Full text: St. Ingberter Anzeiger

Da unterwegs, wohl in der Meinung, er sei schon 
zu Hause angelangt, kleidete er sich im Freien hinter 
ziner Scheune aus und legt sich auf Gottes schöne 
Erde nieder. Die Nacht war indessen kühl, er er⸗ 
wacht, wähnt sich immer noch zu Hause, sucht seine 
Frau, sucht und lauft und lauft, bis er endlich um 
Mitternacht, ordentlich durchfroren, im Hemd wirk⸗ 
lich nach Hause kommt. Seine Frau ist nicht 
wenig erstaunt, ihren Theuersten in diesem Costüm 
und in später Geisterstunde von seiner Reise em⸗ 
pfangen zu müssen. Er selbst weiß nur noch, daß 
er irgendwo übernachtet, aber sehr kühl logirt habe. 
Beim Tagesgrauen schickt man Dienstboten nach 
allen Richiungen, um die Garderobe des Herrn 
Oekonomen ausfindig zu machen, die denn auch 
glücklicher Weise hinter der bereits genannten, mehr 
aͤls eine Stunde emntfernten Scheuer ganz hübsch 
geordnet, nebst Uhr, Geld und Stiefeln gefunden 
und nach Hause gebracht wird. 
(eyhntausend Mark Belohnung.) 
Der 18jährige Sohn eines reichen Frankfurters 
erhielt dieser Tage von seinem Vater einen Verweis, 
was den Jungen bewog, sich unter Mitnahme von 
600 Mk. von zu Hause zu entfernen. Vor einigen 
Tagen traf der Vater in Wiesbaden ein, um seinen 
Sohn, der sich hier aufgehalten hat, zu holen, doch 
konnte derselbe bis jetzt nicht ermittelt werden. 
Der Vater hat für das Auffinden seines Kindes 
10,000 Mk. Belohnung ausgesetzt. 
4 Wien, 9. Juni. Heute degann der Prozeß 
gegen den Anarchisten Stellmacher vor dem Aus⸗ 
nahmegerichte. Die Sitzung war öffentlich, der 
Zutriti aber beschränkt. Während der Verlesung 
der Anklage zeigte der Angeklagte ein gleichgültiges 
Wesen. Ünter den 29 Zeugen befanden sich die 
Arbeiter, welche Stellmacher festnahmen und die 
Frauen Eisert und Berger. Der Angeklagte erklärte 
er werde während der Verhandlung nicht sprechen 
da der Präsident ihm nichtgestatte, über sein Zu— 
fammensein mit Hugo Schent sich zu äußern. 
Paris, 8. Juni. In einem Steinbruch 
bei Rennes in der Nachbarschaft des Ortes Bruz 
fand ein Einsturz statt; die zehn darin befindlichen 
Arbeiter wurden unter den Steinmassen begraben 
und verloren sämmtlich ihr Leben. 
(Todesfälle. Am 7. Juni starb in 
Rheims Herr Werlé, Chef des berühmten Cham ⸗ 
pagnerhauses vsuvo Cliquot, mit Hinterlassung 
eines auf 80 Millionen Franks geschätzten Ver⸗ 
mögens. Werlé, der über 80 Jahre alt geworden 
ist, war in Wetzlar geboren, trat vor 60 Jahren 
als Kommis in das Haus sCliquot und wurde 
später durch seine Verheirathung mit der ältesten 
Tochter Chef des Hauses. Werlé war unter dem 
Waiserreiche Maire und Deputirter von Rheims, 
hat aber niemals die Anhänglichkeit für seine 
deimath verleugnet. — In Paris starb am selben 
Tage Herr Deutz, Chef des bekannten Hauses Deutz 
und Geldermann aus Rheims. Der Verstorbene 
ist ebenfalls deutschen Ursprungs. 
Guhestörung in Nancy.) Am Don— 
nerstag ist es auf der Messe in Nancy zu Ruhe— 
törungen gekommen, die abermals ein Pröbchen 
»on der Animosität unserer westlichen Nachbarn 
zegen alles, was mit dem Deutschen zusammenhängt, 
Jeden. Die Ruhestörungen wurden, wie mitgetheilt 
vird, dadurch erregt, daß die Menge, besonders die 
Studierenden der dortigen Fakultät, sich darüber 
erhitzten, daß ein Karousselbesitzer die „Wacht am 
Rhein“ auf dem Repertoire seiner Orgel hatte. 
Da er das Lied nicht unterdrücken wollte, dessen 
dlänge immer wieder ertönten, ging der Spektakel 
los. Die Menge warf mit Steinea auf das 
Karoussel, 4 Studierende wurden verhaftet. Am 
Abend des folgenden Tages (Freitag) zogen gegen 
hundert Studenten vor die Wohnung des Maire, 
uͤm „Nieder mit Volland“ zu schreien. Der Maire 
Volland, der das Karoussel unter polizeilichen Schuß 
stellen ließ, hat den Abbruch desselben anordnen 
jassen; desgleichen wurde ein zweites in der Nähe 
bdefindliches Karoussel geschlossen. 
(isenbahn-Attentat.) Ein Londoner 
Telegramm des Tageblattes meldet: Der gestrige 
kontinentale Expreßzug entging mit knapper Noth 
der Zerstörung. Als derselbe nahe Chatham sich 
der Brücke über den Medway näherte, bemerkte der 
Maschinist plötzlich vor der schärfsten Curve ein 
dinderniß auf den Schienen. Bei der Unmöglich— 
eit, den Zug noch anzuhalten, gab er vollsten 
Dampf und brauste über die Brücke hinweg. Die 
Aschpfanne am Vordertheil der Lolomotive wurde 
'ortgerissen. Die Waggons erlitten einen furcht⸗ 
zaren Stoß. Als der Zug endlich anhalten konnte 
tand man eine eiserne, vier Fuß lange Schiene, 
welche quer über die Geleise gelegt und mit Holz 
und Stricken festgemacht war. Die Passagiere 
waren bloß hin- und hergeschleudert worden und 
jonst unverletzt geblieben. Der Platz des Attentats 
st ohnehin äußerft gefährlich durch eine sehr scharfe 
Curve, die knapp vor der Brücke zu passiren ist 
Der Zug ging über Calais nach Bruͤssel und Köln. 
cGSchnee in Süd-Italien.) Aus 
Aquila in den Abruzzen wird vom 5. ds. ge⸗ 
chrieben: Hier im Hochgebirge der Abruzzen war 
chon vor Wochen warmes Sommerweiter eingekehrt 
Die nahen mittelhohen Gebirgszüge hatten seit 
März und April ihre winterlichen Schneekappen 
abgelegt. Vorgestern und gestern ist nun aber 
plötzlich Kälte eingetreten. Die Leute in der Stadh 
dingen gestern in Wintermäntel gehüllt über vi 
Straßen. Die Bergzüge waren gestern mit dichten 
Wolken bedeckt. Heute, da sie wieder sichtbar sin 
zeigen sie sich über und über mit Schnee bededl 
Selbst von der Hochkuppe des Gran Sasso d'Ital 
var schon der größte Theil des Winterschnees weg 
Jeschmolzen, ebenso an der Felspyramyde des Monie 
Forno. Heute sehen beide so aus, als hätten si 
sich dicke weiße Pelzmäntel umgehängt. 
