Strömung. Namentlich segelt die „Republique
rançaise“, welche übrigens von Anbeginn ihrer
ournalistischen Existenz dem Revanchekultus ergeben
gewesen, jetzt ganz und gar in chauvinistischem
Fahrwasser, wobei sie freilich ihre eigene Methode
befolgt. Ihre neueste Nummer fällt grimmig über
den „Figaro“ her, welcher dem französischen Pub⸗
likum als Anhänger „Seiner Königlichen Hoheit
des Neffen des Großherzogs von Mecklenburg⸗
Schwerin“ denunzirt wird. Gleichzeitig druckt „La
Rep. fraug.“ den Artikel eines militärischen Fach⸗
hlattes nach, welchem sie eine offiziöse Herkunft
und in jedem Falle „das höchste Interesse vom Ge—
sichtspunkte der Landesvertheidigung aus“ zuschreibt.
Besagter Artikel spricht davon, daß die östlichen
Grenzfestungen in Friedenszeiten nur mit schwachen
Barnisonen belegt sind, und erklärt diesen Umstand
im Fall eines ausbrechenden Krieges für sehr miß—
lich, weil man alsdann entweder die Grenzgarni—
sonen verstärkken und zum Transport dieser Ver⸗
stärkungen einen Theil der Bahnlinien verwenden
müsse, die der Mobilmachung des Linienheeres
vorbehalten bleiben sollten, ohne daß man vor allen
Dingen die Mobilmachung der Feldarmee ins Auge
jasse, und erst hernach auf Verstärkung der Grenz—
»esatzungen Verdacht nehme. In ersterem Falle
laufe man das Risiko, sich an der Grenze von den
feindlichen Vortruppen den Vorsprung abgewinnen
zu lassen, im letzteren würde das Mobilmachungs-
und Konzentrirungswerk ohne Mitwirkung der festen
Grenzplätze geschehen. Der Autor macht nun Vor—
schläge, wie diesem Uebelstande abzuhelfen sei. Gegen
die Erörterung solcher Fragen wäre an sich nichts
einzuwenden, aber die Art und Weise, wie sich ein
Blatt vom Schlage der „Rep. frang.“ damit be—
schäftigt, die getadelte Grenzsituation „eine ernste“,
hre schleunigste Remedur „ein patriotisches Werk“
nennt, — alles das zeugt von der Tendenz, in
dem unkundigen Leser die Vorstellung zu erwecken,
als ob der Friede in jedem Augenblick — und
zwar natürlich nicht durch Schuld Frankreichs —
gestört werden könnte. Die Folge davon kann nur
eine fortgesetzte Beunruhigung der öffentlichen Mei—
nung sein, wie sie wohl der Chauvinismus und
dieser ausschließlich, für seine Zwecke bedarf. Ja,
man kann sagen, daß die Methode der „Rep.
frang.“ viel perfider und gefährlicher ist, als die
direkten Hetzereien der Patriotenliga, da diese letz
eren wegen ihrer grotesken Uebertreibungen sich
von vornherein lächerlich machen und daher zur
Wirkungslosigkeit verurthellen. Aber ein Blatt,
welches ernst genommen sein will, sollte auch seine
eigenen Pflichten ernst nehmen.
Annexionen in Australien. Der
Heneralagent für Victoria in London hat von dem
Premier dieser Colonie und Vorsitzenden des Comités
der australischen Colonien, Herrn James Service,
die telegraphische Nachricht erhalten, daß der ge—
setzgebende Rath von Westaustralien die Beschlüsse
der Convention zu Gunsten der Anexion von Neu—
Guinea und anderer Inseln, über die Position der
Neuen Hebriden angenommen hat. Der Rath hat
auch den Erlaß einer Adresse an die Krone zu
Gunsten der Bill, welche die australischen Colonien
ermächtigt, sich zu conföderiren, genehmigt. Vier
der sieben australischen Colonien haben nunmehr
die von der Convention von Sidney gefaßten Be—
chlüsse gebiliiot.
Lokale und pfaälzische Nachrichten.
