Full text: St. Ingberter Anzeiger

»t. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 15 5, Neclamen 30 . Bei amaliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 151. 
Politische Uebersicht. 
—A 
qus dem Zweibrücker Bezirke wird der „Pf. L. 
geschrieben, daß unsere liberalen Partei⸗ 
enossen wohl am meisten Mühe haben werden, 
denüdber den übrigen pfälz. Wahlkreisen, eine er⸗ 
tießliche Thätigkeit bei den kommenden Wahlen 
mentwickeln. Man ist daselbst zu viel der Mei— 
ing, daß die etwa da oder dort vereinzelten An— 
inger der nat.-lib. Sache sich das Vertrauen der 
ebolkerung verscherzen könnten, wenn sie agitatorisch 
argingen. Ein Korn Wahrheit liegt auch in dieser 
cußerung. Vor einem jedoch müssen wir gerade 
er warnen, das ist die früher so häufig beobach— 
e Zurückhaltung unserer Parteimitglieder im 
erkiehr mit dem Volke. Dem schlichten Bürger 
d Bauern, dem Handwerker und dem Arbeiter 
ilte ein für allemal, vielmehr jetzt, von uns die 
and gereicht werden zur zwanglosen Unterhaltung 
der die Tagesfragen unserer Zeit, dann wird es 
ich gelingen dort immer festeren Fuß zu fassen, 
jede Partei ihren Boden zu suchen hat: im 
afe 
Bberlin, 3. Aug. Das Armee⸗Verordnungs⸗ 
att veröffentlicht nachstehenden Erlaß des Kai— 
etsz: Um denjenigen Theilnehmern an dem Kriege 
in 1870711, welche in Folge erlittener innerer 
Nenstbeschädigung Invalide geworden, wegen Ab— 
nfs der gesetzlichen Präklusivfrist aber zur Geltend⸗ 
iochung von Versorgungsansprüchen nicht berechtigt 
id, durch Gnadenbewilligung zu Hilfe zu kommen, 
umme Ich, daß die Unterstüßungsgesuche der 
zeichneten Invaliden Meiner wohlwoilenden Prüf— 
ng unterzoggen und Mir zur Gnadenbewilligung 
iß Meinem Dispositionsfonds bei der Reichs— 
audtkasse unterbreitet werden, sofern Thatsachen 
ahgewiesen sind, welche die Ueberzeugung von dem 
isächlichen Zusammenhang der Krantheit mit der 
n Kriege erlittenen Dienstbeschädigung zu begründen 
rmögen. Bad Gastein, 22. Imi 1884. 
der Großherzog und die Großherzogin von 
daden werden Mitte des Monats dir Rückreise 
n Schweden antreten und voraussichtlich einige 
sge bei den kaiserlichen Maiestäten in Potsdam 
weilen. 
der Reichskanzler hat öffentlich bekannt 
then lassen, daß ihm während seiner Abwesen⸗ 
at weder amtliche, noch nichtamtliche Schriftstücke 
ahelegt oder nachgesandt werden sollen. Zustim—- 
nge Adressen scheinen trotzdem, wie an mehreren 
ilbn konstatirt werden konnte, den Fürsten Bis— 
urt auch in seiner pommerischen Sommerfrische 
erreichen. Ein gleich günstiges Resultat hatle 
nicht eine Beschwerdeschrift von Maschinen⸗ 
en aus Bischheim in Elsaß, die an Se. Durch⸗ 
den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck in 
un gerichtet war. Der Brief kam uneröffnet 
et Bemerkung zurück: „Adressat in Berlin 
Auzufinder.“ Das nennt man „Findiakeit“ 
ostnrwaltung. 
zerlin, 4. Aug. Die „Nordd. Allg. Zig.“ 
degenüber der „Times“: Deutschland hatte 
e. Konferenz nicht blos die finanziellen In— 
nseiner Bondholders in der epyptischen Frage, 
auch seine Bezichungen zu den übrigen 
n Mächten im Auge zu behalten. Daß 
diesen Satz auf sich selost nicht anwendet, 
* b Hauptursache des Mißerfolges der Kon⸗ 
ilden. England habe Deutschland. Oester— 
Dienstag, 5. August 1884. 
