st. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
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M 156.
Politische Uebersicht. —
Deutsches Reich.
Regensburg, 11. Aug. Bei dem gestern
ahier abgehaltenen bayerischen Handwerkertag waren
z3 Innungen durch 190 Delegirte vertreten. An—
senommen wurde eine Resolution auf Beschränkung
)er zügellosen Gewerbefreiheit, Führung obligatori—
cher Innungen gemäß des Frankfurter Gesammt⸗
xschlusses, auf Beschränkung des Submissionswesens,
zet Gefängnißarbeit und des Hausirhandels. Eine
hetition an den Reichskanzler wurde beschlossen,
vorin derselbe ersucht werden soll, den Bundesrath
u beeinflussen, den Antrag Ackermanns zu genehmigen.
die oberbayerische Handels⸗ und Gewerbe⸗
iammer spricht sich, falls die einheitliche Regelung
des Handelskammersystems seitens des Reiches vor⸗
jenommen werde, für Schaffung selbstständiger
handwerkerkammmern unter, Trennung des Groß⸗
bettiebes vom Kleinbetriebe, aus, und erklärt sich
erner gegenüber dem österreichischen Cementzoll
dringend für den deutschen Retorsionszoll von min⸗
ustens 30 Mk. pro Waggon Cement.
Eine Kanzlerzusammenkunft. Im
Unschluß an die Kaiserbegegnung in Ischl war auch
die Nachricht von einer bevorstehenden Zusammen⸗
kunft des Fürsten Bismarck mit dem leitenden
oͤsterreichischen Minister Grafen Kalnoky aufgetaucht.
kine direkte Bestätigung dieser Meldung liegt noch
nicht vor, doch erachtet man es in Wien als selbst-
verständlich, daß wenn Fürst Bismarck nach Gastein
ommt, Graf Kalnoky die Gelegenheit zu einer Be⸗
gegnung mit dem deutschen Kanzler nicht vorüber⸗
ehen lassen werde.
Ueber die Versammlung des preußischen
Episcopats in Fulda berichtet die, Fuldaer Zig.“
unterm 8. August: „Die Konferenzen der preußischen
bischffe haben heute Vormittag ihr Ende erreicht.
die Sitzungen haben im bischöflichen Palais stait⸗
jefunden und zwar am Mitwoch und Donnerstag
n Vormittags 9 Uhr bis gegen Mittag und
Jachmittags von 8 Uhr ab. Heute früh 8 Uhr
wurde in der Bonifaciusgruft eine feierliche Schluß—
andacht mit Tedeum abgehalten, worauf noch eine
urze Konferenzsitzung staltfand. Die Miiglieder
)et Konferenz werden im Laufe des heutigen Tages
dulda verlassen. Ueber den Gegenstand der Ver—
andlungen ist nichts Authentisches in die Oeffent⸗
ichteit gedrungen, dieselben werden bis jetzt durchaus
xheim gehalten. — Daß der wichtigsie Punkt der
heutigen Kirchenpolitik, die Vorbudungsfrage und
des mit ihr zusammenhängt, in den Konferenzen
nicht unerörtert geblieben sein wird, dürfte als
üemlich feststehend angenommen werden können.
Die Hetzereien der Pariser Presse
egen die in Frankreich lebenden Deutschen tragen
unmehr auch in den Provinzialstädten ihre Früchte.
bin Korrespondent meldet in dieser Beziehung aus
Auf dem hiesigen Bahnhofe sah ich ein Gruppe
Irbeiter, zum Theil mit Familie, welche auf der
F nach Deutschland begriffen waren. Trotzdem
se schon, wie fie mir eerzüͤhlten, seit 10220
hien in Nanch ansässig waren, wurden sie plötz
h ohne weiteren Grund, als daß sie Deutsche
sen, entlassen- Alle Bemuihungen, anderweitige
beschäfligung zu finden, schlugen fehl: überall wurde
ydeutet, man könne sie ihrer Nationalität wegen
uiht annehmen, ohne sich der Hetzpresse gegenüber
rzustellen Aehnich liegen die Verhutnssein
em benachbarten Pont à Mousson, in Toul und
Dienstag, 12. Auqgust 1884.