*— Ensheim, 31. Juli. Der hiesige Ge⸗
meinderath hat durch einstimmigen Beschluß Herrn
Lehrer Louis, derzeit in Ottersheim, als Lehrer
ür hier gewählt und der kgl. Kreisregierung zur
Ernennung vorgeschlagen.
— Kaiserslautern, 30. Juli. Gestern
rüh spielte sich neben dem Wochenmarkte eine tragi⸗
omische Szene ab, die uns als ein Akt aus dem
»ekannten Charaktergemälde „Stadt und Land“ er—
schien. Eine hiesige Frau war einer Bäuerin eine
Mark schuldig, und da jene nicht bezahlen konnte
oder wollte, lief die Landschöne der Stadtschönen
nach und riß dieser die Kleider förmlich vom Leibe,
'o daß letztere in Eva's Kostüm sich in einen Laden
füchten mußte.
22. Jahresversammlung des Mittel⸗
rheinischen Gasindustrievereins in
Kaiserslautern.
Kaiserslautern, 28. Juli. Die 22.
Jahresversammlung des Mittelrheinischen Gasindu—
trievereins wurde heute Morgen 9 Uhr im Saale
der Kasinogesellschaft durch den Vorsitzenden, Gas⸗
und Wasserdirektor Eitner aus Heidelberg, eröffnet
Vertreten waren Friedrich Eitner, Heidelberg
Zeinrich Raupp, Heilbronn, Adam Hoffmann
daiserslautern, Frank, Kaiserslautern, Dr. Götze
Berlin. O. Kromschröder, Osnabrück, Viehoff Heinrich,
S„aargemünd, C. Schmitt, Pirmasens, Christian
zeyer, Mannheim, Christian Hütt, Schwäbisch-Hall,
). Eberdt, Hanau, Friedrich Burgermeister, Ober—
tein-Idar, Martin und Pagenstecher, Mühlheim a
sthein, Johann Geith, Heilbronn, Friedrich Meder.
Höchst a. M., Th. Fechner, Ludwigshafen, H. Reitz
dürkheim, Schlad Gebrüder, Kaiserslautern, F
steichard, Karlsruhe, Ph. Güllert, Zweibrücken,
Zulauf & Co., Höchst a. M., Fr. Liebtreu, Frank—
urt a. M., Rudolf Geith, Koburg, Guillequme &
Fo., Köln a. Rh., Otto Hartmann, Köln a. Rh.,
Fmil Haas, Mainz, J. D. Stark, Falkenau an der
Eger, E. Buchholtz, Offenburg, G. Franke, Saar—
ouis, F. Schuhmacher, Grünstadt, W. und K
Schulte, Dudweiler, Ph. Heck, St. Ingbert, Jakob
Bareis, Bayenthal, E. Nuß, Lörrach, H. Jüngling,
Baden⸗Baden, Ludwig Purst, Mannheim, Julius
GBümbel, Ludwigshafen, Rudolf Böcking u. Grübel,
dalbergerhütte, Robert Illig, Worms, Herm. Sal⸗
eld, Landau, Friedrich Lux, Ludwigshafen, Anton
Radler, Falkenau an der Eger, August Kugler
Offenbach a. M., Ingenieur Kölwel, Zweibrücken,
dZeinrich Guth, Neustadt a. H., Albert Erpf, Pforz—
jeim, C. Reuther, Mannheim, Heinrich Labbé, St.
Johann-Saarbrücken, E. Schwarzer, Düsseldorf.
Nachdem Direktor Eitner die Anwesenden herz⸗
ich begrüßt hatte, hieß Bürgermeiste Neumayer
»en Verein im Namen der Stadt sowie der Kasino—
jesellschaft in warmen Worten willkommen, und
chloß mit einem Hoch auf unseren König, in das
die Versammlung begeistert einstimmte. Nachdem
)er Vorsißende Bericht über die Thätigkeit des Vor—
tandes im verflossenen Vereinsjahre erstattet, eröff⸗
iete den Reigen der Vorträge Fabrikant Lux aus
dudwigshafen mit seinem Reisebericht über die
m vorigen Jahre in Paris und Haag statt-
efundenen Gasversammlungen. Direktor
offmann-Kaiserslautern beweist an Hand eines
jon der Stadt Kaiserslautern entworfenen Schemas,
nach welchem die Vermiethung von Gasmotoren an
das Kleingewerbe stattfindet, wie sehr man sich be—
trebe, letzteren die Beschaffung dieser Kraftmaschinen
u erleichtern. Ueber Gummiverdichtungen bei Gas
dauptrohrleitungen berichtet Direktor Eberdt⸗
hanau, welcher dieselben besonders für kleinere
dimensionen sehr empfiehlt.
