Full text: St. Ingberter Anzeiger

zur Betriebsanlage gehörende Kraftmaschine benutzt 
ird. 
w Im Uebrigen gelten als Fabriken im Sinne 
zieses Gesetzes insbesondere diejenigen Betriebe, in 
welchen die Bearbeitungh oder Verarbeitung von 
Fegenstünden gewerbsmäßig ausgeführt wird, und 
in welchen zu diesem Zwecke mindestens zehn Ar⸗ 
veiter beschäftigt werden, sowie Betriebe, in welchen 
herplosivstoffe oder explodirende Gegenstände gewerbs⸗ 
gaͤßig erzeugt werden. 
Welche Betriebe außerdem als Fabriken im 
Sinne dieses Gesetzes anzusehen sind, entscheidet 
zas Reichs-Versicherungsamt (38 87 ff). 
Auf gewerbliche Anlagen Eisenbahn- und Schiff⸗ 
ahrtsbetriebe, welche wesentliche Bestandtheile eines 
det vorbezeichneten Betriebe sind, finden die Be— 
simmungen dieses Gesetzes ebenfalls Anwendung. 
St. Ingbert, 22. Aug. Zu Ehren 
des Geburts- und Namensfestes Se. Maj. des 
Königs findet nächsten Montag im „Hotel zur 
post“ ein Festessen statt. 
* St. In gbert, 22. Aug. Die hiesige 
nappschaft feiert das Allerhöchste Geburts⸗ und 
hamensfest in der herkömmlichen Weise. Die Be— 
witthung der Knappschaftsmitglieder ist den Herren 
Virthen Baumann und Horst übertragen. 
* Im benachbarten Si. Johann wurde am 
Mittwoch Nachmittag der Lehrling eines dortigen 
Metßgers von einem an das Fuhrwerk seines Mei— 
tters gespannten Pferde so unglücklich an den Kopf 
geschlagen, daß der Junge bald darauf verstarb. 
88 St. Ingbert, 22. Aug. Am verflossenen 
Sonntag haben bekanntlich im Dom zu Speher 
16 Alumnen durch den hochwürdigsten Herrn Bischof 
jon Ehrler die Priesterweihe empfangen. Die 
hrimizen der neu geweihten Priester fanden zum 
Theil schon im Laufe der Woche statt. Auch unserer 
Siadt steht am nächsten Sonntag die Ehre einer 
solchen Feier bebor, indem Herr Warken von 
hier am genannten Tage in der hiesigen Kirche seine 
Primiz hält. 
— Zufolge einer allerhöchsten Verordnung an 
die Feuerwehren darf in Zukunft nur mehr das 
von Sr. Maj. dem Könige gestiftete Denkzeichen 
füt derdienstvolle Thätigkeit in der Feuerwehr ge— 
tragen werden. Die von verschiedenen Feuerwehr⸗ 
borps und Magistraten geschaffenen Auszeichnungen 
für Dienstalter in der Feuerwehr haben demnach 
wegzufallen. 
— Die Anstellungsprüfung für die im pfälzischen 
Schuldienste verwendeten Schuldienstexspektanten 
ind Schuldienstexspektantinnen pro 1884 beginnt 
in ihrem schriftlichen Theile am Montag, 183. Okt. 
. J. in ihrem mündlichen Theile am darauffolgen⸗ 
den Freitag, 17. Oki. 
- Zur Beachtung für die Angehörigen 
c. der Reservisten, welche in diesem Jahre zu 
yen Herbstübungen einberufen sind, mag darauf 
ufmerksam gemacht sein, daß die einberufenen 
Mannschaften und Unteroffiziere für die Dauer 
hrer Uebungen bezüglich der an sie gerichteten 
Morrespondenzen und Packete dieselben Porlsver- 
gJünstigungen genießen wie die aktiven Linientruppen 
and zwar: 1) volle Portofreiheit für gewöhnliche 
Biefsendungen bis zu 60 Gri, 2) eine Ermäßig · 
ung des Portos für Packete bis zu 83 Klgr. auf 
2Wpfg und für Postanweisungen bis zu 15 Mk. 
auf 10 Pfg. Es darf jedoch nicht versäumt wer⸗ 
den, auf die betr. Adressen den vollausgeschriebenen 
Vermerk „Soldatenbrief, eigene Angelegenheit des 
bmofängers“, zu setzen. 
