Full text: St. Ingberter Anzeiger

sollte aber der Heirathsakt registrirt werden, was 
Jur einige Mark gekostet hätte, im Vergleich zu 
den Trauungskosten sehr wenig; aber gerade diese 
Kosten sollten der neuen „Ehe“ gefährlich werden. 
Die Eröffnung, daß seine Heirat ohne Registrierung 
des Akies nicht gültig sei, veranlaßte den vermög— 
lichen Mann nämlich zu der Erklärung, daß er 
dadurch auch seine „Ehe“ für aufgelöst betrachte. 
Die Folge davon war, daß seine gewesene Frau 
gegen ihn wegen Bruch des Eheversprechens eine 
lage angestrengt hat, die demnächst zur Entscheidung 
kommen dürfte. 
— Im letzten Herbste war ein Pfälzer 
Winzer in großer Noth, da es ihm an Faß fehlte. 
Sein Nachbar lieh ihm auf dringendes Bitten und 
,aus Gefaͤlligkeit“ ein überflüssiges Faß auf zwei 
Tage. Dafür mußte der Mielher vier Mark 
Zinsen bezahlen. Du nun das Faß einen Kapital⸗ 
werih von 50 M. hatte, so entsteht die Frage: 
Was tragen 100 M. Kapital in 1 Jahr, wenn 
50 M. M2 Tagen 4 M. Zinsen tragen? Ant— 
wort: 1460 Prozent! 
Der geschäftsführende Ausschuß des pfäl⸗ 
zischen Gewerbevereins-Verbandes hat 
In' den Reichstag folgende Bitte gerichtet: „Bei 
Berathung und Schlußfassung über das Unfall— 
Jesetz in dem 883 des Entwurfes die Worte: 
oder durch Fahrlässigkeit mit Außerachtlassung der⸗ 
enigen Aufmerksamkeit, zu der sie vermöge ihres 
— DDDD—— verpflichtet 
sind“ zu streichen und die Regreßpflicht der Betriebs⸗ 
unternehmer, Bevollmächligten oder Repräsentanten, 
Betriebs⸗ oder Arbeiter-Aufseher auf den Fall der 
strafgerichtlichen Verurtheilung infolge vorsätzlicher 
Herbeiführung eines Unfalles beschränken zu wollen“. 
In der Motivirung wird nachgewiesen, wie empfind⸗ 
lich durch obigen. Paragraphen die Betriebsunter⸗ 
nehmer und besonders die Betriebs- und Arbeiter— 
Aufseher geschädigt würden, da diese in allen Fällen 
der Verurtheilung wegen faͤhrlässiger Herbeiführung 
ines Unfalles den Genofssenschaften und Kranken- 
assen gegenüber reareßvflichtig werden würden. 
Pfälzisches Schwurgericht. 
Verzeichniß der in der Schwurgerichtssession des 
II. Quartals stattfindenden Verhandlungen. 
1) 16. Juni, Vorm. 8 Uhr: Verhandlung gegen 
Julius Wolff, 27 J. a. Handelsmann von 
Böchingen, wegen Meineides. Vertreter 
der königl. Siaatsanwaltschaft: Hr. Staatsanwalt 
Schneider; Vertheidiger: Hr. Rechtsanwalt Schuler. 
2) 17. Juni, Vorm. 8 Uhr: Verhandlung gegen 
Katharina Schaärfenberger, 20 J. a., T. v. 
Michael Scharfenberger in Iggelheim, wegen 
Meineides. Vertreter der kgl. Staatsanwalt- 
schaft: Hr. Staatsanwalt Wagner; Vertheidiger: 
Hr. Rechtsanwalt Schuler. 
3) 17. Juni, Nachm. 3 Uhr: Verhandlung 
gegen Stephan Hoecker 82 J. a., Agent von 
Friesenheim, wegen Meineides. Verkreter 
ver königl. Staatsanwaltschaft: Herr Staatsanwalt 
Wagner; Vertheidiger: Hr. Rechtspraktikant Dr. Mayr. 
M) 18. Juni, Vorm. 8 Uhr: Verhandlung gegen 
Heorg Schmitzer, 20 J. a., Dienstknecht von 
Eschbach, wegen Meineides. Vertreter der 
gl. Staatsanwaltschaft: Hr. Staatsanwalt Schnei⸗ 
der; Vertheidiger: Hr. Rechtspraktikant Weber. 