Dr. Göͤtze⸗Berlin, Ingenieur der weltberühm—
en Firma Siemens, berichtete über die Verbreitung,
velche die Intensivbrenner dieser Firma, insbeson—
dere zur Beleuchtung von Bahnhöfen, genommen
haben.
Einen längeren, den Fachmann sehr interessiren—
den Vortrag über feuerfesten Mörtel hielt Fabrikant
Beith aus Heilbronn, und Direktor Erpf aus
Bforzheim theilt den interessanten Fall einer
ẽntmischung von im Gasbehälter aufgespeichertem
Bas mit.
Direktor Raupp-Heilbronn zeigt eine prak—
ische gußeiserne Gaslaterne, bei welcher das Aus—
wechseln bei zerbrochenen Scheiben sehr erleichtert ist,
dor, und Direktor Schmitt-Pirmasens beschreibt
eine neue Methode von Gasmesserverbindungen.
Nachdem noch Dupré-Mühlhausen über die
VBerarbeitung der Nebenprodukte der Gasfabriken
esprochen, Direktor Reichard-Karlsruhe ver—
hiedene interessante Mittheilungen aus der Praxis
zemacht und verschiedene gestellte Anfragen aus der
Versammlung heraus beantwortet worden waren,
verden die Verhandlungen durch den Vorsitzenden
Jjeschlossen. Als Vorstand für das nächste Jahr
vird der bisherige Vorstand durch Akklamation
viedergewählt und als Ort der nächstjährigen Ver—
ammlung Saargemünd festgesetzt.
Inzwischen waren die gleichfalls in reicher Anzahl
ur Versammlung erschienenen Damen von ihrem
Ausfluge nach Eselsfürth zurückgekehrt und vereinig—
en sich mit den Herren zu einem opulenten Mahl
m Hotel Schwan, welches in schönster und unge—
wungenster Weise, gewürzt durch eine Reihe von
Trinksprüchen, worunter derjenige des Direktors
fitner und des Bürgermeisters Neumayer hervor⸗
uheben ist, verlief.
Ein Spaziergang nach dem Bremerhofe zu,
nußte des regnerischen Wetters wegen wesentlich
ibgekürzt werden und man begab sich am Abend zum
ßartenkonzert mit Beleuchtung im Löwenburg—
Jarten, an welchem sich auch die hiefige Ein wohnen.
haft zahlreich betheiligte. Unter den —
Baskünsten — Pyramiden, Ringen, Sternen
erregte die besondere Aufmerksamktit und rüthal.
lose Bewunderung ein Blumenbeet aus kümf
ichen Blumen — Rosen, Tulpen, Nelken u. —
— mit Gasbeleuchtung. Die täuschend imitirten
Blumen sind ein Erzeugniß der noch jungen Fin
druell, Blechwaaren⸗, Blunten⸗ und Kranzfabi
hier, und, wenn nicht aus dem Bleche jeder Blüthe
ein Gaszünglein emporgezingelt wäre, so hätte mo
wvirklich meinen können, das alles sei Natur un
nicht eitel Blech. Eine Ampel mit künstliche
Blumen war noch täuschender. Außerdem wär der
Harten mit Lampions und Lichtchen illuminirt unf
ein Feuerwerk wurde von Herrn Buchhändler Got
hold wirkungsvoll abgebrannt. Wenn unfere
Hästen vom „Mittelrheinischen Gasverein“, die hro
zrammgemäß heute noch die Gasfabrik besichtiger
und einen Ausflug nach Landstuhl machen, di
Gartenreunion so gut gefallen hat wie den Lauterern
dann dürften die Bemühungen unserer hiesigen
Gasfreunde — in erster Linie des Herrn Hoffman—
— ihren Lohn gefunden haben.