— Die mit den Wehrpflichtigen des Ersatz- 
shres 1883,84 in Bayern vorgenommene Prüfung 
p ein sehr günstiges Resultat geliefert. So be— 
and sich unter 2449 Rekruten in Oberbahern, 
1880 in Oberfranken und 1987 in Schwaben 
leiner mit mangelhafter Schulbildung, unter 1921 
n Mittelfranken und 1991 in Unlerfranken war 
einer, unter 2068 in der Pfalz und 1735 in 
Oberpfalz waren je vier, und unter 2165 in 
iederbahern fünf mit mangelhafter Schulbildung; 
iuch dem Prozentverhältniß berechnet, in Mittel⸗ 
üanlen und Unterfranken 0,05, Pfalz 0,19, Ober⸗ 
pn Niederbayern je 0,23 Proz. der Ge⸗ 
7. In der Gemeinde Herxheim wurden bis 
p 20. Aug. 541,928 Stüch Mäusekadaver ab⸗ 
ehet. wofür der respektable Betrag von 5419 Mk. 
Pfg. gezahlt worden ist. 
. . Ensheim, 21. Aug. Nächsten Sonntag, 
24c. wird der Neoptesbyter Herr Nikolaus 
Brentz von Ensheim seine Primiz in der Pfarr⸗ 
kirche daselbst feien. p 
Vermischtes. 
r Der von Saarbrücker Industriellen beim 
Reichskanzler gestellte Antrag wegen Ernennung 
eines Reichskommissars für die Antwerpener Aus- 
sttellung ist nach den „Köln. Nachr.“ von der Re⸗ 
zierung wegen des Privatcharakters des Ausstellungs- 
Unternehmens abgelehnt worden. Bestätigung dieser 
Nachricht bleibt abzuwarten. (Sbr. 3.) 
F Man schreibt der „Sozial Corr.“: Mit einer 
ehr rühmenswerthen muthvollen Ausdauer setzt der 
starlsruher Gesundheitsrath seinen Krieg gegen 
das GeheimmittelUnwesen fort, durch welches all⸗ 
jährlich nicht blos viel Geld aus den Taschen un⸗ 
wissender Leute in die Kassenschränke von Schwind— 
lern geleitet, sondern auch der Volksgesundheit 
schwere Wunden geschlagen werden. Hoffen wir, 
daß in diesem wackeren Kampfe Karlsruhe nich! 
wie bisher fast allein fort und fort stehen bleibe. 
hoffen wir namentlich, daß unter den Apothekern 
sich immer mehr die Ueberzeugung ausbreite, wie 
wenig gerade ihnen, den Fach⸗ und Vertrauens— 
männein des Publikums und der Behörden, es 
„ziemt, jenen dreisten Beutelschneidern als Agenten 
und Helfershelfer zu dienen. Aus einer Bekannt—⸗ 
nachung vom 19. April 1884, gez. Schnezler, 
ersieht man, daß ein gewisser Richard Berger, früher 
in Blasewitz, jetzt in Plauen fich in den Zeitungen 
zur Heilung von Schwindsucht, Harnruhr, Band⸗ 
wurm, Bleichsucht, Nervenleiden, Geschlechtskrank⸗ 
)eiten empfiehlt. „Wer sich“, heißt es (auszüglich), 
J. B. wegen Lungenleidens an Berger wendet, er⸗ 
jält einen gedruckten Zettel, auf dem im schlech— 
iesten Deutsch eine Diät angerathen ist, deren Be—⸗ 
»bachtung fur den Lungenkranken zweifellos schädlich 
väre. Der Zettel kostet allein 10 Mark „Kur— 
sonorar“, daueben empfängt der Patient 1 Paquet 
Thee und drei Flaschen Medizin zu 8 Mk. 80Pf. 
Der Thee ist ein Gemisch gewöhnlicher einheimischer 
dräuter und kann die ihm angepriesene Heilkraft 
nicht beanspruchen; die drei Fläschchen enthalten: 
1) eine Lösung von Holztheer in einer Abkochung 
von Pflanzentheilen; 2) eine desgleichen mit größerer 
Menge Holztheer; 3) eine mit Nelken, Zmmet und 
Farobmom aromatisirte Abkochung derschiedener 
pflanzenstoffe. Sämmttiche „Arzneien“ sind stark 
jezuckert und können eine kranke Lunge niemals 
jesund, wohl aber bei anhaltendem Gebrauche einen 
jesunden Magen krank machen. — Berger war 
rüher Werkführer in einer Holzwaarenfabrik, trieb 
dann, bis dies durch die Gewerbesrdnung untersagt 
vurde, Kurpfuscherei im Umherziehen und lebt jeßt 
»on der Ausbeutung Kranker auf brieflichem Wege. 
