ʒt. Jugherter Amziger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich füunfmal: Am Montag, Dienstag, Donnuerstag, Samstag und Sonntag; Lmal wohemug m Unterhaltungs
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1A GO einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.A 75 4, einschließlich
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M 142. Donnerstag, 24. Juli 1884. 19. Jahrg.
iti als sie im Augenblicke, wo die Lieferung gemacht
Volitische Ueberficht. —E sollte, dabei ertappt wurden. Man ver—
sicherte sich zuerst ihrer Person und stellte Haus—
suchungen bei ihnen an. Eine Verhaftung hat
aber nicht stattgefunden, sondern man beschränkte
äch auf die einfache Absetzung der betreffenden Be⸗
amten.
Bern, 22. Juli. Nachdem bereits am Sonn⸗
dag gegen die Heilsarmee Demonstrationen stattge⸗
funden hatten, wobei sich gegen 2000 Personen
betheiligten, wurde gestern das Versammlungslokal
der Salutisten demoliert. Zur Verhinderung wei⸗
lerer Ausschreitungen wurde eine Kompagnie In⸗
zanterie aufgeboten.
Deutsches Reich.
München, 21. Juli. An die zum Vollzuge
es Gesetzes über die Landescultur⸗-Renten-⸗Anstält
mit dem 1. d. M. im Staatsministerium des Inneren
in Thätigkeit getretene Landescultur⸗Renten⸗ Com⸗
nission ist schon bis jetzt aus verschiedenen Landes—
heilen eine Anzahl Gesuche um Darlehen zur Aus
uührung von Cultur⸗Unternehmungen gelangt und
mterliegen dieselben der Prüfung und Verbeschei⸗
ung durch die Commission.
Berlin, 28. Juli. Der Kronprinz, die
tronprinzessin mit den Prinzessinnen Victoria,
Zophie und Margaretha sind heute früh 8 Uhr
vm Bahnhofe Charlottenburg aus, wohin dieselben
h per Extrazug von der Station Wildpark aus
eaeben hatten, nach England abgereist.
Wie aus Hofkreisen verlautet, hat der Kaiser
gesagt, der am 19. Oktober ds. Is. stattfinden⸗
n feierlichen Einweihung des neuen Univer—
ttätsgebäudes in Straßburg beizuwohnen
luch seitens der hiesigen Universitätskreise ist eine
sroße Betheiligung an den Straßburger Festlichkeilen
zu erwarten, die unter diesen Umständen gewiß sehr
länzend ausfallen werden.
Geseßzliche Maßregeln für die Bekämpfung der
crunksucht liegen seit längerer Zeit in der Ab—
icht der Regierung. Die Ausführung begegnete in⸗
xsen starken Hindernissen. Inzwischen hört man,
daß det Versuch gemacht werden soll, auf dem Ver.
waltungswege soweit wie irgend moglich dem Un⸗
wisen zu steuern. Darauf sind die Weisungen ein⸗
elner Landräthe zu beziehen, welche bei der Ver—
abreiching von Branniwein auf Kredit mit Kon⸗
cesüonsentziehung drohen.
Ausland.
Paris, 21. Juli. Wie die „Patrie“ meldet,
ues zwischen dem General Millot und dem Fre⸗
attencapitän Schlumberger, dem Befehlshaber der
UnkingFlotte, zu einem offenen Streite gekommen.
da ein Offizier des Geueralstabes des Generals
Nilot den Kanonenbooten Befehle ertheilt hatte,
ehne den Befehlshaber der Flotille auch nur davon
u benachrichtigen, so beklagte sich Schlumberger
Aim General Millot. Derselbe sah darin eine
dandlung der Zuchtlosigkeit und gab dem Schlum⸗
riger vierzehn Tage Ärrest. Dieser schrieb von
uem an den General, um ihm darzuthun, daß
in Mißverständniß vorliege; daß, wenn der Ober—
gueral das Recht habe, der Flotille Befehle zu er—
hellen, der Commandant derselben, welcher die Ver⸗
mtwortlichkeit trage, doch von denselben Kenntniß
rhalten müsse. General Millot gab hierauf Schlum⸗
berger vierzehn Tage —RB
Ribß hat für die Nothleidenden in Marseille 10,000
id Jür Toulon 5000 Fres gespendei.