79 Jahrg.
duneville, wie ich mich in den letzten Tagen per⸗
»oͤnlich überzeugte. Ueberall hat sich die öffentliche
Meinung als stark genug erwiesen, die Entlassung
der deutschen Arbeiter selbst gegen den Willen
der Arbeitgeber durchzusetzen. Die Hetze richtet
iich neuerdings auch gegen die Etlsaß-Loth-
ringer, welche die deutsche Nationalität ange—
aommen haben und nun ohne Optionsschein
nach Frankreich kommen. Auch sie können nur aus—
aahmsweise ein Unterkommen finden. Daß auch
deutsche Gouvernanten und Lehrerinnen, welche
früher in Frankreich sehr gesucht und allen anderen
»orgezogen wurden, nur schwer Beschäftigung finden
önnen, ist bekannt. Alles in Ällem genommen,
ann gegenwärtig Allen, welche in Franfreich, und
war auch in der Provinz Arbeit suchen wollen,
aur dringend gerathen werden, zuhause zu bleiben.
Dieser Rath erstreckt sich auch auf die Fälle, in
denen von Agenturen angeblich feste Stellungen
überwiesen werden; in den meisten Fällen wird
man sich überzeugen können, daß mehr versprochen
wurde, als man zu halten imstande ist.
Offiziös verlautet. daß sich Fürst Bismarck in
energischer Weise der Geestemünder Firma „Rabien“
angenommen, deren Proviantkutter bekanntlich von
englischen Fischern ausgeraubt worden ist. Der
leitende Staatsmann soll nicht nur eine ernste
Mahnung nach London haben abgehen lassen, son⸗
dern auch eine direkte Weisung an die kaiserliche
Admiralität ertheilt haben, infolge deren die letztere
das Wilhelmshavener Stationskommando angewiesen
hat, schleunige maritime Maßregeln zur weiteren
VBerfolgung der Angelegenheit zu ergreifen. Der
„Mgdb. Ztg.“ zufolge würde sich die deutsche Re⸗
zierung sogar „nicht darauf beschränken, den gegen⸗
värtigen Fall zum Austrag zu bringen, sondern
nuch darauf dringen, daß seitens der englischen
Regierung den jenseitigen Fischern, die in unseren
Bewässern überhaupt nichts zu suchen haben, jedes
Belüste nach ferneren Räubercien genommen wird.“
— Es hat uun auch die Glattdeckskorvette, Ariadne“
Befehl erhalten von Wilhelmshaven auszulaufen
ind die englischen Seeräuber zu verfolgen.
Die „Saale Ztg.“ erhält von Prof. Kirch—
Joff, eine Zuschrift über Augra Pequena,
der wir Folgendes entnehmen: Die Vermuthung,
daß der neue Kolonialbesitz zuvörderst durch Kupferbau
nusgebeutet werden soll, bestätigt sich; deutsche
Bergleute unter Führung eines tüchtigen Technikers
aus Freiberg) und in Begleitung eines deutschen
Naturforschers gehen auf Luderitz' Veranlassung am
20. d. M. über Capstadt nach Angra ab. Außer—
dem ist selbst für den Anbau des Vodens Manches
von künstlicher Bewässerung zu erhoffen; ziehen doch
insere Missionäre in Bethanien unfern der Ost⸗
grenze Deutsch-⸗Afrikas trotz der Regenarmuth des
teppendürren Landes neben deutschem Obst und
hemüse, Wein unda die herrlichsten Granaten. Die
ẽrde ist ja überall Das, was der Mensch aus ihr
nacht. So gut vor 100 Jahren die Auftralier da
n Elend darbten, wo jetzt der Brite goldene Schätze
uus dem Boden zieht, gerade so gut wird der Deutsche
Wunder thun können in der Namaqua-Oede. Dem
vertrauenswürdigsten Bericht über die Sachlage sehen
wir entgegen aus Dr. Nachtigals Feder, der mit
Dr. Max Buchner wahrscheinlich eben jetzt im Auf⸗
trage des deutschen Reiches den Ritt von Angra
nach Bethanien zurückgelegt hat.“
Hannover, 11. Aug. Der Parteitag für
dannover unter Leitung von Bennigsen's ist für
en 14. September in Aussicht gFenommen. — 95
Tischlerstrike ist nach siebenwöchentlicher Dauer heute
endlich beigelegt.
