Full text: St. Ingberter Anzeiger

hatte, sang die ganze Versammlung das Lied: 
Großzer Gott, wir loben Dich.“ 
Am eigentlichen Festtage zogen die Mitglieder 
des Stadt⸗ und Fabrikrathes und viele Bürger mit 
Musit zur Kirche, wo ein Festgottesdienst stattfand. 
Das feierliche Lebitenamt, dem außer einer großen 
Anzahl Gläubigen, auch viele Geistliche aus Nah 
und Fern anwohnten, wurde von dem Pfarrer und 
Distrittsschulinspeltor Helfer von Rubenheim ce⸗ 
ebtieri. Die Festpredigt hielt Herr Pfarrer Crön— 
bein von Walsheim, früher Caplan in Blieskastel 
Nach dem Gottesdienste bewegte sich der Zug, 
mit dem Jubilar in der Mitte, durch die festlich 
geschmückten Straßen der Stadt zum Hotel Hauck, 
Do Lin Festessen stattfand. Von 5 Uhr abends 
war auf der Gartenwirthschaft von König Reunion, 
wo alle Festgenossen mehrere Stunden in frohester 
Stimmung vereinigt waren. Noch lange werden 
sich Alle dieses schönen Festes erinnern, und der 
Wunsch eines Jeden wird jein, dem hochw. Herrn 
Jubilat möge noch länger Rüstigkeit und geistige 
Frische erhalten bleiben, damit er in einigen Jahren 
sein 50jähriges Priesterjubilaum gerade so froh 
feiern kann, als das 25jährige Jubiläum seiner 
Wirksamkeit in Blieskastel. 
— In Kaiserslautern verunglückte beim 
Grasen am Bache die 26 Jahre alte Ehefrau des 
Johannes Boll dadurch, daß sie von einem epilep⸗ 
tischen Anfall überrascht in den keineswegs tiefen 
Bach stürzie und ertrank. Die Todte hielt bei ihrem 
Auffinden die Grassichel noch in der Hand. 
— gaiserslautern, 24. Juni. Aus der 
Vorderpfalz kommt die Nachricht von einer in 
größerem Maßstabe sich zeigenden Erkrankung des 
Getreides, die anscheinend auf Vorkommen von 
schmarotzenden Pilzen zurückzuführen ist. Der Leiter 
der landwirihschaftlichen Kreiswinterschule zu Kai— 
serslautern, Herr Nipeiller, hat in der betroffenen 
Gegend an Ort und Stelle über die an den Halm—⸗ 
früchten (Korn und Weizen) bemerkte Erkrankung 
Erhebungen angestellt, um cventuell praktische Vor⸗ 
schläge zu machen. 
Steinfeld, 24. Juni. Se. kgl. Hoh⸗ 
heit Prinz Luitpold von Bayern hat den Hinter⸗ 
hiebenen des am 18. d. M. beim Einsturz eines 
Hauses in Steinfeld verunglückten Ackerers A. 
Straßer in hochherziger Weise durch den Decan 
Zimmer in Steinfeld die Summe von 50 M. als 
Nomentane Unterstützung zustellen lassen. (Pf. 3.) 
— Ludwigshafen, 23. Juni. Die An— 
meldungen zu der am 1. und 2. Juli nächsthin 
Statt findenden Aufnahmsprüfung für den 
Dienst der Pfälzischen Eisenbahnen sind 
diesmal noch zahlreicher, als bei der letzten Prüf—⸗ 
ung vom Jahre 1881. Sie belaufen sich auf 122, 
während jene zum vorigen Examen nur 97 betrugen. 
Der Bedarf an Beamtenpersonal für die pfälzischen 
Eisenbahnen dürfte daher voraussichtlich auf längere 
Zeit hinaus aus der Zahl der heurigen Prüfungs⸗ 
kandidaten gedeckt werden und somit den Abitu— 
rienten der Gymnasien und Realschulen 
die Aufnaähme in den Bahndienst, welche nur inso⸗ 
lange ohne Ablegung eines Examens Statt fand, 
als“ keine geprüften Bewerber vorhanden waren, 
von jetzt ab wieder verschlossen sein. 