Zwei Apotheker, Ilgen und Moll in Koßschen⸗ 
»roda, halten es für vereinbar mit ihrer persön⸗ 
ichen und Standesehre, die Berger'schen Rezepte 
anzufertigen. Wir warnen vor dieser Schwindelei.“ 
Von der Strafkammer in Freiburg i. Br 
vurde ein „Zauberer“ zu 4 Jahren Zuchthaus 
und 2000 M. Geldstrafe und seine Ehefrau zr 
3 Jahren Gefängniß verurtheilt, welche beide durch 
Verkauf von selbstverfertigten „Zauberbüchern“ an 
Hläubige in drei Fällen 2000, 1500 und 1000 
Frants und für ein bemaltes Blatt Papier, die 
„Auflösung“ hierzu, 450 Franks erschwindel⸗ 
hatten. 
f Lübeck, 18 Aug. Ein schreckliches Er— 
ꝛigniß, welchem drei Menschen zu Opfer fielen, 
rug sich heute Morgen in unserer Stadt zu. Einige 
Minuten nach 7 Uhr hörte man in einer Straße 
wei kurz aufeinander folgende Detonationen, gleich— 
zjeitig flogen Glasscherben, Holztheile und, Mauerwerk 
aus einem Hause, in welchem sich ein Material⸗ 
waaren⸗ und Droguen-Geschaft befand und un—⸗ 
mittelbar darauf drang starker Rauch aus demselben. 
Aus der Thüre des Hauses schleppte sich mühsam 
uind jammernd ein blutüberströmter Mann, der bon 
Hinzukommenden in ein benachdartes Haus getragen 
vurde. Die sofort herbeigeeilte Feuerwehr fand in 
dem Hause zwei gräßlich verstümmelte Leichen, den 
Ldaden selbst größtentheils zerstört, die Zwischenwand 
nach der Hausflur zu durchgeschlagen, kurz ein 
zräßliches Bild der Verwüstung. Einen wahrhaft 
schaudervollen Anblick boten die beiden Leichen dar, 
welche als der Inhaber des Geschäfts und dessen 
Lehrling erkannt wurden, sowie der Dritte, ein zu⸗ 
fällig zu der Zeit im Laden anwesender Mann, 
inen Anblick, wie man ihn sonst nur auf dem 
Schlachtfelde neben einer zerplatzten Granate an— 
reffen kann. Dem Lehrlinge waren beide Arm⸗ 
weggerissen (sie wurden erst später gefunden), sowie 
der Unterleib in eine unkenntliche Masse verwandelt. 
Der noch am Leben Gebliebene war durch Stücke 
einer dicken Kruke an 9 bis 10 Stellen des Kör— 
pers schwer verletzt, und mit solcher Wucht waren 
die Stücke aufgeschlagen, daß sie meistens tief in 
den Körper eindrangen; ein großes Stück hatte 
die linke Brust durchgeschlagen und die Lunge ber—⸗ 
letzt, andere hatten den Unterkiefer zerschmettert, 
oder waren in den Kopf, die Oberschenkel 
und Arme gedrungen. Von den hinzugerufenen 
Aerzten dem Krankenhause überwiesen, starb der 
Beklagenswerthe nach 2 Stunden. Außer diesen 
waren noch 2 Passanten durch herumfliegende Glas⸗ 
ttücke erheblich verletzt. Der Luftdruck bei der De⸗ 
sonation war so stark, daß alle Fenster des gegen- 
iberliegenden Hauses, sowie daumendicke Laden⸗ 
icheiben in tausend Stücke splitterten. Nach Allem 
mußte dies Werk der Zerstoͤrung durch Entzündung 
von Explosionsstoffen herbeigeführt worden sein, 
allein in welcher Weise dies geschehen ist, wird 
wohl nie genau zu ermitteln sein, weil Denjenigen, 
welche Auskunft geben könnten, der Mund geschlossen 
ist; auch der erst später Gestorbene konnte nur an— 
geben, duß er zufällig im Laden gewesen sei. Ein 
aus dem Hause beförderter zerbrochener Glasballon, 
in welchem Aether gewesen, läßt vermuthen, daß 
hiervon die Explosion ausging. Auch weisen die 
Verletzungen der drei Gestorbenen darauf hin, daß 
der Lehrling dem Explosionsorte am Nächsten war, 
also vielleicht durch dessen Unvorsichtigkeit die Kata— 
strophe herbeigeführt wurde. Zum Schlusse darf 
nicht unerwähnt bleiben, daß bereits vor 8 Jahren 
in demselben Hause im Keller eine Explosion statt⸗ 
fand, die aber glücklicherweise nicht von so schreck⸗ 
lichen Folgen begleitet war. 
