Full text: St. Ingberter Anzeiger

* (Die Gefährlichen) Aus der Jagd— 
aison erzählt die Wiener Neue freie Presse: Die 
sroße Anzahl Derer „im grunen Rock“ wird von 
Fingeweihten in zwei große Kategorien getheilt: 
n Gefährliche und Ungefährliche. Wenn Du an 
inem frühen Morgen einen Weidmann erblickst, 
zer, in den Fiaker hingestreckt, mit hohem Spiel⸗ 
jahnschmucke, Gemsbart und Geierflaum prunkt, 
zer an blauken Lederriemen die zierliche Patronen⸗ 
asche und eine funkelnagelneue Vüchse trägt, dessen 
nodische Stiefelchen viel mehr die Bekanntschaft 
nit dem Salon als dem Ackerfeide verrathen, dann 
arfsft Du Zehn gegen Eins wetten, daß der Manu 
za in die Kategorie der Gefährlichen gehört. Nicht, 
»aß solcher Waidmann dem Gethier des Waldes 
ind Feldes gefährlich wäre — Gott bewahre! Selbst 
zer dümmste Hase weiß heute schon, daß er die 
dette gerade unter den Gewehrläufen dieser Art 
Z„chützen durchbrechen muß, will er seinen Balg 
inbeschädigt weiter tragen; das „Gefährlich“ bezieht 
ich vielnehr anf die Nachbarschützen. Denn so 
zaͤufig die „Gefährlichen“ Hasen, Füchse und Hühner 
u fehlen pflegen, ebenso häufig finden sie die Beine 
der das Gesicht des Nachbars., den sie im Eifer 
)es Gefechtes gewöhnlich nicht früher bemerken, bis 
ein Wehegeschrei an ihr Ohr dringt. Ein Jagd— 
jerr aus der Umgebung wies vor einigen Tagen 
zie Meldung seines Jägers vor, welche folgender⸗ 
naßen lautete: „Jagd im Revier L. Geschossen 
burden 212 Hasen, 17 Hühner; angeschossen der 
herr Pfarrer, zwei Bauern und ein Hund.“ 
(Aus Böhmen.) In dem Dorfe Roß— 
saupt hat sich am Neujahrsabend ein 22jähriges 
Rädchen todt getanzt. Dasselbe besuchte die Neu— 
ahrs⸗Tanzmufik und kehrte, dem Gebote der Eltern 
uwider, statt um 10 Uhr Abends erst am anderen 
Morgen heim. Nach einer derben Zurechtweisung 
sagte dasselbe über Kopfschmerzen und Unwohlsein, 
etzie sich auf einen Stuhl, von dem es nach kurzer 
zeit todt niedersank. 
(Der professionsmäßige Frauen— 
nörder.) Am Montag wurde ein eingehendes 
berhör mit Karl Schlossarek aufgenommen, der nun 
ille ihm zur Last gelegten Facta eingestand. Die 
Rutter des Schlossarek ist wegen schwerer Beinzich⸗ 
igung, mit der Mörderbande verbündet, Mitwisserin 
ind Helfershelferin gewesen zu sein, in Böhmisch⸗ 
Veißkirchen verhaftet worden. 
FGODer kroatische Landtag.) Ein Abge⸗ 
rdneter Namens Starcevic ruft einem seiner Col⸗ 
egen Namens Kusevic, der ihn zur Ruhe mahnte, 
ie Worte zu: „Pocken Sie sich hinaus, wenn es 
jihnen nicht recht ist.“ Diese liebliche Anrede störte 
udeß Niemand weiter, schlimmer wurde es bei der 
sbstimmung. Bei dem Namen Zindl bricht ein 
ollenlärm los. Tuskan (springt auf): Feigling! 
zeht, dieser Mensch hat gestern gesagt, daß kein 
z4hrenmann für diese Vorlage stimmen kann! (Da⸗ 
über großes Halloh unter den Starcevicianern, die 
zindl mit Invektiven überschütten.) Zindl sucht 
n höchster Erregung zu erwidern, da er in gemeinster 
Veise beleidigt worden sei. Rufe von der äußersten 
tinken: Schämt euch, Verräther! — Mrazovic von 
er Rechten: Ihr seid Lüummel! — Starcevic: 
S„chweigen Sie, auch Sie sind ein verkaufter Balg! 