5) 19. Juni, Vorm. 8 Uhr: Verhandlung gegen 
J. Ludwig Köhler, 34 J. a, Winzer, 2. Jakob 
Duttenhöfer, 32 J. a., Kaufmann, beide von 
haardt, wegen Meineides. Vertreter der 
Il. Staatsanwaltschaft: Hr. Staatsanwalt Wagner; 
Zertheidiger: ad 1 Hr. Rechtprattikant Trier. ad 2 
Hr. Rechisanwalt Rosenberger. 
6) 19. Juni, Nachm. 3 Uhr: Verhandlung 
gegen Karl Wink, 19 J. a., Tagner von Frie⸗ 
senheim, wegen Körperverletzung mit 
rachgefolgtem Tode. Vertreter der königl. 
Staatsanwalijchaft: Herr Staatsanwalt Wagner; 
Bertheidiger: Herr Rechtspraktikant Oehlert. 
7) 20. Juni, Vorm. 8 Uhr: Verhandlung gegen 
Adam Hubert, 23 J. a., Schmied von Medel s⸗ 
geim, wegen Körperverletzung mit nach— 
gefolgtem Tode. Vertreter der kgl. Staats⸗ 
Inwaltschaft: Hr. Staatsanwalt Schneider; Ver—⸗ 
theidiger: Hr. Rechtsanwalt Schuler. 
8) 20. Juni, Nachm. 8 Uhr: Verhandlung 
gegen Otto Wilken, 37 J. a., früher Schuh— 
fabrikant von Pirm asens, wegen betrüge- 
rischen und einfachen Bankerutts. Ver— 
reter der k. Staatsanwaltschaft: Hr. Staatsanwalt 
Schueider: Vertheidiger: Hr. Rechtsanwalt Schuler. 
Vermischtes. 
4 Der Bergwerksdirektor, Bergrath Prietze zu 
sdeunkirchen, ist an Stelle des durch Versetzung 
ausgeschiedenen Oberbergrath Täglichsbeck zum Vor⸗ 
tandsmitgliede des Saarbrücker Knappschaftsvereins, 
der Bergassessor Fabian zum Berginspektor bei der 
Zergwerksdirektion zu Saarbrücken ernannt, der 
zergassessor Vogel mit der commmissarischen Ver— 
valtung der Berginspektorstelle der Grube Salzbach⸗ 
Altenwald beauftragt worden. 
Metz, 15. Juni. Der am 29. Mai ver⸗ 
torbene Richter Franz Alexander Beaudesson hat 
der Gemeinde Lessy, im Landkreise Metz, für den 
zau eines neuen Schulhauses 15,000 Mark, der 
dirche 300 Mk., dem Unterstützungsverein 300 M. 
ind der Armenverwaltung von Lessy ebenfalls 300 
Mark vermacht. 
Trier. Wie die „Tr. Ztg.“ vernimmt, ist 
»as im hiesigen Gefängniß aufbewahrt gewesene 
—Schaffot auf den „Abbruch“ verkauft worden. Ein 
hrsamer Holzhauer hat das Gerüst angekauft, um 
s als Braͤndholz zu verwerthen. Bekanntlich war 
der Kölner Scharfrichter, Herr Lersch, vor längerer 
Zeit hier, um das Instrument zu untersuchen, und 
sat sich dabei herausgestellt, daß das Holz ganz 
norsch war. Das Fallbeil befindet sich dem Ver— 
sehmen nach im Landgerichtsgebäude. 
Ein furchtbares Gewitter entlud 
ich am Sonntag, 5 Uhr Nachmittags, über einem 
Theile Badens. Das war — so wird aus Baden— 
Zaden berichtet — zwei Stunden lang ein Blitz 
ind ein Schlag. Leider nicht ohne verheerende 
PBirkung. Auf der von hier zwei Stunden ent— 
ernten, Yburg“ saßen mehrere Personen, Schutz 
inter dem mit einem Glasdach bedeckten Altane 
uchend, als der Strahl durch's Dach fuhr, eine 
unge Dame tödtete und die übrigen Personen be— 
äubte und mehr oder weniger verletzte. Ein junges 
Bärchen aus Mannheim kam mit dem Schrecken 
‚avon. Auf dem Wege zum „Alten Schloß“ be⸗ 
anden sich etliche Spaziergänger unter der soge⸗ 
annten Strohhütte. Hier fuhr der Blitz in die 
jahe Eiche, sprang über, raubte einem Schauspieler 
son der hier gastirenden Gesellschaft des großher— 
oglich meiningischen Hoftheaters die Sprache und 
as Licht des linken Auges. Ein Herr aus Straß— 
zurg, Dr. D. ..., wurde vom Schlag bewußtlos 
riedergeworfen, erhielt jedoch bald die Besinnung 
vieder, ist aber momentan noch an einem Arm 
jelahmt. Im Walde gegen „Keller's Bild“ liegt 
ine große Tonne total zersplittert. 
