Full text: St. Ingberter Anzeiger

— — —P 4 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
er „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.A 60 ⸗ einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.M 75 , einschließlich 
d ¶Zustellungsgebuhhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum betraͤgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 Z, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 H, NReclamen 30 B. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 128. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 2. Juli. Die Frage, ob aus—- 
— 
in 1. Juli vom Verwaltungsgerichtshofe in der 
ekurssache der Mathew'schen Erben gegen einen 
esbezüglichen Bescheid der oberbayerischen Kreis— 
egieriung bejaht. Der in München verstorbene 
ntier Arthur Mathew aus England hatte u. A. 
uch seine bei Bankhäusern in London, Paris und 
lorenz deponirten Inhaberpapiere seinem in Eng⸗ 
end lebenden Bruder, eventuell dessen Kindern ⁊c. 
zamentarisch vermacht und hat sich die ober⸗ 
erische Kreisregierung in Folge Reklamation der 
tben gegen die rentamtliche Verfüg ung durch Be⸗ 
neid vom 10. Dez. 1883 dahin ausgesprochen, 
z die bei ausländischen Banken deponirten Pa— 
ete des im Inlande verstorbenen Erblassers, als 
läubiger dieser Banken, den Bestimmungen des 
iherischen Erbschaftssteuergesetzes unterliegen. Die 
egegen dem Landgerichtsrath Dr. Schrader zu 
rankfurt a. M. als Testamentsexekutor Namens 
er Etben erhobene Beschwerde wurde kostenfällig 
ogewiesen und hat somit der Verwaltungsgerichts 
y die betreffenden Papiere gleichfalls für steuͤer⸗ 
uchtig erklärt. 
München, 2. Jul. Der Rath der kgl. Re⸗ 
etung der Pfalz, Hermann Wand zu Speyer 
urde zum Mitgliede des Verwaltungsrathes der 
falzischen Bahen ernannt und demfelben gleich⸗ 
eitig die Funktion eines Mitgliedes des Verwal⸗ 
ngsausschusses dieser Bahnen an Stelle des der⸗ 
bien Privatiers G. F. Kolb übertragen. 
Berlin, 2. Juli. Die Gerüchie von einer 
usammenkunft des Kaisers von Rußland 
it unserem Kronprinzen in Danzig aus An⸗ 
der dortigen Flottenmanöver wollen nicht zur 
uhe kommen. Allein zunächst ist es noch immer 
veifelhaft, ob der Kronprinz überhaupt nach Dan⸗ 
ggehen wird und von der Reise des Czaren nach 
'anzig ist vollends hier an den Stellen, welche 
won unterrichtet sein würden, nichts bekannt. — 
ine heute vom „Deutschen Tageblatt“ gebrachte 
iahricht, nach welcher der Bundeerath die Wimet 
uft she Resolution auf Aufhebung des Erpatui— 
Angsgesetzes angenommen habe, ist auf die That⸗ 
ihe zurückzuführen daß der Bundesrath einigen 
eitlühen die Rüciehr gesiantet han Die⸗ erwähnte 
—X hat dem Bundesrathe noch gar nicht 
rrgelegen. 
Berlin, 2. Juli. In den nächsten Tagen 
d, im Auftrage der nationaliiberalen 
artei eine eiwa vier Vogen umfassende, ganz 
rlid gehaltene Darsiellung der gesetzgeberischen 
Wetigleis des Reichs tages in der jetzt abgelaufenen 
mten Legislalurperihe 18816884 herausge⸗ 
en werden. 
dresden, 1. Juli. Der Kriegsminister von 
re wurde heute zu seinem 80jahrigen militä- 
w Dienst· Jubilaum von allen deutschen Fürst⸗ 
—* Heerführern beglückwünscht, ecbenso 
* ihm hier die Direltoren der Ständekammern 
ie ie höchsten Würdenträger des Staates, des 
—** und des Hofes heute Vormitiag ihre Gluͤc 
— dar. Nachmittags fand zu Ehren des 
cine militarische Gala⸗Hoftafel statt. 
wiet Furcht vor einer altiven deutschen Co⸗ 
u sun wie auch das Bedürfniß, neue Absatz · 
ar ir Industrie · Erzeugnisse zu gewinnen, treiben 
urobäischen Wesimachtme z0 einer 
Samstag 5. Juli 1884. 
19. Jahrg. 
Vergrößerung ihres Colonialbesitzes. Neuerdings 
steht eine Ausbreitung der englischen 
derrschaft im westlichen Theile des 
5tillen Ozeans in Aussicht. Fünf austra⸗ 
ische Colonien haben sich bereit erklärt, 15,000 Lst. 
u den Kosten einer event. Besitzergreifung von 
Inseln des australischen Archipels brizutragen. 
Augenscheinlich ist in diesem Falle der Eifer ver 
rustralischen Colonien, keine Nachbarn im australi⸗ 
chen Archipel zu bekommen, noch größer, als der 
des englischen Mutterlandes, seinen überseeischen 
Jesitz zu vermehren. Das ist sehr begreiflich. Es 
st eine bekannte Thatsache, daß Australien in wahr⸗ 
heinlich nicht allzulanger Zeit seine Selbstständig- 
eit erlangen dürfte. Die überaus kraftvolle ge⸗ 
unde Eigenart der in diesem Welttheil sich bilden⸗ 
en australisch-europäischen Race läßt dies mit 
gestimmtheit erwarten. In diesem Falle würde 
ilso nicht England, sondern „die Ver. Staaten 
»on Australien“ die Unbequemlichkeiten der Nach— 
jarschaft in einem Gebiete, welches geopraphisch und 
»om Standpunkt harmonischer Machtverhältnisse zu 
Australien gehört, zu tragen haben. Ja man 
önnte schon aus dem Vorhandensein eines solchen 
Ztrebens, sich für die künftige Zeit der Unabhäng— 
gkeit schon jetzt die günstigsten Bedingungen zu 
chaffen, auf die sich vorbereitende Selbsiständigkeit 
Australiens schließen. Es ringt sich hier offenbar 
in junges Staatswesen empor, welches dereinst eine 
zedeutungsvolle Stessung unter den Mächten ein— 
iehmen wird. Mit Bezug auf unsere eigenen co⸗ 
onialpolitischen Bestrebungen kann uns die neu 
evorstehende Besitzergreifung ein Beispiel für die 
Intensität der gegenwärtig von Europa aus betrie⸗ 
jenen Colonialpolitik geben! Mit einer wahren 
dast wird in den drei Welttheilen, in welchen Co— 
onien überhaupt noch erworben werden können, in 
Asien, Afrika und Australien nach im europäischen 
Sinne herrenlosen Gebieten gefahndet. 
Aus dem Newyorker Castle⸗Garden 
dem Auswanderungsdepot) wird berichtet: Im 
Arbeitsnachweisungsbüreau (des Castle-Gardens) war 
kürzlich der seltene Fall eingetreten, daß nicht ein 
»inziger Beschäftigung suchender Deutscher vorhan⸗ 
»en war, da alle bis dahin Angekommenen in 
passende Stellen untergebracht worden waren. Ich 
heile Ihnen das lediglich als Curiosum mit und 
vünsche nicht, daß dasselbe als ein Zeichen besonders 
nünstiger Zeitverhältnisse aufgefaßt werden möge! 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
— Rheinzabern, 1. Juli. Wie schädlich 
es ist, in erhitztem Zustande zu trinken, zeigt fol— 
gender Vorfall: Ein fünfzehnjähriger Bursche von 
hier, der in der Falzziegelei Jockgrim arbeitete, lief 
vor einigen Tagen eilig von hier weg, um Morgens 
rechtzeitig in der betr. Fabrik anzukommen. Schweiß- 
triefend trank er dortselbst Wasser und stellte sich 
unter ein Fenster, um sich abzukühlen. Abends 
tellie sich Gehirnentzundung ein und gestern starb 
»erselbe nach viertägigem Kranksein. Darum Vor—⸗ 
sicht! (L. T.) 
