Full text: St. Ingberter Anzeiger

vt. Jugherter Ameiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
der TEt. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltung! 
glatt und Sonutags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich JA 60 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 78 4, einschließliq 
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auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 13 H, Neclamen 30 B. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
—X 114. Sonntag 15. Juni 1884. 19. Jahrg. 
VPolitische Uebersicht. 
—QAV 
Fürsten⸗Rusammenkunft. Der Borfen⸗ 
atung zufolge soll in Wiesbaden in nächster Zeit 
eine Zusammenkunft zwischen unserem Kaiser, dew 
dönig und der Königin von Dänemarck, dem König 
jon Griechenland und dem Prinzen und der Prin⸗ 
essin von Wales stattfinden. 
Nordostsee⸗Kanal. Bezüglich des Nord⸗ 
issseer Canals verlautet, daß gegenwärtig die defini— 
iben Kostenanschläge ausgearbeitet werden, nachdem 
zie bummerzirllen und militärischen wie maritimen 
gtagen bereits zur Erledigung gelangt sind. Es 
eht außer Frage, daß das Projekt den Bundesrath 
mm nicht allzuferner Zeit beschäftigen wird. Was 
die Kosten betrifft, so soll Preußen sich mit einem 
präcipualbetrag von 50,000,000 Mk. und an den 
restirenden Kosten mit den ihm zukommenden 26 
yetheiligen. 
Ausland. 
Paris, 12. Juni. Die Kammer berieth das 
stelrutirungsgesetz fort und beschloß die Inbetracht⸗ 
zahme des Amendements Lanessan, welches das 
brinzip der dreijährigen Dienstzeit aufrecht erhält, 
aach ein⸗ oder zweijähriger Dienstzeit aber eine ge⸗ 
wisse Anzahl Soldaten, deren militärische Ausbildung 
sür ausreichend erachtet wird, vom Dienste bei der 
Fahne zu entlassen gestaäattet. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 14. Juni. In der gest— 
rigen Stadtrathssitzung wurde u. A.beschlossen, 
den Schulverweser Herrn A. Krämer zu Schnapp— 
bach auf seiner bisherigen Stelle als Lehrer und 
die Herren K. Peill, Diehl und Görl dahier 
an den von ihnen seither interimistisch verwesten 
Schulen definitiv als Schulverweser an— 
zustellen. 
St Ingbert, 14. Juni. Vor dem hie— 
ihen Schöffengerichte wurde dieser Tage ein Schüler 
ver landwirthschaftlichen Fortbildungsschule hier 
wegen Störung des Unterrichts und ungebührlichen 
denehmens gegenüber dem Lehrer zu kiner Haft⸗ 
lafe von 8 Tagen verurtheilt. So ist's recht! 
*St. Ingbert, 14. Juni. Als Kurio— 
um erwähnen wir, daß kürzlich bei einer Ver⸗ 
jeigerung dahier circa 53000 Mark Ausstände aus 
uiner Konkursmasse zu dem Höchstgebot von 16 
Vark — schreibe fech 830 dn MNark — jugefchlagen 
vurden. 
*St. Ingbert, 14. Juni. Die hiesige 
. Lateinschule machte gestern bei angenehmer 
Litteung ihren üblichen Frühjahrs-Ausflug 
In Norgen wurde von hier über Brebach nach 
. Arnual marschirt, von da aus ein Theil des 
Stlachtfeldes vom 6. Aug. 1870, das Winlerberg- 
nna das Ehrenthal ꝛc. besucht, am Mittag in 
Wirthschaft Zum Schanzenberg Einkehr ge⸗ 
ten und in den hübschen Anlagen daselbsi auch 
Nachmitiag derbracht. AmAbend ging e⸗ 
unn zu Wagen wieder nach hier zurüd. 
F 7 Vorgestern waren es genau 340 Jahre, daß 
drohnlerhnamstag auf denselben Datum, den 
Ineh, siel. An den Frohnleichnamstag des 
a 31244 tnurft sich fur Kaiserslautern 
* historische Thatsache. Um diefelbe nicht der 
——— verfallen zu lassen, erwähnt das „Pf. 
u M Folgendes ˖ Mu 1 G 1 
staiser Karl V., der wie Kaiser Wilhelm 1870 
auf seinem Kriegszuge gegen den deutschen Erbfeind 
den damaligen König Franz von Frankreich, be 
zriffen war, nach Kaiserslautern und befahl dort 
Rast zu machen, da am anderen Tage, den 12. 