19. Jahrg. 
reich, Italien und Rußland gegenüber sich in iden⸗ 
ischer Form ausgesprochen, um einen Druck auf 
Frankreich auszuüben, zweifellos in der Erwartung, 
daß dieselben es sich zur Ehre rechnen würden, die 
englischen Kastanien aus dem französischen Feuer 
u holen. So viel die „Nordd. Allg. Ztg.“ weiß, 
eigte keine der genannten Mächte hierzu Neigung. 
Die Pläne für den Nord-Ostsee⸗ 
Tanal, der die Nordsee mit dem Kieler Hafen 
erbinden und diesen selbst für die größten Panzer- 
chiffe unserer Marine fahrbar machen soll, sind 
jun bis in die kleinsten Einzelheiten ausgearbeitet, 
o daß mit dem Bau begonnen werden kann, sobald 
der Reichstag, der seiner Zeit in einer Denkschrift 
sarum angegangen werden soll, die dazu nothwen⸗ 
»igen Summen bewilligt haben wird. Eigenthüm⸗ 
icherweise war es, wie man hört, die Marine, welche 
n den Vorberathungen dem Entwurf abhold war, 
ind zwar hauptfächlich aus dem Grunde, weil das 
hmale Fahrwasser, welches vom Kieler Hafen in 
ie offene See führt, der dort ankernden deutschen 
zlotte nicht genug Raum gewähren würde, um im 
kriegsfalle bei etwaiger Blockirung durch eine flarke 
eindliche Flotte den zur Aktion erforderlichen Auf⸗ 
narsch in Schlachtlinie zu bewerkstelligen. Diese 
Jedenken sollen jedoch durch unseren Kaiser nach 
ersönlicher, mit General-Feldmarschall Moltke, 
zeneral Quartiermeister Graf Waldersee, den Ge— 
ieral⸗Inspekteuren der Artillerie und der Festungen, 
ßeneral⸗Lieutenant v. Voigts-Rhetz und General 
»er Infanterie v. Bieler, vorgenommenen Besichtig⸗ 
ing vollständig gehoben sein, und zwar durch die 
deuanlegung der bedeutend erweiterten und vorge— 
chobenen Außenbesestigungen des Kieler Hafens. 
Wie sehr sich der Kaiser für diese Sache interessirt, 
jeht daraus hervor, daß er dem ihm darüber vor⸗ 
jelegten schriftlichen Gutachten der Landesverthei⸗ 
»igungs-Kommission 19 Seiten Randbemerkungen 
ugefügt hat. 
Ueber die Ausweisung von Russen 
us Berlin erfährt man nach einer Meldung der 
„M. Z.“, daß dieselbe auf direkten Wunsch der 
ussischen Regierung und mit Genehmigung des 
Ministers v. Puttkamer nach Rücksprache mit dem 
Reichskanzler Fürst Bismarck erfolgt sei. Zu einer 
noch ausgedehnteren Berathung in dieser Angelegen⸗ 
jeit dürfte die demnächstige Rückkehr des russischen 
Zotschafters Fürst Orloff Anlaß geben. 
Hannover, 3. Aug. Die bei der im letzten 
rzrühjahr zwischen Offizieren und Civilisten stattge— 
undenen blutigen Schlägerei betheiligten Offiziere 
ind vom Kriegsgerichte abgeurtheilt. Einer wurde 
reigesprochen, die beiden andern mit Festungsstrafen 
von sechs und zwölf Monaten belegt. 
Ausland. 
Paris, 3. Aug. Gutem Vernehmen nach 
oll nunmehr General Haurion, Kommandant der 
Infanterie⸗Division in Nancy, zur Führung der 
Deputation der Offiziere, welche zu den deuischen 
Manövern entsandt werden, bestimmt worden sein. 
Paris, 4. Aug. Der „Figaro“ veröffentlicht 
ein Manifest des Prinzen Napoleon, worin derselbe 
zegen die Versammlung des Kongresses protestirt 
und die Berufung einer konstituirenden Versamm— 
ung fordert. 
London, 3. Aug. Der „Observer“ theilt 
iber die Aeußerungen des französischen Botschafters 
Waddington in der gestrigen Konferenzsitzung 
ioch mit: Nachdem Lord Granville die Ablehnung 
des französischen Antrages seitens Englands aus— 
esyrochen hatte erklärte Mapdinaton ?r habe dvas 
Aeußerste gethan, um ein Einvernehmen herbeizu⸗ 
führen; es sei nunmehr seine Pflicht, gegen den 
Plan Englands, die Zinsen der egyptischen Staats⸗ 
chuld herabzusetzen, ohne daß die Nothwendigkeit 
iner solchen Maßregel erwiesen sei, zu protestiren. 
