Full text: St. Ingberter Anzeiger

Petersburg, 16. Juli. Ueber die Stadt 
und den Kreis Nischni⸗Nowgorod, sowie über die 
Kreise Balachna, Semenoff und Gorbatoff wurde 
für die Zeit vom 13. Juli bis 22. September die 
Maßregel verschärfter Sicherheitsaufsicht verhängt 
Sokale und pfoͤlzische Nachrichten. 
e. Ensheim, 17. Juli. Die Sparkasse der 
Bürgermeisterei Ensheim weist pro 1883 folgenden 
Rechnungsabschluß nach: 
Zinseinnahmen ..22882,57 M. 
Ausgaben..220639 
Einnahms-Ueberschuß. 70.18 M 
Die Zahl der Einleger betrug im Jahr 1883 
74 und die Gesammt-Summe der Einlagen 9500 M 
— Im „Landauer Anz.“ veröffentlicht Herr 
Andreas Emanuel von Merzalben Folgendes: 
Am 23. Juni entfernte sich der erst acht Tage 
vorher von Amerika zurückgekehrte Johannes 
Bold, 56 Jahre alt, von Merzalben, von zu Hause 
und löste auf dem Bahnhofe in Münchweiler ein 
Billet nach Landau, um Geschäfte auf einem dor— 
tigen Bankhause zu erledigen. Seit dieser Zeit 
hat derselbe nichts mehr von sich hören lassen. Ich 
bitte deßhalb alle, die uns über den Verbleib des 
Genannten eine Mittheilung machen können, drin— 
gend um sofortige Benachrichtigung. 
— Weingarten, 16. Juli. Heute Nach— 
mittag kurz nach 8 Uhr brauste über unsere Gegend 
ein furchtbarer Orkan. Bäume wurden geknickt und 
biel Obst heruntergeschüttelt. Die Leute, die gerade 
mit dem Einheimsen von Getreide beschäftigt waren 
konnten das Schauspiel erleben, daß Dutzende be— 
ladener Wagen auf dem Feelde umgeworfen wur— 
den. Die Eigenthümer des noch liegenden Getreides 
werden sich wohl in Theilungsgeschäfte verwickeln 
müssen, da oft mehrere Aecker vollständig abgeräum 
sind, während die Frucht davon über einem Haufen 
in weiter Ferne lagert. Die Zeiskamer prot. Kirche 
ist durch den Sturm ihres Hahnes und Kreuzes be— 
raubt worden. Die ganze Affaire war in circa 
einer Viertelstunde beendet, hat aber im Allgemeinen 
großen Schaden angerichtet. (L. T.) 
— Konkurs wurde eröffnet über das Ver— 
mögen des Karl Cron, Gastwirth „Zu den Vier 
Jahreszeiten“‘ in Dürkheim; Konkursverwalter 
Rechtskonsulent Friedr. Neu daselbst. 
— Nach seiner in Speyer gehaltenen Rede 
zu schließen, beabsichtigt Herr Hilgard nach 
Amerika zurückzukehren, jedoch in zwei Monaten 
wieder in Deutschland zu sein und sich in Berlin 
niederzulassen. Daselbst wohnt bekanntlich auch z. 3. 
sein Schwager, der baherische Militär-Bundesbevoll- 
mächtigte Herr General v. Xylander. 
Die 20jährige Dienstmagd Dorothea Lauer 
aus Hausweiler, Amtsgericht Krumbach, hat vor 
gestern Mittwoch nach 12 Uhr der „Sp. Z.“ zu 
felge bei Speyer den Tod im Rheine gesucht. 
Oberhalb der Militärschwimmschule wurden die 
Kleider des Mädchens gefunden, welches häufig 
Anfälle von Schwermuth hatte, die es auch in den 
Tod geführt. Die Leiche ist noch nicht geländet 
— Kirchheimbolanden, 16. Juti. In 
der heutigen beschließenden Versammlung des pfäl— 
zischen Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung 
wurden als Abgeordnete zum Centralfest in Wies— 
baden die HH. Consistoriolräthe Wand und Risch 
als Ersatzmann Hr. Jakob Exter in Neustadt ge— 
wählt. Der seitherige Vorstand wurde wiederge— 
wählt mit Ausnahme des Herrn Dekan Sturtz 
der eine Wiederwahl ablehnte; an dessen Stelle 
tritt Herr Pfarrer Blum in Zweibrücken. Die 
Unterstützungsvorschläge wurden en bloec geneh— 
migt. Die nächste Jahresfeier wird in Dürkheim 
abgehalten. 