FAus München schreibt man: Die Geschichte 
iner Antiquität beschäftigt in der letzten Zeit viel— 
ach die Künstlerkreise unserer Sadt. Ein Kunst- 
muͤquar kaufte vor einiger Zeit von einem Klein⸗ 
ȟrger ein recht alt aussehendes Heft, welches 
ahlreiche Zeichnungen enthielt, um 100 Mark. 
xin anderer Kunsthändler witterte hinter dem 
inscheinbaren Bändchen eine Rarität und zahlte dem 
uichtsahnenden Collegen 300 Mark. Dem Münchener 
dupferstichkabinet bot er die Zeichnungen an, und 
iach dem Preise gefrragt, verlangte der Kühne die 
unde Summe von sage und schreibe 8000 Mark, 
die ihm sofort bezahlt wurden. Die Summe war 
roch sehr gering, denn es sind insgesammt kostbare 
ind ganz unersetzliche Handzeichnungen zu Kupfer⸗ 
tichen von dem zu Albrecht Dürers Zeit lebenden 
Meisters S., Unica, die kein einziges Kabinet be— 
itzt, und die von Sachverstän digen auf vierzig— 
adusend Mark geschätzt worden sind. Es geht 
die dunkle Sage, daß sich der erste Kunstantiquar, 
der den Schatz mit 200 Mark Gewinn veräußerte, 
zie Haare einzeln ausrauft und man ihn Nachts im 
Traume unablässig stöhnen hört: 300 ... 40,000 .. 
Moosburg, 12. Juni. Als sich der 
Schnellzug von Regensburg heute Nachmittags der 
Ztation Moosburg näherte, bemerkte der Lokomotiv⸗ 
ührer auf kurze Entfernung zwei mitten auf dem 
zeleise spielende Kinder. Wie die Passagiere, so 
vurde auch ein in der Nähe stationirter Bahnwärter 
uf die schreckliche Situation durch mehrere gellende 
Ffiffe der Lokomotive aufmerksam gemacht. Der 
rave Mann sprang, ohne die Gefahr für sein 
eigenes Leben zu achten, rasch auf das Geleise und 
iß die Kinder weg, kurz bevor der Zug über die 
ragliche Stelle dahinsauste. Dem Muth und der 
geistesgegenwart dieses Bahnwärters gebührt alle 
Anerkennung. 
Würzburg, 11. Juni. Nach den nun— 
mehr für die Herbstübungem getroffenen Dis- 
»ositionen findet in diesem Jahre ein Korps— 
nanöver des II. Armeekorps nicht statt. Nachdem 
zie Regimentsexerzitien vom 23. bis 28. Augu⸗ 
im Regimenissitze beendigt sein werden, finden di 
grigadeübungen vom 80. August bis 5. Sepi 
ind zwar die der 7. Brigade bei Dittenheim iun 
die der 8. bei Willersbhronn, statt. Dann folgen 
Detachementsübungen mit 8 Vorpostenbivouaks da 
7. Brigade zwischen Berolzheim und Bechhofen am 
der 8. Brigade zwischen Marktoffingen und Feucht 
vangen. Die Uebungen, Brigade gegen Brigede 
inden hierauf vom 11. September an in de 
Begend von Dinkelsbühl, Triesdorf und Feucht— 
wvangen statt; den Schluß bildet der Angriff da 
ganzen 4. Division gegen den markirten Feind he 
Merkendorf und Petersaurach. Am 19. Septemhe, 
erfolgt die Rückktehr in die Garnisonen. 
F Der Mittelrheinische Fabrikanten— 
berein wird sich in seiner am 18. ds. Mis. z— 
Mainz stattfindenden Versammlung mit der Un 
'allversicherungsfrage und dem Reichsstempelgese 
jeschäftigen. 
