Full text: St. Ingberter Anzeiger

moͤglich, enger, inniger und einflußreicher als je⸗ 
mals; und es sind gute Gruͤnde für die Annahme 
porhanden, daß das verflossene Jahr Zeuge war 
der Aufnahme Jialiens in ein vertrauteres Bündniß 
mit den großen Militärmächten Mitteleuropa's.“ 
Sie Streitkräfte für Tongking. 
Der Temps macht über die Stärke des französi⸗ 
schen Eppeditionscorps in Tongking folgende An— 
gaben: Das Effectiv der Truppen aller Waffen⸗ 
gattungen, die sich zu Anfang Dezember in Tong · 
king befanden, belief sich auf 8845 Mann. Zieh 
man hiervon die in den letzten Kämpfen vor Song⸗ 
day Gefallenen und Verwundeten ab, so dürfte der 
Admiral Courbet gegenwärtig höchstens 8000 Mann 
zu seiner Verfügung haben. An Verstärkungen 
gingen bereits am 25. Dezember aus Algier ab: 
1 Regiment zu 3 Bataillonen in einer Stärle von 
52 Offizieren und 2452 Mann. Außerdem 600 
Mann, um das in Tongking befindliche Marsch⸗ 
regiment gleichfalls auf 2400 Gewehre zu bringen. 
Am 10. Januar wird das aus den vierten Ba— 
taillonen des 25., 111. und 143. Regimentis 
sowie aus Freiwilligen gebildete Marschregiment 
gleichfalls 52 Officiere und 2400 Mann stark 
abgehen, sowie Artillerie, Train, Ambulanzen u. 
s. w. Der General Millst wird demnach nach 
Eintreffen aller dieser Verstärkungen ein Corps von 
375 Offizieren und rund 15,000 Mann regulärer 
Truppen zu seiner Verfügung haben. 
New⸗Yort, 1. Jan. Herr Henry BVil⸗ 
lard hat gestern aus Gesundheitsrücksichten die 
Präsidentschaft der Northern⸗Pacific⸗Eisenbahn nieder⸗ 
gelegt und sich ins Privatleben zurückgezogen. 
— 
Lokole und pfälzische Rachrichten. 
— Zweibrücken, 2. Jan. Nach uns vor⸗ 
liegender Zuschrift starb in St. Franzisko (Cali— 
fornien) ein in Deutschland geborener James Licd 
mit Hinterlafsung einer Erbschaft von über 3 Mill. 
Dollars, die dessen rechtmäßigen Erben vermacht 
seien. Das Vermögen befindet sich in Verwaltung 
oon Testamentsvollstreckern. (3. 3.) 
— Kaiserslautern. Die diesjährige Gene⸗ 
ralversammlung der kat ho lischen Vereine Deutsch⸗ 
lands soll im September im Fruchthallsaale dahier 
abgehalten werden. 
— Speyer, 31. Dez. Die Regierung der 
Pfalz hat dem Minoritenpater Cäsar Dinies, 
früher in Oggersheim, jetzt in Schwangenberg 
ihre besondere Anerkernung für die von demselben 
bei der Ueberschwemmung anfangs dieses Jahres 
mit eigener Lebensgefahr bewirkte Retiung mehrerer 
Menschenleben ausgesprochen. 
— Aus den Jahresberichteu und Rechnuugs⸗ 
abschlüssen verschiedener Aktienbierbrauereien erhellt, 
daß die zmei bedeutensten Brauereien der Pfalz im 
verflossenen Sudjahr 1882,83 an Malzsteuer zu⸗ 
sammen 276.000 M. entrichtet haben, und zwar 
zahlte die Aktienbrauerei Ludwigshafen a. Rh. für 
persottene 24,500 hl. Malz 147,000 M; die 
Alktienbrauerei in Speyer (vormals Chr. Sick) für 
bersottene 21,500 hl. 129,000 M. Der Bier—⸗ 
verkauf in der genannten Zeit betrug bei der Aktien⸗ 
brauerei in Ludwigshafen 50,000 bhl., bei der 
Speyerer Aktienbrauerei (vormals Ch. Sich) 38,000 
hl. Die Dividende der letzteren Gesellschaft ist 7 
pCt., diejenige der ersteren 10 pCt. 