Prasident läutet unaufhörlich. — Pisafic schreit: 
)erunter mit dem Präsidenten! Wir lassen uns in 
droatien nicht verkaufen! — Tuskan: Das ist eine 
zchande, was dieser Landtag treibt. — Pilepic: 
zhr seid Schafsköpfe! Das Stampfen mit den 
füßen und das Klopfen und Poltern auf den 
zänken mit den Fäusten im Augenblick, als der 
zräsident wieder die Publizirung versucht, wird 
mmer heftiger. Nun fängt auch die Studenten⸗ 
hallerie zu applaudiren an, und ihrem Beispiele 
olgt die Damengalerie, nachdem der Präsident die 
irllärung abgegeben, daß er die Sitzung aufhe be. 
die Damengalerie applaudirt fort. Die Starce⸗ 
icianer gruppiren sich und rufen den Damen zu; 
Rivio unser schönes Geschlecht! Es leben die Frauen! 
lus der Majorität dagegen wurden Stimmen laut: 
„chämt euch, Agramerinnen; geht lieber Strümpfe 
tobpfen! — So endete dieser unerhörte Scandal. 
Die Gräfin Meran, die Tyroler Post⸗ 
neisterztocher und Wittwe des Erzherzogs Johann, 
at dieser Tage gesund und munter ihren 80. Ge⸗ 
uristag gefeiert. Ihr 18. Geburtstag war ihr 
ber doch noch lieber; denn das war eigentlich der 
'ag ihrer Thronbesteigung. Da stieg sie, weil der 
erzherzog fahren wollte, und kein Kutscher da war, 
aibst auf den Bock und gefiel dem Erzherzog so 
daß er sie heirathete. Sie machte ihn dafür 
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päter zum deutschen Reichsberweser. Die Heiraths— 
zeschichte hatte dem deutschen Volke und 1848er 
Parlamente, das damals noch sehr gemüthlich war, 
o sehr gefallen, daß es den Erzherzog zum Reichs⸗ 
»erweser wählte, was Gagern damals den „kühnen 
Briff'“ nannte. V 
F London, 15. Januar. Das ungeheure 
Pachsthum Londons brziffert sich am Besten durch 
»en Nachweis, daß die Stadt im Jahre 1560 nur 
englische Quadratmeilen bedeckte, 1818 6, 1834 
6 und augenblicklich 70 —80 Quadratmeilen. 
F Der deutsche Dampfer „Prinz Georg“ war 
iuf der Fahrt von Palermo nach Philadephia am 
l. v. Mts., wie in Liverpool eingelangte Be— 
richte melden, in größter Gefahr zu kentern und 
mit seiner Besatzung und den 100 Auswanderern, 
die er an Bord hatte, unterzugehen. An dem ge⸗ 
iannten Tage ergriff, bei furchtbar hohem Wellen⸗ 
zange, ein Wirbelsturm das Schiff und riß Raaen 
ind Takelwerk nieder, die bei ihrem Sturze das 
Deck durchschlugen. Die Wellen brachen fast gleich- 
eitig die Schaufelräder, spülten zwei Matrosen 
iber Bord und das Schiff lag bald ganz hilflos 
auf dem Wasser. Unter den Passagieren herrschte 
m Zwischendeck, wohin man sie gebracht hatte, das 
rößte Entsetzen, und ein Mann starb infolge der 
Ungst. Zum Glück dauerte der Sturm nicht lange; 
uhiges Wetter trat ein und ermöglichte es, die 
ingerichteten Schäden zu reparieren, worauf der 
Prinz Georg“ die Weiterfahrt aufnahm und am 
8. Dezember nach mehr als vierwöchentlicher Fahrt 
n Philadelphia eintraf. 
F(Miteinem Mörder im Gefängniß 
erheirathetl) Aus St. Louis schreibt 
nan: Vor mehreren Wochen traf hier Friederike 
Zimmermann aus Deutschland ein. Sie war nahe 
zaran, Mutter zu werden und suchte nach ihrem 
diebhaber, Frederick Spilker, welcher zwei Wochen 
vor ihrer Ankunft seinen Partner, mit dem er eine 
Birthschaft betrieb, ermordet hatte und deßhalb im 
hefängniß sitzt. Das junge Mädchen bat die Be— 
jörden, man möge ihr gestatten, sich mit Spilker 
rauen zu lassen. Die Bitte, wurde gewährt und 
and die Trauung statt. Zwei Mitgefangene Spilkers 
ungirten als Zeugen und sein Anwalt, welcher den 
krauschein beglaubigte, traktirte Brautpaar und 
zeugen mit Wein. 