Bermischtes.
* Karlsruhe, 27, Juli. In den Tagen
vom 23. bis 25. September wird in Karlsruh
der XXIII. Kongreß für innere Mission tagen
Der Stadrath der Residenz hat hierzu die Festhall
inentgeltlich überlassen. Das Lokalkomitee, welchen
viele angesehene Männer verschiedener Richtunge
ingehören, erließ einen Aufruf zur Gewährung vor
Freiquartieren. Die Gegenstände der Verhandlun—
zehören zumtheil den eben auf der Tagesordnun
iffentlicher Besprechung und Unternehmung stehenden
hebieten an. So wird Pastor Bodelschwing!
iber Arbeiterkolonien und Naturalverpflegunge
tationen, Direktor Dr. St ark von Stephansfel
iber den Kampf gegen die Trunksucht, Fabrikan
Steinheil von Rothan i. E. über Frauenarbe
ind Familienwohl referiren. Außerdem stehen ein—
Keihe weiterer wichtiger Tagesfragen aus dem Ge
biet der christl. Liebesthätigkeit zur Tagesordnun—
und werden Abendpredigten von namhaften deutsche—
Predigern, wie Generalsuperintendent Dr. Baur
Superintendent Dryander, Berlin, Oberkonsisto
cialrath Dr. Burk, Stuttgart, gehalten. E
empsiehlt sich, daß man sich wegen Erlangung vo
Freiquartieren, sonstigen Vergünstigungen der Kon—
zreßmitglieder, Mitgliederkarten (aà 3 M.), zeiti—
das Bureau des Evangel. Vereins in
darlsruhe, Adlerstraßze 23, wende.
F Die Straßburger Studentenschaft hat an di
Studirenden der Münchener und vermuthlich
uuch der anderen deutschen Universitäten die freund
ichste Einladung zur Theilnahme an der im Be
ginn des kommenden Wintersemesters stattfindenden
eierlichen Einweihung des neuen Universitätsgebäudes
in Straßburg erlassen, und in der Einladung de
Hoffnung ausgesprochen, daß der erhabene Protecto
der Universität, S. Majestät der Deutsche Kaiset
der Einweihungsfeier beiwohnen werde.
fCEothringer Eisenwerke.) Bekannb
lich hatte die am 30. vor. Is. abgehaltene außer
ardentliche Generalversammlung der Aktiengesellschaf
der Lothringer Eisenwerke die Herabsetzung de
Nominalbetrags der Aktien von 500 auf 300 Mt
zeschlossen; diese Reduktion soll jetzt durchgefüht
werden, und durch eine Bekanntmachung der Dirth
tion werden die Äktionäre aufgefordert, ihre Altien
in der Zeit vom 81. Juli bis 1. November zu
Abstempelung einzureichen. Nach durchgeführte
Abstempelung beziffert sich das Aktienkapital der
Gesellschaft auf 8,750,000 Mk.
p'Wiesbaden, 30. Juli. Der „Rh.
meldet: Gestern Abend ist es den Anstrengunge
—A0
Jelungen, in Mainz ein zweites Individuum J
derhaften, gegen welches schwerwiegende Verdac
Jründe vorhegen, die vielbesprochenen Raubanfäl—
ruf unseren Waldpromenaden verübt zu hahen
Bei seiner Verhaftung hat man die dem zuletzt hie
Angefallenen gehörigen Gegenstände, die der hurst
einem Opfer geraubt, vorgefunden und üblnm
einen Revolver sowie ein langes Messer. Hn
Vormitiag ist der Räuber, ein kleiner, —J
Bursche mit blondem Bärtchen, kuczgeschnitten.
»zraunen Haaren und tief über die Stirne
rücktem dunklem, breiträndigem Filzhute, ni
——— ðe
von Mainz hier eingeliefert und sofort in gesch