— Ludwigshafen, 16. Juli. Der Ver—⸗ 
waltungsrath der pfälz. Eisenbahnen hat in der 
Sitzung vom 14. Juli Herrn Oberingenieur Val. 
Mühlhäußer in Ludwigshafen den Titel eines 
Direktionsrathes und Herrn Bezirks-Ingenieur Kar' 
Müller in Zweibrücken denicnigen eines 
Oberingenieurs verliehen. 
— Das „Pf. Journal“ erklärt die Nach— 
richt der „Pf. Presse' von der Kündigung seines 
Vertragsberhältnisses mit Herrn Bensheimer-Mann— 
heim für aus der Luft gegriffen. 
— Der „Rechtsschutz“ des Notars William 
Raich in New-York nennt folgende in Amerika ge— 
storbene Pfälzer: Elisabetha Schwarz, geb 
Eiselstein, aus Oppau, 75 J. a., gest. am 25. Mai 
Cincinnati, Ohio; Georg Hühner aus Freckenfeld 
76 IJ. a., gest. am 14. Mai, New⸗Orseans 
Louisiana; Heinrich Kocher aus Rinnthal, 58 J. a., 
gest. am 6. Mai, New-PYork, City; Ludwig Schmidi 
aus Gaugrehweiler, 46 J. a., gest. am 16. Mai, 
Philadelphia, Pennsylvania; Anna Maria Hoffmann, 
zus Schwegenheim, 54 J. a., gest. 16. April in 
Thilicothe, Ohio. 
Vermischtes. 
St. Johann, 17. Juli. Der Knecht des 
dohnkutschers Jacob in Saarbrücken trieb heute 
Morgen die zwei Pferde seines Herrn an der Alten— 
hrücke zum Schwemmen in die Saar. Mit den 
Pferden, welche schon vorher ziemlich ermüdet waren 
Jat sich der Knecht jedenfalls zu weit in den Strom 
jewagt, wo denn die Pferde von der Strömung 
rfaßt und zwischen die Brückenpfeiler getrieben 
wurden. Hier verlor der Knecht, der ohnehin nich 
chwimmen konnte, seine Geistesgegenwart und ver— 
suchte von dem einen Pferde, einem Rappen“, aus 
in die Saar zu springen, gerieth aber dabei auf 
das andere Pferd, einem Schimmel, welches er aus 
Angst am Halse zu packen kriegte und dabei so dem 
Thier den Kopf in das Wasser drückte, daß es in 
venigen Secunden untersank und ertrank, den Knecht 
zleichzeitig mit sich in die Tiefe ziehend. Glücklicher— 
weise kamen sofort Schiffer herbei, denen es nach 
hieler Mühe gelang den schon halb ertrunkenen 
Znecht und später auch das todte Pferd ans Land 
zu bringen. Das ertrunkene Pferd hatte einen 
Werth von ca. 7—-800 Mark. 
F Bliesen, 15. Juli. Einer, der um eine 
Erfahrung reicher, dagegen um mehr als 400 Mk. 
irmer geworden. Im März d. J. ging ein Jüng— 
ling von hier, der schon früher in Amerika gewesen, 
nachdem er sein Erbe versilbert hatte, wieder zurück 
nach den Veremigten Staaten. Zwei seiner Kame— 
raden reisten, angelockt von seinen glänzenden Be— 
richten, mit ihm, obschon sie hier Vermögen für ihre 
häuerlichen Verhältnisse genug besaßen. Gestern 
'am aber schon der eine derselben zurück und be— 
chwerte sich schrecklich über die ihm gewordene 
Täuschung. Viele Arbeitslose und sehr schwere 
Arbeit giebt es drüben und wenn zwar besser wie 
hier bezahlt wird, so kostet dort auch das Leben 
verhältnißmäßig sehr viel mehr. 