Paris, 22. Juli.“ Einide Blater brachten
ern Morgen unter dem Titt! „Die große roya⸗
uischt Verschwörung“ die Nachricht, daß man drei
oligeibeamte umer' der Anklage des Komplotts
uen die Republick verhaftet, und daß die hei
In vorgenommenen Haussuchungen zur Entdeckung
r Liste geführt häuen uf welchet die Haupt.
hworenen verzeichnet gewesen seien. Nach den
annlichen Blältern war die Sache übertrieben
e Ihnen zufolge ist sie auf folgendes
uführen: Vier Beamte hatien Ansiolien ge⸗
cn, Schriftstücke oder vielmehr Abschriften von
— an Leute zu überliefern, die ihnen dieselben
rachtet ihrer geringen Wichligt.it bezahlt hatten
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— Die der kgl. Regierung zur Hebung des
gewerblichen Fortbildungsunterrichtes vom pfälz.
Landrathe zur Verfügung gestellte Summe von 1200
Mk. wurde jüngst als Gratifikation unter die an
diesen Schulen im lezten Jahre thätig gewesenen
Lehter vertheilt. Dabei erhielten die Schulen in
Bergzabern 90 Mk., Frankenthal 180, Grünstadt
90, Germersheim 80, Homburg 100, Otterberg
50, Obermoschel 80, Dürkheim 130, Lambrecht
110, Pirmasens 140, Hornbach 60 und St.
Ingbert 180 Mark.
— In dem pfälzischen Orte D. kam der
Pfarrer Nachmittags in eine Wirthschaft, um sich
in Glas Wein geben zu lassen; er erzählte, ihm
jabe geträumt, daß er die Cholera gehabt, auch habe
er jetzt noch ein Gefühl, als wenn er Bacillen im
deibe habe, trank sein Glas aus und ging nach
dause. Kurz darauf kam der Bürgermeister in die
nämliche Wirthschaft und frug nach dem Herrn
Pfarrer, den er doch habe herein gehen sehen. Der
Wirth sagte: „Er eß haam gang, es eß em nel
zanz gut, er saht er hält' e Paar Ziehle (Ziegeln!
im Leib.“
-Landau, 21. Juli. Eine sehr ansehnliche
Anzahl Parteigenossen hatten sich zu der von der
aationalliberalen Partei ihrem wegen Versetzung
nach Kusel scheidenden Mitgliede Herrn Bezirksarzi
Dr. Ziegler veranstalteten Abschiedsfeier eingefunden.
Nicht allein unsere Stadt, sondern auch die Land—
zemeinden waren zahlreich vertreten, um den Mann,
der so lange erfolgreich in unserer Mitte gewirkt,
u ehren. Das Unterland hatte in den Herren
Or. A. Buhl und Dr. Bürklin hervorragende
Lertreter geschidt. Der erste Redner, welcher die
Tribüne betrat, war Herr Landgerichtsrath Brünings.
Ihm folgten die Herren Dr. Ziegler, Dr. Buhl,
Lehrer Rödel-Ilbesheim, Dr. Bürklin, Anwalt
Mahla, Anwalt Keller und schließlich noch einmal
Dr. Ziegler. Der Verlauf der Feier war ein in
eder Beziehung ungemein befriedigender. Mit den
zehaltvollen Ansprachen wechselten Gesang und Musik
ab, so daß die Stunden unter anregendem Gespräch
casch verflossen. Möge der gute Geist, der die Ver—
ammlung beherrschte und die begeisterte Aufnahme,
velche die Ansprachen der erschienenen hervorragen⸗
den Parteigenossen fanden, ein gutes Vorzeichen
sein für die bevorstehenden Reichstags-Wahlen!
— Ludwigshafen, 21. Juüli. Die Auf—
nahmsprüfung für den pfälz. Eisenbahn—
dienst haben von 109 Kandidaten nur 40 be—
standen.
— Rheingönheim, 21. Juli. Gestern
Abend zwischen 5 und 6 Uhr stürzten sich dahier
2 junge Mädchen aus bis jetzt unbekannten Ursachen
in den Rhein und fanden auch den gesuchten Tod
Die eine heißt Susanne Frey, ist 17 Jahre alt
und von hier gebürtig, die andere Philippine Lorch,
19 Jahre alt, Dienstmagd aus Iggelheim, stand
hier in Diensten. Die Mädchen gingen längere
Zeit auf dem Damm mif einer Freundin spazieren,
jangen und scherzten eine Weile, liefen aber plötzlich
ein Stück Weges voraus und sprangen dann in
das Walsser
Zweibrücker Musikfest.