F Stettin. Eine eigene Krantheit.) Ein 
bei einem hiesigen Kaufmann in Dienst stehendes 
Maädchen wollte wegen eines Todtesfalles in ihrer 
Familie nach Hause reisen. Es wurde ihr gestattet 
uinter der Bedingung, bei ihrer Rückkehr durch amt— 
iches Attest nachzuweisen, daß der in ihrer Familie 
Verstorbene nicht an einer ansteckenden Krankheit 
gestorben sei und in dem betr. Orte überhaupt 
seine ansteckende Krankheit herrsche. Das Mädchen 
kam darauf, wie die „Ostsee-Ztg.“ berichtet mit 
'olgendem Zeugniß des Standesbeamten zurück: 
„Es wird hiermit amtlich bescheinigt, daß in meinem 
Bezirke keine ansteckende Krankheit geherrscht hat. 
Der ⁊c. ist an seiner eigenen Krankheu verstorben.“ 
Gierbrauereien im Deutschen 
Keiche.) Nach den jüngst veröffentlichten statisti—⸗ 
chen Angaben bestanden im Deutschen Reiche im 
Ftatsjahr 1882/83 (exklusive Bayern, Württemberg, 
Baden und Elsaß-Lothringen) insgesammt 11,863 
Bierbrauereien (4560 in den Städten, 7303 auf 
»ent Lande), wovon jedoch nur 10,921 Etablisse- 
ments im Betriebe waren. Hierzu kommen 5498 
Bierbrauereien in Bayern, 7802 in Württemberg 
und 283 in Elsaß - Lothringen. Im Großherzog⸗ 
ihum Baden ist nur die Zahl der vorhandenen 
Braugefäße für diesen Zeitraum bekaunt: selbe be—⸗ 
trug 2052 mit 25,912 Hektolitern Inhalt. Was 
die erzeugte Biermenge anbelangt, so wurden 
1882,83 erzeugt: in Preußen 15,714,974 Hekto- 
iter, in Sachsen 3,124,484 Hektoliter, in Hessen 
725,773 Hektoliter, in Meklenburg 311,110 Hekto— 
iter, in Thüringen 1,639, 052 Hektoliter, in Olden⸗ 
hurg 103,555 Hektoliter, in Braunschweig 274,710 
dektoliter, in Anhalt 219,621 Hektoliter, in Bayern 
laut Ausweis 1882) 12,112,567 Hektoliter, in 
Württemberg 188283 3,041,857 Hektoliter, in 
Baden (laut Ausweis 1882) 1,167,213 Hekto⸗ 
liter, in Elsaß-Lothringen 815,631 Hektoliter. Es 
ergibt dies ein Bierquantum von 39,250,448 
Hettolitern gegen 1881,82 mit 39, 035,473 Hekto-⸗ 
litern, daher mehr 214. 975. Von den im Reichs⸗ 
teuergebiete befindlichen 10,921 im Betriebe stehen⸗ 
den Brauereien wurden benöthigt an geschrotetem 
Gerstenmalz 4,328, 286 Meter. Centner, geschrotetem 
Weizenmalz 189,902 Meter⸗Centner, sonstigem Ge— 
treide 1092 Meter⸗Centner, Malzsurrogaten: Reis 
3755 Meter⸗Centner, Zucher (aller Art) 13,587 
Meter-Centner, Syrup 1574 Meter⸗Centner, 
sonstigen Malzsurrogaten 3656 Meter⸗Centner. Per 
Kopf der Bevölkerung entfallen im Etatsjahr 
1882/83 im deutschen Reichszollgebiete in wirk⸗ 
lichem Konsum 84.7 Liter. 
— Unter der Ueberschrift: „Socialwissen— 
schaft in einer Nußschale“ bringt eine eng 
lische Zeitung folgende humoristische Zusammenstel- 
lung: Tennyson nimmt ein werthloses Stück Papier,