F Metz, 15. Juli. Eine sonderbare Ueber— 
raschung widerfuhr gestern Mittag dem Herrn Pom— 
pejus an der Ecke der Priester- und Gutstraße. 
Zwei Kommissiongaire fuhren nämlich mit zwei mit 
GBeld beladenen Wagen so schnell die Poncelet- 
Straße hinunter, daß der eine Wagen mit Heftig— 
keit an das Trottoir auffuhr, infolge dessen ein 
Beldsack mit 3000 Mark durch den Anprall heraus⸗ 
geworfen wurde und das Schaufenster des Herrn 
Pompejus zertrümmernd, in den Laden des Letz— 
eren fiel. 
F Colmar, 12. Juli. Gestern und heute 
'and dahier vor dem Schwurgericht Verhandlung 
in Sachen des im Februar ds. Is. in Konkurs 
gerathenen Comptoir d' Escompte Statt 
Der Kontroleur der Bank, Joh. Kammerer, 
vurde der Untreue und der Unterschlagung in drei 
Fällen für schuldig befunden und zu 2 Jahren Ge— 
ängniß verurtheilt und der Kaufmann Karl Lang 
vegen einfachen Bankerotts und der absichtlichen 
Begünstigung von Gläubigern zu 1 Monat Gefäng- 
ziß verurtheilt. Der Direktor der Bank, Picard 
jat sich seinerzeit entleibt. 
(Eine schwäbische Riesenwurst.! 
Auf der unlängst stattgehabten Regatta zu Heilbronn, 
velche einen für den dortigen Ruderverein „Schwa— 
ben“ günstigen Verlauf nahm, trat die Mannschaft 
dieses Vereins mit Kannstatt in Konkurrenz um 
den Preis des Landesfürsten. Ein Heilbronner 
Metzgermeister interessirte sich für seine vaterstädtischen 
Kuderer so sehr, daß er ihnen im Falle des Sieges 
eine Wurst versprach, die so lang sei wie ihr — 
Boot. Als nun die Heilbronner wirklich siegten, 
zielt er auch Wort und die braven Schwaben er 
hielten eine, schreibe und sage 30 Fuß lange Wurst 
Sie soll ihnen ganz vortrefflich gemundet haben. 
F* Augsburg, 16. Juli. Die berühmte 
Maschinenfabrik von Riedinger steht seit gestern 
Abend 9 Uhr in Flammen. Die mekchanische 
Werkstätte und Drechslerei sind unrettbar verloren, 
die übrigen Gebänlichkeiten werden wahrscheinlich 
gerettet werden. 
F (Wegen Mordes verhaftet.) Vor 
gerade vier Wochen wurde in der Nähe von Hoch— 
jeim bei Worms ein Hausirer Namens Musil aus 
Böhmen als Leiche und beraubt aufgefunden. Des 
Mordes verdächtig war ein gewisser Joseyh Andreas 
22 Jahre alt, Maurer von Dolgesheim. Vorgeste 
wurde der des Mordes verdächtige Andieeen 
Weilbach im Rassaumschen verhafte Der Venhhen 
ist ein sehr übel beleumundetes Subjekt, ue 
hereits wegen Diebstahls und Körperverletzung 
Gefängnißstrafen verurtheilt worden war. a— 
Frankfurt a. M., 16. Juli. In Etken⸗ 
heim riß das 8jährige Söhnchen eines dortigen 
Metzgers einen brennenden Spiritusapparat * 
Tisch herunter, während sich die Mutter des Kinde⸗ 
einen Augenblick aus dem Zimmer entfernt haln 
Der brennende Spiritus lief dem Kinde über daß 
Gesicht in den Mund und in ein Ohr. Das Kim 
fiel in Krämpfe und wurde, wie die Frankf. s 
berichten, am folgenden Tage durch den Toden 
seinen Qualen erlöst. 