S Zweibrücken, 22. Juli. Alle Vorbe—
reitungen zu unserm am nächsten Sonntag
und Montag den 27. und 28. Juli stattfinden⸗
den Musikfeste sind nunmehr getroffen. Letzten
Sonntag haben die bei der Aufführung von Robert
Schumanns „Paradies und Peri“ mitwirken—
den gemischten Chöre des hiesigen Cä—
ilienvereins und des Musikvereins von
Landau eine gemeinschaftliche Probe gehabt in
binterweidenthal (Kaltenbach); dieselbe ist
zu völligster Zufriedenheit ausgefallen. Man darf
somit nach dieser Richtung der Aufführung des
yhaltvollen Tonwerkes beruhigt entgegensehen, Die
Soli sind, wie Ihre werthen Leser aus der beir.
Anzeige ds. Bl. ersehen können, ausnahmslos
»orzüglich bewährten Kräften auvertraut, und das
OArchester, in welchem die Kapelle der Mann.
heimer Hofbühne mitwirkt, wird selbst hochgespannte
Erwartungen keinesfalls täuschen. Möchlen nun
die Musik- und Gesangsfreunde unser Bestreben
einer recht lebhaften Theilnahme würdigen!
Es ist ein bemerkenswerthes Zusammentreffen, daß
unser Musikfest fast an demselben Tage Stait findet, an
welchem vor 28 Jahren der Schöpfer des „Paradies und
die Perit, Robert Schumann. aus dem Leben schied,
denn der 29. Juli 1866 war sein Todestag, der Deutsch-
land einen seiner größten Tondichter entzog. Somit dürfen
wir unser Fest als ein Erinnerungsfest an den herr—
lichen Meister betrachten, und werden einige kurze Worte
über ihn und sein Werk gewiß am Platze sein.
Mit Robert Schumann starb einer der genialsten Kom⸗
ponisten der neuromantischen Richtung, als deren eigent⸗
sicher Schöpfer Karl Maria v. Weber anzusehen ist. Auf
Webers Spuren sind die jüngeren aroßen Meister dieser
Richtung, Schubert, Mendelssohn und Schumann, weiiter
zewandelt und haben die Richtung gebahnt, auf welcher
die heutige Musik wohl für immer begründet ist. Was
Schumann selbst betrifft, so war es kein großer Kreis,
velcher in die Intentionen des lebenden Komponisten mii
Berständnifßßz eingedrungen war; die bestimmt ausgeprägte
Individualität in Verbindung mit manchem schein bar Fremd⸗
artigen machte es im Anfang vielen auch musikalisch Ge⸗
bildeten schwer, aus dem gewöhnlichem Geleise bequemen
Zunstgenusses herauszutreten und sich der neuen Erscheinung
vorurtheilslos zu nähern. Aber Schumanns Musik hatte
jeste Wurzel geschlagen und drang fiegreich weiter. Alle
eine Schöpfungen gehören durch die wundervollste Ver⸗
chmelzung von Ton, Wort, harmonischer und melodischer
Tharakteristik, wie auch durch tiefe und leidenschaftliche Gluͤth
zu den vollendetsten Erzeugnissen ihrer Art und den unß
ergänglichen Lieblingen auer Zeiten. Groß in seinen In⸗
trumentalwerken, herrlich in seinen so überaus zahlreichen
diedern, betrat er auch in vollendeter Weise das Gesiet des
veltlichen Oratoriums und schuf mit seinem „Paradies und
zie Peri“ ein hochgeniales und von wahrhaft orientalischer
Farbengluth durchleuchtetes Meisterwerk. Es entstand in
»er Blüthezeit von Schumanns Schaffen im Jahre 1848,
ind war die poetische Erzählung des irischen Dichters
Thomas Moore in dessen Gedicht Lalla Rookh vorzuglich
eeignet, den Komponisten durchgängig zu fesseln und zum
Schaffen zu begeistern, denn sie war feinem individuellen
Beschmacke ganz gemäß.
Ueber den Inhalt der Dichtung wollen wir schließlich
Folgendes zum leichteren Verständniß mittheilen: Die Peris,
uftgeborene Wesen der orientalischen Sage, waren eines
Fehltritis wegen aus dem Paradiese verstoßen worden um
onnten nur nach völliger Suhne wieder aufgenommen
verden. Bei Beginn des Gedichtes klagt eine dieser Peris,
»oß ihr der Himmel v rschlossen seiß da erdffnet ihr der
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