'In Bornheim erhängte sich am Freitag 
aus Nahrungssorgen ein Schuhmacher in Gegen— 
vart eines seiner acht Kinder, eines vierjährigen 
Bübchens; dasselbe holte seine Geschwister herbei 
im den Vater vom Strick abzulösen, doch ware 
ije zu schwach. Sie eilten deshalb, Hilfe suchend 
davon, doch als sie mit derselben zurückkamen. wo 
der Vater todt. 
Ein interessanter Wehdhselfall 
velcher Vielen zur Warnung dienen mag, trug sig 
aach der neuesten Nummer der „Deutschen Spedi 
jeurzeitung“ in einer benachbarten Stadt Bonnz 
zu. Ein dortiges Haus hatte einem auswärtig al! 
„fein“ bekannten Hause Waaren zum Betrage vol 
1000 Mtk. in Probe gegen acceptirten Wechsel 
ahlbar nach drei Monaten, geliefert. Der zu 
riedenstellenden Probe-Bestellung folgte vor Be— 
ahlung des ersten Wechsels ein Auftrag jun 
Werthe von 9000 Mk. unter gleichen Bedingunge 
zegen Accept. Vor Zahlung des ersten Wechsel 
s'allirte das auswärtige Haus. Der Tausend-Marf 
Wechsel wurde vom Wagren-⸗Lieferanten der Protest 
kosten- Ersparniß halber zurückgezogen. Das zweil— 
Wechsel⸗ Accept zu 9000 Mt. lag noch unbegeben 
im Portefeunille des Lieferanten. Der Letzzter 
meldet seine Forderung zur Konkursmasse an, er 
hält jedoch vom Syndik den Bescheid, er möge 
weil der Posten infolge unordentlicher Buchführuns 
nicht in den Büchern des Falliten zu finden sei 
»en Beweis seiner Lieferung geben. Der Lieferan 
chickte als bestes Beweismittel das Wechsel⸗ Accepl 
»es Fallilen für die letzten 9000 Mk. Weil e 
»asselb jedoch noch nicht begeben hatte, eine Be 
gebung auch unter den vorhandenen Umständer 
nicht möglich war, so hatte der VLieferant kein 
Wechselstempelmarke (in diesem Falle 4 Mk. 50 Pf. 
»)em Accepte aufgekledt, resp. kassiert. Das Accep! 
kommt natürlich durch den Syndik des Falliment 
in die Hände der BGerichtsbehörden. Von letzkeren 
vird dem Lieferanten nunmehr bedeutet, daß e 
wegen unterlassener Stempelmarcken-Aufklebung di 
gesetzliche Strafe des fünfzigfachen Wechselstempel 
heiraͤgs ist 225 Mark zu zahlen habe. Auf di 
Antwort des Lieferanten, daß der Wechsel nicht i 
Umlauf gewesen, und wegen Falliments des Accep 
tanten überhaupt nicht in Lauf kommen könnene 
ging der Bescheid, daß allerdings in diesem dal— 
auch noch der Acceptant für die gleiche Summe— 
225 Mk. — straffällig sei, daß aber wegen Zahl⸗ 
ingsunfahigkeit desselben dem jetzigen rechtlicher 
Inhaber des Wechsels auch diese Strafe zur J— 
calle, er also 480 Mk. zu zahlen habe. Der Lie 
seraut hal also neben dem Verlust der Waare not 
veilete 150 M. wegen Wechseldefraudation zu zahlen 
Hamburg, 185. Juni. Wegen Verkauf 
ingestempelter Inhaberpapiere mit Prämien Geh 
nienloose) wurden der hiesige Geldwechsler urn 
Fondshändler A. Belmonte, sowie die Lotter 
Zollekteure Hermann Lilienfeld und Joseph X 
in Firma: VWebr. Lilienfeld, von der Strafkamm— 
mes hiesigen dandgerichts ersierer zu einer Geldstra⸗ 
yvon 3848 Mark letzterer zu einer solchen von a0⸗ 
Mark 20 Pf. verurtheilt. — 
F(Gas norddeutsche Musikfest 
damburg (I1888) soll mit einem Defizit ce 
5,000 Mk. abschließen, dem als einziges n 
ur Beenter. dnd Baltendauten in der Festhalt 
gegenüberstehen. velter 
'Ein Riese, wie er im Fischleben — 
vorkommpt, if augendlicuͤch bei einem gFischtamn 
n Hampurg ausgestellt, nämlich ein Slör von 
od Reund' ver vünast in der Unterelbe gefang