Bermischtes. 
r Neunkirchen, 28. Juni. Heute Nach—⸗ 
mittag passirte dem Wirth L...... g hieselbst 
ein Unfall, der leicht recht schlimme Folgen hätte 
haben lkonnen. Herr L. wollte eine Katze erschießen, 
üͤber der Schuß versagte. Waͤhrend er nun damit 
beschäftigt war, das Schießgewehr zu entladen, ging 
der Schuͤß plötzlich los und verietzte ihn am Auge 
Ind an der Backe, glücklicherweise jedoch nicht ge⸗ 
fährlich. Wieder eine Warnung, mit Schießgewehren 
recht vorsichiig umzugehen. — Gestern verunglückte 
auf der Grube König der Bergmann Khäs von 
Gronig, indem derselbe beide Beine zerbrach. Der 
Verunglückte, an dessen Aufkommen gezweifelt wird 
hinterlaßt eine Frau mit drei Kindern. (N. T.) 
St. Johann, 25. Juni. Gestern, bei 
Gelegenheit des Jahrmarktes, sind, dem „St. Joh.⸗ 
Sbr. Anz.“ zufolge, auf dem hiesigen Bahnhofe im 
Gedrange vier Frauen, welche mit dem 4,43.3ug 
nach Reunkirchen einstiegen, ihre Portemonnaies 
sammt Inhalt (15, 9, 12 und 20 Markh) von 
Taschendieben gestohlen worden. — Ein Deserteur 
dom 7. Dragoner⸗Regiment wurde heute Morgen 
unter Begleitung einer militärischen Eskorte hier 
eingebracht. 
St. Johann, 26. Juni. Ein Vorfall, 
zer in seinem Anfang einen höchst grausigen Aus— 
jang zu nehmen schien, dessen Ende aber in fried— 
icher und höchst freudiger Weise verlief, trug sich 
jorgestern Abend resp. gestern Morgen hier zu. Die 
Zache ist kurz erzühlt. Ein Männlein und ein 
Weiblein, beide ehrbare Ehegesponnste aus Brebach, 
egaben sich vorgestern auf den hiesigen Markt um 
»ort allerhand Einkäufe zu besorgen. Gegen 
Abend, als man sich wieder auf den Nachhauseweg 
zegeben will, siehe da, fiel es plötzlich Jedem der 
Beiden ein, daß sie noch dieses und jenes Geschäft 
zu besorgen hätten. Man trennte sich wieder mit 
Lersprechen, sich da und dort zu treffen und dann 
»en Weg nach Hause gemeinschaftlich zurückzulegen. 
Aber der Mann denkt und — die Frau lenkt. 
Denn wer später an dem verabredeten Oct, trotz 
tundenlangen Wartens, nicht zu treffen war, das 
var die weibliche Ehehälfte. Des langen Wartens 
nüde und in der Voraussicht, daß seine Frau wohl 
chon längst zu Hause sei, begibt sich der Mann 
undlich allein nach Brebach, wo er Nachts gegen 
I1 Uhr eintraf. Aber, o Schrecken, die Frau war 
noch nicht da. Da dieselbe noch ca. 30 Mark bei 
ich führte, was lag da wohl näer, als daß die 
Frau unterwegs beraubt und dann unter den Hän— 
sen eines Unholdes ihr Leben ausgehaucht habe— 
die ganze Gemeinde wurde also sofort rebellisch 
jemacht, mit Laternen und allem zur Nachtusche 
jöthigem Zubehör machte man sich auf den Weg, 
ind fuchte alle zwischen Brebach und St. Johanr 
iegenden Felder ab. Allein alles vergebens 
Als am Morgen (ggestern) die Frau noch immer 
uicht zum Vorschein gekommen, wurde das plöhliche 
Verschwinden der Frau auch den Polizeibehörden in 
Zt. Johann und Saarbrücken angezeigt und von 
etzteren auch sofort die nöthigen Schritte zur Lüf⸗ 
ung des Dunkels gethan. Da, es war gegen 3 
Uhr Nachmlttags, kommt plötzlich die zum Stroh⸗ 
wittwer verurtheilte Brebacher männliche Ehehälfte 
eiligen Laufes — würdig eines Fritz Käperniks — 
mit der Meldung, seine Frau wäre wieder gefun—⸗ 
den; dieselbe sei nämlich am vorigen Abend, ohne 
hmetwas davon zu sagen, vom Reisefieber befallen 
worden und dieses hälte sie per Bahn zu ihren 
Verwandten nach St. Ingbert entführt. Ob das 
jute Ende unter Blitz und Douner schloß, darüber 
schweigt die Geschichte. 