F Glondin in Köln.) Die „Koln. Zig. 
schreibt untern 13. Juli: Trotz des Unwelteg 
welches gestern Nachmittag herrschte, hatte sich eip 
immerhin zahlreiches Publikum hinaus nach den 
daisergarten begeben, um dort den unerschroͤkem— 
„Helden des Niagara“ in seiner vielgepriesene 
und dielbewunderten Kunst auf dem Seile zu sehen 
Die Erwartungen der Zuschauer waren nalürss 
aufs höchste gespannt, allein Blondin entsprac 
denselben vollständig. Er ging und tanzte üb— 
das Seil mit jugendlicher Gewandtheit, exerzirt 
mit einem Stuhle, kurz, er führte Kunststückehe 
denen manchen Zuschauer ein Gruseln überlief, mi 
einer Leichtigkeit und einer Eleganz aus, daß mu 
ihm seine volle Bewunderung zollen mußte. Di 
Glanznummer des Programms war unstreitig de 
Marsch des Artisten über das Seil, währendea 
den Kopf mit einem Sacke umhüllt hatte. 
F(Nahnung für Kaufleute.) Wi— 
vorsichtig man kontrolliren muß, ob die Wechsel 
marken auf jedem einzelnen Wechsel, den mar 
in Zahlung bekommt, auch richtig kassirt sind, un 
wie spät man von der rächenden Nemesis noch er 
eilt werden kann, hat man z. B. übersehen 
wenn die Jahreszahl anstatt mit Ziffern m' 
Buchstaben geschrieben ist, zeigt folgender Vorfall 
Angeklagt der unrichtigen Kassirung einer Wechsel 
stempelmarke von 10 Pf., resp. Theilnahme an den 
Umlaufe des betreffenden Wechsels, d, d. Coesfeld 
den 23. Novbr. 1881 über 69,55 Mark ist er 
Kaufmann in Essen vor wenigen Tagen, also naa 
Verlauf von mehr denn 2!e Jahren, vom Steuer 
amt in eine Strafe von 5,60 Mk. genommen worder 
fFHagen, 18. Juli. Ein Stücklein vo 
der Sekundärbahn. Ende der vorigen Woche fähr 
ein Schüler von Hagen nach Hause, nach Gevels 
berg. Zwischen Harkorten und Vogelsang, Stred 
der Enneper-Thal⸗Bahn, entführt der Wind de 
Hut des jungen Passagiers. Dieser aber, nicht fau 
springt eiligst aus dem Zuge und dem Flüchtlin— 
nach, erreicht ihn, packt ihn und besteigt, nachder 
er sich noch ein Weilchen die Gegend betrachte 
wohlgemuth den Zug wieder. Diese Geschichte 
keine in den Hundstagen ausgebrütete Ente. 
Berlin, 16. Juli. (Der Privatun 
terricht für Lehrer.) Es wird neuerding 
von zuständiger Seite darauf hingewiesen, daß di 
außeramtlich Beschäftigung eines Lehrers mit de 
Ertheilung von Privatunterrichtsstunden gegen B 
zahlung sich als eine gewerbliche Thätigkeit bn 
zeichnet, zu welcher öffentliche Lehrer als Bram 
gemäß der in Geitung gebliebenen Vorschrift in 
19 der preußischen allgemeinen Gewerbeordnun 
bvom 17. Januar 1845 der Erlaubniß ihrer 
gesetzten Dienstbehörde bedürfen. Steht sonach 
Verpflichtung der Lehrer zur Einholung dieset be 
nehmigung vor Beginn der fraglichen Pedentun 
teit fest, so haben auch die Ortsschutworstne 
Schuldeputationen und Commissionen), welche in 
die bezw. Anträge zu befinden haben, in idn g 
zelnen Falle sorgfältig zu prüfen, ob und in wan 
Umfange dem betreffenden Lehrer die eern 
von Privatunterricht gestattet werden kann.; 
besondere wird diese Erlaubniß von den n 
des Lehrers in der öffentlichen Schule, sowie 
dessen geistigem und körperlichem Vermögen 
78 aAum 
hängig zu machen sein, wodei jedoch immrhian 
vohlwollender Rücksicht zu verfahren ist. du 
enigen Lehrern, welchen die Ertheilung von die 
interricht gegen Bezahlung erlaubt wird, nn 
chriftlich, jedoch unter Vorbehalt jederzeitigen 99 
cufs und unter Angabe der zugelassenen d dw— 
bekannt zu geben. Im Ablehnungẽfalle ist 
turzen Gründen unterstützter Befcheid 88 
F Folgenden sehr zeitgemäßen Sto ß da 
ines Briefträgders sendet der „Vosener: