimbolanden.) 
Gom Blitz erschlagen.)“ Lusin (Wesß 
p»reußen), 20. Mai. Am gestrigen Tage wurd 
auf dem Rittergute Wyschotzin, dem Major Röhriz 
während eines starken Gewitters, mit schweren 
dagelschlag, der auch die in voller Blüthe stehende 
Rübenfelder nicht wenig beschädigt, ein Knecht un 
acht Pferde vom Blitz erschlagen, auch ein Taglöhne 
durch den Bittz schwer verletzt, so daß an seinen 
Aufkommen gezweifelt wird. 
Berlin, 25. Mai. Frau Kolemine 
die morganatisch angetraute Gemahlin des Groß 
herzogs von Hessen, ist vorgestern hier eingetroffe 
und hat als Gräfin Czapska im Centralhot— 
Wohnung genommen. Die Meldung einer hiesige 
Zeinung, daß die Dame sich mehrere Wochen hie 
aufzuha!tten gedenke, um einen der fähigsten Rechtz 
anwälte Berlins mit der Regulirung ihrer Angelegen 
heiten zu betrauen, worunter in erster Linie d 
dösung der Ehe mit dem Großterzog und die Wahrus 
ihrer materiellen Interessen zu verstehen sein dürft 
ist in bündigster Weise durch die bereits er 
folgte Weiterreise der Frau Gräfi— 
nach Petersburg dementirt worder 
Dieselbe ist eine hohe schlanke Dame mit dunklen 
daar, dunklen Augen und schön geschnittenem Ge 
icht und steht eiwa im Anfang der dreißiger Jaht! 
Sie trug hier sehr einfache schwarze Toilette, led 
jehr zurückgezogen, und in ihrer Begleitung befan 
iich nur eine Gesellschafterin. In Darmstadt zweife 
äbrigens Niemand mehr an der vollkommenen G 
retzmäßigkeit ihrer Ehe; die Civiltrauung hat i 
großherzoglichen Schlosse zu Darmstadt, mit Ber 
zachtung der gesetzlichen Vorschriften stattgefunden 
als Zeugen fungirten der Prinz Lothar Isenbur 
nebst Gemahlin und der Bruder der Braut, sgrt 
dutten-Czapski, welcher zu diesem Zwed ar 
Kußland eingetroffen war. Wie der Natiann 
Zeitung von einem Korrespondenten aus Darmiton 
dersichert wird, war die Familie des Großherzor 
hon der Absicht desselben, Frau v. Kolemine 
heirathen, unterrichtet. Besonders war die Prir 
leffin Victéria, die jetzige Gemahlin 
Hrinzen Louis Battenberg, welche mit Frau r 
Zolemine bis zu ihrem Vermaͤhlungstage in unr 
terbrochener freundschaftlicher Korrespondenz sun 
in das Verhältniß eingeweiht. Anfänglich bet 
die Trauung im Januar dieses Jahres fandsinde 
der Prinz Louis Battenberg schlug den Juli w 
schließlich bestand der Großherzog auf dem 30. In 
Die Vergangenheit seiner Gemahlin war dem 
herzog durchaus bekannt, bekannter als v 
Freunden seiner Gemahlin. Als der Großten 
wei Tage nach der Trauung mit der Konigun 
England nach London abreiste, überließ er vy 
seiner Rückkehr seinet morganatischen Gemahlir 
Wahl ihres Aufenthaltes. A Pep 
F(GrafHerbert Bismardein Pe 
burg.) Aus Petersburg wird geschrieben: 
dieser Woche kehrt Graf Herbert Bisme 
nach mehrmonatigem Aufenthalt hierselbst * 
Berlin zurück und trifft dort wahrjcheinlich 
am Sonntag ein. Vor Kurzem hieß e* Whe 
g. ginge nur für einige Wochen nach 30 
Urlaub und würde für die Sommermionan 
eiwartet, um alsdann den für längere 3 
reiner sich in Wiesbaden aufhaltenden 5 e 
Irlaub gehenden Botschafter. General von s 
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