'Diedenhofen, 24. Juni. Ein schreckliches 
Inglück ereignete sich gestern gegen Mittag in 
Hayingen. Aus Anlaß der gestrigen Prozession 
var daselbst auf der Hauptstraße ein Altar errichtet 
vorden und hinter ihm ein kolossales hölzernes 
Zreuz von mehr als 10 Metern Höhe und einer 
Breite von 22 Centimetern im Quadrat. Zwei 
Arbeiter standen oben auf einer hinter dem Altare 
vefindlichen, an das Kreuz angelehnten großen 
deiter, um den Altar abzubrechen. Plötzlich brach 
das Kreuz unten und fiel in die Straße, gleichzeitig 
fielen auch die beiden auf der gegen dasselbe ge— 
iehnten Leiter stehenden Arbeiter zur Erde und 
erlitten dabei so schwere innere Verletzungen, daß 
sie bald darauf den Geist aufgaben. Beide sind 
leider verheirathet und hinterlassen mittellose Wittwen 
der eine außerdem vier minderjährige Kinder; dieser 
war 48 Jahre, der ander 50 Jahre alt. Wem 
die Schuld zuzuschreiben ist, wird die eingeleitete 
gerichtliche Untersuchung feststellen. 
Steinberg, 24. Juni. In der verflos⸗ 
enen Nacht brachen zwei Hunde in die hiesige 
Schafpferche ein, zerrissen nicht weniger 
11337 Schafe und verwundeten noch mehrere. 
Man sagt, der eine dieser wüthenden Bestien sei 
aus Guidesweiler gewesen. Ich glaube, der hiesige 
Schäfer, der unglücklicherweise die Heerde ohne 
Aufsicht gelassen, wird den Nachgeschmack, den dieser 
dammelsbraten zunächst für ihn und dann auch für 
die Eigenthümer der betreffenden Hunde hat, noch 
recht lange im Gedächtniß behalten. (R.Bl.-Z.) 
Clausen, 21. Juni. Nachdem gestern 
Nachmittag zwischen 8 und 4 Uhr der Küfermeister 
. Rembold aus Pfaffenthal mit zwei Gehülfen in 
der Bierbrauerei des Herrn Mousel zur Vervichung 
eines fast noch neuen, frisch ausgehobelten, 50 Hek ⸗ 
soliter haltenden Bierfasses, eine entsprechende Quan⸗ 
lität siedendes Pech in dasselbe gegossen und dicht 
verschlossen hatte, und sodann zum Beginnen des 
Amschüttelns Hand angelegt, erfolgte plötzlich eine 
xFxplosion des Fasses, wodurch die eine Bodenfläche 
ich mit furchtbarem Knall loslöste und die etwa 
Centimeter dicken Dauben an der Mauer des 
Stalles zerschellten. Unglücklicherweise drang eine 
der Dauben durch die offene Stallthüre und traf 
auf eine Entfernung von 8 bis 10 Meter, * 
nit der Stallreinigung beschäftigten Taglöhne 
Michel Bievesch aus Neudorf derart an die rechte 
Schläfe, daß er infolge eines Schädelbruches naͤh 
twa einer Viertelstunde den Geist aufgab. Di 
hiel näher stehenden Küfer kamen mit leichten Ver— 
letzungen davon. Man scheint sich die Ursache der 
Explosion nicht erklären zu können, doch wollen 
einige Augenzeugen beim Explodiren eine Flamme 
aus dem Fasse haben vorschlagen sehen. B. hin— 
lerläßt eine Wittwe mit 4 unmündigen Kindern. 
Straßburg. Der akademische Senat hat 
über das Korps „Palatia“ die Auflssung 
derhängt, weil dasselbe, obwohl verwarnt, sich eine 
Berichtsbarkeit über nicht der Verbindung angehörige 
Studirende beigelegt hat; die Burschenschaft „Ger. 
mania“ wurde vom Senat für das laufende Se— 
mester suspendirt, weil eine größere Anzahl 
don Mitgliedern derselben in letzter Zeit an der 
Berübung grober Ausschreitungen betheiligt gewesen 
st. (Der bekannte Selbstmord des Studiosen 
Hettner hing mit den hier geahndeten Vorgängen 
zusammen.) 