Ueber die Erwerbung Angra spPe— 
fuenas schreibt ein deutscher Missionar im Nama— 
jualand, zu welchem Angra Pequena gehört, foh— 
jendes: „Nun muß ich noch eine natiouale Sach 
rwähnen, die Euch interessieren dürfte. Im Apuͤ 
1883 erschien ein Schiff, „Tilly“ genannt, an de— 
Angra Pequena-Bay, dem einzigen Hafen dor 
hroß⸗Namaqualand. Dasselbe gehört einer deut 
chen Firma in Bremen mit Namen Lüderitz. Di 
Frwerbung geschah folgendermaßen: Die Herte 
stiegen ans Land und fragten, wem diese Küs 
Jehoͤre, und als sie hörten, daß ihr Eigenthüme 
der König von Bethanien sei, reisten sie hin und 
kauften den Hafen und die ganze Küste bis füm 
Meilen Land einwärts für zweihundert alte Ge— 
wvehre nud zweitausend Mark Geld — ein Spott 
— B — 
Broßherzogthum Hessen. Seit dieser Zeit ist als— 
der westliche Theil unseres Landes deutsches Eigen 
hum. Da hier viel Kupfer und Silber gewonnen 
verden kann, so heißt es, daß demnächst 80 
deutsche Einwanderer zum Behufe des Bergbaue 
hierher kämen, denn das hiesige Volk ist zur Arbe 
nichis werth. Wenn nur nicht mit der deutsche 
Civilisation auch der deutsche Branntwein seine 
Einzug häli. Das wäre des Volkes Ruin!“ 
'Was man nicht dekliniren kann-— 
das sieht man als ein Neutrum an! sagt Zump 
im alten Reimmaß. Bisher ist im Publikum viel 
fach die Bezeichnung „der“ Meter, „der“ Lite 
u. s. w. angewendet worden. Nach den Bestimm 
ungen der neuerlich revidirten Maß⸗ und Gewichtz 
ordnung sind alle Maße und Gewichte sächliqhe 
Beschlechts. Es heißt also das Meter, das Liten 
vas At, das Kilometer, das Hektar u. s. w. 
Sterbefalle. 
Gestorben: in Speyer Margaretha Closter 
mann; in Kaiserslautern Charlotte Schwei her 
geb. Becker, 60 J. a. in Heidelberg Frau Kathc 
dina Rockemaier, geb. Schmitt, von Kaiser— 
sautern; in Neustadt Wilhelmine Ludwig, 18 
a. und Frau Anna Maria Hof, geb. Lorch. 
Fur die Redaktion verantwortlich: F. X. Demet 
r2oi gũn ι Vittérung-) 
Beckers Biergarbten. 
Frohne hhnamstag von Nachmittags 144 Uhr ab 
flitConcers 
ausgeführt vom ganzen Trompeter⸗Corps des 7. Westpfälischen Dragoner⸗ 
Regiments unter persönlicher Leitung ihres Stabstrompeters Ht. Möüller 
Entree à Person 30 Pf. 
Hiezu ladet ergebenst ein . 
Joh. Weirich. 
— 
Bierbrauerei Gebr. Becker. 
J. Zum Frohuleichnamsfest 
Pilsener Bier. 
Assendes —r gosehenI. 
a. Ziehung unwiderruflich und definitiv 
am 3. Juli 1884 ꝛä — 
Burglengenfelder Kirchenbau⸗ 
—A 
22,500 Geldgewinnste im Gesammtbetrage von 165,000 Mtk. 
ohne Abzug. 
Haupttreffer: 40,000, 10,000, 3600 Mk. ꝛc. ⁊c. 
—— Auf 10 soose bereils ein Tresfer. — 
Ziehung unwiderrussich zu München 3. Juli 1884. 
Loose 4 2 Mk. zu beziehen in St. Ingbert bei Joh. Weirich, 
Franz Woll, sowie von allen bekannten Verkaufsstellen und durch 
die hHaupt⸗-Agentur Jul. Goldschmit. Ludwigshafen. 
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aus der Ungarweingroßhandlung Frauz Schiemann, Frankfurt a.* 
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bei Conditor J. RicRGol. 
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ichwächliche Kinder, Frauen und Reconvalescenten verordnet. 
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Oruck und Verlag von iy. x. VHemetz in St. Ingbert.