Juni 1544, das hl. Frohnleichnamsfest gefeiert 
wurde. Der Chronikenschreiber erzählt: „Daß der 
Kaiser nicht blos hier geblieben, sondern auch am 
Frohnleichnamstage mit der Prozession gegangen 
und dabei eine brennende Kerze getragen habe.“ 
— Germersheim. Hrnu. Bojeés Gasthaus 
„Zum Salmen'“ ist um 2585,000 Mk. in den 
Besitz des Herrn Bierbrauers Wilhelm Schmid! 
daselbst übergegangen. 
—— 
Bermischtes. 
F Neunkirchen, 18. Juni. Das gestern 
zierselbst stattgehabte Jahresfest des Synodal⸗ 
Lereins der evang. Gustav⸗Adolf⸗Stiftung war sehr 
ahlreich besucht. In der gedrängt vollen unteren 
dirche hielt Herr Pfarrer Fenner aus Saarbrücken 
eine warme kraftvolle Festpredigt; den Bericht er⸗ 
tattete der Vereinspräses, Herr Pfarrer Dörmer 
aus St. Johann. Von der über 2000 Mark be—⸗ 
ragenden Jahreseinnahme wurden 1800 Mark an 
ȟrftige Gemeinden vertheilt, u. a. erhielt auch 
Elversberg 100 Mk. zum Kirchbau. — Im nächsten 
Monat wird sich Herr H. Zickwolff (Sohn des 
Herrn Oberpfarrers Zickwolff zu Oitweiler) ale 
Buchhändler hier niederlassen. 
f Reden, 18. Juni. Heute verunglückte auf 
der Grube Itzenplitz in Ausübung seines Berufes 
herr Obersteiger Müller. In der Befahrung 
ind Befichtigung der Ausmauerung des neuen Itzen⸗ 
glitz⸗ Schachtes III. begriffen, wurde er von plößlich 
jereinbrechenden Gebirgsmassen so schwer getroffen, 
»aß er alsbald infolge der erlittenen inneren Ver⸗ 
etzungen verschied. Allgemeines, aufrichtiges Be—⸗ 
dauern wird dem verunglückten braven Beamten 
und seiner hinterlassenen Familie zu Theil. 
(S. u. B. 3.) 
fF Saargemünd, 11. Juni. Ein Che— 
auxlegers der hiesigen Garnison Namens B. aus 
randau in der Pfalz hat seinem Leben durch einen 
Schuß ein Ende gemacht. 
Fæ Mettlach, 12. Juni. Blühende Trauben 
verden jetzt schon aus allen guten Lagen der Mosel⸗ 
uind Saargegend in größerer Anzahl gemeldet; die 
Zahl der Gescheine ist sehr groß und sind dieselben 
gesund und gut entwickelt. 
F Metz, 12. Juni. Bei einer Zwangsver 
teigerung kommen mitunter komische Dinge vor 
So zum Beispiel befanden sich unter 4 Fässern 
mit Bier, welche in voriger Woche in der Unter 
aalstraße zversteigert wurden, bei näherem Zuschauen 
2 Fässer, die mit Wasser angefüllt waren. 
F Ein Mitglied des deutschen Colonialvereins 
in Frankfurt aM. veröffentlicht im F. Journal 
folgendes Eingesandt: Die deutsch-freisinnige Partei 
will laut der Parlam. Corresp. ihre Stellung zu 
der „Subvention für die Postdampferverbindung 
mit Asien“ für Wahlzwecke ausbeuten! Sie wendei 
sich an die „Steuerzahler“ und meint was Großes 
geleistet zu haben, wenn sie jedem derselben ca. 10 
bdis 15 Pf. gerettet habe durch Ablehnung der 
4,000,000 Mk. — Kehren wir die Sache um und 
agen: „Wem die Größe und Achtung unseres 
Vaterlandes am Herzen liegt, wähle keinen Fort⸗ 
chrittler, insbesondere aber dürfen Mitglieder des 
Ddenuftschon GCalgniosvereins keinen Gansipaten - 
deutsch⸗freisinnigen Partei wählen, sonst arbeiten sie 
sich selbst entgegen. Es ist eine namenlos kleinliche 
Parteipolitik genannter Partei, die vier Millionen 
Subvention ablehnen zu wollen, wo sicher binnen 
Jahren 40 bis 100 Millionen dem deutschen 
dandel zu Gute kommen müssen, abgesehen von 
dem nationalen Prestige in dortiger Gegend. Die 
Manchestermänner, besonders Herr Richter, verstehen 
ja sonst gut zu rechnen, woher nun diese Inconse⸗ 
quenz, besonders angesichts der Thatsache, daß Eng⸗ 
and, Frankreich, selbst kleinere Staaten viele Dam⸗ 
pferlinien bedeutend höher subventionirt haben ? O 
gescheidter Richter, fuperlluge Demokraien! Ihr 
habt 10 Pfennige Sieuer pro Kopf gespart!! 
F. München, 12. Juni. Gestern Nachmittag 
verschied dahier der verdienstvolle in weiten Kreisen 
dekannte Dr. v. Hauner, Leibarzt S. K. H. bes 
Prinzen Luitpold und dessen Familie. Der Ver⸗ 
storbene genoß als Kinderarzt einen weit verbreiteten 
Ruf und setzte sich durch Gründung des nach ihm 
zenannten Kinder spitals ein schönes Denkmal. 
Allgemeine Bewunderung erregte vor einigen 
Tagen in München das Gespann, mit welchem 
Prinz Alphons in Begleitung seiner Schwesfter 
Elvira, spazieren fuhr. Der Prinj lenkte nämlich 
sechs jener navaresischen Ponnies zu drei und drei 
zespannt, welche die Prinzessin De la Paz von 
ihrem Bruder, dem König von Spanien, zum Hoch⸗ 
jeitsgeschenk erhalten hat. 
fFHerzog Karl Theodor, der unermüd⸗ 
liche Freund der leidenden Menschheit, errichtete in 
Tegernsee eine AUgenheilanstalt, worin arme 
Augenleidende unentgeltliche Aufnahme und Ver⸗ 
oflegung finden. Mit Zeugnissen belegte Gesuche 
sind an den Herzog, welcher bekanntlich selbst Dr. 
medicinae und ein tüchtiger Augenspezialist ist, zu 
richten. 
. Vor einigen Tagen wurde ein Forstgehülfe 
yon Büchelberg Gberfranken) erschossen auf⸗ 
zefunden. Der mußmaßliche Thuter, ein Eisenbahn⸗ 
arbeiter, wurde im Rauchfang eines Hauses in 
Deggendorf ausfindig gemacht und verhaftet. 
F GODie Leichenverbrennung in Go— 
tha.) Ungewöhnlich stark ist im Laufe der vorigen 
Woche der Leichenverbrennungsapparat zu Goiha 
in Thätigkeit gefetzt worden. Man besiattete seit 
dem 5. ds. auf dem Feuerwege Frau Bergratt 
Röhr aus Ilmenau, den Sanitätsralh Dr. Lehwes 
aus Berlin, Frau Wohlgemuth und den Färber⸗ 
meister Reich, beide von Gotha. Es sind nunmehr 
jeit dem Bestehen der Anstalt 177 Feuerbestattungen 
vollzogen worden, darunter in diesem Jahre schon 
11 Frauen. 
fBerlin, 11. Juni. Dr. Strousberg 
führte seit Jahren einen Prozeß um den Betrag 
von 7,000,000 Mk. gegen die Hannover⸗Alten⸗ 
beckener Eisenbahn. In erster Instanz wurde der 
Prozeß zu seinen Gunsten entschieden und nun, 
wenige Tage nach seinem Tode soll, wie der 
„Berl. Ztg.“ mitgetheilt wird, derselbe auch in 
weiter Instanz gewonnen sein. Die bisherigen 
Kosten des Rechtsstreites leistete die Diskonto⸗ 
Gesellschaft, die mit,einer größeren Summe bei dem 
streitigen Objekt betheiligt ist. Von Interesse ist, 
wer den Prozeß weiter führen wird. Es ist wohl 
anzunehmen, daß die Familienmitglieder des Ver⸗ 
storbenen die Erbschaft nicht antreten werden, da 
sie die ganze vorhandene Schuldenlast mit über⸗ 
nehmen müßten. 
F Gtand der Münzprägung 3* 
J 2*PI MM — —.