F Der bekannte „Hunger-Doktor“ 
Tanner ist, wie amerikanische Blätter melden, auf 
zeranlassung der medizinischen Schule von Clerl 
Vereinigte Staaten) wegen ungesetzlicher Ausübung 
rztlicher Praxis arretirt worden. Dabei ist die 
entdeckung gemacht worden, daß derselbe weder Arzt 
ioch überhaupt auf rechtmäßigem Wege zu dem 
doktortitel gelangt ist, sondern letzteren sich einfach 
urch eine amerikanische Agentur verschafft hat. Ob 
canner sich noch in Haft befindet oder welchen 
onfligen Verlauf diese Angelegenhert genommen 
at, darüber wird Nichts gemeldet. Interessant je⸗ 
yoch ist die nachträgliche Enthüllung, daß die seiner 
zeit mit so großer Spannung verfolgte vierzigtägige 
Zungerdiät des edlen Herrn Tanner nichts weiter 
var, als eine allergings sehr originelle, aber echt 
mmerikanische Reklame für seine spätere Kurpfuscherei. 
Die kürzeste Hochzeitsreise, welche wohl je 
emacht worden ist, wurde soeben in Spring⸗ 
ield, Mafssachusetts, ausgeführt. Ein neuver⸗ 
nähltes Paar, welches seiner Verwandten und ihrer 
jesellschaftlichen Stellung halber um jeden Preis 
eine Hochzeitsreise machen mußte, aber nicht dazu 
das nöthige Geld hatte, ließ sich nach der um sieben 
ühr abends vollzogenen Trauung von seinen 
Freurden auf die Eisenbahn bringen, stieg auf der 
inen Seite in den eben zum Abgehen bereiten Zug ein, 
erließ ihn aber, von der Dunkelheit beschützt, sofort 
uuf der anderen Seite, und schlüpfte unbemerkt 
nach dem zunächst gelegenen Hotel hinüber. Ware 
zie junge Frau nicht am dritten Tage ihres Aufent⸗ 
jaltes daselhst in etwas zu unvorsichtiger Weise an 
zas Fenster ihres Zimmers gegangen und von der 
Straße her gesehen worden, so wäre dies neueste 
sezept zu einer ebenso fashionablen, wie billigen 
»ochzeitsreise für immer ein Geheimniß des inge— 
zieusen Paares geblieben. So ist es leider Spring⸗ 
ielder Gemeingut geworden, ohne daß die Betref⸗ 
enden bis jetzt Miene gemacht hätten, ein Pafent 
‚arauf zu nehmen. 
F In Amerika versuchen es die Frauen nun⸗ 
nehr auch als Kommißsvoyageurs den Männern 
jleich zu thun. Eine Dame, deren Gatte früher 
ür ein großes Pelzwaarengeschäft in New-York 
deiste, ist nach dessen Tode an seine Stelle getreten 
und macht sehr gute Geschäfte, da ihrer Ueberredungs⸗ 
gabe selten ein Kunde widersteht. Eine andere, 
Namens Miß Ella Greene, verdient jährlich 1800 
Dollars als Reiiende für ein Haus in St. Louis. 
Gemeinnutziges. 
(Ubertragung von Krankheiten durch Genuß 
roher Milch.) Wiederholentlich sind Faälle mitge 
theilt worden, in denen die Uebertragung von 
Krankheiten durch käufliche Milch, wie Scharlach, 
Dyphteritis, Tuberkulose, Typhus ⁊c. wenn nicht 
unzweifelhaft nachgewiesen, so doch höchstwahrschein⸗ 
lich war. Die Nichtbefolgung der hieraus zuziehen⸗ 
den Lehre, Milch unbekannter Herkunft stets nur 
zu genießen, nachdem dieselbe gründlich durchgekocht. 
also alle darin etwa enthaltenen Ansteckungsstoffe 
getödtet worden, scheint in London wiederum zahl⸗ 
reiche Opfer, diesmal an Darmentzündung (enterie 
kever) gefordert zu haben. Nach einem in der 
Times vom 11. Oktober von dem Gesundheitsbe⸗ 
amten (medical offirer of health) Shirley F. 
Murphy erstatteten Berichte waren von 431 Er⸗ 
krankten 368 nur darin gleichnamigen Einflüssen 
insofern ausgesetzt gewesen, als sie unmittelbar oder 
nittelbar Milch von einem und demselben Händler 
zezogen hatten, dessen Personal selbst erkrankte, 
nachdem auf einer der Milch liefernden Farmen 
die Krankheit ausgebrochen war. 
Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, daß 
manche Krankheitskeime durch bloßes einmaliges 
Aufkochen gar nicht getödtet werden, hierzu vielmehr 
erforderlich ist, sie mehrere Minuten lang einer dem 
Siedepunkte nahen Temperatur auszusetzen. Dies 
geschieht bei Misch, der Gefahr des Ueberkochens 
wegen, am besten im Wasserbade. Vorzüglich ge⸗ 
rignet dazu ist der Becker'sche Doppelkochtopf aus 
derzinntem Eisenklech 
Verloosungen. 
Berlin, 16. Janu ar. Ziehung der preußi⸗ 
schen 33 proc. Prämienanleihe von 1865. Es 
fielen 18000 Mark auf Nr. 115011, 3000 Mtk. 
auf Nr. 185161, je 1200 Mtk. auf Nr. 74318 
92538 94359, je 750 Mtk. auf Nr. 8877 62898 
104830, je 450 Mk. auf Nr. 6580 6598 8596 
3838 37479 43477 43480 46145 59605 59612 
359654 59667 62870 68545 68572 69312 
39420 69388 73551 74396 82117 87135 
92529 104869 116796 119280 132690 135147 
140904 140949 140963 145488. 
In der Kölner Dombau⸗-Lotterie wur— 
den nachstehend verzeichnete Hauptgewinne gezogen. 
Es fielen 75,000 Mk. auf Nr. 2639; 30,000 M. 
auf Nr. 109,352 15,000 Mk. auf Nr. 51132, 
6000 Mk. auf Nr. 85827 und 240,181, 3000 
Mk. auf Nr. 1060148, 239212, 322,192 und 
328,751 1500 Mt. auf Nr. 2174, 31838, 
74700, 106032, 118899, 169913, 186,822, 
207741, 340891 und 349706. — Ferner ge⸗ 
vannen Oelgemälde von größerem Werthe folgende 
Nummern: 16940 „Landstraße in Oberitalien.“ 
(1000 Mark.) 26268 „Das Gleichniß von den 
ichlafenden Acbeitern.“ Oelg. v. F. Guillery in 
Frankfurt a. M. (650 Mk.) 72469 „Norwegi⸗ 
cher Fjord.“ (950 Mk.). 227963 „Erinnerungen.“ 
(1200 M.). 256913 „Septemberabend.“ (1110 
Mk.). 272172 „Motiv aus Aßmannshausen.“ 
(1000 Mk.). 27845 „Im Monat Mai.“ (1200 
Mk.). 272164 „Madonna mit dem Kinde.“ Mar—⸗ 
mor.Relief v. Prof. A. Heß in München. (1200 
Mk.). 317806 „Erntefest in der Ramsau.“ (1200 
Mk.). 324930 „Herbstmorgen im Walde.“ (1500 
Mk.). 348351 „Aus dem römischen Gebirge.“ 
Dela. v. A. Slamm in Düsseldorf. (1000 M.). 
Ster befälle. 
Gestorben: in Knöringen Frau Elisabetha 
Gensheimer, geb. Fäsy, 43 J. a.; in Altdorf 
Philipp Welde, 63 J. a.; in Speyer Fran Luise 
Wolf, geb. Höfle; in Eppstein Frau Elisabeth 
—ADDVDD 
ftür die P-vdaktion veranwortlich: x X. Demeß. 
Es wird gewarnt vor verschiedenen preuß. Lotterien, 
welche kein Geld, sondern nur bedeutend überschätzte 
Gegenst än de ausspielen, woselbst das Porto, die Naͤch⸗ 
nahme und Unkosten gewöhnlich höher sind als der Gegen⸗ 
stand. Außerdem kommt bei den preuß. VLotterien oft⸗ 
mals erst auf 1000 Loose ein Gegenstand als Gewinn. 
Die bayer. Lotterien besonders die in den nächsten Ta⸗ 
zen zur Ziehung kommende Eichstätter Lotterie hat nur 
Beldgewinne (Hauptreffer 830000 Mk.)M welche ohne 
eden Abzug ausbezahlt werden. Außerdem kommt bei 
Fichstätt bereits auf 10 Loose ein Geldgewinn! Möge 
zaher Jedermann sein Glück bei den bayer. Lotterien 
wagen, denn hiebei hat derselbe auch wirkliche Gewinnchansen.