F München, 24. Juni. Die Gemahlin Sr. 
kgl. Hoheit des Prinzen Arnulf von; Bayern, Prin— 
zessin Therese, ist heute von einem Sohn entbunden 
worden. Prinzessin Therese ist eine geborene Prin⸗ 
zessin von Liechtenstein und steht vor Vollendung 
des 34. Lebensjahres. Die Ehe wurde im Apru 
1882 geschlossen und war bis jetzt kinderlos. 
(Die Bewaffnung der bayherischen 
Armee.) Aus München, 23. Juni, wird dem 
„Frkf. J.“ geschrieben: Der König hat genehmigt, 
daß 1) fortan zur Feldausrüstung von Offi. 
zieren bei den Truppen zu Fuß ein Revolver und 
ein Doppelfernrohr gehören sollen; 2) diejenigen 
Unteroffiziere der Truppen zu Fuß, welche bisher 
-Zchußwaffe tragen — Feldwebel, Vizefeldwebel, 
Fahnenträger und Bataillons- (Regiments-) Tam— 
bours — dann die Krankenträger mit einem Ke— 
dolver neuen Modells zu bewaffnen sind; 3) zum 
Erlaß der hier nothwendigen Vollzugsbestimmung 
— ——— 
Hr. Kreisschulinspektor Matt sol 
dem Vernehmen nach für eine Vorstands- und Lehrer— 
stelle an einer bayerischen Lehrerbildungsanstalt aus 
ersehen sein. 
Eine köstliche Anekdote von dem 
önig Ludwig J. von Bayern erzählt die 
„E. Zig.“: Die Gemahlin des Großherzogs Lud⸗ 
wig DI. von Hessen, Mathilde, war eine Tochter 
des Königs Ludwig. So lange die Großherzogin 
lebte, kam der König Ludwig — besonders wenn 
er im nahen Aschaffenburg residirte — öfters nach 
Darmstadt oder auch in's sogenannte Fürsten⸗ 
lager bei Auerbach, einem reizend gelegenen 
Slädtchen an der Bergstraße, um seine Tochter 
und deren Gemahl zu besuchen. Der König war 
dann meistentheils sehr heiter und vergnügt und 
vußte sich in seiner lebhaften Weise gut zu unter⸗ 
halten. Gelegentlich einer Familientafel erzählt 
er ein kleines Abenteuer, das ihm in München 
mit einer Schildwache begegnet war. Der König 
ging nämlich im Englischen Garten spazieren und 
raf weit draußen an einer einsamen Stelle auf 
eine Schildwache, welche, als sie Jemanden kommen 
sah, schleunigst etwas in den Waffenrock schob. 
Auͤch blickte der Soldat mißtrauisch auf den 
Spaziergänger. Da dieser in Civilkleidern wan 
nlwolkte sich die Stirn des biederen Kriegers bald 
vieder und er sagte gemüthlich zu dem Unbelannten: 
Na, Sie hab'n mich schön erschreckt, Herr!“ „So 
hrach der König im Münchener Dialekt, ,haben' 
an vielleicht a bos G'wisf'n?⸗ Na, dos geu 
net“, antwortete der Soldat; „aber schau'n Snich 
hin ganz kurz hier in Münka und kenn' no Neamnd 
dud“ da Kini chuat manchmal do 'rausspazieren 
No hob' i grad was g'essen, dös darf der Soldat 
auf der Wacht net, und da hab' i's glei unten 
mein Spenfer da g'schob'n. Aber jetzt eß'n 
heiter denn 's is was zu Guat's und 's wir 
a net glei wieder Oaner kumma; was moanen 
*270 F3ch glaab net!“ antwortete der König 
Ro, sagen S aber a mol, was hab'n S' dn 
whaabe pessen?“ Wissen S'e was, rath'n S 
nol“, antwortete die Schildwache. „No“, mennue 
der König, „vielleicht hab'n S' an Schweinsbrat 
„Ja, Schweinsbrat'n, dös is was Guat's, aber “ 
jsoch steig' i net, abil“ „Hab'n S' vielleicht 
dalbebran?“ fragte der Konig weiter, den 
Treuberzigkeit des Soldalen höchlich amüsirte.