— Geschaäfts⸗Reklamen nach amerikanischem 
Muster find in neuerer Zeit auch bei uns keine 
Seltenheit mehr. Eine Buchhandlung aber, welch 
unter Mufikbegleitung ihre Kunden beim Weihnachts⸗ 
einkaufe in kauflustige Stimmung verseßt, dürfte 
diesseits und jenseits des Ozeans 8 nicht da⸗ 
gewesen sein. Am Vorabende zu Weihnachten hatte 
der Buchhändler N. in H. in der Pfalz ein Sex 
tett engagirt, das sämmtliche in seinem Geschäfts⸗ 
lokale lagernden Musikalien abspielen mußte, vom 
Laurawalzer im „Beitelstudent“ an bis herab zur 
„schönen blauen Donau“. Ob die 33!4 pCt. 
Provision auf diese Weise nicht einen beträchtlichen 
Abstrich durch die Musikantenkosten erfahren haben, 
darüber schweiat die Geschichte. 
Vermischtes. 
FMuünchen. Dem Sekundärbahn⸗Ausschuß 
der Kammer der Abgeordneten liegen zur Zeit be— 
reits 72 Petitionen vor Von in den Gesetzentwurf 
der Staatsregierung nicht aufgenommenen Linien 
werden verlangt die Lir'en: Pocking⸗Neuhaus a/J.; 
Landshut ⸗Ingolstadt; Kehlheim ⸗Greding; Georgens⸗ 
gemünd; Bilshofen⸗Pfarrlirchen; Freilassing-Laufen⸗ 
Tittmoning⸗Altötting-⸗Mühldorf; Schweinfurt⸗Gerolz⸗ 
hofen⸗Wiesentheid ⸗Caftell zum Anschluß an die 
Würzburg Nurnberger Bahn; Herzogenaurach-⸗Sie- 
zelsdorf; Bodenwohr⸗Neunburg v / W.; Traunstein. 
Trostberg und Trostberg⸗ Mühldorf; Wunsiedel⸗ 
Fichtelseeebene ⸗Bischofsgrün, dann nach Berneck 
mit Einmündung in die Bahnlinie Bahreuth⸗Neu⸗ 
markt in letzterem Orte; Kahl a. M. durch den 
Kahlgrund nach Alzenau und Schöllkrippen; Zwei⸗ 
brücken, Hornbach an die Landesgrenze, mit Fort 
setzung nach Lemberg, Ingweiler. 
F Zur Affaire Possart wird der W. „Allg. 
Ztg.“ aus München geschrieben : „Herr Possart 
ist nicht mehr Schauspieldirektor, auch nicht meh 
Kegisseur, sondern nur Königlicher Hofschauspieler 
wie die Herren alle, die er seit Jahren von oben 
herab behandelt hatte. Bereits ist seine Entlassung 
den Mitgliedern der Kgl. Hofbühnen durch Anschlag 
am schwarzen Breite mitgetheilt worden. Die Ve— 
nühungen etlicher Freunde, diese Maßregel wenig 
—A 
Abreise des davon Betroffenen Hinauszuschieben, 
dlieben fruchtlos. Unter den gegebenen uͤmsiänden 
erscheint es nun mehr als zweifelhaft, ob sich Herr 
Possart noch länger hier halten kann, seine Stel— 
lung unter seinen Kollegen dürfte kaum beneidens⸗ 
werth sein und im Publikum zaͤhlte er in der letzten 
Zeit nur mehr jene zu Freunden, welche glaubten, 
er erfreue sich noch der Gunst des Königs. Hert 
Possart ist, wie bekannt, gerichtlich von seiner Frau, 
der früheren Sängerin Deinet, geschieden und hatte 
für den 24. November seine Bermählung mit der 
wegen Ehebruchs mit ihm gleichfalls von ihrem 
Hatten, dem Schriftsteller Ludwig Schneegans, ge⸗ 
schiedenen Hofschauspielerin Ramlo angekündigt. Nun 
ist nicht nur diese Vermählung weder an diesem, 
noch einem anderen Tage erfolgt, sondern Herr 
Possart hat den Christabend in aller Heiterkeit mit 
seinen Kindern und mit seiner früheren Ehefrau 
ꝛerlest und diese wird ihn dieser Tage auf seiner 
Bastspielreise nach Moskau begleiten. Man fieht, Herr 
Possart spielt nicht bloß auf den Brettern Komoödie.“ 
f Vor dem Militärbezirksögerichte zu Würz 
burg kam ein Renkontre zur Verhandliung, das 
seiner Zeit in Rürnberg viel yon sich hören machte 