— Aus der Pfalz, 30. Juni. Seit etwa 
20 Jahren ist in den Unter⸗ und Mittelklassen der 
meisten pfälzischen Schulen der Zeichenunterricht 
nach der stigmographischen Methode (Zeichnen in 
das Punktnetz und in punktirte Hefie) ertheilt 
worden. Die neue pfälzische Schul- und Lehr⸗ 
ordnung, welche vom k. Staatsministerium des 
Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten am 
27. April d. J. zur Einführung in den Volks— 
chulen der Pfalz genehmigt wurde, bestimmt, daß 
»eim Zeichenuunterrichte in der 1. und 2. Klasse 
ammtlicher pfälz. Volksschulen genannte Methode 
zur Anwendung zu kommen habe. In den lehten 
Tagen erschien nun von demselben Ministerium eine 
kntschließung, nach der die stigmographische Zeichen⸗ 
nethode „wegen der damit verbundenen schaͤdlichen 
kinwirkung auf die Augen der Kinder“ verboten 
ei. Dumit ist die Bestimmung der noch in den 
Windeln liegenden Schul- und Lehrordnung aufge⸗ 
joben. Wahrlich, diese Thatsache läßt die ver⸗ 
chiedensten Schlüsse zu! Hat man denn vor sechs 
Wochen, als die pfalz. Schul⸗ und Lehrordnung 
noch unter den Alten des Herrn Kultusministers 
lag, von der angeblichen Sqhädlichkeit der stigmo⸗ 
zraphischen Zeichenmethode noch nichts gewußt? 
Aufs neue wird bier wieder bestätigt, daß Bahern 
auf dem Schulgebiete das deutsche Experimentir⸗ 
and ist. 
Ausland. 
In Frankreich wird das neue Rekrutierungs- 
esetz, welches jedem Franzosen einen dreijährigen 
Nilitärdienst auferlegt, im Interesse der Seminarifien 
eftig bekampft. Der Straßburger Kirchenbote“ 
emerkt, daß der Papst Pius IX. selbst Dragoner⸗ 
Afizier gewesen sei. Im Interesse der Siudien 
iber wünscht das Blatt eine Abänderung. 
London, 2. Juli. Die Abendblätter melden 
nit Vorbehalt: Zwischen England und Frankreich 
chweben Verhandlungen bezüglich der holländischen 
Thronfolge. Ein Abkommen wurde vorgeschlagen, 
vonach Belgien und Holland unter dem belgischen 
Scepter mit besonderen Regierungen wieder ver⸗ 
inigt werden solle und Deutschland mit Luxemburg 
ibgefunden werden soll. 
London, 3. Juli. Die finanziellen Experten 
der Conferenz treten am Samftag zusammen, da 
bis dahin wahrscheinlich die Prüfung der einschläg⸗ 
gen Fragen beendet ist. — Der Daily News wird 
jus Assuan vom 2. ds. gemeldet: Wie verlautet, 
jaben 12,000 Aufständische Debbah eingenommen 
ind Garnison und Einwohner, an 3000 Menschen, 
niedergemetzelt. 
Rom, 2. Juli. Die Kammer hat die Som⸗ 
nerferien angetreten. Der Gesundheitszustand im 
janzen Königreiche ist vorzüglich. Das im Laza⸗ 
eth zu Ventinsiglia internirte Individuum befindet 
ich wohl. — Fanfulla will wissen, daß der Papft 
m der Bronchitis erkrankt sei und letzte Nacht einen 
iemlich heftigen Asthama⸗Anfall gebabt habe 
Bermischtes. 
f. Saarbrüchen, 8. Juli. Der Gedenktag 
an die Spicherer Schlacht naht heran, der auch 
diesmal ebenso festlich begangen werden soll, wie 
im Vorjahre. Das Komité für eine Jugend— 
feier am 6. August hat eine Versammlung aller 
sich dafür interessirenden Einwohner auf Dienstag, 
den 8. Julisc. in Schuhmanns Saal einberufen, 
uim den Rechenschaftsbericht des Vorjahres zu er⸗ 
tatten, das Nöthige für das diesjährige Gedenkfest 
ju beschließen und die Neuwahl eines Komilée 
porzunehmen. Die Theilnahme der Lehrerschaft an 
dem Fest ist — wie wir hören — gesicheri, außer—⸗ 
dem sollen, Dank dem Entgegenkommen der städt⸗ 
schen Verwaltung und des Presbyteriums am 
Borabend und Frühmorgen des patriotischen Ge— 
»enktages die Glocken geläutet und Böller abge⸗ 
euert werden. Wie voriges Jahr wird das Komité 
ruch diesmal wieder die Kosten für die Bewirfhung