Ausland.
Brüssel, 11. Aug. In der Stadt herrschte
bis zum Abend große Erregung, doch, abgesehen
yon einigen unbedeutenden Streitigkeiten, ist keine
Ruhestörung vorgekommen. In Luͤttich fand eben⸗
alls eine große Kundgebung der Liberalen gegen
das neue Schulgesetz statt.
Brüssel, 11. Aug. Die Deputirtenkammer
derwarf den Antrag der Linken auf Vertagung
des neuen Schulgesetzes mit 66 gegen 85 Stimmen.
Die Kammer trat hierauf in die Berathung des
—A
Die hervorragendsten Militärs in Belgien
haben, nachdem General Brialmont die Befestigung
der Maas⸗Linie gegen Frankreich als absolut noth—
wendig für die Sicherheit des Landes bezeichnet
hat, die nöthigen Schritte bei der Regierung zu
thun beschlossen, um unverzüglich die Besfestigungen
in Ausführung zu bringen.
Der internationale Schiedsgerichtskon⸗—
greß, welcher in Bern tagte, wurde am 8. do.
geschlossen. Dem energischen Einspruch der deut⸗
schen Mitglieder gelang es durchzusetzen, daß die
Neutralisation von Elsaß-Lothringen nicht zur Dis⸗
tussion gestellt wurde.
Paris, 11. Aug. Das „Journal des Debats“
heilt mit, daß die Konferenz der zur lateinischen
Münzkonvention gehörenden Staaten am 25. Okt.
in Paris stattfinde. Die Staaten sollen geneigt
ein, in die Fortdauer der Konvention unser der
Bedingung zu willigen, daß der Umlauf der Silber⸗
nünzen nicht vermehrt und bei der Aufhebung der
donvention jeder Staat verpflichtet werde, die von
hm ausgegebenen Silbermünzen zurückzunehmen.
Das „Evenement“ bemerkt zu der offiziösen
Note der Agentur Havas über die Schritte, welche
Herr Grevy gethan haben soll, um das jetzige Ka⸗
zinet durch ein Ministerium Freycinet zu ersetzen:
„Wenn unsere Meldung so unwahrscheinlich ge—
vesen wäre, wie die Note behauptet, so häite sie
eines offiziellen Dementis bedurft. Das „Evene⸗
nent“ erhält die vollständige Genauigkeit seines
Berichts aufrecht.“
Wie im Bereich des Marseiller Militärbe—
irks ist nunmehr auch für die Militärbezirke von
Montpellier, Lyon und Clermont die Abhaltung
größerer Truppenübungen verboten worden.
Der „Times“ wird aus Fu⸗tscheu gemeldet:
Präsident Arthur vermittelt und hat dem ameri⸗
anischen Gesandten in Pecking, Herrn Young, tele⸗
graphirt, daß Frankreich eine Regelung binnen 7
Tagen wünsche.
Kairo, 11. Aug. Im Generalstabe werden
eifrig Vorbereitungen getroffen zu einer Truppen⸗
»xpedition, an welcher gegen 4000 englische und
egyptische Truppen theilnehmen sollen. Die Expe—
dition wird voraussichtlich zu Wasser nach Don⸗
Jola gehen; von dort soll der Marsch durch die
Wüste in der Richtung auf Khartum erfolgen.
In Assuan und Wadyhalfa werden Depots von
rriegsmaterial errichtet.
Bildung eines Bundesraths. In
Melbourne eingegangenen Nachtichten aus Brisbane
und Hobart zufolge haben beide Häuser des Parla—
ments in Queensland und Tasmania (Australien)
ꝛinstimmig eine Adresse angenommen, worin um
die Einbringung einer Gesetzvorlage zur Bildung
ines Bundesraths gebeten wird.