Der EinjährigFreiwillige, Unterarzt Dr. Stöppel, 
zatte in einem Cafee mit Offizieren und anderen 
derren Karten gespielt und alsdann die Aeußerung 
zethan: hätte er gewußt, daß die Herren Buben— 
reuther⸗Philister wären, so würde er als Rhenanen⸗ 
dorps; Philister nicht mit ihnen gespielt haben.“ 
Nach dem Weggehen Stöppels äußerte mit Bczug 
arauf der gleichfalls anwesende Pfarrvikar Gaaser 
»on Ritterbbach, Stöppel habe gar keine Ursache, 
jroß zu thun, er sei ein „Kneifer“. Stöppel, davon 
enachrichtigt, ließ nunmehr Ganser durch den Se— 
ondlieutenant Reichel des 14. Infanterie⸗Regimente 
zuf Pistolen fordern, was Ganser mit dem Be⸗ 
nerken ablehnte, seinerseits liege ein Irrthum in 
ser Person vor, er habe den Bruder Stoöppels, der 
mm Vorjahre in einem Pistolenduell gefallen war 
jemeint und werde sich mit Stöppel selbst aus 
inandersetzen. Davon in Kenntgiß gesetzt, zog 
Stöppel Zivilkleidung an, kehrte in's Tafee zurüd 
ind schlug dem Ganser mit der Reitpeitsche über 
Zopf und Gesicht, daß Blut floß. Ganser stellte 
deßhalb nicht Strafantrag. Die Herren Stöppel 
und Reichel behaupten nun, eine Forderung sei 
Ganser nicht geworden, sondern man habe lediglich 
angefragt, ob er eine solche annehme. Die Ge— 
chwornen verneinten die an sie gerichtetete Schuld⸗ 
rage und wurde demgemäß auf Freisprechung beider 
Angeklagten erkannt. 
fEGnabe und Bischof.) Auf seiner Fir⸗ 
nungsreise fragte der Bischof von Trier, Dr. Feli, 
dorum, jüngst in der Schule einen sechsjährigen 
Znaben: „Kannst Du schon beten?“ Als der 
Kleine mit „Ja“ antworieie, forderte der Bischo 
ihn auf, es nun auch zu zeigen. „Halt' emal 
mei Mütz'“, sagte der Kleine, und der Bischo 
rahm die Kappe, worauf der Kleine die Händchen 
'altete und sein Vaterunser betete. 
F Zell, 31. Dez. Oberförster Pöhlmann 
raf am zweiten Weihnachtsfeiertage mit Wilderen 
zusammen, von denen auf seinen Anruf der Eine 
auf ihn anlegte und ihn so zwang, auf Armslänge 
Feuer zu geben. Der Schuß ging dem Wilderer 
zurch den linken Lungenflügel und flihrte den augen⸗ 
blicklichen Tod herbei. Der Genosse des Erschossenen 
fenerte auf den Beamten, fehlte aber und ergriff 
die Flucht. Es ist jedoch ein Mensch, der im Ver— 
zachte steht, der Jagdgefährte des „Wild⸗Hans 
zewesen zu sein, in Haft. 
Weinheim (Rheinhessen). ürzlich machte 
der bekaunte Nähmaschinenfabrikant Herr Georqꝙ 
Neidlinger in Hamburg, von hier gebürtig, seinet 
Heimathgemeinde wieder ein recht hübsches Weih 
nachts⸗ und Neujahrsgeschenk, bestehend in 8000 Mi. 
Dieser Betrag wird verzinslich angelegt und werden 
die Zinsen davon verwendet zur Unterstützung von 
hiesigen Armen und Hülfsbedürftigen. Eine solche 
Handlung verdient gewiß ihre volle Anerkennung 
und kann eine Gemeinde stolz darauf sein, solch' 
hochherzige Wohlthäter zu haben. 
F.Wiesbaden, 3. Januar. Das Mittel- 
rheinische Turnfest soll Mitte Auguft abgehalten 
werden. 
F In Kothen hatte ein Schüler der Ober—⸗ 
Tertia des dortigen Gymnasiums, Sohn eines sehr 
achtbaren Bürgers, eine schlechte Weihnachts⸗Censur 
erhalten, welche noch mit einer Bemerkung versehen 
var. Da der betreffende Schüler vermißt wurde, 
uchte man ihn vnd fand ihn todt ia dem Garten 
jeines Vaters, und zwar war ihm ein Schuß in 
die Schläfe gedrungen, Die Trauer der armen 
Eltern läßt sich denken. 