London, 4. Aug. Die Morgenblätter heben 
servor, daß durch den Mißerfolg der Konferenz das 
englisch⸗Ffranzösische Abkommen bezüglich Egyptens 
nnullirt sei und England seine Aktionsfreiheit in 
ẽgypten wieder erlangt habe. — „Daily News“ 
agt, England müsse jetzt die Verantwortlichkeiten 
ibernehmen, welche Vermächtniß von Tel⸗el⸗Kebir 
eien. — Times hofft, die Regierung werde jetzt 
nit Muth und Festigkeit handeln. 
Die Exrpedition zur Befreiung Gor⸗ 
don's aufgegeben. Die englische Regierung 
cheint endgiltig beschlossen zu haben, ihre Hände 
von jedweder Verantwortlichkeit für General Gordon 
ein zu waschen. Die Vorbereitungen fürx einen 
herbstfeldzug am Nil find eingestellt worden und 
vir glauben, daß die Boote sowie anderes Material, 
velches im Hinblick auf eine mögliche Eutsatz⸗Ex— 
yedition angesammelt worden, verkauft werden sollen. 
Jubiläumsfest des englischen Anti⸗ 
Zzklaverei⸗Vereins. In der Guildhall fand 
ich am 1. August auf Einladung des Anti⸗Skla⸗ 
pereivereins, eine ebenso zahlreiche wie glänzende 
Gesellschaft ein, um den fünfzigsten Jahrestag der 
Abschaffung der Sklaverei in den britischen Kolo— 
nien durch ein Jubiläums-Meeting zu feiern. Der 
Grinz von Wales führte den Vorsitz. 
Zur Annexion von Neu⸗Guinea. 
Die Engländer wollen nach einer „sorgfältigen Un— 
tersuchung“ herausgefunden haben, daß die Holländer 
teine rechtsgiltigen Ansprüche auf irgend einen Theil 
der Insel Neu⸗-Guineg besitzen. Gewisse Konzessionen 
von eingeborenen Häuptlingen, auf welche sich die 
hosländische Souveränität stützt, seien seit geraumer 
Zeit verjährt. Als der Queensländische Polizeirichter 
vor einiger Zeit die britische Flagge aufhißte, be— 
ichränkte er seine Proklamirung der englischen Herr⸗ 
chaft auf solche Theile der Insel, die nicht von 
rgend einer anderen europäischen Macht beansprucht 
vorden. Diese Annexion wurde alsdann desavouirt, 
zillein wenn unter dem neuen Föderationsplane 
Neu⸗Guinea mit Australien einverleibt wird, dürfte, 
o wird von englischer Seite versichert, den Kolo—⸗ 
zisten gestattet werden, von der ganzen Insel Besitz 
zu ergreifen. 
Lokale und pfalzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 5. Aug. Mit dieser Woche 
st für unser ganzes deutsche Vaterland, besonders 
iber für die hiesige Gegend, eine Reihe wichtiger 
Frinnerungstage angebrochen. Wie sah es vor 14 
Jahren in diesen Tagen bei uns aus? Alle Jene, 
velche 1870 diese Tage miterlebten, werden sich 
eitlebens des Hangens und Bangens und der angst— 
yollen Sorge vor dem in der Nähe lagernden Feinde 
»xinnern. Sozusagen schutzlos war unser damaliges 
Brenzgebiet demselben preisgegeben; nur eine Hand— 
»oll Tapferer wehrte ihm den Einmarsch. Aber 
her, als wir hofften, war Hilfe da. Am 6. Aug. 
vurde nach heikem Kampfe der Feind aus seiner 
ür uneinnehmbar gehaltenen Stellung auf dem 
Zpicherer Berg vertrieben. Aber theuer erkauft 
var der Sieg, und wenn wir es nicht wüßten, die 
ahlreichen Heldengräber und Denkmäler jenes Tages 
eugen laut davon und rufen uns zu: Gedenke 
Dar⸗r di⸗ hier getkämpiete ynd gehsuftet hahen uns