F In Hamburg ist das Weihnachtsfest von 
5 Familien in recht trauriger Weise begangen 
worden. Vom Postdampfer Saxonia“ fuhr abends 
ein Boot mit neun Arbeitern nach geihaner Arbeit 
nach dem St. Pauli Fischmarkt ab. Leider gerieth 
das Boot ins Schwanken und die Arbeiter stuͤrzten 
in das kalte Element. Trozz sofortiger Hülfe ge⸗ 
lang es doch nur, vier Mann zu reiten wahrend 
fünf Arbeiter, sämmtlich Familienvater, ihren jähen 
Tod fanden. Es ist traurig, daß zumeist die Leute, 
welche sich fast ausschließlich auf dem Wasser be⸗ 
wegen, nicht schwimmen konnen, sonst hätte so nahe 
am Lande ein solches Unglück gar nicht passieren 
können. 
FGranzoͤsische Werber.) Aus Neugers⸗ 
dorf in der sächsischen Oberlausitz wie aus Schlesien 
wird berichtet, daß dort Briefe von jungen Leuten 
aus der Schweiz an ihre Eltern eingetroffen sind, 
»enen zufolge sie sich mit einigen hundert anderen 
Deutschen von französischen Werbern für die Tong⸗ 
ing· Expedition haben anwerben lassen. Die An— 
jeworbenen scheinen ihren Schritt bereits zu be— 
ꝛeuen. Die Zittauer Morgenztg. wie der Boie aus 
dem Riesengebirge, welche diese Mittheilung bringen. 
sprechen den Wunsch aus, daß das Auswärtige Ami 
in Berlin über das Vorkommniß Erkundigung ein⸗ 
siehen und den jungen Leuten seine Hilfe zur 
Lösung des Verhältnisses gewähren möge. 
F Ein wahrer Ruheposten muß der des 
Standes beamten in einem an der Haval gelegenen 
Dorfe sein, wenn die bezügliche Mittheilung, die 
einem Berliner Blatte zugeht, sich als zutreffend 
erweist. Dasselbe schreibt nämlich Folgendes: Zu 
Nutz und Frommen unserer kinderreichen Bevoͤlke⸗ 
rung Berlins, sowie zur Erheiterung aller Gries⸗ 
gräme hierselbst will ich Ihnen eine Mittheilung 
machen, die unglaublich, aber doch wahr ist. Es 
giebt einen Ort in Deutschland, in dem im Zeit⸗ 
raume von drei Jahren, vom November 1880 big 
dahin 1888 — weder ein Geburts- oder Todessall, 
noch Taufe oder Trauung in den Registern des 
Standesamtes zu verzeichnen war. Dieser Ori 
heißt: Torf Parey an der Havel bei Rathenow. 
Wenn Sie irgend einen Zweifel an der Richtigkeit 
meiner Angaben hegen, können Sie sich ja durch 
einfache Anfrage bei der Ortsbehörde überzeugen. 
Parey ist ein großeres Dorf, das sogar Großbauern 
enthält. Uebrigens will ich noch bemerken, daß, 
als nach dreijähriger Pause im November v. J. 
endlich wieder einmal in Parey eine Hochzeit ge— 
feiert wurde, die gesammten Dorfbewohner einge⸗ 
laden wurden.“ 
FGundert Dukaten für den schön⸗ 
ten Frauenkopf.) Die Redaktion der „Reuen 
Illustrirten Zeitung“ in Wien schreibt in ihrer 
steujahrsnummer eine Konkurrenz aus, welche so⸗ 
wohl in den Kreisen der Kunstler wie in jenen des 
großen Publikums lebhaftem Interesse begegnen 
dürfte. In der Preisausschreibung werden nämlich 
die Maler und Zeichner Oesterreich- Ungarns und 
Deutschlands aufgefordert, zur xylographischen Re⸗ 
produktion geeignete Zeichnungen eines schönen 
Frauenkopfes einzusenden. Der erste Preis beträgt 
100 Dukaten, der zweite 50, der dritte 25 Dukaten 
außerdem behält sich die Redalktion vor, auch nicht 
drämiirte, lobend erwähnte Zeichnungen aus der 
Konkurrenz auf dem We örivater Vereinbarung 
U erwerben